Die Räume des Nikolaos

  • "Ja, aber...." Antigonos hatte den Wink verstanden und schwieg. Sein Herz pochte und am liebsten hätte er losgebrüllt. "Wie kannst du das sagen! Ich bin weder ein richtiger Arzt noch könnte ich dir empfehlen, bei deiner Krankheit zu reisen!" Als dies und noch vieles mehr hätte Antigonos gerne zu seinen Freund gesagt, aber konnte nicht. Seine Finger verkrampften und er stand auf. Was ist nur passiert? Antigonos hatte Nikolaos doch nur gefragt, ob er schon einmal daran gedacht hatte, die Welt zu bereisen. Das er solch ein Chaos damit anrichten konnte, war ihm nicht bewusst. Auch die Art, wie sein Freund ihn ansah und sprach, war durchaus unheimlich gewesen. "Ich werde weiter aufräumen, Herr." Meinte Antigonos tonlose und machte sich daran, weiter die Bücher einzusammeln.

  • Nikolaos war der Schrecken des Freundes nicht entgangen. Fast musste er selbst ob seiner Kaltblütigkeit erschaudern. Doch er nahm das Schaudern mit Genuss. Ein eisiges Lächeln zierte sein Gesicht, als er Antigonos durchdringend ansah.
    "Habe keine Angst, Antigonos. Uns wird sich niemand in den Weg stellen, niemand!"
    Für einen kurzen Moment brach er in ein heiseres, gedämpftes Gelächter aus. Dann beruhigte er sich wieder. Das eisige Lächeln jedoch hatte seine Gesichtszüge nicht verlassen. Er schürzte fast genüsslich die Lippen.
    "Und falls doch... sei es so.", sagte er teilnahmslos. "Doch habe keine Angst, Antigonos." Nikolaos Stimme wurde wärmer, sein Gesicht wurde lebendiger und menschlicher. "Du hast genug Zeit, dich vorzubereiten. Wenn es so weit ist, wirst du keine Angst haben." Den letzten Halbsatz betonte er mit einer fast übertriebenen Deutlichkeit. Es war mehr als nur ein Wunsch oder eine Vermutung.
    Als sich Antigonos mit seiner Ausrede entziehen wollte, ließ Nikolaos den Blick nicht von ihm ab. Im Gegenteil schien er sogar noch tiefer in das Gesicht seines Gegenübers mit den Strahlen* seines Augenlichts eindringen zu wolllen. Er schwieg eine Weile. Dann senkte er den Kopf, fuhr sich nachdenklich mit den Fingern über die Stirn und über die Schläfen. Schließlich hob er den Blick wieder.
    "Es wäre gut, wenn du bei Gelegenheit mich in meinem Haus aufsuchen könntest, um mich zu untersuchen. Ich habe ein eigenartiges Geschwür entdeckt-" Ohne peinlich oder in irgendeiner Weise berührt zu sein, fuhr er fort. "- an einer durchaus delikaten Stelle. Außerdem scheine ich seit einigen Tagen leicht zu fiebern und mich plagen Schmerzen, ohne dass ich mit Bestimmtheit sagen könnte, in welchem Teil des Körpers. Ich hoffe, du verstehst dich auf die Zubereitung von Mitteln gegen Schmerzen?"
    Nikolaos Gesicht verhärtete sich, seine Lippen nahmen einen hochmütigen und grausamen Zug an. Die Grausamkeit indes richtete er gegen sich selbst und er tat dies mit einer so unverhohlenen Lust, sodass empfindliche Menschen vielleicht verängstigt zurückgewichen wären.

  • Ábydos ist der Name zweier Städte. Zum einen trägt ihn Ábydos, an der engsten Stelle des Hellesponts in der Landschaft Troas gelegen. Es wurde von den Meletiern vor etwa achthundert Jahren als Tochterstadt gegründet. Mehrfach griffen die Perser nach der damals bedeutenden Handelsstadt, ehe sie vor etwa vierhundert Jahren ganz dem persesischen Königreich zufiel. Vor dreihundert Jahren schließlich wurde Ábydos Teil des Reiches der Seleukiden, von Philippos dem fünften zerstört, später Besitzung Pergamons. In unserer Zeit gehört Ábydos zur rhomäischen Provinz Asia.
    Ferner bezeichnet Ábydos einen Ort, in dem ein einst bedeutendes Heiligtum des Osiris ansässig ist. Er liegt viele Stadien nilaufwärts von Alexandria. Viele Herrscher aus früheren Zeiten vor dem Siegeszug des Göttlichen Alexanders durch die Welt haben in Ábydos am Nil-Fluss ihre Gräber. Mit der Kultivierung des ägyptischen Landes begann der Niedergang der Stadt, die heute eine Einheit des rhomäischen Stratos beherbergt.

