Am Ende der Entspannung

  • Im Grund war ich froh darüber, dass er dieses schwierige Thema nicht weiter aufgegriffen hatte. So versanken meine Erinnerungen an die dunklen Jahre wieder in der Versenkung und dort konnten sie auch bleiben!
    Ich erwiderte sein Lächeln. Jetzt brauchte ich etwas, was diese trübselige Stimmung einfach hinfort wusch. Krampfhaft überlegte ich und wie es immer so war, wenn man etwas erzwingen wollte, geschah genau das Gegenteil dessen, was man eigentlich wollte. Doch bei dieser Gelegenheit fiel mir etwas anderes ein, etwas, was ich ihn noch fragen mußte. Doch dazu wollte ich später noch kommen. Zuerst beantwortete ich ihm seine Frage. "Es ist das Wesen der Katze an sich, das mich fasziniert. Sie ist so freiheitsliebend, beugt sich keiner Norm und sie ist im Vergleich zu einem Hund nicht so dumm und tut alles, was man von ihr verlangt. Eine Katze entscheidet spontan, ob sie gehorcht oder nicht. Doch meistens hat sie ihren eigenen Kopf. Natürlich finde ich durchaus auch die Kulte um die Katengöttin interessant. Ich selbst habe leider noch keiner derartigen Zeremonie beigewohnt. Aber wie heißt es so schön, sag niemals nie!" Meine Stimmung hatte ihr altes Niveau wieder erreicht und die dunklen Gedankenfetzen waren längst verschwunden. Ich fand es auch in gewisser Weise nett von ihm, wie er versuchte, mich wieder aufzumuntern. "Nun, der Möglichkeiten gibt es viele, um nach Aegyptus zu reisen. Es ist keine Frage des Geldes oder der nötigen Zeit. Nein, vielmehr ist es ein geeigneter Reisebegleiter, an dem es mir mangelt." Dies sollte natürlich keine Aufforderung sein, auch wenn es auf den ersten Blick so aussah. Für mich stand fest, dass ich Aegyptus nicht alleine bereisen wollte. Alleine schon, um einen Gespächspartner zu haben.
    "Entschuldige bitte, wenn ich noch einmal nachfrage, aber sagtest du nicht, dein Name wäre Aurelius Ursus? Du musst der Bruder von Minervina sein, nicht war? Natürlich! Wieso ist mir das nicht gleich aufgefallen?" Erst kürzlich hatte Corvinus einen Aurelius Ursus erwähnt. Ja, tatsächlich! Das musste er sein!

  • Ursus legte den Kopf schief, als sie so über die Katzen sprach. Es klang fast so, wie wenn Primus über Pferde sprach. Tierliebhaber waren wohl ein Menschenschlag für sich. "Aber sind Katzen nicht auch hin und wieder ziemlich zickig?", fragte er ein wenig provozierend und seine Augen blitzten übermütig auf. Es machte ihm durchaus Spaß, sie ein wenig zu reizen.


    Und natürlich empfand er ihre Worte als Aufforderung, denn so wie sie es sagte, konnte er es ja gar nicht anders verstehen. Trotzdem sprang er da nicht gleich drauf an, immerhin mußte man auch eine Frau mal ein wenig zappeln lassen. "Eine schöne junge Frau wie Du hat Mangel an einem geeigneten Begleiter? Das kann ich mir doch wirklich nicht vorstellen. Da reißen sich doch sicher schon unzählige junge Männer drum, Dich begleiten zu dürfen!"


    Doch dann wechselte sie plötzlich das Thema und sein lausbübischer Blick wandelte sich zu einem erstaunten. "Minervina? Ja, natürlich ist sie meine Schwester. - Ach, warte. Ja, jetzt verstehe ich. Corvinus hat erwähnt, daß Minervina sich mit einer Flavia angefreundet hat und mit ihr viel unterwegs ist. Das mußt Du sein! Natürlich! Soso, Du bist das also, die Minervina erfolgreich davon abhält, ihrem in der Fremde weilenden Bruder Briefe zu schreiben. So eine bist Du also..." Er versuchte, streng dreinzublicken, doch seine lachenden Augen verrieten, daß er es ganz und gar nicht ernst meinte.

