Zwei Männer auf dem Weg zum Forum

  • An der Tür seiner Casa war Macer beim Verlassen des Hauses von Aurelius Catulus abgefangen worden, der ihn nun auf dem Weg zum Forum begleitete. Macers Sekretär hielt sich dementsprechend im Hintergrund, um das Gespräch der beiden nicht zu stören, auch wenn er den morgentlichen Weg normalerweise nutzte, um seinem Herrn noch ein paar neuste Neuigkeiten aus der Stadt mitzugeben.


    "Hattest du dich angemeldet?", begann Macer das Gespräch. "Für ein wichtiges Gespräch ist es besser, sich vorher anzukündigen. Ich bin zwar kein Magistrat, aber man glaubt ja gar nicht, was man trotzdem alles an Terminen hat."

  • Tatsächlich schien es keine gute Idee von Catulus gewesen zu sein, sich nicht anzumelden. Seine Miene verzog sich für einen kurzen Augenblick. Doch er gab dem Gefühl, in diesem Moment seine Felle davon schwimmen zu sehen, nicht nach, sondern fing sich wieder.


    „Nein, Senator. Leider habe ich es verabsäumt, mich bei dir anzumelden.“, versuchte er ruhig zu antworten. Bei der Bemerkung über die vielen Termine nickte er nur stumm und ging weiter an der Seite des Senators Richtung Forum. Er konnte sich gut vorstellen, dass ein so wichtiger Mann wie Macer eine Menge Termine hatte.

  • Macer hatte die Frage im Prinzip nur gestellt, um seine Hausangestellten zu überprüfen, die ja auch einmal einen Termin vergessen konnten. So war also alles in bester Ordnung gewesen.


    "Und welches Anliegen führt dich zu mir?" erkundigte er sich dann neugierig, denn einerseits schien der Mann doch wichtiges vor zu haben und andererseits hatte er sich eben nicht angemeldet, was für ein weniger wichtiges Anliegen sprach.

  • Da stellte der Senator die alles entscheidende Frage! Catulus wusste im ersten Moment nicht, was er tun sollte. Er hatte sich alles anders vorgestellt. Nichts von seinen Überlegungen war übrig geblieben. Sollte er sich einen Termin geben lassen und die Sache bis dahin verschieben, um sie in Ruhe mit dem Senator besprechen zu können? Oder sollte er es jetzt wagen? Er entschied sich für die letzte Möglichkeit. Er hatte schon zu lange gewartet. Und mit jedem Tag der noch verstreichen würde, würden seine Möglichkeiten höchstwahrscheinlich geringer werden. Er wollte es wagen und hoffte auf das Glück des Mutigen. Allerdings musste er nun improvisieren. Denn für lange Reden oder Erklärungen fehlte die Zeit. Der Senator war in Eile. Also beschränkte er sich auf das Notwendige.


    „Nun, da ich sehe, dass du in Eile bist, will ich mich kurz fassen. Ich wollte dich bitten, mir eine Anstellung als dein scriba personalis zu ermöglichen. Dieser Vorschlag kam von meinem Onkel Aurelius Corvinus. Und dieses Schreiben von ihm könnte mögliche Fragen oder Bedenken von dir zerstreuen.“ Nach diesen wenigen Worten reichte Catulus dem Senator das Empfehlungsschreiben seines Onkels.





    M. Aurelius Corvinus Sp. Purgitio Macris s.d.


    Senator, ich schreibe dir mit einer Bitte meinen Vetter Gaius Catulus betreffend. Er sucht nach einer Anstellung, die ihm einen Einblick in politische und verwaltungstechnische Aufgaben gewährleisten kann. Da die diesjährige Amtszeit des cursus honorum bereits weit fortgeschritten ist, besteht leider keine Möglichkeit, ihn bei einem der Magistraten als scriba personalis unterzubringen. Ich hatte gehofft, dass vielleicht du ihm hier helfen könntest, indem du ihn an deiner Seite beobachten und lernen lässt. Zweifelsohne sind deine Tätigkeiten als curator aquarum, Senator und Vorsitzender der factio Russata sowohl vielschichtiger als auch interessanter Natur.


    Gaius ist fleißig und ehrgeizig, zudem habe ich ihn als lernwillig in Erinnerung. Ich würde ihn selbst als meinen scriba aufnehmen, doch begleitet mich bereits seinen Bruder bei meiner Arbeit. Ich wäre dir sehr verbunden, würdest du ihm diesen Einblick gewähren.


    Vale.



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  • Hätte man Macer um eine Wette gebeten, hätte er darauf getippt, dass der Mann sein Klient werden wollte, denn das wollten in letzter Zeit die meisten. Dass es diesmal um den Posten eines Scriba personalis ging, war eine nette Abwechslung. Das letzte Mal, dass Macer einen Scriba personalis hatte, war schon längere Zeit her, von seinem Sekretär-Sklaven einmal abgesehen. Flavius Milo war das damals gewesen, der einen mächtig tüchtigen Eindruck machte, den Macer aber leider völlig aus den Augen verloren hatte. Nun bewarb sich also dieser Aurelier.


