hortus | memoria und Wiedersehen

  • Wurde ich sentimental? Gar senil?


    Ich fragte mich das schon so ein bisschen, als ich in der Mittagshitze durch den um diese Uhrzeit menschenleeren hortus stakste. Die ganze villa Aurelia war in siesta, und auch Aurelius Cotta schlummerte friedlich wie ein Baby in seinem Bettchen, als ich ihn verlassen hatte. Ich hatte mir diese Tageszeit ausgesucht, weil ich im hortus was vor hatte und ungestört sein wollte; dieser Plan schien schon einmal aufzugehen.


    Unbeobachtet erreichte ich nämlich diesen kleinen Tümpel im hinteren Teil des Gartens, der an dem einen Frühsommerabend den Ausgangspunkt abgegeben hatte für ein zunächst feuchtes, dann schmerzhaftes und schließlich irgendwie komisches Abenteuer eines Aureliers, nämlich "meines" Aureliers, und zweier servi, nämlich Cadhlas und meiner Wenigkeit.


    Hier hatte ich jetzt was zu erledigen, was Ernstes. Mit feierlichem Gesicht - jedenfalls hoffte ich, dass ich so eines machte - zog ich einen Dolch aus einem Täschen hervor, den ich mir bei meinem dominus ausgeborgt hatte; er hatte halt so tief geschlummert. Ich trat nahe an einen Baum, der an dem Tümpel stand, und ging in die Hocke, um in seine Rinde den Namen Cadhlas in griechischen Buchstaben einzuritzen, und das an einer möglichst wenig auffälligen Stelle, schließlich machte ich das hier nur für mich, und andere sollten das erst gar nicht sehen. Cadhla - ja, vor ihr hatte ich Respekt gehabt.


    Schon setzte ich die Spitze des Dolches an die Rinde an, als ich ein Rascheln ganz in meiner Nähe vernahm. Ich dachte natürlich gleich an Cadhla, aber die kämpfte doch in Tarraco?



    Sim-Off:

    Ihr ahnt es: reserviert :]

  • Was sie alles verpasst hatte! Es war kaum zu glauben! Es roch, nein, duftete nach Blumen und Kräutern sowie aufgeharkter Erde. Mit dem schneeweißen halb ausgewachsenen ehemaligen Hasenbaby, welches in ihrer Erinnerung noch sehr klein gewesen war, durchstreifte sie den Garten und zeigte dem kuscheligen Tier ihre Lieblingsplätze. Sogar die alte Eiche zeigte sie dem jungen Tier und sah zu den breiten knorrigen Ästen empor. Der Wind brachte die tief herabhängenden Blätter in Bewegung und entfachte ein leises Rauschen. Tilla legte den Kopf schief und lauschte... das klang doch beinahe wie das Rauschen der Wellen.


    Ein wehmütiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Wie gerne würde sie wieder dorthin an diesen Ort zurückkehren und den grauen schlanken Leibern begegnen, um sich noch einmal zu bedanken für deren Hilfe. Am liebsten auf den Rücken der Stute Luna. Und Hektor sollte auch mitkommen. Dann könnten sie am Strand entlang galoppieren und sich von der schäumenden Meeresgischt nassspritzen lassen. Ein unruhiges Zappeln das Hasenkindes riss sie aus ihren Träumereien. Beruhigend streichelte sie dem Tier über den Kopf und hielt es behutsam fest. Mit dem Zeigefinger stupste sie die sich ständig bewegende Nase des Hasen an und grinste über dessen Reaktion. Es "schnupperte" einfach weiter, sah Tilla aus seinen blauen Augen an. Jajaja, wir gehen schon weiter. meinte Tilla in Gedanken zu ihm und schob sich durch die Büsche abseits der Wege. Vielleicht entdeckte sie noch etwas schönes...


    Leise pirschte das junge Sklavenmädchen auf bloßen Füßen weiter, duckte sich unter den Zweigen oder zwängte sich so gut es ging an engen Stellen vorbei. Dabei entwischte ihr das Hasenkind, hopste von ihrem Arm und verursachte das Rascheln welches Marons Ohr traf. Neugierig wuselte es durch das Gestrüpp, stellte sich auf die flapisgen Hinterbeine und reckte die schnuppernde Nase in die Luft. Was war denn das für ein Zweibeiner? Genau wie bei Tilla sah das Tier den Mann aus seinen blauen Augen unschuldig an, beschloß, dass dieser ihm nichts zuleide tun würde und fing an sich zu putzen.


    Atemlos platzte Tilla nach wenigen Minuten aus dem gleichen Gestrüpp heraus, sah sich nach dem entlaufenen Hasenkind um und wischte sich zugleich die Haare notdürftig aus dem Gesicht, in dem einige Dornenranken hingen. Da bist du ja. Warum hoppelst du denn weg? gebärdete sie kopfschüttelnd und liess sich auf dem Boden nieder, um sich den Dornenranken zu widmen, die unangenehm die Kopfhaut zerstachen. Erst da nahm sie den Schatten wahr, sah unvermittelt rüber. Der Dolch in Marons Hand fiel ihr sogleich ins Auge. Eilig tastete sie am Gürtel nach dem eigenen Dolch, das Samhain-Geschenk mit dem blauen Griff von Marcus. Die Tafel mit dem ledernen Kreidebeutel war ihr im Weg. Sie erkannte Maron nicht sofort, die Sonnenstrahlen erschienen hier viel heller als in den schattigen Büschen. Das weiße Hasenkind hinterm Rücken beschützend, versuchte sie das Gesicht und die Mimik des Mannes zu erkennen.

  • Tatsächlich war das leichte Rascheln auch weder von einem Gladiator noch von einer Schildmaid verursacht worden, sondern von einem - Häschen. Hm, und ich hätte schwören können, dass ich auch einen Menschen gehört hatte. Aber das kleine Bündel vor mir war wohl so wild und lebenslustig durch das dichte Gebüsch gestürmt, das den Tümpel hier umgab, dass es diesen Lärm gemacht hatte - für so ein kleines Tierchen schon einen Mordslärm, dachte ich schmunzelnd.


