Die Sonne strahlte leuchtend und kräftig an diesem Tage auf den campus der legio Prima, es war bereits am späten Vormittag schon sehr warm geworden; Vögel drehten ihre Kreise am Himmel, die Bienen summten nicht weit entfernt auf der Wiese, die das Kastell umgab, und suchten in den Wiesenblumen nach dem Nektar, doch von den Naturgeräuschen vernahm Marcus auf dem campus nichts, an vielen Stellen wurde trainiert, exerziert und geschuftet, der Körper wurde für den nächsten Einsatz trainiert und geschunden, so tat es auch Marcus, der jetzt seit Wochen, vielen Wochen außer Gefecht gesetzt war und natürlich hatte er in all der Zeit nicht die Gelegenheit gehabt, in Form zu bleiben – selbst wenn man davon schon bei Marcus von je her nicht sprechen konnte, so war er doch immer fit genug gewesen, eine lange Schlacht durchzustehen und seinen Männern ein Vorbild - den Kampf durchzuhalten - zu sein, doch jetzt, nach seiner Krankheit fühlte er sich noch nicht mal mehr in der Lage, einen Kampf von länger als hundert Herzschlägen durchzuhalten. So hatte sich Marcus – immer noch humpelnd - nach den üblichen mehr oder minder lästigen Pflichten des Morgens auch zum campus aufgemacht, um dem wieder Abhilfe zu schaffen. Selbst wenn er mittlerweile nicht mehr Krücken zum Gehen brauchte – der medicus hatte ihm vor zwei Tagen auch die letzten Verbände abgenommen – so war das Gehen immer noch sehr schwierig. Denn sein rechtes Knie wollte ihm seinen Dienst versagen, der medicus – in seiner üblich defätistischen Art – hatte ihm auch prophezeit, daß es wohl nie wieder gut werden würde, schließlich waren die Brüche viel zu kompliziert und schwerwiegend gewesen. Doch Marcus wollte das nicht hinnehmen, selbst wenn er dennoch froh war, immerhin noch sein Bein zu haben nach der Geschichte in dem Dorf.
Jetzt jedoch stand Marcus schon seit einer geschlagenen hora auf dem campus; vor ihm ragte ein Holzpfahl in die Höhe, ein Pfahl, an dem schon die probati von der ersten Stunde an den Schwertkampf übten, aber auch ältere Soldaten, wie eben auch Marcus. Verbißen hielt er das scutum in seiner Hand und schlug stetig mit dem Schwert auf das Holz ein. Immer wieder stoben Holzspäne davon, wenn Marcus wieder allzu heftig auf das Holz eindrosch. Ab und an fluchte er ärgerlich zwischen seinen Zähnen hervor, denn er fühlte sich am ganzen Leib steif und unbeweglich an und die übliche Beinarbeit konnte er auch nicht leisten. Nach einer Weile stupiden Schlagens ließ Marcus das schwere scutum – eines der geflochtenen Übungsscuta! - und auch sein gladius herunter sinken; sein Atem ging schwer, sein Gesicht war rot von der Anstrengung und Schweiß ran ihm über den Rücken und tränkte die rostrote Tunika. Marcus lehnte das Schild gegen den Pfahl und steckte das Schwert in die Schwertscheide zurück, ehe er sich umwandte, um nach einem Eimer mit Wasser zu suchen, an dem er einen Schluck von dem erfrischenden Naß nehmen konnte. Er hob die Hand und wischte sich über die schweißnaße Stirn, ehe er sich umdrehte und einige Schritte tat zu dem Holztrog, der am Rande und neben ihm stand. Marcus bückte sich und griff nach der hölzernen Schöpfkelle und trank einen Schluck als er eine Gestalt erblickte, die einerseits bekannt war und dann doch fremd - es waren mehr die Insignien, die Marcus sofort erkannte. Marcus ließ die Kelle wieder in den Holzkübel fallen ließ und nahm Haltung an, dabei die Faust zur linken Brustseite schlagend.
„Ave, tribunus!“
, grüßte er ihn höflichst, selbst wenn Marcus auch die Vorurteile der anderen Soldaten teilte gegenüber senatorischen tribuni, hieß es noch lange nicht, daß er ihm deswegen den notwendigen Respekt verweigern würde.