[Civitas Vangionum] Die Schlacht bei Wigands Dorf

  • | Marcomer


    Voller Staunen stellte Marcomer fest, dass er getroffen hatte. Die Schulterpartie der Rüstung war durchschlagen - sein Schwert war zweifelsohne schartig geworden dabei. Dennoch hatte die Wucht ausgereicht, sich in die Schulter des Optios zu bohren. Blut schoss aus der Wunde hervor, als der Germane sein Schwert zurückzog.


    Er genoss den Schrei, der nun folgte, wie ein Auriga, der über die Ziellinie fährt und den Beifall vom Pöbel erhält. Doch dann wurde sein Triumph getrübt. Dieser Bastard wagte es, ihn weiterhin zu provozieren. Der Kerl hatte sein Schwert verloren und würde wahrscheinlich in Kürze verbluten!


    Langsam und unheilvoll grinsend ging er auf Reatinus zu, Schwert und Schild gesenkt. Auf Germanisch antwortend kam er ganz nah an den Verwundeten heran. Er beugte sich zu ihm hinunter:


    "Viel Spaß in Walhalla!"




  • So schwerfällig wie noch nie versuchte Reatinus, sein Haupt zu erheben. Er stützte sich ächzend und ein wenig zitternd an seinem Ellenbogen ab und sah dem auf ihn zukommenden Marcomer entgegen. Er zitterte nicht nur wegen der Kälte, welche die Schulterwunde für Reatinus noch anstrengender werden ließ. Die Wunde allein schien ihn seiner Kraft zu berauben, der Körper konzentrierte sich nur noch auf die verletzte Schulter. Jeden verlorenen Tropfen Lebenssaft spürte Reatinus in Form seiner schwindenden Kraft. Wenn die Wunde ihn nicht umbringen würde, dann das Wundfieber danach. Noch immer versuchte er bitterlich, am Leben zu bleiben. Doch Reatinus rang mit dem Tod. Seine Lippen wurden von der Kälte dünn und fingen leicht an, sich bläulich zu färben. Das Grinsen von Marcomer entlockte Reatinus´ schwächelnder Mimik nur einen Gesichtsausdruck, der ihn von sich abzustoßen versuchte. Nein, Angst haben vor solch einem Narren wollte er nicht. Er konnte nicht, so wurde er nicht einmal erzogen.


    Reatinus´ rechte Hand fuhr wieder zurück zur Schulter, um die Blutung zurückzupressen. Er hätte wohl noch einige Momente weniger, wenn die Wunde ungehalten weiterbluten würde. Einen Tod durch Verblutung wollte Reatinus zumindest hinauszögern, hoffend auf Hilfe. Doch der Weg der Hand zurück zur Schulter offenbarte Reatinus etwas Nützliches, welches zwar Reatinus nicht selbst retten würde, aber Marcomer ein Ende setzen würde. Diesem närrischen Hund. Er striff an einen metallischen Gegenstand vorbei, der sich am Cingulum Militare des schwer verwundeten Optios befand. Ein Dolch. Vielleicht die Rettung für den Artorier, denn Marcomer schien in seiner Siegessicherheit nichts zu bemerken. Die Qualen, der Kampf um´s nackte Überleben mit der Verwundung stand dem Optio im Gesicht geschrieben. Wieder verstärkte sich der Schmerz und jauchzend verzog Reatinus sein Gesicht.


    Doch teilweise war es auch Schauspiel, welches Reatinus vollzog. Aber eben nur teilweise. Dieses diente nur einem Zweck... es sollte Ablenken von Reatinus´ Schwertarm, die blutverschmierte Hand, welche klammheimlich und verdeckt nach dem Dolch tastete und ihn langsam hinauszog. Der Dorfanführer würde sicherlich darauf hereinfallen. Doch der Artorier verbargt die kleine Metallklinge noch hinter seinem Rücken und tat so, als hätte er ernsthafte Rückenschmerzen und könne sich nicht bewegen... bis sich Marcomer zu ihm beugte.
    Reatinus hörte sich vor Schmerzen keuchend (und dies musste er wirklich) an, was Marcomer auf Germanisch redete. Er verstand kein Wort, doch es verstand sich andererseits von selbst, dass es Spott und Hohn war gegen den am Boden liegenden Reatinus. Die Antwort des Optios war eine geballte Ladung Speichel, die pfeilschnell zu Marcomers Gesicht raste. Nur noch eine letzte Anstrengung, ermutigte sich Reatinus. Nur noch ein schneller Stich, ein letzter Schlag. Das war es ihm wert, selbst wenn es sein eigenes Leben bedeuten sollte. Mit seiner wohl letzten Kraft riss Reatinus den kleinen Dolch hinter seinem Rücken hervor. Letztlich raste dieser zu Marcomers Hals, der sich schon so schön zu ihm hinunter beugte...