    "Auf Empfehlung von Aurelius Corvinus? Nun, wie komme ich zu dieser Ehre?", fragte er eher rhetorisch, denn mit Aurelius Corvinus hatte er nicht viel zu tun. Er konnte sich nicht erinnern, wann er ihn zuletzt getroffen hatte, was bei seinem bekannt schlechten Gedächtnis natürlich nichts heißen musste.


    Den Brief zu Lesen war im Gehen alles andere als einfach, so dass er die Zeilen nur überflog. Selber stellte er ja auch solche Schreiben aus, da kannte man den üblichen Inhalt dann doch meistens schon. "Nun, also ich habe derzeit keinen Scriba personalis, von daher wäre schon etwas möglich. Wie hast du dir den Posten vorgestellt? Was meinst du, würde dich als mein Schreiber erwarten? Du erwartest ja vor allem Einblicke in Politik und Verwaltung, nicht wahr?"

  • Auf die Frage des Senators runzelte Catulus etwas die Stirn. Damit konnte er nichts anfangen. Meinte es Macer ernst oder ironisch? Er kannte diesen Mann nicht und konnte es daher nicht einschätzen. So hielt er lieber den Mund und beobachtete, wie der Senator die Zeilen des Schreibens von Corvinus überflog. Gespannt und aufgeregt wartete er darauf, was Macer zu sagen hätte. Bitte, bitte, bitte, dachte er.


    Als er hörte, dass der Senator keinen scriba personalis hatte, atmete er erleichtert aus. Doch die Fragen hatten es wieder in sich. Natürlich hatte er sich Gedanken darüber gemacht. Aber er wollte auch nichts falsches sagen. Da fielen ihm wieder die Worte von Corvinus ein, seinen eigenen Weg zu gehen. Catulus beschloss, dem Senator ehrlich auf seine Fragen zu antworten.


    „In der Tat erwarte ich vor allem Einblicke in die praktischen Dinge der Politk und der Verwaltung. Was meine Vorstellungen betrifft, so dachte ich, soviel wie möglich von dir zu lernen. Je mehr ich dadurch weiß, desto mehr kann ich dich unterstützen. Am Anfang wird es auf grund meiner fehlenden praktischen Erfahrung leider recht wenig sein. Aber mit der Zeit wird sich dies dann ändern. Was mich meiner Meinung nach erwartet? Ich denke, es wird vor allen Dingen viel Arbeit sein. Die ich aber mit Freuden für dich erledigen würde.“, antwortete er dem Senator. Er hoffte, dass Macer mit seinen Antworten zufrieden sein würde.

  • Der Bewerber hatte sich offenbar gut vorbereitet und alle passenden Floskeln zur Hand, die einem potentiellen Arbeitgeber Freude machten. Macer kannte das ganz gut aus den diversen Bewerbungsgesprächen in der Wasserverwaltung. Ein vorbereitete Bewerber war ihm in jedem Fall lieber als ein schlecht vorbereiteter.


    "Nun, das hört sich alles sehr vernünftig an. Auf dieser Basis könnten wir wirklich gut zusammenarbeiten", setzte er sein erstes Resümee unter die Ausführungen. "Aber ehrlicherweise muss ich natürlich sagen, dass ich nicht gerade der typische Politiker bin. Meinen letzten Scriba personalis hatte ich während meiner Amtszeit als Aedil. Da gab es viel zu organisieren und mir hat das sehr viel Freude bereitet. Die große Politik mit ihren vertraulichen Gesprächen bei großen und kleinen Gelagen und so weiter ist eher nicht mein Ding. Du siehtst ja, ich bin Curator Aquarum, das ist viel Verwaltung. Aber wenn dich das interessiert, sachliche Arbeit und so weiter, dann bist du bei mir richtig." Die eine oder andere Gesetzesvorlage wartete in Macers Kopf immernoch darauf, in Reinform gebracht und dann im Senat vorgestellt zu werden. Da würde sich für einen Scriba personalis sicher ein Betätigungsfeld ergeben.

  • Erleichtert hörte Catulus die ersten Worte des Senators. Er schien diesen mit seinen Worten überzeugt zu haben. Doch die nächsten Worte enttäuschten ihn leicht. Denn er musste hören, dass Macer nicht an politischen Gesprächen interessiert war. Gespräche, an denen Catulus nur zu gerne teilnehmen würde. Doch es gelang ihm, seine Enttäuschung hinter einem Lächeln zu verbergen.