    Aber Moment - Mordslärm? Vielleicht war das Häschen ja auf der Flucht gewesen, vielleicht sogar auf der Flucht vor einem Menschen. Dann hätte ich mich also doch nicht getäuscht gehabt, dass trotz der Hitze jetzt um diese Zeit auch noch ein anderer Mensch außer mir durch den Garten turnte. Das wäre mir natürlich alles andere als lieb gewesen. Ich wandte meinen Blick von dem hübschen kleinen Häschen weg und spähte um mich, lauschte noch mehr - da! Aus dem gleichen Gebüsch wie eben noch das winzige Tier stürmte tatsächlich ein Mensch ihm hinterher! Einen Moment, einen ganz kurzen Moment lang war ich unschlüssig, ob ich meinen Dolch - der ja, nun ja *hüstel* eigentlich gar nicht "mein" Dolch war - schnell verstecken sollte oder eben gerade nicht, denn wer konnte schon wissen, was eine menschliche Gestalt in dieser Juli-Mittagshitze hier im Garten der Aurelier vor hatte. Ich richtete mich allerdings natürlich sofort auf. Und da erkannte ich endlich den kleinen Irrwisch, der sich inzwischen fast schützend vor das Hasenkind gesetzt hatte und sich offenbar die Haare kämmte, so genau konnte ich das nicht sehen: Es war Tilla!


    Vor Freude hätte ich fast endgültig vergessen, den Dolch wegzustecken, tat es dann aber doch, langsam und bedächtig in den Lederbeutel, schließlich wollte ich das Mädchen ja nicht erschrecken. Und daran, dass sie schreckhaft war und sehr sensibel, daran konnte ich mich noch gut erinnern. Ich hatte mich oft gefragt, was wohl aus ihr geworden war - nun würde ich es hoffentlich von ihr erfahren.


    Natürlich wäre ich am liebsten auf sie losgestürzt, um sie zu begrüßen, aber ich riss mich zusammen und ging behutsam auf sie zu. Allerdings irritierte es mich schon ein bisschen, dass sie so gar nicht den Eindruck machte, mich zu erkennen. War ich also doch so gealtert? So sehr? "Tilla, meine süße Kleine, kennst du den alten Maron nicht mehr?" Auf meinem Gesicht zeigte sich bei diesem Satz ganz von selbst mein strahlendstes Lachen; jetzt spätestens musste sie mich doch erkennen, selbst wenn sie meine Worte vielleicht nicht richtig von meinen Lippen hatte lesen können! :D

  • Durch zusammengekniffenen Augen musterte sie den näher kommenden Mann, machte sich bereit ihm auszuweichen, falls er sie irgendwie anfallen sollte. Das Hasenkind würde sie natürlich mitnehmen, um es aus der Gefahrenzone wegzubringen. Schritt für Schritt kam er näher und Tilla hatte es fast geschaft, ihr Messer aus seiner ledernen Umhüllung zu ziehen. Da aber hörte sie die Stimme... aber.. aber.. die kannte sie doch!


    Mit angehaltenem Atem musterte sie den Mann nun genauer und suchte nochmals sein Gesicht auf. War er das wirklich? Ach du meine Güte... schmal war er geworden! Eilig stopfte Tilla das Messer wieder zurück und hoffte, dass er nicht darüber sprechen würde, warum sie eine Waffe mit sich trug. Ach.. du bist es. Sag es doch gleich! Hallo Maron! gebärdete sie rasch und voller Freude ihn endlich erkannt zu haben. Also kein Fremder und keine Gefahr. Sie griff nach dem Hasenkind und erhob sich langsam vom Boden. Ein paar Schritte nach vorne und dann stand sie auf Armeslänge vom ihm entfernt. menshc Maron, dich hab ich hier nicht erwartet! Guck mal.. darf ich dir vorstellen? Das ist Einohr. Und Einohr, das ist Maron. Mit nicht gferade wenig Stolz präsentierte sie ihm das weisse Hasenkind mit einem schwarzen Ohr, hielt es ihm vertraulich entgegen.

  • Es gibt Momente im Leben auch der optimistischsten Menschen, in denen man einfach deprimiert ist. Ein solcher war bei mir gekommen, als ich mich langsam Tilla näherte, immer weiter näherte und immer weiter - und sie mich immer noch nicht erkannte! Dieser Depri-Moment schien mir eigentlich eine ganze Ewigkeit zu dauern, nämlich genau so lange, bis ich an ihren Gebärden - und, wie ich mir einbildete, an ihrer Freude - feststellen konnte, dass der Groschen bei ihr gefallen war. ^^


    Nun begann wieder das rasche Spiel ihrer Hände, an das ich mich erst nach der langen Abwesenheit noch wieder ein bisschen gewöhnen musste. Ich versuchte, ihren Händen zu folgen - aber was war das? Blitzte da bei ihr nicht auch ein Dolch auf, so wie ich eben einen in der Hand gehabt hatte? Ich war mir nicht sicher, nahm mir aber vor, das gleich noch zu fragen. Jetzt kam ich nämlich nicht dazu, weil ihre Hände mir schon etwas Neues präsentierten: "Einohr? Habe ich dich richtig verstanden? - Na, dann: Salve, Einohr!" Vorsichtig streckte ich meine ziemlich große Pranke dem Hasenkind entgegen und fuhr ihm dann mit meinem Zeigefinger vorsichtig durch das flauschige Fell. "Wie geht es dir, Tilla? Einen neuen Freund scheinst du ja schon gefunden zu haben." Ich lächelte das Mädchen an, war mir aber gar nicht so sicher, ob sie nicht ein bisschen blasser aussah als sonst. Musste ich mir Sorgen machen?

