Morgenempfang

  • In seinem Büro angekommen, nahm Valerianus auf dem bequemen Stuhl am Schreibtisch Platz und versuchte sich einen Moment zu sammeln und die Gedanken zu ordnen. Dann war er bereit, als erste den Procurator a libellis und den Procurator a memoriae zu empfangen, um das mögliche Audienzprogramm für den Tag und anstehende Entscheidungen und Termine zu besprechen.

  • Iuvenalis hatte die Post für den Kaiser mit sich welche man ihn kurz zuvor in sein Officium gebracht hatte.
    Er kam an den Wachen vorbei die ihn in das Officium des Imperators eingelassen hatten.


    Er ging auf den Imperator zu und verneigte sich schließlich.


    Salve Imperator. Ich wünsche wohl geruht zu haben.
    Mein Name ist Appius Tiberius Iuvenalis und ich bin der Procurator a memoriae.


    Stellte der Alte sich vor.


    Der Tod deines Vaters Ulpius Iulianus, das tut mir sehr leid. Ich habe sehr gerne unter ihm meine Arbeit verrichtet.


    Bekundete der Tiberier sein Beileid.

  • Es war schon eine besondere Ehre, genau an der Tür zu stehen, hinter der der Kaiser höchstselbst seinen Tätigkeiten nachging. Doch es war auch irgendwie ein ziemlich eigenartiges Gefühl. Einerseits stand man hier so steif, stumm und bewegungslos herum wie eine Statue und wurde kaum beachtet, andererseits war man dafür verantwortlich, daß nur diejenigen zum Kaiser kamen, die er auch zu sehen wünschte.


    Den procurator a memoriae kannte Valerian ja mittlerweile. Schon oft war er an ihm vorübergegangen. Und die vielen Schriftrollen und Wachstafeln, die er mit sich trug, sagten nur eines: Es wartete viel Arbeit auf den Kaiser. Natürlich ließen sein Kamerad und er den Mann durch, ohne ihn großartig aufzuhalten.


    Nein, wenn Valerian so einen Blick auf die vielen Schriftstücke warf, die dem Kaiser vorgelegt werden sollten, dann war er doch froh, daß er hier einfach nur Wache zu stehen brauchte und sich nicht mit so etwas befassen mußte. Er verstand gar nicht, warum es so viele Menschen gab, die gerne Kaiser anstelle des Kaisers wären. Wer sich das wünschte, konnte doch nur sehr dumm sein. Macht und Geld konnte man doch auf weit angenehmere Art haben.


    Der Husten des Kaisers hörte sich heute auch wieder schlimm an, fand er. Und blaß hatte er ausgesehen, als er vorhin an ihm vorbei gekommen war. Vielleicht war es an der Zeit, einmal ein Opfer darzubringen, auch wenn es nur ein kleines war, das Valerian bringen konnte. Er mochte seinen Namensvetter irgendwie, auch wenn er noch nie ein Wort mit ihm gewechselt hatte und vermutlich auch niemals würde, - was war er, wer war er schließlich schon in den Augen eines Mannes wie Valerianus? Doch er wünschte sich von Herzen, daß der Kaiser wieder gesund wurde, um mit starker Hand noch lange regieren zu können.


    Nun, im Moment allerdings blieb ihm nichts anderes übrig, als einfach hier zu stehen und aufzupassen. Die Hand am Schwert, um jederzeit kampfbereit zu sein, Augen und Ohren aufmerksam offen, um jede Gefahr bereits im Ansatz erkennen und ausmerzen zu können.


    Ob wohl auch Vescularius Salinator noch auftauchen würde? Normal ließ der ja nicht lange auf sich warten, wenn der Kaiser irgendwo auftauchte...

  • Auch wenn er nun schon mehrere Tage in Rom war, erhielt Valerianus immernoch Beileidsbekundungen zum Tod seines Vaters und er nahm sie gerne entgegen. Doch jedes Lob für seinen Vater legte die Messlatte für ihn selbst nur wieder höher. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihm ein Mitarbeiter seines Stabes zuletzt gesagt hatte, gerne unter ihm zu arbeiten.


    "Ich danke für deine Worte, Procurator. Du kanntest meinen Vater sicher in bestimmten Dingen besser als ich es tat. Welche Dinge liegen für den heutigen Tag an?"


    Die Frage war an beide Männer gerichtet, denn es war ihm gleich, wer ihn nun mit Arbeit überschütten würde.

  • Trotz seines Alters war der Alte der Schnellere von Beiden.


    Kurz bevor ich hier her kam, erhielt ich noch zwei, drei Schreiben die an dich gerichtet sind mein Kaiser.


    Das erste Schreiben ist vom Senator Decimus Meridius. Ist wohl privater Natur.
    Dann habe ich noch eines von deinem Statthalter aus Germanien Vinicus Lucianus. Hier geht es zum einen um Ernennungen und Treuebekenntnis.


    Er überreichte die beiden Schreiben.