  • Ich klopfte kurz an, und nachdem ich herein gebeten wurde, betrat ich den Raum. In meiner Hand trug ich sieben Pergamentrollen.


    "Chaire, Nikolaos. Ich habe zwar nicht den Text, den ich in der Bibliothek übersetze und kommentiere, mitgebracht, wohl aber einen anderen, den ich auswendigniedergeschrieben und übersetzt habe. Es sind alle sieben Bücher der Lehrgespräche des Meisters Meng."


    Ich legte die Schriftrollen ab, nahm die erste und rollte sie ein ganzes Stück weit auf. Die attische Schrift war nicht normal geschrieben, sondern durchaus kunstvoll als Kalligraphie. Ich tippte auf das Ende des ersten Kapitels und las vor.


    "...so man das Recht hintansetzt und den Nutzen voranstellt, ist man nicht befriedigt, es sei denn, daß man den anderen das Ihre wegnehmen kann. Auf der anderen Seite ist es noch nie vorgekommen, daß ein liebevoller Sohn seine Eltern im Stich läßt, oder daß ein pflichttreuer Diener seinen Fürsten vernachlässigt. Darum wollet auch Ihr, o König, Euch auf den Standpunkt stellen: 'Einzig und allein Menschlichkeit und Recht!' Warum wollt Ihr durchaus vom Nutzen reden?"


    Eindringlich sah ich Nikolaos an.


    "Vielleicht verstehst du jetzt besser, warum ich die Akademie gegründet habe?"


    Sim-Off:

    Das spielt nach Leonidas' Besuch.

  • "Sei gegrüßt, Leonidas.", meinte der Gelehrte freundlich. "Du musst dich für keinen Kurs bewerben, da ich keinen gebe." Er lächelte. "Ich lasse meine Schüler keine Prüfungen schreiben und schicke sie auch nicht eines Tages nach hause mit den Worten: >Du hast genug gelernt, geh nun!<
    Aber es freut mich, dass du mein Schüler werden möchtest."
    Er deute mit der Hand auf einen Stuhl, der ihm gegenüber stand.
    "Was genau möchtest du lernen? Die Lehre von der Art, wie mit geschriebenen Büchern umgegangen werden muss, wie man Bücher von einer Sprache in die andere bringt, die Kunst der Rede oder etwas ganz anderes, oder von jedem etwas?"

  • "Sei gegrüßt Markos", meinte Nikolaos höflich, ja sogar freundlich, denn er hatte gesehen, dass der Besucher Bücher bei sich trug. Nikolaos Augen leuchteten. Am liebsten hätte er Markos die Bücher aus der Hand gerissen.
    "Das ist wirklich wunderbar!", rief der Gelehrte aus. "Wielange kannst du die Bücher entbehren?", frug er. Sollten sie wirklich das halten, was sich Nikolaos von ihnen versprach, einen Einblick in die Denkweise von Menschen am anderen Ende der Welt, von denen die meisten nicht einmal wussten, dass es sie gab, würde er seine Schüler und Gehilfen sie abschreiben lassen.
    Als Markos ihm aber die Passage vorlas, in der es augenscheinlich um (Eigen-)Nutzen ging, und er den Gymnasiarchos, den reichen und angesehenen Bürger der Polis, eindringlich ansah, verflog die Freude, oder sie wurde zumindest getrübt.
    "Ich habe nie nicht verstanden, weshalb du diese Akademie gründetest.", meinte Nikolaos. "Es ist mir selbst ein großes Anliegen und eine Art der Pflichterfüllung gegenüber den Göttern, Wissen zu mehren und Wissbegier gedeihen zu lassen und Menschen, gerade jungen, auf den Weg der Erkenntnis zu bringen."

  • Meine Miene wurde freundlich, ja fast entschuldigend.


    "Dann war es wohl ein Mißverständnis meinerseits. Ich schlafe recht wenig in den letzten Wochen, da kann das schonmal passieren. Was die Bücher anbetrifft... die sind alle hier."


    Ich tippte mir an den Kopf, wobei ich lächelte.