  • Sein Einwand erstaunte mich. Katzen sind zickig? Das war doch reichlich provokant! Fand er mich auch zickig? Es konnte durchaus sein, daß er diesen Eindruck von mir gewonnen hatte. Diese Überlegung ließ ich aber völlig außer Acht, als ich ihm antwortete. "Ich würde sagen, es kommt dabei immer auf den Betrachter selbst an und welche Erwartungen er an eine Katze stellt. Fordert er zu viel oder gar das Unmögliche, dann wird sie enttäuschen." Ich trank noch ein wenig von meinem Getränk und griff noch einmal bei den leckeren Köstlichkeiten zu, die noch auf dem Tisch standen.
    "Nun, ich suche nicht nach einem Begleiter, der mich nur wegen meiner selbst begleitet. Er sollte auch ein gewisses Interesse mitbringen. So jemanden zu finden, hat sich bislang als sehr schwierig herausgestellt." Ich lächelte verschmitzt zurück.


    Meine Vermutung hatte sich als bestätigt! "Oh ja, genau diese Flavia bin ich! Ich habe deine Schwester bei einem Spaziergang mit meinem Bruder kennengelernt und nachdem ich sie noch einige Male getroffen hatte, habe ich sie auch einmal zu mir eingeladen. Sie ist eine äußerst angenehme Gesprächspartnerin. Wie sich herausgestellt hat, verfügen wir beide über einen ähnlichen Mdegeschmack. Ja, in dieser Zeit sind wir richtige Freundinnen geworden." Natürlich konnte ich nicht ahnen, wie sehr ich sie vom Briefe schreiben abgehalten haben mußte. "Oh, das tut mir aber leid! Hätte ich nur ahnen können, was meine bloße Anwesenheit bei ihr angerichtet hat," antwortete ich schließlich mit gespielten Bedauern.

  • Ursus beobachtete aufmerksam ihre Reaktionen, während er an seinem Wein nippte. Und er wurde nicht enttäuscht. Er konnte kurz einen Ausdruck über ihre Miene huschen sehen, die so etwas wie Entrüstung sein konnte. Doch ihre Antwort war perfekt, ohne solch einen Anflug zu haben. "Ah, dann wird es wohl das sein. Ich hatte bisher nicht viel Glück mit Katzen." Er grinste ein wenig frech und naschte ein Stückchen Käse.


    "Nun ich fürchte, damit scheide ich als Kandidat aus. Da ich leider schon gesagt habe, daß ich Aegyptus nicht viel abgewinnen kann. Nun wäre auch jede noch so gut vorgetragene Lüge aussichtslos. Ach, das ist wirklich schade." Wieder grinste er frech. Er war sicher, daß sie leicht jemanden finden würde, der sie gerne nach Aegyptus begleiten würde.


    "Und was Minervina angeht... Ich glaube wohl doch eher, daß mein Schwesterchen mich schnöde vergessen hat und Dich keine Schuld trifft. Ich werde dafür schon eine Entschädigung von ihr einfordern, da bin ich unerbittlich." Da würde ihm schon etwas nettes einfallen. Und er würde keine Ausrede gelten lassen, jawohl!


    "Du hattest also schon einigen Kontakt mit meiner Familie, ja? Ich bin da gar nicht auf dem Laufenden. Corvinus kennst Du. Woher eigentlich? Minervina kennst Du. Wen noch? Und wer von den Flaviern ist Dein Bruder?" Er war doch inzwischen etwas neugieriger geworden.