  • Cupidus ritt mit seinen Männern um das Lager herum, immer auf der Suche nach dem Eingang. Von außen sahen sie, dass in der Mitte des Lagers ein großer Findling lag und nach dem Lärm zu urteilen, wurde im Inneren bereits gekämpft.


    So schnell wie es die Bäume zuließen, ritten die Equites nach Norden, bis sie endlich an ein Loch im Wall kamen. Das Tor, endlich. Vorsichtig näherten sie sich in einer Linie, bereit, jeden Widerstand zu brechen.
    Vor dem Tor hatte sich eine kleine Gruppe Banditen versammelt, manche blutend und abgerissen aussehend, andere noch so jung, dass sie wohl noch nie bei einer Frau gelegen hatten.


    Einen Moment zögerte Cupidus, als er sah, dass die Männer noch Waffen in den Händen hielten. Auch zwei oder drei Bogenschützen waren darunter, die verzweifelt versuchten, ihre Haut zu retten.
    Ein Pfeil schnellte von einer Sehne, schlug rechts in die Formation. Ein Schrei, der schwächer und zu einem nassen Gurgeln wurde, dann fiel einer der Equites aus dem Sattel.
    Cupidus gab ein Zeichen und die Hastae der Männer senkten sich.


    "Tod den Banditen!!!" brüllte Cupidus und jagte nach vorne, die halbe Turma an seiner Seite. Ein rasender Wald aus Lanzen wälzte sich auf die letzten Verteidiger zu, bereit, sie in den Boden zu stampfen.

  • Es waren tatsächlich nur noch sehr wenige waffenfähige Menschen im Lager, als die Soldaten der Ala es zu stürmen begannen. Einige wenige Knaben, die von den Erwachsenen als zu jung für den Kampf erklärt worden waren (also maximal 12 Jahre alt) hatten sich zusammengerottet, bewaffnet einzig mit Messern und Stöcken. Die nackte Angst war in ihren Augen zu sehen.


    Die wenigen Männer, die vom Schlachtfeld zum Dorf gekommen waren, hatten hingegen alle Hände voll zu tun, ihre Frauen und Kinder aus dem Lager, das nun zur Todesfalle geworden war, herauszuholen. In einer Ecke standen zwei Männer und versuchten, da sie die Reiter am Eingang sahen, die Palisade mit ihren Äxten einzureißen. Noch immer herrschte heilloses Durcheinander.

  • | Marcomer

    Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    ...


    Doch teilweise war es auch Schauspiel, welches Reatinus vollzog. Aber eben nur teilweise. Dieses diente nur einem Zweck... es sollte Ablenken von Reatinus´ Schwertarm, die blutverschmierte Hand, welche klammheimlich und verdeckt nach dem Dolch tastete und ihn langsam hinauszog. Der Dorfanführer würde sicherlich darauf hereinfallen. Doch der Artorier verbargt die kleine Metallklinge noch hinter seinem Rücken und tat so, als hätte er ernsthafte Rückenschmerzen und könne sich nicht bewegen... bis sich Marcomer zu ihm beugte.
    Reatinus hörte sich vor Schmerzen keuchend (und dies musste er wirklich) an, was Marcomer auf Germanisch redete. Er verstand kein Wort, doch es verstand sich andererseits von selbst, dass es Spott und Hohn war gegen den am Boden liegenden Reatinus. Die Antwort des Optios war eine geballte Ladung Speichel, die pfeilschnell zu Marcomers Gesicht raste. Nur noch eine letzte Anstrengung, ermutigte sich Reatinus. Nur noch ein schneller Stich, ein letzter Schlag. Das war es ihm wert, selbst wenn es sein eigenes Leben bedeuten sollte. Mit seiner wohl letzten Kraft riss Reatinus den kleinen Dolch hinter seinem Rücken hervor. Letztlich raste dieser zu Marcomers Hals, der sich schon so schön zu ihm hinunter beugte...