  • Mit dem Hasenkind auf beiden Händen zu gebärden war schwierig, aber sie brachte die nötige Geduld auf, dass Maron das Hasenkind berühren und streicheln konnte. Erst dann klemmte sie sich das weißfellige Hasenkind mit dem schwarzen Ohr unter den Arm, nickte Ja, doch Einohr heisst sie. Ein Mädchen. Genau wie ich. Jetzt fragte er doch tatsächlich wie es ihr ging. Tilla zögerte. Sollte sie die Frage nach ihrem Befinden überspringen? Hatte das nicht noch etwas Zeit? Ja, Einohr ist meine Freundin. Sie ist ganz lieb und hat immer Zeit für mich. gerade zeige ich ihr den Garten und die Plätze wo es die besten Gräser gibt. zählte Tilla schliesslich die Vorzüge des Tieres auf. Sie hat noch eine Schwester. Keinohr heisst die. Beide hatten noch eine dritte Schwester, aber Sertorio hat sie für den Kochtopf umgebracht. Köchin Niki hat das mir erzählt und darüber war ich lange ganz traurig. Das war doof von ihm. Die Mama hat lange nicht gefressen. Das Hasenkind, von dem sie erzählte, war getötet worden, während sie noch fieberkrank und zu schwach fürs Aufstehen im Bett gelegen hatte. Groß war ihr Entsetzen beim allerersten Ausflug zum Stall gewesen, als nur noch zwei Hasenkinder im Hasenstall anwesend waren. Ich habe immer wieder Möhren und Gurken zu ihr gebracht und plötzlich hat sie wieder angefangen zu essen. Ob Maron sich für Hasenschicksale interessierte war Tilla gerade egal... wenigstens dass Erlebnis wollte sie erzählen, um Maron an ihrem Alltag teilhaben zu lassen.

  • Die quirrligen Hände des kleinen Irrwischs Tilla zauberten das Hasenmädchen Einohr fast so schnell wieder aus meiner Reichweite, wie die Häsin eben noch aus dem Gebüsch vor mir aufgetaucht war und mich bei meiner ganz privaten Gedenkveranstaltung ertappt hatte. Tilla hatte sich das Häschen schlicht und ergreifend unter den Arm geklemmt, wo es dem Kindchen auch ganz prächtig zu gefallen schien. "Ich hätte die Kleine aber auch so lange festgehalten." So lange, wie Tilla mir jetzt ihre Familiengeschichte erzählte, also, die Familiengeschichte der Häsin. Und da schienen sich in meiner Abwesenheit ja richtige Dramen abgespielt zu haben: Ich hörte von Kochtöpfen und Nahrungsverweigerungen, von Mord und von Möhren - und von mir unbekannten und teilweise auch kuriosen Namen. "Hat Keinohr wirklich gar keine Ohren mehr?" Wer konnte schließlich wissen, was dieser Sertorio noch so alles angestellt hatte. "Und wer ist überhaupt dieser Sertorio?" Die Frage drängte sich auf, denn zu dieser Hasenfamilie schien er ja nicht zu gehören, schließlich sagte sein Name rein gar nichts über die Beschaffenheit seiner Ohren aus, und im Kochtopf schien er selber auch nicht gelandet zu sein. "Ist das etwa der Vater von Einohr und Keinohr?" Ich hatte jedenfalls schon einmal davon gehört, dass bei manchen Tierarten die Eltern ihre Kinder umbrachten - aber für den Kochtopf??


    Ich war total verwirrt. Und auf eine ganz dumme Art und Weise erinnerten mich die Verhältnisse in der Familie von Einohr an diejenigen in der unmittelbaren Familie von Aurelius Cotta. Nur dass der nicht im Kochtopf mit Salz und Zwiebeln vor sich hin garte, sondern ab und zu im Bettchen im Fieber schmorte.

  • Aber ja doch.. sie hätte Maron auch das Hasenkind geben können, aber sie wollte es nicht, da sie sich das allererste Mal nach langer Zeit wiedersahen und wer wusste schon wie er mit dem Hasenkind umgehen konnte, wenn es plötzlich zu zappeln anfing oder so. Dochdoch.. Keinohr hat Ohren, aber die sind weiss. Sertorio ist ein Sklave aus der Küche, er redet ganz komisch und sagt dauernd 'Bom', wenn etwas so ist wie es ist und sein soll. Niki hat gar keine Zeit mehr mir das Backen beizubringen, weil sie ein Auge auf Sertorio geworfen hat. Da bin ich aus der Küche raus und nur noch zum Essen fassen anwesend.


    Tilla lachte stumm auf, als er fragte, ob Sertorio der Vater von der Hasenfamilie sei. Was für eine lustige Vorstellung! Nee, der ist ein Mann wie du. Durch und durch sowie dauernd mit Caelyn zusammen gewesen. Ich weiß nicht was dominus Ursus mit den beiden beschlossen hat, aber die waren ewig nicht mehr in den Unterkünften zu sehen. Irgendwie sind die futsch... vielleicht genauso wie das dritte Hasenkind. mutmaßte Tilla. Mir erzählt sowieso keiner mehr was. Alle laufen mit einem Gesicht rum wie bei andauerndem Regenwetter. So.. irgendwie hatte sie jetzt doch einiges gesagt, was sie beschäftigte und es tat gut dies loszuwerden. Liebevoll streichelte sie das brav still haltende Hasenkind, gönnte ihren quirligen Händen eine Pause und behielt Maron im Auge.

  • Ich beneidete Einohr in Tillas Arm jetzt wirklich: wurde so schön gehalten und konnte ganz ruhig ein kleines Nickerchen machen. Ich selber wurde dagegen langsam ein bisschen nervös bei dem, was Tilla so alles zu erzählen hatte. Staunend, aber auch schon unruhig hörte ich ihr zu, als sie allmählich von der dezimierten Hasenfamilie zu der offenbar ebenso dezimierten und angeschlagenen aurelischen Sklavenschaft überging. Als Tilla sich dann selber ein kleines Päuschen genehmigte, konnte ich nicht mehr an mich halten: "Du, das ist mir auch schon aufgefallen, dass hier alle mit so komischen Gesichtern herumlaufen, ob es nun die Sklaven sind, aber auch die Herrschaften. - Dass Aurelius Cotta krank ist, hast du schon gehört, oder?" Oder funktionierte hier in der villa Aurelia in Rom nicht einmal mehr die Gerüchteküche - wenn schon die echte cucina von einer liebeskranken Küchensklavin lahmgelegt wurde?