  • Das konnte ich nun gar nicht nachvollziehen! "Wieso hattest du nicht viel Glück mit Katzen?" Vielleicht lag es einfach auch daran, daß er ein Mann war. Männer taten sich im Allgemeinen oft schwer mit solch zarten Wesen. Wahrscheinlich war dies auch der Grund, daß er sich mit meiner Vorliebe für alles ägyptische nicht anfreunden konnte. Es war wirklich ein Jammer!
    "Sag niemals nie!" antwortete ich grinsend seiner Absage. Vielleicht kam er ja doch noch als Reisebegleiter in Frage, wenn dann auch nicht das Ziel Aegyptus heißen sollte, denn in ihm hatte ich einen äußerst charmanten und redegewandten Gesprächspartner gefunden.


    "Geh die arme Minervina nicht so hart an! sie hat es sicher nicht böse gemeint. Wenn eine junge Frau in einer Stadt wie dieser lebt, dann vergißt sie nun hin und wieder gerne mal etwas." Diesmal war ich es, die schelmisch grinste.
    Doch als das Gespräch auf unsere Familien kam, wurde ich wieder etwas ernster. "Nun, Aurelia Prisca und Aurelia Helena habe ich einmal getroffen. Wir waren gemeinsam bei einer Theateraufführung, die mein Onkel Flavius Gracchus ausgerichtet hat und Marcus kenne ich nun schon etwas besser." Ich mußte errötet gewesen sein, da ich doch mit so wenigen Worten preisgegeben hatte, wie es um Corvinus und mich stand. Doch dann lenkte ich schnell ab."Flavius Lucanus ist übrigens mein Bruder. Ich weiß nicht, ob du ihn kennst. Er weilt schon etwas länger in Rom, als ich es tue. Möglicherweise hast du ihn einmal getroffen?"

  • Ursus lachte. "Weil mich Katzen für gewöhnlich kratzen und beißen, auch wenn ich ganz lieb zu ihnen bin." Das war wieder ein klein wenig zweideutig, doch das sollte es ja durchaus auch sein. Und er war schon der Meinung, daß Celerina ein klein wenig etwas von einer Katze hatte. Doch natürlich würde er das niemals aussprechen, denn er fürchtete, daß sie dann auch ihre Krallen ausfahren würde.


    "Ach, niemals würde ich nie sagen, wer weiß schon, wohin es uns noch alles verschlägt. Vielleicht sogar gemeinsam. Es wäre mir jedenfalls eine große Ehre, Dich zu begleiten. Wohin auch immer. Bei der Freundschaft, die zwischen unseren Familien herrscht, ist tatsächlich nichts unmöglich." Er erwiderte ihre Grinsen und merkte schon, daß sie es faustdick hinter den Ohren hatte.


    "Und Du meinst also, es ist verzeihlich, wenn eine junge Frau ihren armen Bruder völlig vernachlässigt? Nun, wenn Du das sagst, muß ich es wohl glauben." Er lachte, denn ihr schelmisches Grinsen war einfach zum hinknien hübsch. Welch ein Glückspilz, der diese Frau einmal ehelichen durfte!


    "Oh, diese Theateraufführung, über die in der Acta dieser lange Bericht erschienen ist? Kresh oder so? Die soll ja ausgesprochen amüsant gewesen sein. Ich hoffe ja, daß diese Auführung noch einmal wiederholt werden wird. Ich würde sie gerne mal besuchen." Doch bisher hatte er nichts von einer erneuten Aufführung gehört. "Mir scheint, Du kennst wahrhaftig schon so gut wie die ganze Familie."


    Die Schwester von Lucanus, ja dann war ja alles klar. Der war ja auch ein ziemlicher Schelm. "Natürlich kenne ich Lucanus. Wir haben uns mehrfach getroffen und ich würde sogar behaupten, daß wir Freunde sind. Wie geht es ihm? Er arbeitete ja recht intensiv an seiner Karriere, als ich ihn das letzte mal traf. Wird er zur nächsten Wahl kandidieren?"

