[Grundausbildung] Appius Decimus Drusus

  • Drusus trat in der schon gewohnten Weise an.


    Die betonte Lautstärke des centurio - sollte sie eine Warnung sein?


    Drusus sah die Kisten mit den Bögen, Pfeilen und Köchern, die die legionarii heranschleppten.


    Der Umgang mit Pfeil und Bogen war ihm vertraut. Sein älterer Bruder hatte es ihm beigebracht und auch später hatte er die Übung nicht verloren.


    Drusus wollte sich Pfeile und einen Bogen holen. Gerade noch rechtzetig kam im zum Bewußtsein, daß er beim Militär war und daß da ohne Befehl nichts ging.


    So wartete er auf das Kommando des centurio.

  • Drusus nickte als die Probati endlich angetreten waren mehr zu sich selbst und brüllte sogleich mit nahezu atemberaubendem Stimmorgan über die Köpfe der Rekruten hinweg:


    "Probati, wie ihr euch wohl schon denken könnt werden wir uns Heute einer spannenden, wenn auch einer eher selten gebrauchten Disziplin widmen. Dem Bogenschießen." Der Iulier nahm sich einen Bogen und einen Pfeil aus den dazugehörigen Kisten und demonstrierte es denn Probati. "Im Prinzip ist das ganz einfach, ihr nehmt 'nen Bogen, legt 'nen Pfeil ein und lasst die Sehne los. Aber da ihr so begriffstutzig seid, erklär ich's euch genauer. Den Pfeil haltet ihr mit Daumen und Zeigefinger, von mir aus auch mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfnger. Da ihr ein Ziel zu treffen habt, müsst ihr natürlich auch den Wind berücksichtigen aber das kommt mit der Erfahrung! Eure erste Aufgabe wird einfach sein das Schwarze in den Zielscheiben zu treffen!"

  • Drusus hatte bei den Erläuterungen des centurio genau hingehört.


    Jawohl, sagte er zu sich selbst, im Grunde genommen gibt es dem nichts hinzuzufügen. Man muß nur noch treffen!


    Ihn juckte es bereits in den Fingern. Es war zwar schon einigen Wochen her, daß er mit Pfeil und Bogen geschossen und auch getroffen hatte, aber er war sich trotzdem sicher, diese Waffen treffsicher anwenden zu können.


    Und so wartete er weiter auf das Kommando des centurio, Pfeil und Bogen aufzunehmen.

  • Drusus bilckte sich ein wenig verwundert um. Der Centurio war eigentlich davon ausgegangen, dass die Probati seine letzten Worte als Befehl nehmen würden und sich sofort einen der Bogen und die dazugehörigen Pfeile zu schnappen. War es dem Iulier etwa gelungen die Probati so zu drillen, dass sie nur noch auf direkte Befehle aus seinem Mund reagierten?


    Nun, wie auch immer, der entscheidene Befehl musste offenbar noch gegeben werden...


    "Los, los! Nehmt euch Pfeil und Bogen und schießt, ihr Waschlappen!", brüllte der Iulier ungewohnt ungeduldig.

  • Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    "Los, los! Nehmt euch Pfeil und Bogen und schießt, ihr Waschlappen!", brüllte der Iulier ungewohnt ungeduldig.


    Fast ungläubig sah Drusus den centurio an. War das nun ein Befehl oder die Aufforderung oder Einladung zu irgendeinem Tun?


    Der optio gab klare Befehle, die keiner Überlegung bedurften. Sollte sich das mit oder durch die Beförderung geändert haben? Vielleicht sollte es so sein, war wahrscheinlich nur eine Frage der Gewöhnung!


    Drusus stellte seine Überlegungen ein, griff sich Pfeil und Bogen, legte den Pfeil ein, spannte die Sehne


    ... und schon flog der Pfeil


    ... Treffer! Weitere folgten.


    Von zehn verschossenen Pfeilen hatten acht das Schwarze in der Scheine getroffen.