    Eigentlich hätte ich Tilla ja gerne noch weiter nach dem ziemlich seltsamen Stand der Dinge in der villa Aurelia befragt, und das wäre natürlich auch meine Pflicht gewesen, um dann meinen dominus über diese ganzen Geschehnisse informieren zu können - selbstverständlich nur über die in seiner Familie; dafür, ob Niki ein Auge auf diesen Sertorio geworfen hatte, interessierte sich Aurelius Cotta weniger, so gut kannte ich ihn. Trotzdem ließ ich weitere Fragen dieser Art erst einmal bleiben; ich wollte Tilla nicht gleich hier bei unserem Wiedersehen nach so langer Zeit als Nachrichtenquelle benutzen, sondern am allerliebsten wissen: "Magst du vielleicht einmal mit mir backen? Ich kann aber nur Brot." Und alles andere wäre natürlich auch unter meiner männlichen Würde gewesen. :D

  • Hätte Tilla Marons Gedanken bezüglich des Hasenkindes gelesen, hätte sie sich vieleicht doch noch entschlossen ihm das Hasenkind zu übergeben, damit sie besser gebärden konnte. So aber kommunizierte sie unbeirrt mit fliegenden Händen weiter und streichelte das Fell von Einohr. Sind dir die sauertöpfische Gesichter also auch aufgefallen?! Das ist gut. Das muss wohl eine ansteckende Krankheit sein von der ich noch nicht befallen wurde.


    Groß wurden ihre Augen, wie sie erfuhr, dass Cotta krank war. Was hatte Cotta denn bloß? Nee, das habe ich noch nicht gehört. Mir sagt und erzählt doch keiner mehr was. Ist er sehr krank? Muss er auch im Bett bleiben? fragte Tilla mit besorgter Miene nach. Hm.. doppelt krank zu sein war bestimmt ganz schön schlimm unschön.


    Ich? Ich soll mit dir backen? Aber Köchin Niki ist doch dauernd abgelenkt. Ich will sie nicht unbedingt stören wenn es nicht sein muss. Ihre Laune ist eh im Keller. Ich traue mich nur noch zum Essen fassen in die Küche hinein und flitze dann ganz schnell wieder hinaus. Nochmal krank werden will ich nicht. 'erzählte' Tilla mit den Händen und ging zusammen mit Einohr ein bisschen näher zu Maron ran. Die Erwachsenen sind alle so komisch geworden... ich verstehe das alles nicht. gab sie hilflos zu, hoffte auf Erklärungen und tröstende Worte. Hektor ist auch futsch. Der Stall ist so leer ohne ihn, den Pferdeflüsterer.

  • Ganz bei der Sache sah ich Tilla weiterhin beim eingeschränkten Gebärden zu, da sie ja noch immer ihren kleinen Begleiter Einohr bei sich hielt. Meine Unruhe und Sorge wurden dabei allerdings immer größer, je mehr Tilla und ich uns jetzt über das Thema Krankheit ausließen. Dabei kam mir natürlich erst einmal die traurige, aber doch noch ziemlich einfache Pflicht zu, meine Gesprächspartnerin über den Zustand meines dominus zu informieren: "Aurelius Cotta hat sich bei seiner Reise nach Aegyptus, auf der ich ihn ja begleitet habe, durch so eine dumme Mücke eine dieser Fieberkrankheiten eingefangen. Er wird immer wieder Schübe bekommen, die ihn dann sehr schwächen. Ja, dann muss er auch im Bett bleiben. Aber wenn er keinen Schub hat, kann er schon noch was mit sich anfangen." Was auch immer das dann in Zukunft sein würde.


    Nach dieser Auskunft wurde es aber heikel für mich. Denn schließlich hatte Tilla ja mittlerweile bei ihrem schnellen Gebärden so einiges an Andeutungen gemacht von wegen eigener Krankheit und Ärger mit den anderen Sklaven. Natürlich wollte ich da jetzt allmählich Näheres wissen, schon um Tillas willen, der das Ganze deutlich an die Nieren zu gehen schien. Aber wie sollte ich das möglichst schonend machen? "Das mit Niki lass mal ganz meine Sorge sein. Wir werden schon eine Gelegenheit zum Backen finden, wenn wir das wollen." Denn niemand von den Herrschaften würde es dulden, dass eine liebestolle Küchensklavin unter dem Hauspersonal für Unruhe sorgte, da war ich mir aber mal ganz sicher. Hoffentlich würde ich diesen Sertorio auch bald mal zu Gesicht bekommen, der musste ja ein ganz toller Hecht sein, wenn er Niki so das Herz gebrochen und sich damit auf einem Gebiet betätigt hatte, auf dem ja auch ich einen gewissen Ruf zu verlieren hatte. "Ist Nikis schlechte Laune denn eigentlich der einzige Grund, warum du dich so von der Küche fernhältst und zurückgezogen bist?"

  • Tillas Augen wurden ganz groß. Eine M-Ü-C-K-E? Die Fieber machen kann? Also sowas.. davon hatte sie noch nie gehört! Sie legte ihre Stirn in ganz viele steile Falten und musterte Marons Mimik aufmerksam. Nahm er sie vielleicht auf den Arm? Solche Späße sollte es ja bei und unter den Erwachsenen geben.. aber..


    Tilla schüttelte innerlich den Kopf. So wie sich seine Stimme angehört hatte, musste ein Fünkchen Wahrheit an seiner Mitteilung über den Gesundheitszustand seines Herrn dran sein. Eine Mücke, die Fieber macht?! wiederholte Tilla deutlich kopfschüttelnd und kraulte Einohrs Köpfchen. Die Mücke hat er aber hoffentlich nicht von dem fernen Land her mitgebracht? Sonst fliegt die nun hier rum und sticht uns alle auch so fieberkrank. Das war ganz schlimm mit dem Fieber. Hektor sagte mir, ich hätte andauernd fliegende Möwen und weissbauchige Haie und flinken Delphine in die Luft gezeichnet.