    Als der Senator geendet hatte, schwieg Catulus für einen Moment. Er musste nachdenken. Keine Politik, aber dafür jede Menge Verwaltung würde ihn erwarten. Es war nicht einfach für ihn, eine Entscheidung zu fällen, hatte er sich die Sache doch anders vorgestellt. Aber sein Onkel wird sich schon etwas dabei gedacht haben, als er in zu Macer geschickt hatte. Vielleicht war es auch nicht verkehrt, sich erstmal einem Gebiet zu widmen, um auf diesem so viel wie möglich zu lernen. Wenn er sich gut anstellte, würde Macer ihn sicherlich unterstützen, wenn er sich irgendwann bei einem Magistraten als scriba personalis bewerben würde. Und da war ja noch die Sache mit der Militärakademie, dessen Leiter der Senator war. Vielleicht könnte er dort auch noch das ein oder andere dazu lernen. Denn Catulus wollte irgendwann auf jeden Fall mindestens ein Tribunat ableisten. Und da könnte sich die Verbindung zu Macer als hilfreich erweisen. Er hatte sich entschieden.


    "Es wäre mir eine Ehre, wenn ich dir als scriba personalis dienen dürfte.", antwortete er ihm und nickte leicht.

  • "Das freut mich", stellte Macer erst einmal nur fest. Den Brief des Mannes hielt er immer noch in den Händen und gab ihn dann schließlich an seinen Sklaven weiter, der ihnen schweigend gefolgt war.


    "Wie sehen denn deine finanziellen Vorstellungen aus?" fragte er dann. "Zumindest nehme ich an, dass du deine Aufgabe nicht völlig unentgeldlich ausfüllen möchtest."

  • Das es den Senator freuen würde, nunja, dachte Catulus. Das war nur eine nette Floskel gewesen. Dann kam allerdings eine Frage, die er nicht erwartet hatte. Bezahlen? Er hatte gedacht, dass diese Stelle unbezahlt wäre. Immerhin musste er noch einiges lernen und könnte den Senator nicht von Anfang an voll unterstützen. Aber wenn Macer erwartete, dass er ihn bezahlen müsste, dann hatte Catulus nichts dagegen. Er überlegte kurz.


    „Meine finanziellen Vorstellungen liegen bei 50 Sesterzen im Monat.“, antwortete er ihm mit fester Stimme.

  • Jetzt war Macer sich endgültig sicher, dass der Mann sich gut auf seine Bewerbung vorbereitet hatte. 50 Sesterzen waren keine kleine Forderung und sein zukünftiger Scriba trug sie mit einer Selbstverständlichkeit vor, die sicher nicht jeder so ungerührt hervor gebracht hätte. Allerdings war es auch die Summe, die Macer seinem letzten Scriba personalis gezahlt hatte, so dass er damit gut leben konnte. "Kein kleiner Betrag, ich hoffe, du bist dieses Geld wert", erklärte er daher. "Auch wenn man eine Scriba personalis kaum in Geld messen sollte wie einen beliebigen Angestellten. Du wirst einige Dinge erfahren, die ich sonst kaum jemandem sage, du wirst einige Ideen als erster hören und du wirst bei Treffen dabei sein, zu denen ich sonst niemanden mitnehme. Ich nehme an, du bist dir dieser Verantwortung bewusst. Falls ja, bist du ab sofort mein Scriba personalis."

  • Catulus hatte gespannt darauf gewartet, was der Senator über seine Gehaltsvorstellung sagen würde. Dieser war damit einverstanden. Eine weitere Hürde, die er überwunden hatte. Aufmerksam hörte er dem Senator weiter zu, während sie weiterliefen. Die Verantwortung, die dieser ansprach, würde er ohne zu zögern übernehmen.


    „Ich bin mir der Verantwortung, die ich als dein scriba personalis übernehme, bewusst, Senator.“, antwortete er ihm ernst. „Vielen Dank für deine Entscheidung! Du wirst sie nicht bereuen.“ Dabei ging er davon aus, dass der Senator mit dem Sofort auch sofort gemeint hatte. Also würde wohl heute sein erster Arbeitstag sein.


    "Was wird meine erste Aufgabe sein?", fragte er ihn deshalb.

  • Da die Sache mit dem Scriba Macer ziemlich unvorbereitet getroffen hatte und er sich sehr spontan zu einer Zusage entschieden hatte, hatte er noch keine direkte Aufgabe für seinen neuen Angestellten. "Dass ich jetzt einen neuen engen Mitarbeiter habe, konnte ich beim Aufstehen heute morgen noch nicht vorher sehen. Daher habe ich natürlich kaum sofort einen Aufgabe für dich. Lass' mich mal nachdenken." Eine Weile lang ging er schweigend weiter, dann schien ihm ein Einfall gekommen zu sein. "Also, du kannst entweder den ganzen Tag hinter mir her laufen, was ziemlich langweilig wäre, da ich heute vor allem mit der Wasserverwaltung zu tun habe, oder du besorgst dir eine Liste der amtierenden Magistrate und schreibst auf, welche Aufwandsentschädigung diese derzeit nach den gesetzlichen Bestimmungen beziehen. Das Gesetz dazu ist dir bekannt?"

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