  • Eigenartig, diese Probleme hatte ich mit Katzen nicht! "Du darft vielleicht nicht zu grob zu ihnen sein und sie zu nichts zwingen. Du mußt ihnen auch Freiraum lassen und sie nicht bedrängen. Dann sind sie meist sehr brav. Wenn nicht, dann bist du an ein wahres Biest geraten." Mir war natürlich die Zweideutigkeit seiner Worte nicht verborgen geblieben. Im Grunde genommen hatte er ja recht, Frauen waren nun mal gelegentlich wie Katzen, entweder liebe brave Kätzchen, die unentwegt schnurrten, oder wilde Bestien, die ihre Krallen zu gebrauchen wußten. Welchen Typ Frau er wohl den Vorzug gab? Eher die brave Häusliche oder die Unzähmbare? Auf Anhieb konnte ich ihn nicht genau einschätzen.


    "Nun, vielleicht war es ja wirklich meine Schuld, daß Minervina nicht so viel Zeit für dich aufbringen konnte, wie es nötig gewesen wäre! Zwei unverheiratete junge Damen haben in dieser Stadt viele Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben." Ich lächelte keck und dachte da an so einige schöne Nachmittage, die wir zusammen verbracht hatten. Der Dauerbrenner bei unseren Treffen, waren natürlich immer die Männer gewesen. Wir hatten sie, je nach Aussehen, insgeheim in einer Skala von eins bis zehn bewertet. Nun ja, schauen war doch erlaubt! Ja, und dann war diese Theateraufführung gewesen. Ein wundervoller Abend, auch wenn ich nicht alles von dem Theaterstück mitbekommen hatte. Andere Dinge waren an jenem Abend wesentlich interessanter gewesen. "Ja, richtig! Kresh hieß das Stück. Oh ja, es war ein wunderschöner Abend!" Ich schwelgte gerne noch in Erinnerungen.


    Ich war erstaunt. als der Aurelier mir erzählte, er sei ein Freund meines Bruders. Doch als er nach seinem Befinden fragte, seufzte ich nur. "Nun, er ist auf dem Wege der Besserung. Er hat sich in den letzten Monate nixcht sehr wohl gefühlt und war auch oft krank. Nichtas schlimmes! Doch die Krankheit hielt ihn des öfteren von seinen Aufgaben ab." Ich sprach nicht gerne darüber, weil ich mir einfach zu viele Sorgen um Lucanus machte.

  • "Als ob ich je grob sein könnte", sagte Ursus und setzte einen treuherzigen Blick auf. Nein, Katzen waren einfach nichts für ihn. Überhaupt hatte er es nicht so mit Haustieren. Das überließ er lieber Tilla. Mit den zweibeinigen Katzen war es natürlich ganz etwas anderes. Da konnte man durchaus den einen oder anderen Kratzer oder Biß in Kauf nehmen für das Vergnügen, das man dabei hatte.


    "Vielleicht, ja. Vielleicht aber auch nicht. So als großer Bruder muß ich natürlich alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Und was höre ich da. Zwei unverheiratete junge Frauen, die sich in der Stadt vergnügen, ja? Gerade die vielen Möglichkeiten sind ja durchaus beunruhigend. Stell Dir mal vor, ihr werdet da so einfach von einem fremden jungen Mann in ein Lokal entführt. Einfach so. Obwohl er euch nie richtig vorgestellt wurde. Das geht doch gar nicht, sowas." Er tat empört, doch seine Augen blitzten übermütig dabei. Ob sie auf den Spaß einsteigen würde?


    Doch ganz schnell wurde er wieder ernst, als sie von Lucanus berichtete. "Lucanus ist krank? Das tut mir aufrichtig leid. Bestell ihm doch bitte Besserungswünsche und viele Grüße von mir, ja? Ich hoffe, er ist bald wieder auf den Beinen!"

  • "Neiinnn, natürlich nicht!" Konnten diese Augen lügen? Ich konnte jedenfalls fast nicht mehr an mich halten und mußte sogar kichern, was ich eigentlich immer vermeiden wollte. Doch diesmal hatte ich gar keine andere Wahl.