    Sie holte tief Luft, blickte Maron ganz ernst an. Und Matho wollte mich trotzdem in die Küche schicken, damit ich Köchin Niki und Sertorio helfen tue. Siv hat aber durchgesetzt, das sich in meinem Bett bleiben soll, weil ich die jüngste von allen bin. Da.. jetzt war es raus, dass sie auch fieberkrank gewesen war. Er wollte sich um Köchin Niki und die Küchensache kümmern? Schön wäre es, wenn alles so wie vorher sein könnte. Jetzt stellte er ihr eine heikle Frage. Wie sollte sie ihm diese bloß beantworten? Kurz entschlossen reckte Tilla ihm Einohr entgegen, die Maron aus ihren blauen Augen unschuldig anschaute und die sich immer bewegende Nase ihm entgegenreckte. Nun ohne Einiohr auf der Stelle stehend gebärdete sie ohne das weisshaarige Hasenkind weiter. Nicht nur Niki ist schuld... überhaupt die ganzen Erwachsenen sind schuld. Keiner hat mehr Zeit zum Erklären und zuhören. Nur Einohr kann trösten und kuscheln. Sie ist immer da und sieht mir immer zu, wenn ich was zu erzählen habe.

  • Fieber? Fieber? Ich hatte das zwar nicht - obwohl es mir natürlich schon ganz schön nahe gegangen war, als bei meinem dominus diese Krankheit ausbrach und man sie dann auch noch so von professioneller Seite feststellte -, ich hatte das also selber zwar nicht, aber jetzt wurde mir doch allmählich richtig heiß, und der Schweiß brach mir aus. Und das lag aber mal ganz sicher nicht an der Mittags-Hochsommer-Sonne hier im Garten der villa Aurelia, sondern an all dem, was Tilla mir da gerade signalisierte. Denn das war echt der Hammer - aber wohl auch, trotz Fieber, nur die Spitze eines Eisberges.


    Mir war natürlich klar, dass ich jetzt auch aus einer Mücke keinen Elefanten machen durfte; deshalb beantwortete ich erst einmal Tillas Frage nach der Mücke des Aurelius Cotta: "Doch, doch, je weiter man nach Süden reist, desto mehr schwirrt die ganze Luft von possierlichen, fast unsichtbaren Tierchen, deren Stich du gar nicht merkst - aber deren Wirkung hinterher: Fieber, Durchfälle... Manche sterben auch an sowas, aber Aurelius Cotta wird ja gut gepflegt." Dass solche Mücken auch in Rom vorkamen und auch hier so manchen mit auszehrenden Krankheiten versehen hatte, verschwieg ich mal lieber, um Tilla nicht ganz und gar kirre zu machen. Immerhin erzählte sie ja nun auch von einem Fieber, das sie befallen hatte und ziemlich ernst gewesen sein musste. "Aber was ist denn mit dir? Du warst auch so krank, sagst du? Ich hoffe, es geht dir jetzt besser, ansonsten sorge ich dafür, dass man sich auch gut um dich kümmert." Notfalls würde ich selbst Hand anlegen, das hatte ich bei Aurelius Cotta in Aegyptus ja auch getan, denn dort hatte man nie wissen können, wen man vertrauen sollte; das jedenfalls war meine Einstellung gewesen.


    Richtig schlimm aber war, dass Tilla ganz offensichtlich hier in der villa Aurelia in Rom dasselbe von den anderen, zumindest den erwachsenen, Bewohnern dachte: dass man zu ihnen vielleicht kein richtiges Vertrauen haben konnte. Das jedenfalls sagte sie mir mit ihren Gesten, nachdem sie mir Einohr schließlich doch in die Hände gedrückt hatte. Vorsichtig, aber doch so entschlossen, dass das Tierchen nicht etwa auf den Gedanken kommen konnte, wieder auszubüchsen, nahm ich es an mich. Ich spürte seine Wärme und wie seine Rippen sich weiteten und wieder zusammenzogen bei jedem Atemzug; und ich streichelte Einohr ganz automatisch, als Tilla mir von ihren Sorgen erzählte und dass sie oft nur Einohr überhaupt zum Erzählen und Zuhören hatte. "Du kannst jetzt auch zu mir kommen, Tilla. Das weißt du hoffentlich?" Obwohl ich natürlich selbst vieles von dem noch nicht durchschaut hatte, was sich hier alles zugetragen haben musste während der Abwesenheit von Aurelius Cotta und seinem Leibsklaven.

  • "Doch, doch, je weiter man nach Süden reist, desto mehr schwirrt die ganze Luft von possierlichen, fast unsichtbaren Tierchen, deren Stich du gar nicht merkst - aber deren Wirkung hinterher: Fieber, Durchfälle... Manche sterben auch an sowas, aber Aurelius Cotta wird ja gut gepflegt. Je mehr sie über diese seltsamen Mücken hörte, desto mehr hielt sie die Luft an.. bis sie diese mit einem tiefen erleichterten Aufseufzer entweichen liess. Also gut, man konnte jemanden Fieberkranken wieder gesund pflegen können doch sie würde sich künftig weigern nach Süden zu gehen, um ja nicht wieder so ein Fieber zu bekommen wie beim letzten Male. Und genau das 'zeichnete' sie nun mit ihren Händen in die Luft. Tilla fügte ihren Gebärden folgendes noch hinzu. Gut, dass du mir das alles sagst, dann bin ich vorgewarnt. Wie weit ist es denn bis Süden? Bis zum Stadttor oder bis zum Meer? Das Wort 'Süden' hörte sich irgendwie nach einem Stadtnamen an. Ha, damit hatte sie ihre Stadtnamensliste erweitert!


    Ja, ich war auch fieberkrank. Siv und Caelyn haben sich um mich gekümmert. Cadhla auch, aber die ist schon längst fort. Weisst du, im Bett still liegen und schwitzen ist nämlich ganz schön langweilig. Dann liegt man da und wartet darauf, dass die Sandkörner endlich weiterrieseln. Und bis das passiert kann es ganz schön lange dauern... ich bin noch etwas schwach und kann nicht so viel und lange tragen wie früher. Sogar der medicus musste herkommen. Er hat eine Salbe da gelassen, die ich vor dem zu Bett gehen auf meine Haut auftragen soll. Die wird aber bald alle sein. Sie achtete während dem Erzählen auch auf Einohr, also ob sich das Hasenkind genauso wie bei ihr bei Maron wohlfühlte. Es schien dem so zu sein und Tilla konnte sich wieder ein klein wenig entspannen.


