[Officium] Tribunus Laticlavius Titus Aurelius Ursus

  • Ursus schüttelte den Kopf. "Genau das wird nicht geschehen, wenn sie es klug anfangen. Sie unterlaufen die römische Gesellschaft im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Ist Dir aufgefallen, wie viele Familienmitglieder aus Germania Magna hierherkommen? Und einer adoptiert den anderen. Sie kommen, werden gleich Bürger, besetzen innerhalb kurzer Zeit wichtige Positionen und steigen schnell auf. Hier in der Provinz ist das leicht, es gibt nur wenige Römer hier, die sich auf Dauer in die Provinzverwaltung einbringen wollen, das nutzen sie und besetzen eben diese nicht sehr beliebten Stellen. - Verstehst Du? Sie müssen im Auge behalten werden, mehr sage ich nicht. Wir dürfen nicht abwarten, bis sie an allen Schaltstellen sitzen, sondern rechtzeitig den Riegel vorschieben. In Rom wäre das längst geschehen. Es gibt da immer genug konkurrierende Familien, die darauf achten, daß nicht eine zu viele wichtige Positionen besetzt. Und das ist gut und richtig so, finde ich." Anscheinend war er der einzige, der ahnte, was sich hier anbahnte. Mehr, als eine Warnung aussprechen, konnte er nicht. Denn natürlich war es nur eine Vermutung, er konnte sich genausogut irren.


    "Bei mir läuteten halt alle Alarmglocken, als dieser Duccius Lando die Cheruski erwähnte. Und mir kam es merkwürdig vor, daß er so rasch adoptiert worden war und dann auch noch in der Provinzverwaltung tätig wurde. Er kann doch kaum Vorbildung gehabt haben? Es paßt irgendwie nicht zusammen. Ich würde mir wünschen, daß mein Gefühl mich trügt und sie tatsächlich Rom treu sind. Doch ich finde, man sollte auch alle anderen Möglichkeiten im Auge behalten. - Varus hat auch darauf vertraut, daß Arminius, ein römischer Bürger und gar Ritter, trotz seiner germanischen Herkunft Rom treu war. Und wie hat er für dieses Vertrauen bezahlt!" Er wollte ja nicht, daß den Ducciern etwas angetan wurde oder man ihnen Möglichkeiten verwehrte, die sich sie ehrlich verdienten. Er fand nur, daß ihre Tätigkeiten genauestens überprüft werden sollten.

  • Weiterhin lauschte Reatinus dem Tribunen und vergaß vollkommen sein Vinum dabei. Vielleicht mochte es stimmen, was der Aurelier erzählte, doch zumindest war es Reatinus, der nichts dagegen tun konnte. "Nun, dann müssen wir sie im Augen behalten, Ursus. Etwas Anderes können wir nicht tun, solange sie nichts getan haben, was falsch und für jeden deutlich ist.". Und so war es nunmal auch... wenn man etwas nicht verhindern konnte und trotzdem zweifelte, behielt man dieses Etwas vielleicht im Auge. "Leider sind wir nicht in Rom und haben nicht viele Möglichkeiten. Diejenigen mit den Möglichkeiten sind die Nichtduccier in den hohen Verwaltungsposten. Nur an sie können wir uns im Zweifelsfall wenden.".


    "Wir sind hier nunmal in Germanien, Ursus. Hier sind nicht wirklich alle Freunde Roms. Es gibt hier Menschen, die würden vielleicht auch überlaufen, wenn sie die Chance dazu hätten. In Italia sieht das eben anders aus. Das hat die Sache so an sich. Deswegen müssen wir diejenigen schützen, die Freunde Roms sind und denjenigen keinen Erfolg gönnen, die es nicht sind. Die Duccier müssen eben im Auge behalten werden, vielleicht sind sie Freunde Roms... vielleicht aber auch nicht!", erklärte Reatinus seinen Standpunkt. Er konnten den Tribunen durchaus verstehen. Ein wenig zweifelhaft war die Sache schon... und wirklich jedem traute Reatinus auch nicht über dem Weg.

  • Ursus nickte zufrieden. Mehr wollte er ja auch gar nicht. "Und Du kannst das von hier viel besser, als ich von Rom. Tu mir bitte den Gefallen und achte ein wenig auf diesen Namen, wenn er in Zusammenhang mit höheren Positionen fällt. Damit würde ich mich ein Stück weit wohler fühlen. Gerade wegen der besonderen Lage in dieser Provinz."


    Er lehnte sich zurück und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher und ließ ihn genießerisch über die Zunge rollen, bevor er schluckte. "In Kürze werde ich aufbrechen. Soll ich vielleicht irgendetwas mitnehmen nach Rom? Du hast dort Verwandte oder nicht?" Pakete zu verschicken kostete ein halbes Vermögen, von daher war dieses Angebot eine von wenigen Möglichkeiten, etwas kostenlos und dennoch zuverlässig zu verschicken.