    Gerade wollte Marcomer sich wieder erheben und genüsslich mit seinem Schwert ausholen, um dem Optio den Kopf vom Rumpf zu trennen, als dieser ihm direkt ins Gesicht spuckte. Zorn malte sich auf die Marcomers Züge, doch dann sah er den Dolch aufblitzen - zu spät! Die Klinge fuhr in den Hals des Germanen, bohrte sich schräg durch den Kehlkopf und in die Wirbelsäule. Zuerst war nur Überraschung an seiner Mimik abzulesen, doch dann folgte ein schmerzvoller Blick. Da sein Stimmorgan zerstört war, entkam ihm nur ein gurgelndes Geräusch, als er aufspringen wollte. Doch sein Körper gehorchte nicht, die Leitung von seinem Kopf in den Körper war beschädigt, sodass er sofort zusammensank.


    Der Dolch hatte voll getroffen - es dauerte keine Minute, bis der einst so stolze Vangione, der Dorfälteste und Anführer seiner Männer, sich nicht mehr bewegte und das Atmen einstellte. Seine Überheblichkeit - gepaart mit der Ungunst der Götter - hatte sein Todesurteil unterschrieben. So endete Marcomer mitten in einem winterlichen Wald, während etwa eine Meile entfernt seine Familie in seinem vormaligen Lager niedergemetzelt wurde und Richwin sich irgendwo im Wald auf der Flucht befand...




  • Zitat

    Original von Merowech von Veldidena
    Da Merowech sah, dass er genügend Leute hatte, um die Vorderseite des Lagers abzusichern, von den Legionären aber noch jede Spur fehlte, beschloss er, einen der Equites zurückzuschicken und den Fußtruppen den Weg zu zeigen. Er wählte dazu Bribrax aus, einen hervorragenden Reiter.


    Bribrax ritt zurück in Richtung Schlachtfeld und traff dort auf den Zenturio Crispus, der soeben im Begriff war, mit seinen Truppen aufzubrechen.
    "Salve Zenturio! Ich wurde vom Lager der Banditen hierhergeschickt, um dir den Weg dorthin zu zeigen. Es ist nicht sehr weit."


    Der Weg durch den Wald war weitaus weniger schön als der auf dem ausgetretenen Pfad, den sie bisher verwendet hatten. Dennoch zog der Zug unaufhaltsam weiter, getrieben vom Willen des Petroniers, wie auch der Angst der Legionäre, allein zurückzubleiben. War alles eine Falle gewesen? Hatten die Banditen weitaus mehr Männer, als alle angenommen hatten? Die fehlende Meldung der Reiter beunruhigte den Centurio ein wenig...


    Doch plötzlich hörte er Pferdegetrappel. Kurz darauf erschien Bribax, der Eques, und meldete. Crispus nickte knapp.


    "Sehr gut. Bring uns hin!"


    Dann folgte er dem Reiter, wiederum selbst gefolgt vom Signum seiner Centuria und den Männern...

  • [Blockierte Grafik: http://img.photobucket.com/albums/v477/skreet/brandulf.jpg]| Eques Brandulf, Ala II Numidia, Turma IV


    Als die Speerträger sahen, wie ihr Kamerad zu Tode kam, ließen sie ihre Waffen furchtsam fallen und versuchten sich in der Flucht. Erst jetzt erkannte Brandulf, dass es nur Knaben waren, die versucht hatten, sich selbst und ihre Mütter zu schützen.
    Dann ritten Cupidus und seine Männer von der anderen Seite her in den Lagerring ein. Gleichzeitig erhöhte sich die Panik unter den Frauen und Kindern und auch die Männer ließen nun von Kampfhandlungen ab und versuchten nur noch, ihre nackte Haut zu retten. Zur rechten Seite von Brandulf versuchten zwei der Banditen, die Palisade mit ihren Äxten einzureißen...


    Der Eques, der mittlerweile seine Spatha gezogen hatte, blickte fragend zu Cupidus herüber.


