Die Ankunft des Caesaren

  • Nicht so schnell wie die Nachricht vom Tod des Kaisers, aber trotzdem sehr schnell vertreitete sich die Meldung, dass der Caesar und zukünftige Kaiser die Mauern Roms erreicht hatte und am nächsten Morgen in die Stadt einziehen würde. Seit Tagen hatten die Gerüchte darauf hingedeutet. Die Senatsdelegation war zurückgekehrt, die Prätorianer hatten mit starken Abteilungen ihr Lager verlassen und waren dem Caesar entgegen gezogen und am Kaiserhof herrschafte eine Aufregung und Geschäftigkeit wie schon lange nicht mehr. Der Senat traf sich dort zu einer Sitzung, das Collegium Pontificium hielt anderenorts weitere Besprechungen ab und an allen Orten schien man sich darauf vorzubereiten, den neuen starken Mann der Stadt in Empfang zu nehmen.


    Auch die Meldungen, dass er vielleicht gar nicht so stark und gesund war, wie man hoffte, machten die Runde. Allein die lange Reisedauer war ein Grund zur Sorge und man konnte den Eindruck bekommen, dass der Caesar sich lieber heimlich in die Stadt schleichen würde, anstatt mit großem Aufwand einzuziehen. Selbst die Staatszeitung berichtete nicht von seinem bevorstehenden Einzug. Dafür wurde in der Stadt eifrig spekuliert, wer mit dem Caesar nach Rom kommen würde, warum ihn seine Familie nicht begleitete, welche Ämter er neu besetzen würde, welche Rolle sein Bruder dabei spielen würde und ob der Caesar eine Rede an das Volk halten würde.


    Rom bereitete sich auf den Caesar vor und der Caesar auf Rom. Der Tag konnte kommen.

  • Wie in der Senatssitzung angekündigt, hatten die Consulen für die Reinigung der Straßen und Plätze gesorgt, über die der Caesar in die Stadt einziehen würde. Ein ganzes Heer an privaten und städtischen Sklaven war eingesetzt worden, um Unrat und Dreck von den Straßen zu kehren, Schmierereien an den Häusern zu übertünchen und den Gestank von Latrinen und ausgeleerten Nachtschüsseln zu verdrängen, so gut es ging. Die Inhaber von Läden, die an der Strecke lagen, die der Caesar in die Stadt hinein nehmen würde, brachten ihre Theken auf Hochglanz und deckten sich mit Waren ein, die sie an die Schaulustigen verkaufen wollten. Bald hingen schon die ersten Schilder an Wohnungstüren, wo geschäftstüchtige Bewohner einen Fensterplatz mit Blick auf die Straße vermieten wollten. Ausnahmesweise durfte sogar einige Wagen tagsüber in die Stadt, um Blumengirlanden und ähnlichen Schmuck zu verteilen, der die Strecke vom Stadttor bis zum Forum säumen sollte.


    Auf dem Forum selber waren unzählige Handwerker damit beschäftigt, Tribünen und Absperrungen zu errichten, um die erwarteten Menschenmassen zu organisieren und so vielen wie möglich einen ungehinderten Blick auf den Caesar zu ermöglichen. Einige Menschen versuchten schon jetzt, ausgerüstet mit Decken und Proviant einen Platz ganz vorne zu besetzen und über die Nacht zu verteidigen, wurden aber zunächst vertrieben, um die Aufbauarbeiten nicht zu behindern und den Platz nicht zu früh zu verstopfen. In der Nacht kamen schließlich noch die üblichen Wagen dazu, die jede Nacht durch die Straßen rumpelten, um Händler und Handwerker mit neuen Waren zu versorgen. Fackeln leuchteten an jeder Straßenecke und fast jedem Eingang, denn überall waren Menschen noch dabei, letzte Vorbereitungen zu treffen oder die Ergebnisse der Bemühungen des Tages zu überprüfen.

  • Am Morgen ließ sich der Caesar zeitig wecken, von seinen Leibsklaven waschen und rasieren und dann einkleiden. Auf die Auswahl der passenden Kleidung hatte er nicht wenig Zeit verwendet und sich dann mit Blick auf seinen im Krieg gefallenen Vater bewusst gegen eine militärische Rüstung entschieden. Als Feldherr hatte er seinem Vater im Bürgerkrieg den Thron erhalten, jetzt wollte er als Politiker in die Stadt einziehen. Eine Rolle, die er bisher nie gespielt hatte und in die er erst hineinwachsen musste. Wenn er gesund war. Entsprechend dieser Gedanken wurde die Kleidung ausgewählt. Die Anwesenheit des Praefectus Praetorio sollte die militärische Komponente ausdrücken. Natürlich hatte er außerdem Vescularius Salinator die Erlaubnis erteilt, ihn trotz seines laufenden Kommandos in die Stadt zu begleiten. Nicht als Vertreter der Legion, sondern als sein Berater und Vertrauter. Die Soldaten der Legion, die ihn bis hier hin begleitet hatten mussten außerhalb warten.


    Einen Auguren ließ der Caesar am Morgen noch einmal prüfen, ob die Götter den Tag tatsächlich für günstig befanden, in die Stadt einzuziehen. Das Urteil fiel erwartet positiv aus. Die steigende Anspannung mobilisierte auch beim Caesar Kräfte, die ihm auf der Reise streckenweise gefehlt hatten, so dass er die Sänfte am heutigen Tag gegen eine offenen Wagen tauschen konnte, in dem er stehend in die Stadt einfahren wollte. Im Innenhof der Herberge wurden die Vorbereitungen getroffen. Die Garde stand bereit, der persönliche Stab des Caesars, seine engsten Vertrauten und alle, die sonst noch zu dem langen Zug gehörten. Der Weg konnte beginnen.

