Wenn die Götter ein Wenig an Einsehen zeigten, dann wohl an dem heutigen Tage, denn die Sonne blitzte vom blauen Himmel hinab, es lag deutlich der Frühling in der Luft und versprach somit die idealen Bedingungen für einen schönen Ausflugstag zu bieten. Langsam humpelte Marcus aus der villa Claudia hinaus, blinzelte einige Male, als die goldene und helle Sonne seine Augen trafen und ihm einen Moment lang die Sicht raubte. Der Wind strich über seine Stirn, als er auf die Sänfte zu humpelte, die noch vor der porta wartete, es war eben selbige Sänfte, die vor schier ewiger Zeit die junge Epicharis abgeholt hatte und zu einem Ausflug in einen fremden Garten entführt hatte, was Marcus jedoch nicht bewußt war, um die Einzelheiten jenes Tages hatte er sich gar nicht gekümmert gehabt, seine ganze Aufmerksamkeit hatte er damals auf die Präsenz von Epicharis gelegt, zu jenem Zeitpunkt mehr noch aus Zwang heraus, denn eigentlich war es ihm zuwider gewesen, eine erneute Verbindung einzugehen, aber seine Mutter nahm die augustinische Gesetzgebung nun mal sehr ernst – für ihren Sohn zumindest! An jenem Tag hätte Marcus wohl nicht gedacht, wie sehr sich seine Empfindungen diesbezüglich noch ändern konnten und er für Epicharis mittlerweile eine ehrliche und zärtliche Zuneigung entwickelt hatte, selbst wenn sie sich im Grunde beide immer noch nicht kannten.
Als sich Marcus humpelnd der Sänfte näherte, sprangen einige Männer auf, die auf einer Mauer sitzend in der warmen Sonne gewartet hatten, zum Einen die Sänftenträger, es waren acht in der Zahl - aber die flavische Sänfte war schon ohne das Gewicht von Marcus schwer! - dann auch noch drei Leibwächter, die Serenus aus Baiae mitgebracht hatte, drei custodes. Noch bevor Marcus an der Sänfte heran gekommen war, hatten sich die Sänftensklaven aufgestellt und auch die custodes harrten der Dinge, die kommen mochten. Einer der Sänftensklaven trat an die Seite und schob vorsorglich den Sichtschutz des Gefährtes zu Seite, damit die beiden Patrizier ungehindert einsteigen konnten. Bei der Sänfte angekommen, reichte Marcus erst eine Krücke an selbigen Sklaven weiter, dann auch die Andere und ließ sich mit einem leisen Ächzen auf das Polster der Sänfte herunter sinken. In das Gefährt hinein zu steigen, war immer etwas schwierig, so, daß das Bein nicht höllisch weh tat, aber es auch nicht allzu lächerlich aussah, ein Hineinrobben war dann doch etwas würdelos – selbst für Marcus, und gerade vor den Augen seiner Verlobten wollte er das wiederum nicht. So an der Kante der Sänfte lehnend und über das Problem sinnend, verschnaufte Marcus einen Moment und sah zu Epicharis.
„Minna und Fiona? Sind das Sklavinnen von Dir?“
, fragte Marcus vorsichtig nach. Man wußte ja nie, aber er glaubte nicht, daß Epicharis Freundinnen zu dem Ausflug einladen würde, oder etwa doch? So wie Marcus junge Frauen einschätzte – und das tat er wahrlich sehr schlecht!- saßen diese bestimmt oft in Klüngelgrüppchen zusammen und unterhielten sich den lieben langen Tag über Kleider, Schmuck und Männer, zumindest schien das Marcus – ahnungslos wie er nun mal war! - so. Womöglich hatte Epicharis mit ein paar Freundinnen schon über ihn gesprochen und ihnen gleich den Heimkehrer vorstellen wollen. Wer wußte das schon!?
„Zu den Gärten des Maecenas auf dem Esquilin vielleicht?“
, schlug Marcus vor, um auch das an die Sklaven weiter zu geben, die ihnen den Weg durch die Stadt bahnen müßten. Wenn sie auf den Esquilin wollten, wie Epicharis noch in der villa angeregt hatte, dann würden sie ein Stück am Rande der subura vorbei müßen und über den collis viminalis zu den Gärten auf der anderen Hangseite, dort, wo ehemals sogar ein Armenfriedhof war und jetzt prachtvolle Gärten lagen. Die in einiger Zeit wahrscheinlich schon wieder zugebaut wurden, so schnell wie die Stadt wuchs und immer weiter gedieh.