Captio Virginorum Vestalis

  • Am festgelegten Tag hatten sich fast alle Vestalinnen (einige hatten selbstverständlich Dienst am ewigen Herdfeuer) in der Regia zusammengefunden, um der Captio zweier neuer Jungfrauen beizuwohnen, die ihr neuer Vater - zumindest rein rechtlich gesehen - vollziehen würde.

  • Mit dem Brief in der Hand ging ich in die Halle. Den Weg dorthin hatte man mir gut erklärt, so dass ich keine Probleme hatte sie zu finden.


    Ich begrüßte die mir bereits bekannte Vestalin mit einem Nicken und wartete.

  • Ausgesprochen pünktlich erschien auch Valerianus in der Regia. Das lag allerdings weniger daran, dass er diesem Termin mehr Bedeutung beimaß als anderen, sondern daran, dass ihn sein Hustenleiden früher aus dem Bett getrieben hatte als ihm lieb war. Die Untersuchung durch den Leibarzt hatte nichts erhellendes zu Tage gebracht und lediglich den Entschluß gefördert, dass Valerianus Ausschau nach einer Villa in Meernähe halten ließ, um von der besseren Luft dort zu profitieren.


    "Seid gegrüßt, meine jungfräulichen Kinder. Ist das heilige Feuer auch heute gut versorgt?"


    Anscheinend waren noch nicht alle benötigten Personen anwesend und so musste er die Zeit mit kleinen Gesprächen überbrücken, was ihm überhaupt nicht lag.

  • Pomponia Pia, die Virgo Vestalis Maxima, begrüßte Sergia Calvina mit einem knappen Nicken, als jedoch der Pontifex Maximus eintrat, ging sie auf ihn zu und begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange, wie es sich für ein "Kind" gehörte.


    "Sei du uns gegrüßt, Pontifex Maximus. Sorge dich nicht, zwei Schwestern wachen darüber, aufdass es nicht erlösche."


    antwortete sie, wobei ihr ernsten Tonfall verriet, dass auch die Kussgeste nicht von Herzen, sondern lediglich der Tradition entsprungen war.


    "Dies ist Sergia Calvina. Sie möchte der Vesta dienen."


    stellte sie das Mädchen vor, wobei sie sich umdrehte und Calvina an der Schulter ergriff und ein wenig herbeizog.




  • Ich musste wohl blass wie die Sichel des Mondes sein. Vor mir stand der Imperator. GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS...wahrhaftig.


    Die Vestalis Maxima zerrte mich vor den Kaiser und ich senkte automatisch meinen Blick. Mein Atem wurde etwas heftiger und ich musste erst einmal den dicken Brocken in meinem Hals herunterschlucken.


    "Pontifex Maximus es ist mir eine Ehre."


    Mehr brachte ich nicht heraus und ich wusste nicht einmal ob es mir erlaubt war mit ihm zu sprechen.

  • Nachdem die Sergierin vorgestellt worden war, warteten die Vestalinnen eine Weile. Pomponia Pia ging langsam auf und ab. Nachdenklich blieb sie schließlich stehen.


    "Ich denke, wir fangen an. Wir müssen die Captio ja ohnehin einzeln durchführen."


    meinte sie dann schließlich. Vielleicht war Decima Pulchra krank? Dann war es allerdings sehr unhöflich, keine Entschuldigung zu schicken - die Vestalinnen waren schließlich wichtige Priesterinnen!




  • Schweigend nahm Valerianus die Begrüßung entgegen und der Kuss erinnerte ihn daran, wie lange er nun schon seine Frau und seinen Sohn nicht mehr gesehen hatte. Er musste sie nach Rom holen, auch wenn sie im Illyricum ehe nebeneinander als miteinander gelebt hatten.