  • Einem Moment erschien es Drusus fast so als hätte ihn der Decimer schief, besser gesagt ungläubig angeschaut. Nur warum wohl?


    Nun gut, eigentlich war das auch egal, aber der Centurio hätte sich durchaus gewundert was an "Nehmt euch Pfeil und Bogen und schießt!" unklar war...


    Jedenfalls machten sich die Probati letztendlich doch an das Bigenschießen, was der Centurio unter größter Wachsamkeit beobachtete.


    Schließlich, als auch der letzte Probatus seinen letzten Pfeil, der übrigens deutlich daneben gegangen war verschossen hatte, verschränke der Iulier autoritär seine Arme, so wie es der Schreihals früher immer getan hatte und befahl seinen Probati folgendes:


    "Holt euch eure Pfeile und schießt noch mal, aber zackig!"

  • Drusus hatte es leicht: er mußte sich nur die zwei daneben geschossenen Pfeile suchen, die restlichen acht steckten noch immer im Schwarzen der Scheibe.


    Nach einer kurzen Prüfung und für gut befundenen Windrichtung und dem Vorsatz, daß dieses Mal alle Pfeile ihr Ziel treffen mußten, legte er wieder den ersten Pfeil ein und spannte die Sehne.


    Nochmals das Ziel anvisiert und schon flog der Pfeil


    ... in das Schwarze der Scheibe.


    Pfeil auf Pfeil flog seinem Ziel entgegen.


    Drusus sah zu dem centurio. War er dieses Mal mit der Leistung zufriedengestellt?

  • Drusus nickte sich selbst zu, nachdem auch die zweite Ladung an Pfeilen verschossen war und entschied sich es für Heute gut sein zu lassen, was das Bogenschießen betraf ließen sich da ja eigentlich nicht so viele Übungen durchführen...


    "Pfeile holen und zurück in die Kiste legen, Probati!", brüllte der Centurio über den Platz und wartete nur kurz bevor er auch schon weiterbrüllte. "Venite! Für Heute war's das! Morgen beschäftigen wir uns mit den einzelnen Formationen! Abite!"

  • An jenem Tag ging Drusus nervös auf und ab und wartete auf seine Schützlinge.


    "Probati venite!", brüllte der Centurio über den Platz nachdem die meisten der Probati anwesend waren.


    "Wie ich Gestern bereits erwähnt habe werden wir unse Heute den diversen Formationen der Legion beschäftigen! Als erstes kommen wir zu der wohl wichtigsten Formation, der Schildkrötenformation! Diese bietet einen optimalen Schutz vor Pfeilen und ähnlichen Geschossen, wenn durch die Testudo auch einiges an Mobilität eingebüßt wird!"


    "Die erste Reihe der Formation hält ihre Scuta einfach frontal in die Richtung ihrer Gegner. Die hinteren Reihen halten ihre Scuta zum Schutze ihrer Kameraden über ihre Köpfe. So bildet sich ein kaum zu überwindender Panzer!"


    "Im Ernstfall müsst ihr die Schildkröten Formation innerhalb von wenigen Sekunden bilden! Keiner verlässt den Exerzierplatz Heute bevor ihr eine ordentliche Testudo innerhalb von fünf Sekunden bilden könnt!"


    "Testudo bilden!"


    [Blockierte Grafik: http://img185.imageshack.us/img185/5244/800pxtestudoformationnp6.jpg]
    Bildquelle: Wikipedia.org

  • Drusus, wie immer linker Flügelmann, stand in der vorderen Reihe und hielt seinen Schild, so wie er es gelernt hatte, mit dem oberen Rand vor seine Nase, daß seine Augen darüber hinwegsehen konnten.


    Seine Kameraden gruppierten sich entsprechend der Anweisung des centurio mehr schlecht als recht und brachten eine Formation zustande, die bei mehrmaligem Hinsehen tatsächlich einer testudo ähnelte.


