• Ursus war seit dem Tag der Ankunft noch nicht wieder hier gewesen. Es war aber auch wirklich viel zu tun gewesen, so daß er bis jetzt keine Zeit gefunden hatte. Als er das Haus betrat, blickte er sich suchend um. "Matho?", rief er in das Haus hinein, denn genau mit diesem wollte er auf jeden Fall sprechen.

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    Matho beaufsichtigte gerade Hektor und Fhionn beim Waschen der Vorhänge - er kaute einen Apfel und lehnte an der Tür - als jemand nach ihm rief. Er seufzte tief und rollte mit den Augen, dann zuckte er die Schultern und wandte sich zum Gehen. "Dass ihr mir ja ordentlich weitermacht", maulte er noch, ehe er ging.


    Während er Ursus ansteuerte, dessen Stimme ähnlich nervig wie die von Hektor klang, wie er fand, sann er über mögliche Strafarbeiten nach, die er noch verteilen konnte, nachdem der Keller strahlte wie ein Juwel und der größte Teil der persönlichen Dinge von Corvinus bereits ausgemistet und sortiert worden waren. Ihm fiel nichts ein, doch es würde sich bestimmt noch etwas finden lassen, wenn er genauer darüber nachdachte. "dominus", grüßte er Ursus und lächelte freundlich. Die Herrschaften wussten nicht, welche Tyrannei Matho in der Sklavenschaft walten ließ, weswegen die meisten ihm mit Neutralität statt Argwohn begegneten. Und er machte seine Sache nach außen hin schließlich auch recht gut - alle Aufgaben waren stets erledigt.

  • Tatsächlich hatte Ursus nicht die geringste Ahnung, was für ein Tyrann Matho war. Bisher hatte er alle Aufträge gewissenhaft erfüllt und schien die Organisation voll im Griff zu haben. Und in Ursus' Gegenwart hatte er sich bisher immer ordentlich benommen.


    "Nun, ich wollte mal sehen und hören, wie die Arbeiten hier vorangehen. Da ich bei unserer Ankunft ja auch recht schnell wieder aufbrechen mußte und mir selbst kein gründliches Bild machen konnte, berichte mir mal, in welchem Zustand Du das Haus vorgefunden hast. Und zeige mir mal, was ihr alles schon geschafft habt." Hier sah ja auf den ersten Blick alles in Ordnung aus. "Und wie geht es Merit?" Wäre sie gestorben, hätte man ihn ja wohl darüber informiert, also ging er davon aus, daß sie das Schlimmste schon hinter sich hatte.

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    "Möchtest du dich währenddessen vielleicht setzen und etwas trinken, dominus?" fragte Matho zuvorkommend. Grips hatte er ja, das musste man ihm lassen. Sonst hätte er es wahrscheinlich auch nicht soweit gebracht.


    "Das macht nichts, Herr, wirklich nicht. Ich habe mich um alles gekümmert und veranlasst, dass die Räumlichkeiten auf Vordermann gebracht werden", versicherte er. "Der Keller sah grauenhaft aus, vier Amphoren Wein waren ausgelaufen - vermutlich eine minderwertige Lieferung - und wir haben neben den üblichen Spuren auch einige Nester von Nagetieren gefunden. Was die Zimmer angeht, so wurde schon ein Auge darauf geworfen, auch wenn wohl nur das Nötigste gemacht worden ist. Die Fensterläden waren ordnungsgemäß verschlossen und die Möbel mit Laken geschützt. Das heißt, bis auf das Gemach, in dem die junge Helena seinerzeit genächtigt hat. Das Bett war nicht gemacht und auf dem Tisch standen recht frische Essensreste. Wenn du eine Mutmaßung erlaubst, Herr, ich denke, dass dort vor kurzem noch jemand geschlafen hat, vielleicht sogar über einen längeren zeitraum hinweg. Im triclinium und der Küche haben wir ebenfalls solche Spuren gefunden. Sertorio sagte, dass dort einige Töpfe und Pfannen herumstanden, ungesäubert und teilweise noch mit Essen drin. Und im Esszimmer wirkte es so, als hätte dort vor kurzem jemand zu einem Gelage geladen und anschließend nur mäßig sauer gemacht." Matho runzelte beteuernd die Stirn und zuckte mit den Schultern. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die villa damals so verlassen worden ist. Alle anderen Räume scheinen aber in Ordnung zu sein."