    Als er sich dann so gespielt empörte konnte ich wirklich nicht mehr. Ich lachte lauthals. "Das wäre geradezu skandalös! Den Kerl müsste man einsperren lassen, wenn man ihm habhaft werden würde!" Ach ja, es war richtig lustig! Genau das konnte man nach einem 'anstrengeneden' Tag in den Thermen gebrauchen. Deswegen war ich auch froh, daß er nicht weiter nach Lucanus fragte, sondern es dabei beließ. "Das werde ich machen! Da wird er sich bestimmt auch freuen," antwortete ich mit gedämpfter Stimme.

    Eine Weile herrschte betretenes Schweigen. Doch ich brach es mit einer Frage. "Was sind jetzt deine Pläne, nach deiner Rückkehr?" Neuigkeiten interessierten mich immer!

  • Ursus stimmte unwillkürlich in ihr Lachen ein. Sie sah wunderschön aus, wenn sie lachte und ihre Augen dabei vor Freude sprühten. In gewisser Weise machte es ihn stolz, daß er sie zum Lachen gebracht hatte. "Ja skandalös, da hast Du die richtige Beschreibung gefunden.Und einsperren in das dunkelste und tiefste Loch überhaupt." Es machte wirklich Spaß, mit ihr herumzuscherzen.


    "Meine Pläne? Erst einmal Informationen sammeln. Mir ist entsetzlich viel entgangen. Nur ein Bruchteil an Nachrichten erreichen die Provinzen. Ich sage Dir, das ist gar nicht so einfach. Dann möchte ich natürlich so bald wie möglich als Quästor kandidieren. Da ich mich als Vigintivir bewährt habe, hoffe ich darauf, daß ich genug Stimmen erreichen kann. Und wenn nicht, dann kandidiere ich eben im Jahr drauf wieder. Irgendwann wir es schon klappen. Ja... Und dann wird es natürlich auch langsam Zeit, sich über die Gründung einer Familie Gedanken zu machen." Er wurde ein wenig rot und blickte sie aufmerksam an. Wie würde sie wohl auf diese Eröffnung reagieren?

  • Selten hatte ich mich in letzter Zeit so amüsiert! Der junge Mann hatte wirklich Humor! Die Frau, die ihn einmal bekommen sollte, war wirklich zu beneiden. Ob sein Onkel auch über soviel Humor verfügte, mußte ich unbedingt noch herausfinden!
    Doch dann wandte er sich meiner Frage, bezüglich seiner Pläne zu. Das klang alles sehr zielstrebig und vernünftig. "Du bist, so scheint mir, ein sehr ehrgeiziger junger Mann, der es noch weit bringen wird. Dessen bin ich mir sicher. Männer, die wissen, was sie wollen, habe ich schon immer bewundert! Mit der richtigen Motivation, wird es dir gelingen, was du anstrebst."
    Ich bemerkte, wie er aus heiterem Himmel erötete, als er darüber sprach, auch eine Familie gründen zu wollen. Warum er plötzlich so genant wurde, konnte ich mir nicht erklären. Sollte ich etwa in ihm Hoffnungen geweckt haben oder war er in seinem Innersten einfach nur ein schüchterner Mensch. Nun, ich wollte nicht mit ihm spielen, um ihm falsche Hoffnngen machen, noch wollte ich ihn vor vollendete Tatsachen stellen. So blieb ich sachlich, korrekt und spielte die Ahnungslose. "Diejenige, die du einmal zu deiner Frau erwählst, kann sich wirklich glücklich schätzen."

  • "Ehrgeizig? Ja, gewiß. Aber nicht krankhaft. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich in das Schwert stürzen, wenn sie mal nicht erreichen, was sie sich vorgenommen haben." Er mußte unwillkürlich an den Octavier denken, der diesen Weg gewählt hatte, als er bei einer Wahl nicht erfolgreich gewesen war. "Es gibt immer Möglichkeiten, weiterzukommen. Und gerade als Patrizier ist man ja praktisch zur Politik geboren. Außerdem gibt es nichts spannenderes!" Er jedenfalls fand es ungemein spannend, aber er sah natürlich ein, daß nicht jeder diese Begeisterung teilte.