  • Die wenige Zeit, die man zwischen Crassus' Ankunft bei Valerian und bis zu ihrer Ankunft vor Rom hatte, wurde von den beiden intensiv genutzt. Es wurden lange Gespräche geführt und viele Berichte erstattet. Doch sicherlich war das nur der Anfang von dem, was noch kommen würde: in den folgenden Tagen würden noch viele Sitzungen und Besprechungen stattfinden, ehe dann Valerian über alles wichtige, aber streng geheime bescheid wissen würde.


    Doch davor lag noch eine ganze andere Hürde vor ihnen: Valerians erster großer Auftritt in der Öffentlichkeit Roms - als designierter Kaiser. Die Centuriones der Garde hatten heute besonders viel Zeit aufgewendet, um den tadellosen Zustand der Rüstungen zu kontrollieren. Es musste heute einfach ein perfekter Einzug werden! Alles andere würde nur Spekulationen auslösen, die nun wirklich keiner gebrauchen konnte.


    Unter den Augen von Crassus hatten die Prätorianer im Innenhof der Herberge Aufstellung genommen. Der Ablauf war lange geübt und ging dementsprechend routiniert über die Bühne. Als nach wenigen Minuten alle so standen, wie sie stehen sollten, ging Crassus zum Cäsar, der auch schon bereit da stand, und machte ihm Meldung:


    Imperator, die Garde ist bereit deinen Einzug in Rom zu geleiten.


    Dann warf Crassus noch einen kurzen Blick auf die Reihen seiner Männer und stellte sich hinter dem Cäsar auf.

  • Es klappte alles wie am Schnürchen. Sie hatten im Innenhof der Herberge in nullkommanichts Aufstellung genommen und standen nun perfekt ausgerichtet und in strammer Haltung da, die Köpfe stolz erhoben, die Schilde vor sich. Ein erhabener Anblick. Die Rüstungen waren in perfektem Zustand. Nicht nur, daß die Männer selbst für diese Gelegenheit besondere Mühe investiert hatte, sondernd auch die Centurionen hatten heute Morgen eine äußerst gründliche Inspektion durchgeführt. Doch es war alles in Ordnung. Jeder der Praetorianer war sich bewußt darüber, was für eine ehrenvolle und wichtige Aufgabe er heute hatte.


    Valerian bemerkte die prüfenden Blicke des Praefecten. Und er hoffte, daß dieser mit ihnen zufrieden war. Für ihn selbst sah alles absolut perfekt aus. Der Kaiser sollte auf einem Streitwagen stehend in die Stadt einziehen. Ein wahrhaft großartiger und würdevoller Anblick würde das sein!


    Natürlich kannte er seinen Platz. Die Centurionen waren das endlos oft mit allen durchgegangen. Jeder war genau instruiert und wenn nichts unvorhergesehenes geschah, würde alles reibungslos verlaufen. Es war eine unbeschreibliche Ehre, den Kaiser bei seinem Einzug in die Stadt begleiten zu dürfen. Valerian war fest entschlossen, ein Bilderbuchbeispiel für einen Praetorianer zu sein. Regungslos wartete er ab, bis der Befehl zum losmarschieren kam.

  • Als er den Hof betrat, fühlte sich der Caesar plötzlich wieder an die Zeit erinnert, in der er seine Legion noch selber führte, Paraden abnahm und seine Worte regelmäßig an die Männer richtete. Wehmut lag in seinem Blick, aber auch die Erkenntnis, dass der heutige Tag all seine Kräfte erfordern würde.


    "Danke, Praefectus. Dann ist nun alles bereit. Wir beginnen."


    Nach wenige Schritten hatte der Caesar den offenen Wagen erreicht, der wie seine Kutsche von einem Lenker seiner persönlichen Garde geführt wurde. Dann setzte sich das Gefährt und mit ihm die ganze Prozession in Bewegung, verließ den Hof und zog auf der Via Flaminia der Stadt entgegen. Schon hier war die Straße gesäumt von Menschen, die dem Caesar zujubelten. Bis zur Stadt wurden die Massen nur noch dichter. Vor und hinter dem Caesar ritten seine engsten Vertrauten, davor und dahinter folgten weitere Mitglieder seines Stabes sowie einige Priester, denn immerhin zog hier auch der kommende Pontifex Maximus in die Stadt ein.


    Bei langsamen Tempo hatte der Zug gut eine Stunde später die bebauten Gebiete erreicht und zog an geschmückten Häuserfassaden vorbei. Der Caesar wandte seinen Blick mal zum linken Straßenrand und mal zum rechten, mal auf die Menschen neben der Straße und mal auf jene an den Fenstern. Auf große Gesten verzichtete er. Auch hatte er Anweisungen gegeben, dass neben seinem Wagen einige Gardisten laufen sollten und dass er nicht vor hatte, alle paar Schritte anhalten zu lassen, damit ihm Kinder Blumen reichen konnten.


    Der Weg führte an der Ara Pacis des ersten Kaisers vorbei und am Marsfeld. An der Porticus Vipsania hatte man eine lange Tribüne aufgebaut, um möglichst vielen Schaulstigen Platz zu bieten. Capitol und Tempel der Iuno Moneta kamen in den Blick, bevor der Weg links an ihnen vorbei auf das Forum führte, von wo schon die Rufe der Menschen herüber schallten.


    > > > Der Caesar auf dem Forum

  • Während des ganzen Prozederes befand sich Decius an der Spitze seiner Centurie, wohl wissend dass seine Centurie sich in absolut untadeligem Zustand befand. Und so viel auch kein kritischer Blick auf seine Männer.


    Schließlich marschierten sie wieder zurück nach Rom, und dort würde der Hauptteil des Spektakels beginnen.

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