Villa Terentia

  • "Ich mache mir wenig sorgen über ihn Legat. Er ist sagen wir, ein wenig ungehobelt und es ist nicht leicht mit ihm auszukommen, aber er hat in Abwesenheit des Kaisers ür ein straffes regiment gesofgt. Schon dies muß man ihm eigentlich hoch anrechnen. Und wenn er mit dem Senat nicht so kann? Nun wen interessiert es. Der Senat ist die meiste zeit eh nur am reden. Bei allem respekt für deinen Stand Legat."

  • Nach einem ersten Versuch Zeit zu schinden – den Seiana durchaus als solchen wahrnahm – zog sich der Legat recht geschickt aus der Affäre. Wobei er auch einen sehr guten Grund dafür nannte, dass er den Vescularius kaum beurteilen konnte. Umso mehr versuchte sie auf die Zwischentöne zu hören, um zu erkennen, was der Aurelius wohl tatsächlich vom Praefectus Urbi dachte. Aber das einzige, was aus seinen Worten wirklich heraus zu hören war, war, dass er alle Informationen nur über mehrere Ecken und in Gerüchteform erhielt – was zwar darauf schließen ließ, dass er doch Negatives gehört hatte, aber nicht notwendigerweise etwas darauf gab, oder sich dieser Meinung anschloss. Und dass es über den Praefectus Urbi eine Menge negative Gerüchte gab, stand wohl zweifellos fest, das war nun nichts Überraschendes oder ließ irgendwelche Rückschlüsse zu.


    Der Aurelius konterte schließlich mit einer Gegenfrage – die ihr Mann auf seine unvergleichliche Art beantwortete. Mit Worten, die so klar waren, dass es fast schon an Unhöflichkeit grenzte. Und sie... sie überlegte. Sie gab sich wirklich Mühe, sich etwas einfallen zu lassen, was sie sagen könnte, etwas, was ein wenig darüber hinweg spielen könnte, was er gesagt hatte, was die Worte im Nachhinein noch ein wenig glättete. Aber so sehr sie sich den Kopf zerbrach, das einzige, was ihr einfallen wollte, war Kritik. Kritik am Praefectus Urbi, und Kritik an ihrem Mann, oder besser gesagt: Widerspruch. Denn sie selbst sah die Sache etwas anders als er. „Das ist das, was den Senat ausmacht“, kommentierte sie – obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass es wohl besser wäre einfach weiterhin den Mund zu halten, brachte sie das nicht fertig. Sie war seine Frau, ja, aber dass sie nicht unbedingt die typische Ehefrau sein würde, hatte er gewusst, bevor er sie geheiratet hatte. „Ein straffes Regiment allein ist nicht alles. Es ist sicher nötig, aber genauso nötig ist es doch, manche Entscheidungen in größerer Runde zu treffen, wo sie besprochen werden können – von Männern, die sich um Rom verdient gemacht haben.“ Gäbe es nur den Senat, würde kaum etwas vorangehen, das war ihr klar – aber er hatte auch seine guten Seiten, er konnte er einen starken Kaiser unterstützen und beraten. Und genau das versuchte der Vescularier doch, Stück für Stück zu unterminieren. Trotzdem, obwohl ihr die Sache ernst war, lächelte Seiana, um ihren ohnehin schon ruhigen Worten noch etwas von der inhaltlichen Schärfe zu nehmen.

  • Der Praefectus Praetorio war in der Tat alles andere als ein Diplomat. Er legte eine geradezu bestürzende Direktheit an den Tag. Wobei er andererseits keine wirklich persönliche Meinung über den Praefectus Urbi kundtat, sondern sich eher in allgemeine Beschreibungen flüchtete. Er sprach von "man", nicht von "ich", war also durchaus vorsichtig genug, sich nicht in die Karten gucken zu lassen. Aber seine Worte waren eine willkommene Gelegenheit, das Thema Salinator zu umschiffen und den Senat als Thema zu nehmen. "Nun, es ist die Aufgabe des Senates, zu reden, da gebe ich Dir, Decima, vollkommen Recht. Um eine Angelegenheit von allen Seiten zu beleuchten, ist es nötig, daß viele gebildete Menschen darüber diskutieren. Was aber auch mich stört, ist die Tatsache, daß im Senat allzu oft vom eigentlichen Thema abgeschweift wird und es am Ende nur um persönliche Differenzen geht. - Ihr könnt mir glauben, auch mich hat es oft sehr viel Nerven gekostet, vor allem am Anfang, da man als junger Senator eher zur Zurückhaltung verurteilt ist." Er nahm sich noch etwas von den Speisen. Zu essen lockerte die ganze Stimmung auch ein wenig auf. Zumal die angebotenen Köstlichkeiten durchaus außergewöhnlich waren. "Die richtige Mischung macht es, das denke ich auch", stimmte er Seiana abermals zu. "Ein starkes Regiment, das nicht in Tyrannei ausartet und sich durch den Senat unterstützen läßt, das ist meiner Meinung nach die beste Möglichkeit, ein so riesiges Reich zu regieren."