    Sehr schade, sie sprang gar nicht so recht auf seine Anmerkungen zur Ehe an. "Ich hoffe, daß sie sich glücklich schätzen kann", sagte er ein wenig verlegen. "Der Mann, der Dich an die Seite gestellt bekommt, kann sich allerdings ganz sicher nicht weniger glücklich schätzen." Am liebsten hätte er nun direkt gefragt. Verdammte Anstandsregeln!

  • Es waren weise Worte, die aus seinem Munde sprachen. Ich konnte ihm nur zustimmen. "Solch strebsame junge Männer braucht Rom! Ich wünsche dir viel Glück, bei dem, was du vor hast!" Nun, ich selbst machte mir nicht viel aus Politik. Ich verfolgte sie nur am Rande, damit ich mich auf dem Laufenden halten konnte. Aber ich konnte diejenigen verstehen, die der Politik oder auch jedem anderen Sujet verfallen waren. Man nannte das wohl Herzblut.


    Ich konnte mich des Eindruckes nicht erwähren, daß sich in seine Antwort, seiner Zukünftigen betreffend, ein Quäntchen Unzufriedenheit mit eingeschlichen hatte. Hatte er insgeheim darauf gehofft, ich könne ihm zu verstehen geben, selbst noch auf der Suche zu sein? Nun, eigentlich war ich das ja auch noch. Allerdings war ich nur wenige Tage zuvor mit seinem Onkel zusammen getroffen und die Hoffnung hatte sich, zumindest in meinen Augen erhärtet, daß ich eventuell am Ziel meiner Suche angekommen war. Doch dies nun schon als festes Arrangement zu betrachten, empfand ich als sehr überstürzt. Deswegen wollte ich mich zu diesem Thema, was meinen Zukünftigen betraf, eher noch in Schweigen hüllen. Schließlich hatte ich die Meinung meines Onkels dazu noch nicht gehört.
    "Nun, das hoffe ich auch," antwortete ich ihm schließlich schmunzelnd.

  • "Ich danke Dir. Glück gehört zu den Dingen, von denen man nie zuviel haben kann. Und gerade in der Politik ist Glück wahrhaftig nicht zu unterschätzen." Er lächelte sie an. Es war wirklich freundlich von ihr, ihm dafür so viel Verständnis entgegen zu bringen. Ein bißchen machte sie den Eindruck, als würde sie sich sehr viel Gedanken machen, sie sagte nicht mehr viel, machte Pausen und das Lächeln auf ihrem Gesicht ließ erahnen, daß ihre Gedanken sich um etwas sehr positives drehten. Leider mußte er davon ausgehen, daß nicht er der Gegenstand ihrer Gedanken war. Schade aber auch.


    Ursus nahm einen Schluck aus seinem Becher und blickte sie aufmerksam an. "Warum habe ich nur den Eindruck, daß Du diesem Thema ein wenig ausweichst?", fragte er etwas frech und legte den Kopf schief. Dann lachte er. "Nein, Du brauchst natürlich nicht darauf antworten. Sprechen wir über etwas anderes. Erzähle mir doch bitte, was los ist in der Gesellschaft Roms. Ich bin absolut nicht auf dem Laufenden. Gab es in der letzten Zeit große Hochzeiten oder überraschende Verlobungen? Vielleicht gar Intrigen oder Skandale?"