    Die vom centurio vorgegebene Zeit konnte bei ihrem ersten Versuch nicht eingehalten werden.

  • "Das war viel zu langsam, Probati!", bruellte Drusus einschuechternd ueber den Platz.


    Anschliessend begann der Centurio wie immer die Formation zu umkreisen. Als der Iulier letztendlich die Schildkroete zur Haelfte umrundet hatte sprang er ploetzlich auf das Dach der Testudo.


    Sollte die Formation der Probati ihren Centurio aushalten, hatten die Probati ihre Arbeit gut gemacht...

  • Daß die erste testudo alles andere war als das was sie werden sollte war nicht verwunderlich.


    Es war den probati nicht zu verdenken; woher sollten sie auch wissen, wohin sie sich stellen und dann ihre scuta entsprechend halten mußten.


    Aber nach einigen Versuchen und mit der Übung wußte ein jeder seinen Platz und vor allem die Richtung, in die er sein scutum zu halten hatten.


    Drusus sah gerade noch, wie sich der centurio drehte, einige Schritte zurückging und einen Anlauf nahm ...


    "Paßt auf! Der decurio von oben! Scuta über den Köpfen festhalten!"


    ... da krachte er schon auf die dichte Reihe der scuta, die ihm nach oben entgegengehalten wurden.

  • Es war eine sehr wackelige Sache, als sich Drusus auf der Testudo der Probati befand. Nur mit Muehe gelang es dem Centurio das Gleichgewicht auf der Formation zu halten und den Probati unter ihm schien es genauso zu gehen.


    Doch letztendlich hielt die Formation doch stand, mit viel Glueck...


    In hastigen Schritten ueberquerte der Iulier das restliche Dach der Schildkroete und sprang wieder auf den Boden, wer genau hinsah konnte die Erleichterung darueber, dass die Formation nicht zusammengebrochen war deutlich seinem Gesicht ablesen!


    "Als naechstes kommen wir zur Reiterabwehrformation, eine sehr wichtige Sache, denn angreifende Reite koennen verheerende Schaeden anrichten!"


    Bei dieser Formation bildet ihr einen zweireihigen Schildwall. Die erste Reihe kniet nieder und haelt ihre Scuta frontal zu den Angreifern, die zweite Reihesteht hinter der ersten und deckt mit ihren Scuta die Koepfe ihrer Vordermaenner!"


    "Schildwall!"


  • Drusus kniete nieder und rammte sein scutum in den Boden um ihm so einen festen Halt zu geben. Seine Nebenmänner, in der Zwischenzeit wußte ein jeder, wohin er gehörte und welchen Platz er einzunehmen hatte, taten es ihm gleich.


    Die zweite Reihe stellte ihre scuta auf die der ersten Reihe.


    In Gedanken stellte sich Drusus einen Reiterangriff vor und sinnierte:


    Reiterei kann nur dem gefährlich werden, der sich nicht zu schützen weiß. So beeindruckend und furchteinflößend eine Reiterformation auch erscheinen mag, wenn sie auf einen zu reitet, so daß die Erde bebt, so einfach ist es, diese aufzuhalten... wenn man es denn kann.


    Um so verheerender sind die Folgen, wenn man es nicht kann. Ein erfolgreicher Angriff sprengt jede Formation, Ordnung und Disziplin lösen sich in Rauch auf und wenn es überhaupt zum Kampf kommt, dann zu einem unübersichtlichen Handgemenge, Mann gegen Mann. Im schlimmsten Fall ergreifen Männer die Flucht.


    Drusus sah nach rechts: die scuta standen in einer Reihe; er sah nach oben: die Abdeckung war gut ... soweit sein Urteil.

  • Bald hatten die Probati zur Freude ihres Centurios, der diese aber selbstverständlich nicht offen zeigte die gewünschte Formation halbwegs anständig gebildet.


