Da Corvinus mit dem Rücken zu ihr stand, konnte sie seine Reaktion nicht sehen, konnte sie nicht sehen, wie er die Augen schloss, als sie ihn beim Namen nannte. Möglicherweise hätte sie sonst noch Hoffnung gesehen, wäre hartnäckig geblieben. So aber sah sie nur seinen Rücken, sah, wie er dastand, unbeweglich, versteinert, und hörte schließlich seine Worte, so ruhig, so kalt, so bar jeglicher Emotion. In diesem Augenblick glaubte Siv beinahe, dass es ihm nichts ausmachte, Fhionn dem Kreuz zu übergeben, auch wenn sie wusste, meinte zu wissen, dass es nicht so war. Sie kannte ihn anders. Er konnte nicht so kalt sein, auch wenn er so wirkte. Sie klammerte sich an diesen Gedanken, dass es so sein musste, aber gleichzeitig hörte sie seine Stimme. Raus jetzt. Es konnte nicht sein. Sie hob die Hand, um ihn zu berühren, um über seinen Rücken zu streichen, der so nah vor ihr war, so nah… und als hätte er es gespürt, geahnt, machte er in diesem Moment einen Schritt zur Seite und entzog sich ihr ein weiteres Mal. So nah, und doch so unerreichbar. Und Fhionn nutzte den Raum, den Corvinus ihr machte, und verließ das Zimmer, nachdem sie sie noch einmal angesehen hatte. Sivs Kehle schnürte sich zu, als sie diesen Blick sah.
Für einen Moment blieb sie stehen, wie erstarrt. Die Stimme des neuen Aureliers drang an ihr Ohr, aber sie schüttelte nur den Kopf. Es spielte keine Rolle. Corvinus glaubte nicht, weder ihr noch Fhionn. Und seine Abweisung traf sie, so tief. Kombiniert mit dem Wissen, dass das Leben der Keltin nicht mehr zu retten war, wenn nicht noch irgendetwas passierte, verursachte diese Abweisung bei ihr körperliche Schmerzen. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Sie trat einen Schritt zurück, prallte beinahe gegen Orestes, der schräg hinter ihr stand, und wandte sich dann ebenfalls ab. Sie konnte nicht mehr. Tief in ihr begann sich bereits der Entschluss zu bilden, am nächsten Tag einen neuen Versuch zu starten, weiter zu machen, so lange bis Fhionn tatsächlich gestorben war – und selbst dann würde sie vermutlich noch weiter versuchen, Corvinus zu überzeugen. Aber in diesem Moment schien der Schmerz zu groß zu sein. Und davon abgesehen brauchte Fhionn sie. Siv würde sie die letzte Nacht nicht allein mit sich und ihren Gedanken lassen, es sei denn sie wollte es so. Und so eilte sie, ohne noch ein Wort zu sagen, der Keltin hinterher.