Der Appartment-Schreck

  • Es war heller Tag, als Amneris eine der unzähligen Straßen Roms entlang schlenderte, scheinbar ziellos, hin und wieder vor den Auslagen eines Ladens stehen blieb, um schließlich weiterzugehen. Zumindest tagsüber konnte man sich in diesem Stadtteil, der subura allein einigermaßen ungefährdet bewegen. Nachts wäre die Nubierin dieses Risiko wohl nicht eingegangen. Zwar gehörte sie ebenfalls zum lichtscheuen Gesindel, doch bewahrte diese Tatsache keineswegs vor Raub oder Mord, wie sie nur zu gut wusste.
    Vor einer fünfstöckigen insula blieb sie schließlich stehen. Ihr Blick wanderte einmal das Haus empor.
    „Na hoffentlich hält die Bruchbude das aus.“, murmelte sie und schickte sich an, die Treppen zum dritten Stock zu erklimmen. Drei Wohnungen gab es hier und sie entschied sich für jene, die zum rechten Nachbarhaus hin lag. Die Tür war unverschlossen und so schob sie sie auf.
    „Du kommst spät.“, wurde sie von einer rauen Männerstimme begrüßt.
    „Hatte noch was zu tun.“
    „Wichtigeres als das?“
    „Wird sich zeigen.“
    Der Mann verdrehte die Augen, was Amneris zu einem Grinsen verleitete. Sie schloss die Tür hinter sich wieder und musterte die Anwesenden.
    An die Wand gelehnt oder auf dem Boden sitzend, war die gesamte Gruppe versammelt. Insgesamt nur fünf Menschen, doch in den meisten Fällen genügte dies. An der gegenüberliegenden Wand lag ein Holzstamm, welcher bereits in der Nacht hereingeschafft worden war.
    „Und wir sind sicher, dass er nicht da ist?“
    „Hör schon auf zu unken, Gaeta.“, brummte Crinix, der mit verschränkten Armen auf dem Holzstamm saß.
    „Mein ja nur…“
    „Was ist eigentlich, wenn uns jemand hört?“, wandte nun Polybos ein.
    „Wir sind in der subura.“
    „Ja, aber“
    „Wir sind in der subura.“
    „Und wenn“
    „Wir sind in der subura.“
    Damit schien jene Frage geklärt zu sein. Wie das Quintett wusste, kümmerte sich hier kaum ein Nachbar darum, was mit dem anderen war. Geradezu geschaffen also, für ein Vorhaben wie das ihrige.
    „Aber warum ausgerechnet am Tag?“
    „Weil es nachts zu ruhig ist für so was?“
    „Aber“
    „Nachts wundert man sich sicher mehr über solch einen Lärm, als tagsüber.“
    „Könnten wir dann? Ich muss meinen Sohn noch vom Paedagogus abholen.“
    „Macht das nicht deine Frau?“
    „Ihre Mutter ist zu Besuch.“
    „Hähähä.“
    „Schön, dass dich das so freut.“
    „Eure Zuneigung könnt ihr nacher noch bekunden, fangen wir lieber an.“
    Gesagt, getan. Die vier Männer griffen sich den Holzstamm und nahmen Aufstellung. Amneris hielt sich vornehm zurück und betrachtete das Ganze aus sicherer Entfernung.
    „Und haaaaau-ruck.“
    Die Wand erzitterte, als das Holz auf den Verputz der Mauer traf. Es bröckelte und einzelne Teile landeten bereits auf dem Boden, doch es war noch kein Durchbruch zu sehen.
    „Nochmal.“, ordnete Crinix an.
    Erneut erklang ein dumpfer Laut, der dieses Mal sogar den Boden erzittern ließ. Die Nubierin wanderte zu einem kleinen Fenster, das zur Straße hinaus zeigte. Niemand schien sich daran zu stören.
    „Ha!“, triumphierte Polybos. Amneris wandte sich um und tatsächlich: In der Wand war ein Loch, das den Weg zu einem anderen Raum freigab. Genauer gesagt, zur Wohnung im Nachbargebäude.
    „Gepriesen seien die insulae und ihre Erbauer.“
    Es war in der Tat äußerst praktisch, dass viele Häuser derart eng aneinander gebaut wurden.
    Ein Poltern vom oberen Stockwerk ließ alle plötzlich zusammenzucken.
    „Ruhe da unten!“, quäkte eine Frauenstimme.
    „Schuldigung.“, blökte Hermes zurück.
    „Ob die die Wachen ruft?“
    „Stell dich nicht so an.“
    „Ich halte besser Wache.“
    „Wenn du dich dann besser fühlst…“
    Einer nach dem anderen schlüpfte schließlich durch die schmale Öffnung und sah sich um.
    „Für einen so bekannten Einbrecher, wohnt der Kerl aber recht ärmlich.“
    „Scheinbar macht er etwas falsch.“
    „Weil du in einem Palast wohnst, nicht wahr?“
    „Pff.“
    „Haltet die Klappe und sucht lieber.“
    Viel zu erkunden gab es glücklicherweise nicht, lediglich aus zwei Räumen bestand die karg eingerichtete Wohnung, in der sich jedoch allerlei Kostbarkeiten befanden.
    „Ui, schaut mal, ein goldener Falke.“
    „Lass ihn stehen, du Torfnase, dafür werden wir nicht bezahlt.“
    „Stört doch auch keinen, wenn ich ihn mitnehme.“
    „Mich stört es.“
    „Hab ihn!“
    Mit siegessicherem Lächeln auf den Lippen, reckte Hermes nach einiger Zeit eine silberne Kette samt Anhänger empor.
    „Wo war sie?“, fragte Amneris.
    „Im Nachttopf.“
    „Du bist dir auch für nichts zu schade, wie?“
    „He, wenn du“
    „Prügelt euch nacher. Jetzt sollten wir lieber verschwinden.“
    Das leuchtete allen ein, denn obwohl keiner wirklich glaubte, dass jemand die Cohortes verständigt hatte, war es doch immer noch möglich, dass ihr ‚Kollege’ frühzeitig zurückkehrte. Sie hatten zwar sichergestellt, dass Vorinia, die letzte im Bunde, ihn nicht aus den Augen ließ, aber wirklich wohl fühlte sich keiner in dieser Wohnung.
    „Sollen wir den nicht mitnehmen?“, wandte Polybos ein, als die ersten beiden bereits die Wohnung verlassen hatten.
    „Genau, wir nehmen den Holzprügel mit und schleifen ihn quer durch Rom. Schwachkopf.“
    Der Stamm blieb an Ort und Stelle und die Fünf verließen die insula als sei nie etwas geschehen…


    to be continued… ;)



    Sim-Off:

    Ja, diese Methode wurde in der Antike tatsächlich angewandt ;)

  • Drei Etagen tiefer, vier Straßen weiter und 14 Tage später passierte etwas völlig anderes. Ein Mann schrieb etwas an eine Wand.


    Setzt euch dafür ein, dass Flavius Aquilius zum Quaestor gewählt wird. Rom wird es euch danken.

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