    Duplicarius, was nun?

  • Als Merowech den Lärm aus dem Inneren des Lagers hörte und somit erkannte, dass Cupidus das zweite Tor erreicht hatte, rief er: "Gut Männer! Wir dringen jetzt in das Lager ein. Diese Mistkerle sitzen in der Falle."
    Die Soldaten begannen in das Lager vorzurücken, stießen allerdings nicht mehr auf nennenswerten Widerstand.


    Inzwischen hatte Bribrax die Legionäre den nicht allzuweiten Weg durch den Wald zum Lager geführt. Als er bereits den Lärm hörte, sagte er zu Crispus: "Das Lager ist ganz in der Nähe." Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als sie auf eine Lichtung gelangten, in deren Mitte sich das Lager befand. Dort herrschte heilloses Chaos...

  • Als Probus sich neben Drusus ebenfalls in die Formation reihte, tippte der Iulier seinen Kameraden vorsichtig an, deutete auf seinen Verband und beantwortete nun endlich die Frage die der Germanicer schon zuvor gestellt hatte: "Ist nix schlimmes... Hat zwar ganz schön geblutet, aber der Capsarius, der mir den Verband verpasst hat, hat gemeint, dass es nicht gefährlich ist."


    Wenig später ertönte der nächste Befehl, marschieren! Und das taten Drusus und die anderen legionäre auch, weiter ging es in Richtung des Räuberlagers durch den finsteren Wald...

  • Der zornige Gesichtsausdruck der Dorfanführers entschwand binnen weniger Momente, als sich die Klinge des Dolches in den Hals bohrte und strömen von Blut aus dem Hals heraustraten. Diese Sache von Sekunden vollzog sich sehr schnell, doch für Reatinus war es wie eine Ewigkeit. Der Vangione hatte kaum Zeit zu reagieren und warscheinlich dauerte es eine Weile bis er registrierte, was um ihn geschah. Ein grimmiger Blick Auge um Auge war das Einzige, was Reatinus Marcomer noch mitgab, bevor er verstarb. Nun würde Marcomer in dieses besagte Walhalla wandern. Und das noch vor Reatinus. Gurgelnd und auch etwas Blut spuckend erlag Marcomer dem präzise gesetzten Stich. Spätestens jetzt hatte er gemerkt, dass es für ihn vorbei war. Neben Reatinus lag nur noch ein sterblicher Überrest von Marcomer, den er so eben getötet hatte. Der Dolch blieb im Halse des Toten stecken. Reatinus brachte nicht einmal mehr die Kraft auf, ihn herauszuziehen.


    Stöhnend wollte sich Reatinus bis an den Rand des Weges ziehen, um gesehen zu werden, um vielleicht noch rechtzeitig von jemanden gerettet zu werden. Gefunden und versorgt zu werden von den den Männern der Truppe. Doch seine Kraft ließ ihn im Stich, seine Muskeln trugen ihn nicht länger. Erschöpft pochte Reatinus nach Luft und blieb liegen, starrte in den nächtlichen Himmel. Er sah ein paar Sterne, die zu ihm hinab scheinten. Auch war es Vollmond. Der verletzte Optio presste seine Handfläche erneut gegen die blutende Wunde und zog schmerzend sein Gesicht zusammen. Seine Beine waren kalt und würden bald taub frieren. Die Wunde ließ ihn leicht zittern und obwohl die winterliche Kälte draußen Einzug hielt, rannten dem Artorier einige Schweißperlen hinunter. Eine Frage der Zeit, bis das Wundfieber einsetzte. "Ich mache es wohl nicht mehr lange...", dachte Reatinus hektisch. Vielleicht meinten es die Götter nicht gut mit ihm.