  • "Ich tue, was ich kann.", bejahte Reatinus. Er hatte tatsächlich nicht bemerkt, was es mit den Ducciern auf sich hatte, doch die Äußerungen von Ursus ließen ihn ein wenig skeptischer auf diesen Namen reagieren... wie auch immer. Hoffentlich würden sich die Sorgen des Aureliers nicht verwicklichen! Anschließend leerte Reatinus seinen Becher und klopfte mit den Fingern auf den durchaus schönen Tisch, bis Ursus das nächste Thema ansprach.


    Das Angebot von Ursus konnte Reatinus ablehnen, er hatte zwar Verwandte dort, aber keine Pakete zu verschicken. "Ich habe dort Verwandte, Ursus, aber Pakete zu verschicken habe ich nicht.". Dann fiel Reatinus eine nicht ganz unwichtige Frage ein! "Wie hat es dir denn in der Legion gefallen, Ursus? Hast du Erfahrungen gemacht?".

  • "Nun, sollte sich da doch noch was ergeben, hast Du ja noch bis zu meiner Abreise Zeit, es mir mitzugeben", lächelte Ursus und füllte beide Becher ein weiteres mal. "Wie es mir hier gefallen hat? Weit besser, als ich es vorher vermutet hatte. Wenn ich ehrlich bin, hat es mir sogar richtig Spaß gemacht. Ich habe ja sehr selbständig arbeiten können und durfte so beweisen, was in mir steckt. Dazu habe ich eine Menge gelernt. Und die Verantwortung für andere Menschen zu haben, - bis hin zur Verantwortung für das Leben, - hat mich schon verändert. Ich mußte jede meiner Entscheidungen gut überdenken, denn Fehler konnten fatale Folgen haben. Gerade auch bei der Mission zu den Mattiakern oder beim Limesausbau. Ich denke, diese Verantwortung hat mich ein gutes Stück reifen lassen." Wenn er selbst schon merkte, wie sehr er sich verändert hatte, wie mußte das dann der Familie auffallen, wenn er heimkehrte?


    Er trank von seinem Wein. "Und wie schätzt Du meine Tätigkeit ein, so als erfahrener Offizier? Habe ich grobe Fehler gemacht?" Diese Frage war für ihn auch sehr wichtig. Denn aus Fehlern mußte man lernen, damit sie sich nicht wiederholten.

  • Entspannt lehnte sich Reatinus zurück, hörte sich den Erfahrungsbericht des senatorischen Tribunen an und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ursus konnte sich besser selbst analysieren als Reatinus das mit sich konnte, stellte er fest. Aber er hatte recht, sogar im Militär konnte ein adliger Patrizier etwas Neues lernen. "So ist es als Offizier, mein Freund.", bestätigte Reatinus, "Du hast das Sagen über eine Truppe, aber auch die Verantwortung für ihr Leben. Alles hat seine Schattenseiten.". Ja, gereift war Ursus auch, wie ihm schien. Er erinnerte sich noch ein wenig an einen unerfahrenen, patrizischen Aurelier, wie er frisch zur Legion kam. "Ja, Ursus, ich denke, das hat sie... das hat sie.".


    Als Reatinus jedoch "erfahrener Offizier" hörte, musste er zwanghaft lachen. Nicht, dass er Ursus auslachte, es war ein friedliches Lachen. "Zuerst einmal danke, dass du mich als erfahrenen Offizier einstufst! Aber ich bin ehrlich, mir sind keine groben Fehler aufgefallen. Du hast dich schnell an deinen Posten angewohnt, hast deine kleineren Fehler eingesehen und verbessert und hast fleißig gelernt. So gehört es sich! Ein Musterbeispiel für einen senatorischen Tribunen!".

  • Ursus nickte ernst, als Raetinus ihm zustimmte. Und als er ihn dann so lobte, wurde er tatsächlich etwas rot. "Ich danke Dir für dieses positive Urteil. Das bedeutet mir sehr viel. Und ich bin froh, daß ich in guter Erinnerung bleibe. - Zumindest hoffe ich das." Er lachte fröhlich und nahm dann noch einen guten Schluck aus seinem Becher.


    "Es fällt mir nicht leicht zu gehen. Doch trotzdem freue ich mich auf Rom. Auf meine Familie und natürlich auch darauf, durch die Stadt zu streifen und das Forum Romanum unsicher zu machen." Je mehr er darüber nachdachte, umso mehr freute er sich darauf.

  • Das Forum Romanum hatte Reatinus schon als kleines Kind bewundert, als er noch in Rom lebte. Vor seiner Abreise in Germanien hatte er doch noch ein wenig Zeit gehabt, sich das Forum anzusehen... er war da noch so viele Jahre jünger. Es wird sich Einiges getan haben, dachte Reatinus. Und das steigerte den Herzenswunsch, wieder zurück in die Heimatstadt, die Stadt der sieben Hügel zu kommen. Doch Reatinus hatte noch viele Dienstjahre vor sich, weshalb er die Erfüllung dieses Wunsches leider verschieben musste. Das Lob von Reatinus schient Ursus derweil in Verlegenheit gebracht zu haben.