    "Und um deine Frage zu beantworten, wie lange du sie behalten kannst..."


    Mein Finger zeigte auf den Anfang des ersten Buches. Dort stand geschrieben:


    "Übersetzt aus der Sprache des Volkes der Han in das Attische von Marcus Achilleos aus Athen, für den Philosophos Nikolaos Kerykes, der mich so freundlich als Gast am Museion aufgenommen hatte."


    Da drunter war die gleiche Widmung auf Chinesisch.

  • Nikolaos fuhr es durch alle Glieder. Das war entzückend, oder eine Falle, die der fremdländische Hellene ihm stellte. Doch die Vorsicht hatte Nikolaos verlassen.
    "Ich danke dir tausendfach, werter Markos..." Der ehemaliger Athener und nunmehr Alexandriner lächelte. Er überflog die ersten Zeilen der Schrift, rollte das Rolle etwas weiter und überflog noch mehr, schließlich musste er sich zurückhalten, nicht zu lesen beginnen, immerhin hatte er einen Gast.
    "Wenn ich mich dafür erkenntlich zeigen kann, lasse es mich wissen. Ich werde mich in den nächsten Wochen ausgiebig dem Lesen widmen."

  • "Es freut mich, dass ich dir damit eine Freude machen kann. Wenn du die Texte diskutieren willst, habe ich stets ein offenes Ohr. Vor allem, weil du sicher einen anderen Blickwinkel hast als ich. So können wir beide lernen, indem wir uns austauschen. Ich bin ja als Gastdozent hier am Museion, sonst an der Akademie. Du wirst mich also ganz sicher finden."


    Mein Blick wurde etwas nachdenklich und schweifte ab, dann sah ich Nikolaos wieder an.


    "Bildung ist sehr wichtig. Sie macht uns zu besseren Menschen. was den Menschen verdirbt, ist die Umgebung, was ihn verbessert, ist Bildung. Deshalb ist es ein Verbrechen, Menschen Bildung vorzuenthalten." Ich seufzte. "Natürlich weiß ich, dass es mir nicht möglich sein wird, allen Bildung zu geben. Die einfachen Leute müssen wohl oder übel ihre ganze Zeit aufwenden, um sich und ihre Familien zu ernähren. Aber einen Versuch ist es dennoch wert. Und wenn ich auch nur ein wenig bewirken kann, so habe ich zumindest etwas erreicht."

  • "Ich sehe, ich habe viel zu lesen.", meinte Nikolaos lächelnd. "Du warst sehr fleißig." Er schob sich eine Haarlocke aus der Stirn. Dass mit den besseren Menschen leuchtete ihm nicht ganz ein. Kannte er doch nur allzu gut die Priesterschaft der Musen, bestehend aus den am weitesten verfeinerten Geistern, aus Männern und Frauen, die große Werke vollbracht haben, und sich doch bei jeder Gelegenheit der Eitelkeit hingaben und anderen menschlichen Lastern. Auch der Gymnasiarchos selbst war, so wusste er nur zu gut, nicht frei von solchen Regungen.
    "Allerdings führt Bildung auch zu Schwierigkeiten. Im Vertrauen gesagt, täten einige der Priester der Musen und des Apollons besser daran, die Götter gar nicht zu ehren, als ihr Heiligtum mit Schande zu besudeln."
    Der Mord am Epistates hatte ihn nie ganz losgelassen. Die Schuldigen, die gefunden worden waren, waren wohl verbrecherisches Pack, doch nicht die Schuldigen. Die wahren Schuldigen verrichteten wohlmöglich immer noch den Tempeldienst. Und da gab es noch etwas... Nikolaos erschauderte. Ehrgeiz, der Fluch der großen Geister... .

  • Ich dachte kurz nach, dann sprach ich. "Das liegt eventuell daran, dass Bildung nicht nur eine Sache des Verstandes, sondern auch des Herzens ist. Wenn die Bildung zwar den Verstand erreicht, aber nicht das Herz, wie soll man da ein besserer mensch werden? Man muss die Lehren verinnerlichen, nur so kann man verbessert werden. Das ist es, was ich als "lernen" bezeichne: Die Lehren zu verinnerlichen. Alles andere ist nur "behalten". Wer also nur Wissen behält, aber nicht lernt, der wird auch kein besserer Mensch. An den Lehren der Philosophen kann es jedenfalls nicht liegen, die haben in ihrer Gesamtheit sicher genügend Wissen, um bessere Menschen zu erzeugen."