    Die Wartezeit fiel zu seiner innerlichen Freude doch recht kurz aus, auch wenn man offenbar noch auf weitere junge Mädchen wartete. Selbst in jungen Jahren hatten Frauen offenbar schon die Angewohnheit, zu spät zu kommen. Das anwesende Mädchen schien ihm von seiner Gegenwart recht eingeschüchtert zu sein, was ihn kaum verwunderte. In seinen besseren Tagen waren auch gestandene Soldaten schon durch seine Anwesenheit recht klein geworden. Aber das war lange her, jetzt wurde er selbst klein und schüchtern, vor den Lasten der Krankheit.


    "Ja, wir können beginnen. Sergia Calvina wird also die erste sein?"


    Ein suchender Blick belgeitete die Frage auf der Suche nach demjenigen, der ihm nun mitteilen würde, was er zu tun und zu sagen hätte.

  • Beinahe hätte Pomponia Pia einen etwas unfreundlichen Blick aufgesetzt, als sie die Unsicherheit des Kaisers in dessen Augen sah. Hatte dieser Caesar sich etwa nicht so eingehend mit den Regeln und Aufgaben des Oberpontifikats beschäftigt? Für die Virgo Vestalis Maxima war der Erhalt der Pax Deorum die wichtigste und vornehmste Aufgabe eines jeden Kaisers, daher hatte sie kein Verständnis für Unsicherheiten.


    "Richtig, Pontifex Maximus."


    antwortete sie dann knapp und trat zurück, während sie Sergia Calvina vor Valerianus stehen ließ. Die Vestalinnen platzierten sich rechts und links von ihrem "Vater" und warteten dort auf die neue Schwester.




  • Nun stand ich alleine vor dem Kaiser und meine zukünftigen Schwestern neben ihm. Ich hatte mich zwar mit den Regeln der Vesta beschäftigt, aber den genauen Ablauf der mich nun zu einer Vestalin machen sollte kannte ich nicht.


    Ich war gespannt und erhob nun den Kopf und schaute die Vestalinen und den Kaiser an.

  • Eine Weile betrachtete Valerianus nach das Mädchen und versuchte, sich zu konzentrieren. Dann begann er, mit geschlossenen Augen ein Gebet zu murmeln.


    "Vesta, Göttin des Herdfeuers, Bewahrerin des Wohls unseres Staates. Dein Kult war uns heilig, schon bevor eine deiner Priesterinnen zur Mutter von Romulus und Remus wurde. Dein heiliges Feuer werden wir ewig hüten und dieser Pflicht gegen alle Widrigkeiten nachkommen. Daher verpflichte ich nun Sergia Calvina für den 30jährigen Dienst im Kreise deiner Dienerinnen, entreiße sie ihrer Familie und stelle mich als ihr Pater Familias zur Verfügung."


    Die Handlung der Captio selber fiel dann relativ unspektakulär aus. Schwer legte er seine Hand auf die Schulter des Mädchens.


    "Kind, du wirst nun dein Heim verlassen und am Feuer der Vesta deinen neuen Platz finden."

  • Ehrfurcht durchflutete mein Herz, aber auch großer Stolz und so schaute ich den Imperator auch voller Stolz an.
    Ich nickte leicht.


    Nun gehörte ich den Göttern allein und der Vesta im Speziellen.

  • Pomponia Pia hatte ihre Captio damals zwar etwas ruppiger in Erinnerung (man hatte sie eher zu sich gezogen als nur getätschelt), doch vielleicht lag das auch an der schlechten Verfassung des Pontifex Maximus, dessen Krankheit möglicherweise wieder einmal schwer zugeschlagen hatte.


    Nach der Handlung trat sie vor, eine zweite Vestalin bei sich, und blickte Sergia Calvina an.


    "Sergia Calvina, Amata Minor, unsere Schwester. Siehe Papiria Occia. Sie wird dich wie eine große Schwester alles lehren, was du für den Dienst der Vesta wissen musst."


    Damit trat sie zurück und die andere Vestalin trat vor.


    "Salve, Sergia! Komm mit mir, ich zeige dir dein neues zu Hause!"


    Damit wandte sie sich um, verabschiedete sich vom Pontifex Maximus und verließ die Regia, Calvina mit sich nehmend.




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