    Auf einem Schlag verließ Reatinus sein letztes Fünkchen Kraft. Er bewegte sich nicht mehr, ließ seinen Kopf senken, welcher sich schwammig und weich anfühlte. In seinem Blickfeld verdunkelte sich alles, so dass Reatinus nun bald nicht mehr in die Sterne blicken konnte. Seine Augen schlossen sich langsam und je mehr sie sich schlossen, desto mehr Bewusstsein ging verloren.
    Der Optio wurde vollkommen leicht und fühlte sich, als würde er schweben. Nun war Reatinus bewusstlos, spürte nichts mehr und konnte nicht mehr nach Hilfe schreien. Die Kälte geriet in Vergessenheit. Im winterlichen Wald lag nur noch der bewusstlose Körper von Reatinus, der tot wirkte, es aber nicht war... zumindest blieb er bewusstlos.
    Vor der Bewusstlosigkeit flüsterte Reatinus sich selbst seine vorerst letzten Worte zu. Die beruhigende Wirkung dieser Worte funktionierte endlich wieder. Sie gaben ihm Kraft, nicht zu sterben und entspannten seine angestrengten Muskeln.


    "Heute stirbst du nicht... Artorius...".

  • Brigio war mit Cupidus und der Hälfte der Turma I ins Lager eingedrungen.
    Eine erbärmliche Ansammlung von Hütten und Unterständen.
    Es herrschte das blanke Chaos.
    Der Rest der Banditen, Frauen und Kinder rannten wild umher, es schien, als seien sie führungslos.
    Brigio entdeckte einen leeren Pferch, in dem die Banditen wohl ihre Pferde einst stehen hatten. Brigio wand sich an Cupidus.
    "Duplicarius, sollen wir anfangen, die Leute in den Pferch zu treiben? Dort können wir sie bewachen und die Situation wird hier etwas überschaubarer."

  • Alles ging wieder so schnell...
    Auf die Welt um Cupidus herum legte sich wieder roter Nebel, als das Adrenalin durch seine Adern schoss. Dieser Blutrausch war unheimlich, doch er hielt ihn davon ab, verrückt zu werden, als die Schlachtreihe der Equites in die erbärmliche Ansammlung der letzten waffenfähigen Männer und Knaben krachte.


    Schreie ertönten, als sich Metall in Fleisch fraß, Blut spritzte über Menschen und Tiere und überall starben Menschen.
    Als Cupidus seine Spatha aus einem Körper herauszog, sah er mit Schaudern, dass es noch ein halbes Kind war. Die Gruppe war zersprengt, alle Überlebenden hatten ihre Waffen weggeworfen und ergaben sich.


    Cupidus befahl seinen Männern das Absitzen.
    Als seine Beine den Boden berührten, glaubte er einen Moment lang, dass sie ihn nicht tragen würden.
    Ein Ruf von Brigio brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück.
    Er straffte sich:"Treibt die Überlebenden zusammen, nehmt alle Gefangen, denen ihr habhaft werdet. Je weniger davonkommen, um so besser. Wir treiben sie in den Pferch!", rief er über den Platz.


    Er selber ging mit gezogener Spatha ins Innere des Lagers, wo kaum noch Widerstand geleistet wurde. Die Banditen waren besiegt, das mussten sie einfach einsehen. Jedes weitere Blutvergießen war überflüssig...


    Als er eine Unterkunft erreichte und hineinblickte, sah er ein kleines Mädchen, das sich wimmernd an seine Mutter drückte. Die Augen der Frau wurden groß, als sie das Schwert in der Hand des Mannes sah.
    Cupidus schüttelte nur den Kopf, als sie ihm in die Augen sah.
    "Ich tue euch nichts. Geht hinaus, zu den anderen, dann wird euch nichts geschehen," befahl er barsch.


    Als sie die Hütte verlassen hatten, blieb Cupidus noch einen Moment lang im Halbdunkeln stehen.
    Es begann mit einem trockenen Würgen, seine Kehle schnürte sich zu, so dass er einen Moment lang glaubte, ersticken zu müssen. Er ließ seine Spatha fallen und legte die Hände aufs Gesicht, als der ganze Kummer in einem lauten Schluchzen aus ihm herausbrach. Tränen liefen über seine Hände, er weinte hemmungslos wie ein kleines Kind, als sich die Anspannung und die Todesangst des Kampfes lösten. Er hatte getötet, wie viele wusste er nicht. Es waren die Schicksale der zurückgelassenen Frauen und Kinder, die ihm zusetzten, die halben Kinder, die sie erschlagen hatten, weil sie sich gewehrt hatten...


    Und wozu das alles? Für die Gerechtigkeit? Kampf, so hatte er gedacht, wäre heroisch... Aber das Abschlachten zerlumpter Männer?