    Nein, das weiss ich nicht, Maron. Aber ich finde es schön, dass du sagst. Nur.. du bist heute rein zufällig auf mich getroffen. Dabei weiss gar keiner, das ich mich immer um diese Zeit hier rumtreibe, um meine Ruhe vor allen anderen zu haben. Ziemlich oft wird es mir mit alles und allem zu viel und ich muss einfach raus. Das hiess aber nicht, dass sie einfach alles stehen und liegen liess sondern sich bemühte ihre Arbeiten zu Ende zu bringen und die nächstbeste Gelegenheit zu einem stillen Päuschen in der Abgeschiedenheit des Gartens nutzte. Ihr fiel das Messer in Marons Hand ein. Was wolltest du eigentlich hier? Am Teich bei den Quappen? Die haben doch noch gar keine Schenkel.

  • Hatte ich es doch gewusst! Das Thema Fieber wühlte Tilla ganz schön auf, das war ihr anzusehen. Aber die Hauptsache war natürlich, dass nicht wieder echtes Fieber die Kleine durchschüttelte, auch wenn sie während ihrer Krankheit offenbar gut betreut worden war, wie sie mir jetzt erzählte. Dann war dieses germanische Kätzchen Siv ja also doch zu etwas zu gebrauchen; na ja, eigentlich war sie nicht die Schlechteste, wenn auch ziemlich kratzbürstig, aber wenn sie einen ins Herz geschlossen hatte, zeigte sich ihr eigenes Herz wahrscheinlich auch voll Gold.


    Was die Mücken der südlichen Regionen anging, so konnte ich selbst Tilla erst einmal beruhigen: "Also, um dich diesen Mücken hinzugeben, musst du schon ein bisschen weiter fahren, über das Meer, so wie Aurelius Cotta. Aber dich lässt hier bestimmt keiner weg" - so sympathisch, wie Tilla war. Und deshalb konnte ich mir auch überhaupt keinen Reim darauf machen, wie es dazu gekommen war, dass Tilla jetzt so allein da stand und mit Einohr durch den hortus streifte.


    Bei diesen meinen Gedanken hatte es mich dann schon ziemlich getroffen, dass Tilla mir sagte, sie hätte nicht gewusst, dass sie immer zu mir kommen konnte. Gut, ich hatte hier in der villa Aurelia in Rom, besonders auch unter den Sklavinnen, einen gewissen Ruf - aber das galt doch nicht für Tilla! "Ich freue mich erst mal, dass es dir jetzt schon wieder besser geht! Und vielleicht streifen wir ja mal gemeinsam durch die Gegend. - Du gehst dabei also auf Quappenjagd?" Mit dieser Frage wollte ich Tilla ein bisschen von ihrer eigenen Frage an mich ablenken. Wenn ich auch eigentlich vor ihr keine Geheimnisse hatte, so war es mir doch ein bisschen peinlich, ihr ehrlich zu sagen, warum ich in den hortus gegangen war. Vielleicht würde ich es ihr später gestehen, aber jetzt spielte ich erst mal auf Zeit. Und die Quappen waren da ein ganz guter Anknüpfungspunkt: Von den Schenkeln hatte Tilla gesprochen? War sie etwa eine verkappte Feinschmeckerin? Und was war mit Einohr? Ob das Hasenkind nicht langsam Hunger bekam? Ich blickte besorgt zu dem freundlichen Lebewesen in meinen Händen hinunter.

  • Bis übers Meer hinaus fahren? Wirklich? So richtig in die Sonne hinein fahren wenn sie ganz tief kurz vor dem Versinken ins Wasser steht? fragte Tilla erstaunt, gar verblüfft mit abermals ganz großen Augen den Sklaven. Sie konnte es sich kaum vorstellen, dass jemand dies tun würde. Aber die Möwen schafften das doch auch und kehrten trotzdem ohne verbrannte Flügel aus der Sonne heraus wieder zum Meer zurück. Cotta hatte es geschafft und dafür den Stich einer Mücke davon getragen. Sie schüttelte den Kopf.


    Nee du, ich gehe nicht weg. Mag ich auch gar nicht. Hier habe ich Essen, Trinken, ein Bett und ein Dach überm Kopf. Tilla lächelte leicht, begann aufzuzählen, was sie noch hinderte wegzugehen und was sie mochte. Und Hasenkind Einohr. Und Schimmelstute Luna. Und den Kletterbaum dahinten, dessen Blätter bei Wind so schön geheimnisvolle Geschichten flüstern, denen niemand außer mir zuhören mag. Maron machte ein weiteres Angebot mit ihr zusammen etwas zu unternehmen. Es freute Tilla sehr, dass da endlich jemand bereit war sich um sie zu kümmern. Etwas von seiner oder ihrer Zeit abzugeben, gar etwas gemeinsame Kurzweil zu finden. Von den seltsamen Erwachsenen, egal ob Sklave oder Herrschaft möchte sie im Moment gar nicht mehr sprechen... das hatte sie doch eben schon getan.


    Jetzt waren die Dinge dran die ihr wichtig waren. Danke, ich freu mich auch nicht mehr im ollen Bett liegen bleiben zu müssen. Weisst du nicht, was Quappen sind? Da werden dicke und fette Frösche draus! Impulsiv hockte sich Tilla auf den Boden, zog rasch die Sandalen aus und liess sie auf dem Rasen liegen. Sie hockte sich vorsichtig an den Rand des seichten Ufers und suchte die Quappen, die behende an der Oberfläche herumflitzten. Das lauwarmes Wasser umspielte ihre nackten Zehen. Die sind dann grüngesprenkelt und blasen die Backen auf bis sie Geräusche machen können. So laute Geräusche, die ich es sogar noch auf dem Kletterbaum hören kann. Tilla sah verschmitzt grinsend zu Maron rüber, blies die von der Sonnenhitze geröteten Backen wie ein Frosch auf.