    Als er nun nach Merit-Amun fragte, überlegte Matho nicht lange. Er wusste wohl, wem die kleine Sklavin das Leben zu verdanken hatte, doch er ließ bewusst einen Namen aus. "Es geht ihr besser, dominus. Fhionn hat sich fabelhaft um sie gekümmert. Sertorio und Caelyn waren ebenfalls eine Hilfe, auch wenn die beiden kurz nach deiner Abreise ja ebenfalls fort gegangen sind. Ähm, Herr? Hast du etwas von dominus Corvinus gehört?"

  • Ursus schüttelte den Kopf. "Nein, danke, ich möchte mich jetzt nicht setzen und etwas trinken, ich möchte, daß Du mir das Haus zeigst." Er lauschte aufmerksam den Bericht und bekam große Augen, als Matho davon berichtete, daß nicht nur Spuren von einem Übernachtungsgast, sondern sogar eines Gelages gefunden wurden! Das war ja die Höhe!


    "Hat sich dieser Harlif Phelanson mal hier blicken lassen? Der hatte doch den Auftrag, sich um das Haus zu kümmern?" Und hatte offensichtlich Mißbrauch getrieben mit dem ihm anvertrauten Anwesen. Na, das würde er noch bitter bereuen, soviel war klar! Ursus konnte es immer noch nicht fassen, daß dieser Mann so etwas gewagt hatte!


    "Laß auf jeden Fall die Schlösser austauschen. Und ich wünsche diesen Phelanson zu sprechen. Treib ihn auf und schick ihn mir ins Castellum." Dem würde er die Leviten lesen! Und dann mußte er einen neuen vilicus suchen. Hoffentlich fand er jemand zuverlässigen. "Ja, Corvinus hat geschrieben und nach dem Stand der Dinge hier gefragt. - Sollte sich nicht Siv um Merit kümmern?" Ursus blickte den Verwalter fragend an. Er nahm doch an, daß sie sich um ihre Mitsklavin gut gekümmert hatte. Immerhin hatte sie gewisse Kenntnisse in der Heilkunst, wie er seit der Sache mit Helena ja sehr wohl wußte. "Auf jeden Fall freut es mich, daß es ihr besser geht. Schone sie noch, Matho. Es nützt niemandem etwas, wenn sie auf der Rückreise wieder krank ist."

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    Da Ursus sich nicht setzen wollte, blieb auch Matho stehen. Er hatte schon erwartet, dass Ursus nicht gerade begeistert war. "Nein, dominus. Aber wäre ich an seiner Stelle, würde ich mich auch nicht mehr blicken lassen", erwiderte Matho und wiegte den Kopf hin und her. Dann nickte er. "Werde ich. Sowohl was die Schlösser als auch diesen Phelanson angeht. Bitte folge mir, Herr." Matho machte eine einladende Bewegung und begann anschließend, Ursus das haus zu zeigen, während sie sich weiter unterhielten.


    "Ja", erwiderte er und überlegte nur kurz. "Aber wenn du mich nach meiner Beurteilung fragst, hat Fhionn doch mehr dazu beigetragen, dass die Kleine wieder gesund wird." Mehr gab es dazu auch nicht zu sagen, und da Matho in einem recht beiläufigen Tonfall sprach, ging er davon aus, dass Ursus es dabei belassen würde. "Das werde ich." Auch wenn das kleine Biest damit für die Reise eigentlich von gar keinem Nutzen war, dachte er bei sich.


    "Das officium. Wir haben die Gegenstände bereits verstaut, die Corvinus angefordert hat. Nur bei denen hier waren wir nicht so sicher." Matho wies auf eine Reihe Dinge, die auf dem Schreibtisch aufgereiht dalagen, darunter auch ein Brieföffner in Löwengestalt und eine kleine Fortunastatue. "Was sollen wir damit machen?"

  • Ursus ging mit Matho durch das Haus und sah sich gründlich um. Na, es sah doch alles schon ganz gut aus. Anscheinend hatten die Sklaven sehr gute Arbeit geleistet. Zumindest sah es für Ursus so aus. Jemand, der noch nie einen Raum hatte putzen müssen, war ja ohnehin leicht zufrieden zu stellen, weil er gar nicht den Blick dafür hatte, versteckten Schmutz zu sehen. "In Ordnung." Mehr gab es zum Schlösseraustausch und diesem Phelanson nicht zu sagen.