    Wie lange er dastand, wusste er nicht, seine Augen brannten und er hatte keine Tränen mehr. Mit seinem Schal, den er von Clara, seiner geliebten Clara bekommen hatte, wischte er sich die Augen trocken, hob seine Spatha auf und verließ die Hütte.

  • Als der Trupp aus dem Wald auf die Lichtung hinaustrat, hörte er bereits den Kampfeslärm deutlich vor sich. Durch die Ritzen der Palisade bot sich ein groteskes Schattenspiel, als Männer, Frauen und Kinder hinter einem Feuer vorbeirannten. Der Petronier ging davon aus, dass die Reiter bereits die ersten Hütten in Brand gesteckt hatten.


    Nun trieb er seine Männer zur Eile an - wenn sie noch etwas von der Beute bekommen sollten, mussten sie schnell sein! Er nickte rasch Bribax zu, der ihm das offensichtliche sagte, dann brüllte er


    "Pergite!"


    und zog das Tempo ein wenig an. Rasch hatten sie den Palisadenwall umrundet und sahen nun das Lager von innen: Die Hölle schien sich vor ihm aufgetan zu haben: Überall lagen tote Germanen, viele noch halbe Kinder, aber auch Frauen und Männer. Die Reiter schienen die schreiende Menge zusammenzutreiben und in eine Pferdekoppel einzuschließen. Sehr gut!


    Rasch blickte sich Crispus um: Wo war der Decurio der Reiter oder zumindest ein Befehlshaber? Die eine Turma hatte ja keinen Hauptmann mehr...also musste der Duplicarius her. Plötzlich sah er ihn aus einer Hütte kommen: Glänzten seine Augen im Widerschein des Feuers oder hatte er geweint?Und wenn ja, warum? Crispus hatte kein Mitleid - das hatte man ihm abtrainiert!


    "Duplicarius?"


    sprach er Justinianus Cupidus an.

  • [Blockierte Grafik: http://img.photobucket.com/albums/v477/skreet/brandulf.jpg]| Eques Brandulf, Ala II Numidia, Turma IV


    Auch Brandulf kam hinzu, straffte sich und machte Meldung.


    Centurio, Duplicarius, wir haben die Leute wie befohlen in den Pferch gesperrt. Das Lager wurde durchsucht, aber keine Anzeichen von einem Anführer oder dem Decurio der Turma Prima.


    Ganz wohl war dem Eques nicht bei dieser Meldung. Sollten all ihre Bemühungen umsonst gewesen sein, wenn der Anführer der Räuber entkam? Er würde sicherlich neue Dörfler um sich scharen und der Ärger würde von vorn beginnen...

  • Mehr stolpernd als laufend folgte ich dem Centurio in der Formation. Ein Reiter führte uns zum Lager der Banditen. Je näher wir diesem kamen, desto deutlicher konnte ich den Kampflärm hören. Scheinbar hatte die Reiterei den Kampf schon aufgenommen. Ich konnte nicht ahnen, wie weit er bereits fortgeschritten war.


    Dann kamen wir endlich an . Als erstes sah ich den Feuerschein leuchten und kurz danach die Palisade. Der Kampflärm hatte mittlerweile nachgelassen und einem Schreien und Jammern von Menschen Platz gemacht. Der Centurio trieb uns zur Eile an. Schnell rannten erreichten wir das Innere des Lagers. Was ich dort sah, erschien unglaublich. Überall lagen Tote. Aber es waren nicht nur Männer. Auch Frauen und Knaben waren unter ihnen. Was war hier für ein Wahnsinn passierte, fragte ich mich entsetzt. Meine grimmige Entschlossenheit war verflogen. Mit großen Augen sah ich, wie die Equites eine Menschenmenge in eine Koppel zu treiben versuchte. Was hatten Kinder und Frauen hier zu suchen? Sie hätten sich irgendwo im Wald verstecken sollen. Waren die Banditen völlig irre geworden? Dieser Kampf hatte dadurch jegliche Ehre in meinen Augen verloren. Ein bitterer Geschmack machte sich in meinen Mund breit.