  • "Quoooaaark", kam ich Tilla schnell zuvor. Einladungen zu einem Froschkonzert um die Mittagsstunde von Seiten meiner kleinen Freundin konnte ich natürlich nicht widerstehen, auch wenn ich ansonsten derlei Albernheiten selbstverständlich - wie es sich für einen männlichen Sklaven, der was auf sich hielt, gehörte - ganz reserviert gegenüberstand. :D


    Ich hatte mich mittlerweile neben sie ins Gras gehockt, was mir doch etwas schwerer gefallen war als ihr. Das allerdings nicht etwa, weil meine alten Knochen nicht mehr so gewollt hätten, sondern weil ich in meinen Händen ja noch immer Einohr hielt und die Häsin auch weiterhin mit meinen beiden Händen festhalten wollte und nicht nur mit einer. Jetzt saß ich aber richtig schön gemütlich neben Tilla und ließ mir von ihr erklären, was Quappen waren. Das wusste ich zwar natürlich auch so, aber sie machte das so schön, dass ich es mir gerne anhörte. Leider aber gab sie erst mal nicht das Geheimnis preis, ob sie denn gerne die Schenkel von Quappen verzehrte, die zu Fröschen herangewachsen waren: "Hast du schon einmal die Schenkel von erwachsenen Fröschen gegessen? Ich glaube, ich habe so was noch nicht gehabt." Höchstens damals, als ich in Athen meine erste "Stelle" als Sklave gehabt hatte - aber das war natürlich schon so irre lange her, dass ich mich nicht mehr an Froschschenkel erinnerte; die hatten dann jedenfalls keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, so dass ich Fröschen wegen ihrer Schenkel auch ganz bestimmt nicht nachstellen würde. Mich interessierten eher andere Schenkel - aber das gehörte wirklich nicht hierher!


    Was ganz anderes hatte mich nämlich auch noch viel neugieriger gemacht, und zwar bestimmte Sachen, die Tilla erwähnt hatte, als sie gesagt hatte, warum sie die villa Aurelia nicht verlassen würde. "Ich wusste übrigens gar nicht, dass du reiten und so gut klettern kannst. Ich meine, du hast von der Stute Luna gesprochen, und von einem Kletterbaum." Interessiert sah ich meine kleine Freundin neben mir an: Nicht dass ich ihr das alles nicht zugetraut hätte, das Reiten und das Klettern, eher im Gegenteil. Aber so richtig gewusst hatte ich von ihren ganzen Talenten natürlich auch nicht. Tja, da konnte ich selbst natürlich kaum mithalten mit meinen Schiffsreisen, obwohl es ja jetzt im Laufe meines Lebens immerhin schon mal drei waren. "Ich kann dir da nur von den beiden Schiffsreisen erzählen, die mit Aurelius Cotta nach Aegyptus und wieder zurück. Das Meer war wirklich die meiste Zeit ganz ruhig und daher ganz glatt, nur hier und da kleine Wirbel im Wasser und natürlich die sanften Wellen, die sich am Rumpf des Schiffes brachen. Wir sind auch jeweils nicht gut vorangekommen mit dem Schiff, weil eigentlich zuwenig Wind da war. Aber dafür hatten wir dann jeweils ein paar Tage länger die Gelegenheit, solche Sonnenuntergänge mitanzusehen, wie du sie eben beschrieben hast." Ich selbst hatte die Reise gar nicht als so romantisch empfunden, schon gar nicht die Rückfahrt aus Alexandria, aber Tillas Worte öffneten mir die Augen für die emotionalen Aspekte meiner Erinnerungen. ^^

  • Tilla hob die Hand vor den Mund, prustete amüsiert drauflos. Maron gab einen ganz passablen Frosch ab... und mit was für einer Stimme! Immerhin musste sie nicht mehr den Hals verrenkend gegen die Sonne zu ihm aufsehen.. er saß jetzt neben ihr und hielt Hasenkind Einohr fest. Huch.. beinahe hätte sie vor Lachen das Gleichgewicht verloren und rettete sich mit einem Hintenrücks-Plumpser auf das Gras neben Marons Schatten. Tilla musste immer noch lachen, tat es stimmlos und wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Nochmal...!!! bat sie Maron begeistert. Bitte.. machs noch mal..!! gebärdete sie stürmisch, begierig darauf diese "Quoooaaark" noch mal zu horen.


    Das geräuschlose Lachen verstummte allmählich, weil sie sich bemühte wieder etwas ernster zu werden. Tilla schüttelte heftig den Kopf. Nein.. ich esse doch keine Frösche! Schon gar keine Froschschenkel.. die sollen bloß auch so lebendig wie Einohr und Luna bleiben. Die sollen leben und nicht getötet werden, nur weil man sie alle essen kann. Die wollen doch auch leben wie du und ich! Tja.. da sah man mal wie wichtig Tilla die Lebenden und Lebewesen waren. Sie hatte schliesslich genug schlechtes in Verbindung mit Blut und Grausamkeiten erlebt bei ihrem alten Herrn. Tief atmete sie durch, strich sich die Haare aus dem Gesicht und rappelte sich erneut in die Hocke auf. Gleich darauf hörte man ihre nackten Zehen im Wasser plätschern. Ich gucke gern zu wie jemand oder etwas groß wird und erfreue mich daran. Ich mag es nicht wenn alles vorzeitig vor der richtigen Zeit beendet wird. fügte Tilla hinzu, sah Maron ernst an.


    Ihre Gedanken um Leben und Tod wurden von Marons Erwiderung zu ihren Talenten abgelenkt. Tilla zuckte mit den Schultern. Das Reiten war eher Zufall und klettern muss ich doch können wenn ich ganz schnell fliehen muss. Sie lauschte seinen Worten einer Schifffahrt. Ach richtig.. die untergehende Sonne hatte auch Maron verschont. Und die Segel des Schiffes wohl auch, denn mit brennenden Segeln hätte es sicher nicht weitersegeln können. Tut das weh, wenn man in die Sonne hinein und wieder heraus fährt? Wasser trocknet doch schnell in der Sonne aus und trotzdem kann es ein Schiff fortbewegen. Seltsam! gebärdete Tilla irritiert.