    Dann habe ich noch ein Schreiben vom Statthalter der Provinz Hispania. Es geht hierbei wohl um deine Besitzungen dort.


    Er waretete bis der Kaiser die beiden ersten Schreiben durch hatte und reichte ihm dann das Dritte samt dem Anhang.

  • Dass der Procurator ohne große weitere Vorrede einen Brief nach dem anderen vorlegte, erfreute Valerianus, denn je schneller es ging, desto schneller waren sie fertig. Allerdings schien der Mitarbeiter noch nicht in die Gepflogenheiten seines neuen Dienstherren eingeweiht gewesen zu sein, aber das sollte sich mit der Zeit wohl auch noch geben.


    "Ich erwarte keine Mutmaßungen über den Inhalt eines Briefes, sondern klare Aussagen. Ist dieser Brief von Senator Decimus Meridius privater Natur oder ist er es nicht?"


    Beim zweiten Brief hatte die Inhaltsangabe schon besser geklappt und er überflog ihn kurz. Dann reichte er ihn zurück.


    "Schicke dem Statthalter einen Brief, in dem ich für das Treuebekenntnis danke. Die Ernennung des Centurio ist genehmigt. Die Erhebung in den Ritterstand sind zu notieren, ich entscheide später über sie."


    Das Abfassen der Antwort würde dem Procurator ab epistulis zufallen, der für den Kontakt mit den Statthaltern zuständig war, während der Procurator a memoria die Liste mit den Standeserhebungen zu führen hatte. Beim dritten Brief wartete Valerianus dann nur noch wieder mit geschlossenen Augen auf eine genauere Inhaltsangabe.

  • Na der war ja drollig. Das hieße nun er mußte jeden Brief haargenau durchlesen... Und wenn nun etwas weiß der Geier intimes drinnen stand? Dann stand der Alte dann wärend er den Inhalt des Briefes schilderte mit rotem Kopf vor dem Imperator. Das konnte ja noch spaßig werden...


    Wie du wünschst Imperator. Er möchte nach dem vermißten Legaten der Prima suchen. Der Senat hat ihn wohl damit beauftragt. Er wünscht von daher eine Audienz bei dir für sich und Decimus Mattiacus um sein weiteres Vorgehen mit dir zu besprechen.


    Hmm was war nun? Er sagte doch das es um seinen Besitz ging, was war da jetzt so falsch dran?


    Verzeih, den dritten Brief habe ich erst erhalten als ich quasi schon auf dem Weg zu dir war und ihn deshalb nur überflogen. Schließlich wollte ich nicht zu spät kommen.


    Der Proconsul berichtet in seinem Brief das aller Besitz welcher dem verstorbenen Kaiser gehörte nun an dich überschrieben wurde.
    Außerdem scheint er den derzeitigen Procurator rationis privatae los werden zu wollen.

  • Weiterhin mit geschlossenen Augen folgte Valerianus dem Vortrag und überhörte die weiteren Ungenauigkeiten und Mutmaßungen, die sein Procuator über den Inhalt der Briefe oder die Hintergründe anstellte. Immerhin hatte Valerianus selber inzwischen eine Liste seiner Kanzleibeamten studiert.


    "Decimus Mattiacus? Er ist doch auch ein Procurator hier am Palatin. Ich habe ihn bisher noch nicht kennengelernt. Die Audienz für beide findet hier in meinem Büro statt."


    Die Nachricht über die besitzungen gehörte wohl zu den Selbstverständlichkeiten einer gewissenhaften Provinzverwaltung.


    "Mit den Machenschaften des Procurator rationis privatae soll sich die Finanzabteilung befassen."

  • Möglich das Mattiacus auch hier am Hofe unterwegs war. Er selbst war ihm hier noch nie begegnet und so meinte er nur.


    Das kann ich leider nicht sagen. Wenn ja, dann hatte ich mit ihm hier noch nichts zu tun gehabt.


    Und so etwas wie Firmenweihnachtsfeiern gab es ja noch nicht...


    Gut, dann werde ich ihn gleich nach dem Empfang aufsuchen und es ihm sagen. Soll trotzdem eine Nachricht an den Senator Meridius raus gehen?


    Warum hatte er dies nun gefragt, es würde vermutlich eh so sein.


    So werde ich ihr auch gleich nach dieser Unterredung eine dementsprechende Anordnung zukommen lassen.

  • Welche Kanzleibeamten sich untereinander kannten, spielte für Valerianus keine Rolle, solange sie ihre Arbeit untereinander richtig verteilten. Er selber konnte noch am wenigsten alle kennen.


    "Ja, informiert den Senator ebenfalls. War das dann alles?"


    Zu viel Arbeit war es zum Glück nicht gewesen. Zweifellos würden noch schlimmere Tage kommen.

  • Für heute war das alles mein Kaiser.
    Ach ja, wegen der Audienz des Senators. Wann wirst du ihn empfangen wollen?


    Gab der Alte zurück. Jetzt war der Procurator a libellis an der Reihe.





    Am nächsten Morgen erschien Iuvenalis erneut. Diesmal hatte er nur einen Brief bei sich.