    Die Formation misstrauisch beäugend marschierte der Iulier vor dem Gebilde der Probati auf und ab und entfernte sich schließlich einige Schritte von der Reiterabwehrformation.


    Drusus wandte seinen Blick auf den harten Boden des Campus und sobald er große Steine entdeckte, nahm er selbige in seine Hand und begann sie mit voller Wucht auf die Formation zu schleudern...

  • Drusus lugte über sein scutum hinweg.


    Was trieb denn der centurio? Sammelt Steine? Wieso das denn?


    *** Pong***Pong***Pong


    Nun wußte er es!


    "Paßt auf! Unser centurio übt sich im Steinewerfen! Deckung halten! Es darf kein einziger Stein durchkommen!"


    Und wieder krachten die Steine auf die scuta.


    Aber nicht alle Steine des centurio trafen und von denen, die es trotzdem taten, durchbrach keiner einziger die gute Deckung der probati.

  • Die Formation der Probati kollabierte tatsächlich nicht. Schade eigentlich, zumindest für den Centurio der dann endlich mal wieder einen triftigen Grund gehabt hätte seine Wut an den Probati auszulassen...


    "Formation auflösen!", brüllte der Iulier nur, ohne eine Geste der Anerkennung, oder gar des Lobes.


    "Kommen wir hiermit zur dritten und letzten Formation, der Keilformation!"


    "Die Keilformation ist im Prinzip nix anderes, als ein Dreieck, oder ein Pfeil, wenn ihr wollt."


    "Einer von euch bildet die Spitze der Formation, wobei das im Ernstfall natürlich euer Centurio höchstpersönlich ist, die anderen stellen sich so zwischen beziehungsweise zu beiden Seite der Schultern ihrer Vordermänner auf, dass die Formation nach hinten immer breiter gefächert ist."


    "Normalerweise wird die Keilformation von der Kavallerie verwendet, und nur sehr selten von der Infanterie höchstpersönlich. Die Formation dient nämlich zum Durchbruch in feindliche Einheiten!"


    "Keilformation bilden!"


  • Drusus und die anderen probati versuchten nun einen Keil, so wie es der centurio beschrieben hatte, zu bilden.


    Er stellte sich in der ersten Reihe in der Mitte ganz vorne hin. Die anderen probati aus seiner Reihe gingen jeweils nach links und rechts zur Seite und marschierten zügig, und wirklich zügig, zur letzten Reihe. Sie schlossen auf und bildeten neue Reihen.


    In der zweiten Reihe gingen alle, bis auf die zwei am mittigsten stehenden probati zur Seite, marschierten zügig in die letzte Reihe und schlossen dort mit neuen Reihen auf.


    So ging es Reihe um Reihe weiter. Der Keil wurde von der Spitze bis zur letzten Reihe hin immer breiter..


    So wurde aus der Ausgangsformation ...


    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V
    V V V V V V V V


    ... ein fast lehrbuchmäßiger Keil


    V V V V V V V V V V V V
    _V V V V V V V V V V V
    __V V V V V V V V V V
    ___V V V V V V V V V
    ____V V V V V V V V
    _____V V V V V V V
    ______V V V V V V
    _______V V V V V
    ________V V V V
    _________V V V
    __________V V
    ___________V

  • Drusus gähnte. Im ging das Ganze schon ein wenig auf die Nerven, zu mal die Probati auch unglücklicherweise ihrem Centurio gar keinen Anlass zum wild Herumbrüllen gaben, eine Frechheit!


    "Pah!", brüllte der Iulier über den Platz und begann die Leistung der Probati gekünstelt herabzusetzen. "Da lachen sich die Barbaren ja zu Tode, wenn sie eure Formation sehen! Aber für Heute is genug, wenn ich euch noch weiter beobachte wird mir ja schlecht! Morgen geht's mit dem Schwimmen weiter, könnt ja schon mal in den Thermen üben! Abite!"

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