  • Als Brigio mit einer Handvoll Reitern begonnen hatte, den Großteil der Leute in den Pferch zu treiben, lichtete sich die Szenerie ein wenig.
    Immer noch ritten Eques durchs Lager, immer noch waren Bewegungen an den Hütten auszumachen, aber das Chaos war abgeebbt.
    Nachdem er ein paar Wachen eingeteilt hatte, sah Brigio, daß Centurio Crispus im Lager eingetroffen war.
    Brigio wollte sich auf den Weg zu ihm machen, um um Erlaubnis zu fragen, außerhalb des Lagers mit Fackeln nach Decurio Decius zu suchen, da er hier scheinbar nicht war.
    Als er an sich hinabblickte, blieb er jedoch stehen.
    "Ach du Schei..." entfuhr es ihm. Seine Kleidung war nicht nur mit Blut besudelt, sondern auch ordentlich vollgekotzt.
    Das mußte wohl während des Kampfes passiert sein, er wußte nicht mal, ob es von ihm selbst war.
    Schnell kippte er etwas Wasser aus seinem Schlauch darüber und wischte den Rest mit etwas Stroh weg.
    So konnte er dem Centurio unter die Augen treten.
    Er sah, wie dieser gerade Duplicarius Cupidus ansprach, der aus einer Hütte kam, deshalb blieb er in geringer Entfernung stehen und wartete, bis die Offiziere fertig waren.

  • Schließlich umrundeten sie die Holzpalisade, die die Banditen um ihr Lager aufgebaut hatten und betraten das Innere des Lagers. Hatte Drusus zuvor noch ein makabares Gefühl der freudigen Erwartung, die gefallenen Kameraden nun rächen zu können empfunden, so wich dieses nun dem blanken Entsetzen. Die Schlacht war längst geschlagen und überall lagen tote, teilweise auch noch verletzte und stark blutende Germanen herum. Bei genaurem Hinsehen konnte man erkennen, dass manche von ihnen noch halbe, oder gar ganze Kinder waren und sogar einige Frauen lagen tot auf dem harten Boden.


    Während das Licht der Fackeln ständig flackerte wandte Drusus seinen Blick voller Abscheu von diesem Massaker ab und blickte zu seinem Nebenmann, Probus. Dem schien es ähnlich wie Drusus zu gehen. Was war hier nur passiert? "Bei allen Göttern...", murmelte Drusus vor sich hin.

  • Merowech erblickte nun, da die Germanen eingepfercht worden waren, in einiger Entfernung Brigio, der sich gerade reinigte, so gut es ihm eben möglich war. Mit müden Schritten ging er auf ihn zu. Er legte ihm einfach die Hand auf die Schulter und sagte mit müder Stimme: "Schön, dich in einem Stück zu sehen."


    Dann stellte er sich einfach neben ihn und beobachtete die Szenerie. Langsam begann er allmählich zu realisieren. Doch all die schlimmen Gedanken, die in ihm aufzusteigen begannen, unterdrückte er mit aller Gewalt. Dazu war später auch noch Zeit.

  • Cupidus hoffte, dass ihm niemand ansah, was er gerade getan hatte.
    Ein Vorgesetzter hatte keine Schwäche zu zeigen. Sein Mund war ein schmaler Strich, als er die Hütte verließ.
    Er nahm die Meldung von einem Eques entgegen, dass die Überlebenden eingesperrt waren.


    Er nickte. "Gut so, Eques. Wir müssen noch warten, bis Tuto mit der Nachhut kommt, ich habe ihn seit dem Angriff nicht mehr gesehen. Dann können wir Decius suchen. So lange warten wir."


    Dann straffte er die Schultern und ging zu Crispus hinüber, der ihn auch sogleich ansprach.


    "Ja Centurio?", blickte er den Mann fragend an und zog sich den Helm vom Kopf, um sich die nasse Stirn zu trocknen.

  • "Ist hier soweit alles unter Kontrolle?"


    fragte der Centurio Cupidus und stellte dabei fest, dass sein nasses Haar einen leichten Nebel gen Himmel sandte. Er sah zum Pferch hinüber.


    "Sind das alle oder suchen deine Reiter noch in den Wäldern?"


    Offensichtlich gab es hier nichts mehr zu kämpfen. Die Banditen waren einfach besiegt.

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