    Er trat ein, verneigte sich wie es sich gehörte und begann.


    Salve und einen schönen so wie guten Morgen Imperator.


    Heute habe ich nur wenig Post. Es ist ein Schreiben des Rex Sacrorum Fabius Antistes. Es dreht sich hier bei um zwei Mädels die zu den Vestalinen möchten jedoch keine Väter mehr haben. Der Rex Sacrorum schlägt daher vor sie unter deine Patria Potestas zu stellen.


    Der Alte überreichte den Brief und wartete auf die Reaktion seines Chefes.

  • Bei der Frage nach dem Termin sprang direkt der Procurator a libellis ein, der ohnehin die Aufsicht über den Audienzverkehr und die sonstigen Termine des Imperators führte. Nach einem Blick in die Planung legte er den ANTE DIEM XII KAL IUL DCCCLVIII A.U.C. (20.6.2008/105 n.Chr.) für das Treffen mit Decimus Mattiacus und Decimus Meridius fest.


    Danach trug er noch diverse weitere Anliegen vor und holte die Antworten des Imperators ein, um diese in schriftliche Form zu bringen und den Bittstellern zukommen zu lassen.

  • Nur wenig Post zu haben war eine Nachricht, die Valerianus erfreute, denn diese Nacht war nicht besser gewesen als die vorherige und die ersten Schweißperlen standen schon wieder ganz heimlich und verstohlen auf seiner Stirn.


    "Der Rex Sacrorum schlägt dies vor? Dann wird es ein guter Vorschlag sein, wobei die Vestalinnen traditionell ohnehin unter meiner Patria potestas stehen. Die nötigen Schritte sollen also eingeleitet werden. Das nötige Zusammentreffen mit den beiden jungen Damen und der Virgo Vestalis Maxima ist in den Terminplan aufzunehmen."


    Seine Verpflichtungen gegenüber dem Kult der Vesta gehörten zu jenen Dingen, mit denen er sich kaum auskannte, auch wenn es ein religiöses Thema war. Woher auch, wenn der Kult ihm bisher wie jedem Mann jeden tieferen Einblick in seine Abläufe verwehrt hatte.

  • So ist es mein Kaiser. Das ist wahr.


    Nickte der Alte zustimmend.


    Gut ich werde den Rex Sacrorum benachrichtigen. Für wann soll ich den Termin festlegen? Und wo wünscht du sie zu treffen, hier im Palast oder in der Regia des Cultus Deorum?

  • Die Entscheidungen darüber überließ Valerianus gerne seinen Mitarbeitern.


    "Der Procurator a libellis wird einen passenden Termin finden. Ich denke, das Ereignis wird besser in der Regia des Cultus Deorum oder im Haus der Vestalinnen stattfinden. Dass möge der Rex Sacrorum entscheiden oder die Vestalinnen selber."


    Egal ob er es selber plante oder jemand anderes, am Ende würde ohnehin seine Gesundheit darüber entscheiden, ob er den Termin wahrnehmen konnte oder nicht. Die Luft in Rom war eindeutig nicht geeignet, um darin gesund zu werden.

  • Kann ich dann auch davon ausgehen das der Procurator a libellis dem Rex Sacrorum eine Nachricht zukommen lassen wird wann und wo dieser Termin stattinden wird.


    Er wollte ja schließlich Niemanden die Arbeit wegnehmen... 8)

  • Valerianus hatte keinerlei Interesse, seinen Angestellten deren Arbeitsweise auseinanderzusetzen, zumal er sie selber nicht kannte.


    "Davon kannst du ausghehen."


    Damit war für ihn dieser Morgenempfang beendet.

  • Gut, dann war das für ihn gegessen. Und da er nichts mehr hatte nickte er nur und verschwand dann wieder in sein Officium.



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    Neuer Tag neue Post.


    Und schon am nächsten Morgen hatte der Alte wieder die Ehre vor den Imperator treten zu dürfen. Er nickte den Wachen zu welche ihn inzwischen zu Genüge kannten und ließen ihn durch.


    Salve mein Imperator. Ich hoffe du hast gut genächtigt.


    Heute habe ich auch wieder nur einen Brief. Er stammt vom Senator Purgitius Marcer. Er verspricht dir seine Treue so wie er sie deinem Vater versprochen hatte. Er war einer seiner Klienten.
    Dann empfielt er einen seiner Klienten mit Namen Appius Terentius Cyprianus für ein Kommando. Er hat zuvor in der Legio II Germanica und in der Prima seinen Dienst getan und hätte wohl auch sonst alle Vorraussetzungen...

  • Der Name des Senators war Valerianus bekannt aus der Zeit, als er mit dessen Legion in den Krieg zog. In Zeiten, in denen es ihm selber auch besser ging.


    "Das ist erfreulich. Die Empfehlung des Senators hat Gewicht. Ich werde das zusammen mit dem Procurator ab epistulis und Salinator besprechen. Wenn es weitere Empfehlungen gibt, lasse es einen der beiden wissen."

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