  • "Ich glaube, an dieser Verinnerlichung scheitert alles menschliche Streben.", sagte Nikolaos. "Ich kenne Greise, die viel gesehen, viel gelernt und vor allem viele gute Taten vollbracht haben, zu denen selbst diejenigen bewundernd aufblicken, die einst zu ihren Feinden gehörten. Diese Greise aber, vor denen ich grüner Junge vor Ehrfurcht fast zusammenbreche, und die sonst milde lächeln zu allem, was ihnen widerfährt, werden bitter, wenn ich sie weise nenne. >Glaube bloß nicht, dass du jemals weise wirst. Das Leben vergrößert die Weisheit nicht, sondern die Torheit. Sieh mich an, ich schaue dem Tod fast täglich an, ohne dass er mich bisher angefasst hat, und bin närrischer als in meinen übelsten Stutzerjahren.<
    Ich glaube natürlich, dass es vermessen wäre, zu glauben, man könne Vollkommenheit erreichen. Das Streben nach Vollkommenheit allein sei das höchste, was ein Mensch erreichen kann. Doch ich frage mich, ob dieses Streben genügt, ja überhaupt irgendetwas bewirkt.
    Gewiss darf man allein deshalb nicht dieses Streben aufgeben, denn damit gäbe man alles auf.
    Aber manches Mal lassen mich diese Gedanken zweifeln. Es läßt mich zweifeln, dass Greise, die in allem milde sind, in dieser einen Hinsicht bitter und traurig sind.
    Auch glaube ich, dass selbst vortrefflichste Philosophen Schwierigkeiten damit haben, ihre eigenen Lehren zu verinnerlichen."


    Nikolaos lächelte zart.


    "Nun sei es so, ich will mich mit dem Streben begnügen."

  • Ragin war eine Weile durch die Gänge des Museions geirrt. Die Beschreibung des Schreibers war doch nicht so genau gewesen, wie er sich erhofft hatte, allerdings hatte er sich dann einfach durchgefragt.


    Nachdem er geklopft und Antwort erhalten hatte, trat er ein.



    "Chaire, Nikolaos. Ich wollte mich für deinen Kurs über die Redekunst anmelden."


    Er hoffte den kleinen Griechen jetzt nicht zu sehr überfahren zu haben.

  • Der kleine Grieche war zuvor in seinem großen Arbeitsraum auf und ab gegangen und hatte einem Schreiber etwas diktiert, von dem einzelne Worte nach draußen drangen. Ägypter... vor langer Zeit... ungewiss... namens Aton.... oder ähnlich... getilgt...aber... Spuren im Gedächtnis des Volkes vorhanden... Ioudäer... Eingott... Mithras...Die unsterblichen Himmlischen... verschiedene Erscheinungen... Ganzes... Sarapis...Isis... Platon... große Idee...


    Das Klopfen hatte ihn dabei aus dem Redeflus gebracht. Er hatte einen Fluch dem armen Schreiber entgegengezischt. Sein "Tritt ein!" etwas harsch im Ton. Er hätte gerne dem Besucher eine Belehrung über das Verhalten gegenüber Lehrern gehalten (die völlig ungerechtfertigt wäre, der Besucher hatte schließlich höflich geklopft; aber Nikolaos konnte sich manchmal vor Selbstgerechtigkeit nicht retten), aber er sah, dass es der römische Halbbarbar war. An dem hatte er irgendwie einen Narren gefressen.


    "Chaire, Marcus Duccius.", grüßte er höflich. Den Schreiber schickte er, mit einer knappen Gesten fort. Er deutete auf einen Stuhl. "Das freut mich sehr. Möchtest du dabei die Redekunst in lateinischer Sprache oder in der attischen lernen?*", fragte er. "Oder beides?"



    *Das heißt nur SimOn auf Latein oder Attisch ;).

  • Ragin lächelte und setzte sich auf den angebotenen Stuhl.


    "Ich würde sagen in Latein. Mein Koiné ist zwar ganz gut, aber die attische Sprache beherrsche ich leider nicht und daher ist es mir wohl unmöglich mich da der höheren Redekunst zu widmen."


    Dieses griechische Sprachengewirr war aber sehr kompliziert. Aber im Grunde war es auch nicht anders, denn wenn es bei den Griechen war wie bei den Germanen, dass es sie so eigentlich gar nicht gab sondern es nur ein sprachliches Konstrukt war, dann war das verständlich. Schließlich sprachen die Bataver und die Sueben auch anders als die Amisvarier.