  • Vor ein erneutes Quaken setzte ich erst einmal ein ziemlich fatalistisches Seufzen: So hatte ich mich also hier mit meinem Quaken zum Affen gemacht, und wenn es irgend jemand anders als Tilla, meine kleine Tilla, gewesen wäre, der hier über mich Tränen gelacht hätte und vor Lachen auf seinen Hintern geplumpst wäre, dann hätte ich demjenigen aber ganz schön was erzählt. So aber öffneten sich doch schon bald wieder meine Lippen, und von meinem Zwerchfell her erklang es dumpf und grollend "Quoooarck, quooorck", alles nur Tilla zuliebe.


    Die war nun ihrerseits selber schon wieder ernster geworden, und das, was sie mir nun erklärte, nämlich, warum sie niemals Froschschenkel essen würde, machte auch mich wieder nachdenklich - und lenkte mich von meiner persönlichen Frosch-Quak-Pleite ab. Ich fragte mich nämlich natürlich gleich, inwieweit Tilla - vielleicht sogar, ohne dass ihr das selber bewusst war - dabei von sich selber sprach: Sie konnte es nicht leiden, wenn etwas vor der rechten Zeit beendet wurde... Gern hätte ich sie irgendwie darauf angesprochen, aber ich wusste nicht so recht, wie, weil ihr doch bestimmte Sachen hier und auch in ihrer Vergangenheit echt nahe zu gehen schienen. Stattdessen kraulte ich jetzt die kleine Einohrin mit meinen Daumen hinter ihren Ohren, während meine übrigen Finger durch ihr flauschiges Bauchfell fuhren. Dabei sah ich Tilla zu, wie sich jetzt wieder mit der Schiffsreise auseinandersetzte - und konnte mir jetzt meinerseits ein Lächeln nicht ganz verkneifen: "Aber Tilla, wer hat dir denn erzählt, dass ein Schiff so richtig durch die Sonne hindurch fährt? Das ist doch Blödsinn, die Sonne ist total weit entfernt; wie weit, das wissen nur sehr schlaue griechische Mathematiker." Ich zweifelte sogar ein wenig daran, dass mein dominus das auf Anhieb, also ohne irgendwo nachzuschlagen, gewusst hätte. ;) "Manchmal sieht es allerdings tatsächlich so aus, als würde man mit seinem Schiffchen gleich durch die Sonne hindurch fahren. Wenn sie nämlich aufgeht oder abends im Meer versinkt, dann wirkt sie oft ganz riesig und nah, die ganze Wasseroberfläche scheint zu brennen, und das Innere der Sonne scheint zu flirren wie das Innere eines Feuerofens." Einen Moment lang hatte ich meinen Blick in die Ferne gerichtet und drohte, romantisch zu werden; ich hatte sogar unbewusst aufgehört, Einohr zu streicheln, dann aber fing ich mich wieder. "Aber in Wirklichkeit, wie gesagt, ist die Sonne noch ganz schön weit weg. Das ist alles ein Naturschauspiel, ein schönes und noch dazu ein ungefährliches."


    Als Tilla danach kurz auf das Klettern einging, erkannte ich darin den gesuchten Anknüpfungspunkt für meine Frage nach der rechten Zeit und der Zeit zum Wachsen: "Das Klettern brauchst du also zum Fliehen? Tilla, mal ehrlich: Auch wenn du hier in letzter Zeit einiges an Ärger hattest - ich finde, die villa Aurelia ist für dich eigentlich wirklich der richtige Ort, um selbst zu wachsen und erwachsen zu werden. Was meinst du?"

  • Tilla musste erneut lachen, als ihr der Wunsch nach mehr frosch-ähnlichen Geräuschen erfüllt wurde. Nein, sie lachte Maron immer noch nicht aus, erfreute sich schlichtweg an dem was er darbot. Mann.. du kannst das aber echt guuuuut!!! lobte sie Maron. Dir fehlt nur noch ein froschgrünes Gewand und ein brauner Sack. neckte sie ihn verschmitzt grinsend, versuchte ihn sich mit dieser Verkleidung am Tümpel hockend vorzustellen. Mann, war das ein Spaß! Tilla kriegte sich fast gar nicht mehr ein... doch Marons nächste Worte über die Sonne holten sie schon wieder auf den Boden der Tatschen hinunter.


    Die Geschichtenerzähler der Straße haben das alles über die Sonne und eine Geschichte dazu erzählt. Es ist doch meistens wahr was sie erzählen von ihren Reisen quer durch die Länder in denen sie schon waren. gebärdete sie leicht entrüstet, dass Maron ihren Worten keinen Glauben schenkte. Sie plumpste zurück auf den Rasen, zog die Beine ganz dicht an ihren Oberkörper heran. Tat dir das nicht weh als du der Sonne so nahe warst? Dem geflügelten Mann hat es wehgetan... er ist dann mit seinen Flügelfedern auf den Boden gefallen und ist dann auch noch gestorben, bevor er irgendwas über die Sonne sagen konnte. Wie es war da oben zu sein und alles von oben zu sehen.


    Tilla schniefte leise auf. Das fand ich total traurig, dass er dieses Ende nehmen musste. Ja, ich brauche das Klettern zum Weglaufen. bestätigte sie schliesslich. Marons Worte erschreckten sie, ebenso sah sie ihn mit erschrockenem Blick an, zeigte ihm etwas von der Angst die sie quälte. Nein!! Bloß nicht erwachsen werden! Dann bin ich auch so seltsam drauf wie die anderen groß gewordenen Mneschen im Hause! Immer so mies gelaunt. Dann ist keiner mehr da der noch lachen und sich freuen kann... Tilla beugte sich impulsiv vor und nahm Maron Einohr weg, um mit dem Hasenkind zu kuscheln und es zu streicheln. Sie sah nicht mehr zu dem Sklaven auf, blickte stetig auf Einohr hinab.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!