  • Ich hatte mich an einer Dattel zu schaffen gemacht. Seitdem ich in Rom war, war ich diesen getrockneten Früchten zur Gänze verfallen. In Lutetia war es oftmals schwer gewesen, an solche Köstlichkeiten zu gelangen. So knaberte ich das süße Fleisch vom Kern ab und hätte ich nicht in jenem Moment seine mehr als provokante Frage vernommen, hätte die Dattel auch artig ihren Weg hinunter durch meine Speiseröhre genommen. Stattdessen begann ich zu husten, da die Selbige die Luftröhre für ihren Weg gewählt hatte. Das war mir ja außerordentlich peinlich. Ich mußte wohl krebsrot angelaufen sein. Oh ihr Götter, wie schrecklich! Schnell einen Schluck!
    "Pardon! Meine Vorliebe für Datteln, hat fatale Folgen, fürchte ich," antwortete ich schließlich, um wenigstens irgendetwas zu sagen. "Wie kommst du darauf, ich würde diesem Thema ausweichen wollen? In der Tat ist mein Onkel auf der Suche nach einem geeigneten Kandidaten für meine Wenigkeit, wobei, wenn ich das bemerken darf, wir uns schon in der Entscheidungsphase befinden." Das war natürlich eine glatte Lüge! Nur ich befand mich bereits in der Entscheidungsphase und wußte auch nicht, wie sehr mein Onkel davon entzückt gewesen wäre, hatte er auch nur etwas davon geahnt!


    Nun, mich als Klatsch- und Tratschtante ( :D) zu bezeichnen, währe sicher zuviel des Guten gewesen. Doch so einiges war auch mir bekannt, was in der feinen Gesellschaft so vor sich ging. "Oh, demnächst steht eine Hochzeit an! Epicharis von den Claudiern und einer meiner Verwandten, ein entfernter Onkel, Flavius Aristides heiraten nun endlich! Das wird sicherlich ein wunderschönes Fest werden! Ansonsten,... laß mich nachdenken...Nein Sonst fällt mir nichts auf Anhieb ein"

  • Ursus hatte ja nicht ahnen können, daß seine zugegebenermaßen recht freche Frage solche Folgen haben würde. Als sie sich verschluckte, beugte er sich zu ihr herüber, um ihr sanft auf den Rücken zu klopfen. Doch sie schien sich schnell wieder zu fangen. Immerhin füllte er ihren Becher wieder auf, nachdem sie daraus getrunken hatte, um sich schneller vom Hustenanfall zu erholen. "Bitte verzeih. Die Schuld hierfür liegt wohl eher bei mir als bei den Datteln." Er blickte sie entschuldigend an und nahm sich vor, das vermaledeite Heiratsthema besser nicht wieder anzuschneiden.


    "Oh, das wird sicher eine prachtvolle Hochzeit! Claudia Epicharis ist eine sehr schöne Frau. Leider war es mir noch nicht vergönnt, sie näher als sehr flüchtig kennenzulernen. Ich nehme an, Du hast sie bereits kennengelernt? Und es ist gesellschaftlich in Rom tatsächlich nicht mehr los? Sicher sind wieder alle auf irgendwelchen Landgütern am Meer, um dort die heißesten Wochen des Jahres zu verbringen, sonst wäre das kaum vorstellbar. Nun, der Herbst ist nicht mehr sehr weit und dann kehrt das gesellschaftliche Leben nach Rom zurück." Hoffentlich zumindest. So war es ja geradezu langweilig.

  • Längst hatte ich mich schon wieder gefangen, dank der Flüssigkeitszufuhr. Ich empfand es als nette, versöhnliche Geste, mir den Becher wieder voll zu gießen. Doch auch der Themawechsel kam mir gelegen, sonst hätte ich meine Phantasie noch mehr zu diversen Lügenmärchen anstrengen müssen, was die Partnerwahl anbetraf. Nicht daß er mir etwa unsympatisch gewesen wäre, doch war ihm Corvinus ein wenig zuvor gekommen. Ein guter Freund jedoch konnte aber auch von großer Wichtigkeit sein.


    "Dem kann ich dir nur beipflichten! Schließlich mußte die Ärmste ja lange genug warten. Wie du vielleicht weißt, war Aristides in Parthia im Krieg involviert und wie ich hörte, hatten sich die beiden schon vor längerer Zeit verlobt. Leider war es mir noch nicht vergönnt, sie kennenzulernen. Doch das wird sich sicher bald ändern." Ich fieberte einem Treffen mit Epicharis schon sehnlichst entgegen. Wenn sie den endlich in der Villa Flavia wohnen würde, gäbe es dort neben Antonia und mir noch eine Frau mehr. Sicher könnten wir Freundinnen werden!
    "Nun ja, momentan ist es etwas ruhig. Doch das wird sich sicher auch bald wieder ändern. Ich selbst hatte auch schon mit dem Gedanken gespielt, für einige Tage nach Baiae zu reisen. Die Thermen dort, haben ja einen sehr guten Ruf und die Solfatara bei Puteoli, soll ja der Gesundheit auch sehr zuträglich sein."
    Baiae reizte mich wirklich! Darüber sollte ich wirklich noch einmal nachdenken.