    "Ich wünsche dir viel Spaß in Rom, Ursus... meine Heimatstadt, hoffentlich bekomme ich sie noch einmal zu Gesicht! Es wird sich Vieles getan haben, seit ich damals nach Germanien abgereist bin. Würdest du mir vielleicht schreiben, wenn du beizeiten einige Minuten dafür erübrigen könntest?".

  • Ursus nickte. "Natürlich schreibe ich Dir gerne. Gibt es etwas, was Dich besonders interessiert? Worauf ich für Dich achten soll? Ich bin zum Beispiel ein großer Liebhaber von Wagenrennen." Es war furchtbar nicht auf dem Laufenden zu sein, was die Rennen anging. Auch, was die Pläne für die Aurata anging.


    "Ich hoffe, Du schreibst mir dann auch mal und berichtest mir, wie es meinen Jungs so geht." Er lachte. Die Truppe war ihm wirklich ans Herz gewachsen. "Eines Tages siehst Du Rom gewiß wieder. Und ich hoffe, Du meldest Dich dann bei mir, damit wir zusammen die Stadt unsicher machen können."

  • "Natürlich, ich werde dich nicht so schnell vergessen.", lachte Reatinus und leerte anschließend seinen zweiten Becher. Diesmal war es genug, schließlich musste Reatinus bald wieder in den Dienst raus. Ein Kater machte das nicht gerade einfach! "Nun, es gibt nichts Spezielles meinerseits. Einfach nur ein kurzer Überblick, was sich in unserer edlen Hauptstadt so abspielt.", schmunzelte Reatinus stolz.


    "Natürlich werde ich auch schreiben! Ich werde dich vielleicht auch besuchen kommen... eines Tages!".


    Erst in diesem Moment merkte Reatinus jedoch, dass er mehr Zeit hier verbracht hatte, als ursprünglich geplant. Das gute Gespräch war wohl der Grund deswegen, doch vielleicht hatte der Wein auch seine Finger im Spiel. Erstaunt wandte er sich nochmal an Ursus. "Oh, es scheint, als müsste ich langsam gehen. Du kennst das sicher. Dienstliche Aufgaben hier und da...". Reatinus erhob sich langsam, um schon zu gehen.

  • Ja, die Zeit war wieder einmal einfach verflogen. Wie es so oft geschah, wenn man angenehme Dinge tat. Der Dienst rief. Nicht nur Raetinus, auch Ursus hatte noch ein paar Dinge abzuarbeiten und in Ordnung zu bringen. "Ja, das kenne ich nur zu gut", erwiderte er, als sich Raetinus erhob, um zu gehen. Ursus erhob sich ebenfalls und bot dem Artorier die Hand zum Händedruck. "Dann also auf einen regen Briefwechsel - und hoffentlich auch ein Wiedersehen."

  • Reatinus streckte seinerseits die Hand entgegen und drückte dem Aurelier kräftig die Hände, wobei ihm der Unterschied zwischen Ursus´ feinen Bürokratenhänden und Reatinus´ Soldatenpranken auffiel. "Das hoffe ich auch, Ursus. Auf wiedersehen. Und richte Corvinus meine besten Grüße aus.", sprach Reatinus und marschierte zur Türe, ein wenig traurig darüber, den Tribunen wohl eine lange Zeit nicht mehr zu sehen.


    "Vale, Ursus. Gute Reise!", verabschiedete Reatinus sich mit einem gekonnten Brustschlag und verließ das Officium...

  • Ursus erwiderte den Händedruck nicht minder kräftig, wobei auch ihm auffiel, wie unterschiedlich ihre Hände waren. Irgendwie kam er sich in diesem Moment fast verweichtlicht vor, obwohl man das gerade wirklich nicht von ihm sagen konnte. Er war so durchtrainiert und fit wie noch nie in seinem Leben. "Die richte ich sehr gerne aus. Auf Wiedersehen, Raetinus."


    Dann ging Raetinus zur Tür, wo er noch einmal gekonnt salutierte, was Ursus nicht minder gekonnt erwiderte. Auch das hatte er wirklich gründlich gelernt. "Hab Dank für die guten Wünsche. Vale." Und schon war der Centurio draußen. Seufzend setzte sich Ursus wieder, um die letzten Arbeiten zu erledigen. Und das officium wieder in einen aufgeräumten und gut geordneten Zustand zu versetzen. So, wie er es vorgefunden hatte vor ziemlich genau einem Jahr.

  • Nun war es also soweit. Ursus sortierte die letzten Schriftrollen und Wachstafeln weg, wischte mit der Hand über den nun völlig leeren Schreibtisch und kontrollierte nochmal die Schubladen. Nein, es war alles in Ordnung, alles private war ausgeräumt. Das war es nun.


    Er stand auf, trat an die Tür und warf noch einen Blick zurück. Ja, so konnte er seinen Arbeitsplatz verlassen, er war zufrieden mit sich. Sein Nachfolger würde alles in bester Ordnung vorfinden. Seufzend verließ er sein officium, das ab sofort nicht mehr seins sein würde. Morgen in aller Frühe würde es losgehen. Zurück nach Rom. Zurück zum Nabel der Welt.

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