    Daß Fhionn offenbar mehr für Merit getan hatte, als Siv, fand Ursus zwar ein wenig merkwürdig, aber irgendwelche Gründe mochte es schon dafür gegeben haben. Er hatte keine Veranlassung, an Mathos Worten zu zweifeln und nahm das einfach zur Kenntnis. Schließlich kannte er Fhionn fast gar nicht und es mochte schon sein, daß sie noch mehr von Heilkunst verstand als Siv. Sicher hatten die Sklavinnen sich untereinander irgendwie geeinigt.


    Sie betraten das officium, das Corvinus offenbar während seiner Anwesenheit genutzt hatte und Ursus warf einen Blick auf die fraglichen Gegenstände. Er konnte sich kaum vorstellen, daß Corvinus sonderlich an ihnen hing. Doch da sie nur klein waren und es keine Mühe machte, sie mitzunehmen, nickte er. "Ich habe keine Ahnung, ob er Wert auf diese Dinge legt. Doch da sie keine Mühe machen und auch kaum Platz wegnehmen, packt sie ein." Am Ende hing er doch daran, sie sahen auch nicht ganz wertlos aus. Und wenn Corvinus sie nicht haben wollte, konnte er sie in Rom immer noch verschenken oder entsorgen.

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    Und natürlich führte Matho den Aurelier nicht an die Orte, die noch nicht tiptop aussahen oder gerade gereinigt wurden. Im Grunde war das eh alles für die Katz, denn wenn die kleine Gesandtschaft wieder abreisen würde, wäre hier ohnehin wieder alles dem Staub und der Zeit überlassen. Die Sklaven beschwerten sich oft genug darüber, dass es sinnlos war, alles auf Vordermann zu bringen. Doch Matho war nicht dieser Ansicht. Was einen nicht umbringt, macht einen nur härter. Als er noch ein einfacher Sklaven gewesen war, damals in Syrien, da hatte er nach dieser Devise gelebt. Ihr hatte er es zu verdanken, dass sie ihm nun scheißegal sein konnte...


    "Gut. Machen wir." Matho verschloss den Raum hinter Ursus wieder, führte ihn durch tablinum und triclinium (welches inzwischen wieder glänzte), dann ging es hinaus auf die Terrasse. "Im Garten haben wir bisher nichts gemacht", sagte er. "Vermutlich würden wir ein halbes Jahr damit zubringen, den in Ordnung zu bringen. Aber da hier ohnehin niemand in der nächsten Zeit wohnen wird, habe ich die Anweisung gegeben, den erstmal außen vor zu lassen. Es sei denn, du möchtest, dass wir uns darum kümmern", sagte Matho und sah Ursus fragend von der Seite her an.

  • Ursus bemerkte nicht, daß Matho bestimmte Bereiche ausließ. Es kam ja auch gar nicht so darauf an. Er wollte sich einen gewissen Gesamteindruck verschwaffen und sehen, daß die Sklaven hier nicht einfach nur auf der faulen Haut lagen. Sein Eindruck war, daß hier gut gearbeitet worden war und das genügte ihm doch im Grunde schon.


    Tablinum und triclinium sahen wirklich ausgezeichnet aus. Ursus nickte zufrieden und trat dann mit Matho zusammen auf die Terrasse hinaus. Der Garten sah wirklich alles andere als schön aus. Hier war offensichtlich die ganze Zeit gar nichts gemacht worden. Eine weitere Nachlässigkeit dieses Phelanson. "Um den Garten soll sich dann der neue vilicus kümmern. Müßte er ja ohnehin, denn er würde sonst gleich wieder verwildern und dann wäre eure Arbeit ganz umsonst. Nein, laßt den ruhig außen vor, bringt einfach das Haus in Ordnung." Ursus ging zurück ins Haus und kehrte in das atrium zurück. "Ich bin soweit zufrieden mit eurer Arbeit, Matho. Und werde Corvinus entsprechend berichten. Macht hier weiter so, ich komme in den nächsten Tagen nochmal vorbei."

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