    "Wann beginnt denn der Kurs? Langsam bin ich die Untätigkeit leid hier in Alexandria und bin froh, wenn ich mich in die Studien stürzen kann."


    Seine Augen leuchteten vor Begeisterung und Tatendrang. Die Stadt war spannend und er hatte viele neue Sachen gesehen, aber der Müßiggang ging ihm langsam auf die Nerven-er wollte endlich wieder eine richtige Aufgabe haben.

  • Nikolaos gefiel, dass der junge Mann ehrlich war. Auch war es nur verständlich, dass er der lateinischen Sprache den Vorzug gab, schließlich würde er wohl weniger vor der alexandrinischen Volksversammlung als vor Römern sprechen wollen.


    "Darf ich fragen, ob du politische Ambitionen verfolgt-", fragte Nikolaos. "-oder eine andere Laufbahn einschlagen möchtest, wozu die Redekunst notwendig ist. Oder willst du sie im ihrer selbst Willen lernen?"


    Letzteres war nicht ungewöhnlich. Es gab viele Kinder von reichen Vätern, die lediglich aus Gründen des Prestige von berühmten Lehrern unterichtet wurden, um anschließend doch nur ihr ganzes Leben im Müßiggang auf dem väterlichen Landgut zu verbringen. Man sagte den Römern (oder zumindest den wenigen Römern, die sich überhaupt eine politische Karriere leisten könnten) nach, unter ihnen gäbe es solcher Leute viele.


    "Missverstehe das nicht als Neugier. Ich fragte, um deine Ausbildung darauf auszurichten. Ich denke nämlich daran, dir bis zum Kursbeginn eine Aufgabe zu geben."


    Er lächelte höflich und ließ die Fingerknöchel knacken.


    "Der Kursus findet jede heméra Heliou nach der achten Stunde* unter der Säulenhalle am Garten statt. Eigentlich halte ich ihn ständig ab, nur leider blieben in letzter Zeit viele Schüler aus. Offenbar sind schlechte Zeiten für die Beredsamkeit eingetreten."


    Er lächelte eigenartig und schürzte die Lippen. Sein Blick blieb die ganze Zeit auf die hellen Augen des barbarisch anmutenden Jünglings gerichtet.


    "Umso mehr freut es mich, mit dir einen Schüler dazu gewonnen zu haben.", fügte er wohlwollend hinzu.


    *Sonntagnachmittag.

  • Das war eine gute Frage, die ihm der Grieche da stellte. Warum wollte er das lernen? Zuerst natürlich, weil Lando ihm gesagt hatte, er solle ja nicht ohne einen abgeschlossenen Kurs wieder heimkommen. Aber es war noch mehr: Er wollte seinen verwandten gefallen und er wollte, dass sie stolz auf ihn waren.


    "Ich denke schon, dass ich es auch bei meiner Laufbahn brauchen werde, wobei ich noch nicht genau weiß, was ich machen möchte. Zuerst werde ich mich nachher mal beim Cursus Publicus vorstellen, ob ich dort vielleicht als Stationarius arbeiten kann. Wenn ich dann aber wieder nach Mogontiacum zurückgekehrt bin, möchte ich schon gerne etwas erreichen. Weißt du, mein Vetter Marsus ist Duumvir in Mogontiacum und ich denke ich werde auch in die Verwaltung oder die Politik gehen, wenn ich dafür überhaupt geeignet bin. Ich habe vor etwas zu erreichen, damit meine Familie stolz auf mich ist, denn sie hat mir so viel gegeben, dass ich auch etwas zurückzahlen möchte. Und ich denke, wenn ich mich besonders gut ausdrücken kann ist das sowohl gut für unser Handelskonsotrium als auch für meine zukünftige Karriere. Ich hoffe es enttäuscht dich jetzt nicht, dass ich sie nicht unbedingt um ihrer selbst Willen lerne, aber vielleicht versöhnt es dich wieder wenn ich sage, dass ich die Redekunst auch so sehr interessant finde."


    Er hatte in den letzten Monaten gelernt, dass es mit das wichtigste war sich verständlich zu machen. Und gerade bei den Römern wurde sehr sehr viel Wert darauf gelegt.


    "Ich freue mich dein Schüler sein zu dürfen" erwiederte er glücklich den letzten Satz des Griechen.

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