  • Er winkte nur ab:"Reden wiegen weniger als Taten und genau das legat ist doch das prolem des Senats. Er redet und redet. Zumal Salinator den Senat ja nicht abschaffen will. Er will ihn, nennen wir es, straffen. Und das ist doch letztlich genau das, was du auch willst oder. Zumindestens verstehe ich so deine Worte Legat."

  • Seianas Miene blieb ausdruckslos, aber diesmal musste sie sich ziemlich zurückhalten, um zu schweigen. Salinator wollte den Senat straffen? Das vielleicht, ja. Wenn man straffen mit entmachten gleichsetzen wollte. Oder damit, ihn komplett nach seinen eigenen Wünschen zu gestalten. So ähnlich ihr Mann und sie sich in mancherlei Hinsicht sein mochten, was den Senat betraf, waren sie eindeutig anderer Ansicht. Natürlich wurde zu viel im Senat geredet. Dass das eingedämmt werden sollte, gerade wenn es in persönliche Fehden ausartete, wie der Legat erwähnte, dieser Meinung war sie auch. Nur war es doch keine Alternative, den Senat noch weiter zu degradieren. Warum redeten die Senatoren denn? Weil es nicht mehr viel anderes gab, was sie noch tun konnten.
    Das Problem in der jetzigen Situation war nur, dass Seiana sich mehr und mehr in einer Lage sah, in der sie nicht mehr viel sagen konnte. Sie nahm an diesem Gespräch, diesem Abendessen teil, sicher. Aber sie war nicht als Gleichberechtigte hier, darüber war sie sich bewusst. Es wäre noch etwas anderes, wenn sie sich mit dem Aurelius allein unterhalten würde. Oder wenn sie mit dem Terentius nicht verheiratet wäre. Aber so? Mit dem Legat auf der einen Seite, dem sie sich inhaltlich deutlich näher fühlte, und dem Praefectus Praetorio auf der anderen, der ihr Mann war – und beides Männer, die sie im Grunde kaum kannte? Nein. So gerne sie mit scharfer Zunge mitdiskutiert hätte – sie wusste, dass das kaum angemessen war. Also hielt sie sich für den Moment erneut zurück, winkte den Sklaven, nach den Vorspeisen den Hauptgang zu bringen, und wartete auf die Antwort des Aurelius. Nachdem ihr Mann ihn direkt angesprochen hatte, würde das wohl auch kaum auffallen.

  • Nachdenklich legte Ursus den Kopf schief. „Ich tue mich immer schwer damit, derart extrem zu gewichten. Meiner Erfahrung nach ist Ausgewogenheit stets der beste Weg. Blinder Aktionismus ist nicht nützlicher, als reines Gerede. Was möchtest Du denn, das der Senat tut? Ich kenne sehr viele Senatoren. Auch welche, die für vernünftige Ideen zu gewinnen sind und die diese auch durchzusetzen in der Lage sind. Du sagst, Salinator will den Senat straffen. Mir ist nur nicht klar, wie genau so etwas vonstatten gehen soll. Ihn einfach verkleinern? Das könnte helfen, stellt aber auch nicht sicher, daß sich am Ende nicht ausschließlich Schwätzer im Senat befinden. Weißt Du genaueres über die Pläne Salinators in dieser Sache?“ Der nächste Gang wurde aufgetragen und Ursus nahm sich in aller Ruhe den einen oder anderen Happen. Seiana war sehr still geworden. War sie wohl der gleichen Meinung wie ihr Mann? Oder eher nicht? Sie konnte sich kaum offen gegen ihn stellen.

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