  • Die Leckereien waren nahezu aufgefuttert, stellte Ursus bedauernd fest. Das bedeutete vermutlich, daß auch ihr Gespräch sich langsam dem Ende zuneigte. Doch immerhin blieb die Hoffnung, ihr wieder zu begegnen, immerhin waren ihre Familien eng miteinander befreundet. Er nahm noch einen Schluck aus seinem Becher und betrachtete sie lächelnd, denn schon hatte die Begeisterung sie wieder, wie es schien.


    "Nun, spätestens bei der Feier wirst Du sie ja gewiß kennenlernen. Werden sie nach der Hochzeit bei euch in der Villa wohnen?" Dann würde sie Epicharis ja wohl noch sehr gründlich kennenlernen. Noch eine Frau mehr in der Combo. Ursus mußte unwillkürlich grinsen. Seine Schwester würde bestimmt nicht zögern, sich den Flavierinnen anzuschließen. Und dann war es besser, man kam ihnen nicht in die Fänge. So nett es war, sich mit einer charmanten Dame zu unterhalten, so war es doch auch sehr gefährlich, wenn sie in größeren Rudeln auftraten.


    "Baiae? Ja, dort wirst Du allerdings nicht nur gesundheitsförderndes finden, sondern auch den größten Teil der von hier verschwundenen Gesellschaft", lachte Ursus. Ein teures Pflaster, dieses Baiae. Aber auch sehr schön. Und unterhaltsam.

  • Unglücklicherweise hatte sich auf der Platte mit den Speisen eine dramatische Leere breitgemacht. Nur noch eine kleine Olive, die im Winter zuvor in Kampanien geerntet worden war, lag noch unschuldig da. Sie lachte mich an und daher konnte ich nicht anders. Ich griff zu und sie verschwand in meinem Mund. Tröstlich war es doch da, dass sich die Getränke noch nicht erschöpft hatten.
    "Ja, spätstens dann! Ich freue mich schon auf die Feierlichkeiten. Es wird sicher ein gelungenes Fest!" Eigentlich wollte ich ihn noch fragen, ob er wohl auch zum Fest geladen worden war, jedoch traute ich mich nicht, da ich ihn nicht kompromittieren wollte, falls dem nicht so war.


    "Ja, ja, vermutlich wird man in Baiae alle Vermissten wieder finden,"pflichtete ich ihm lachend bei.
    Ach ja, der Tag hatte sich doch noch prächtig entwickelt! Zuerst die entspannenden Stunden in den Thermen, dann das kleine Intermezzo mit Ylva, welches nicht so schön war, was allerdings durch den Plausch mit dem netten Aurelier wieder wett gemacht wurde. Apropos Ylva! Wo war sie eigentlich?
    "Hast du zufällig meine Sklavin gesehen?" Ich sah mich nach allen Seite um, konnte sie aber nicht entdecken.

  • Ursus wußte selbst nicht, ob er eingeladen war. Vermutlich schon, denn er ging doch mal davon aus, daß die Flavier die ganze aurelische Familie eingeladen hatten. Vielleicht sollte er Corvinus mal fragen. Da er noch nicht lange wieder da war, hatte sich dieses Thema einfach noch nicht ergeben. "Das erste derartige Fest seit langem. Es wird ganz sicher ein Ereignis der besonderen Art, das kann ja gar nicht anders sein." Vielleicht würde sich dort ja noch einmal die Gelegenheit ergeben, mit dieser reizenden jungen Frau zu plaudern?


    Er stimmte in ihr Lachen mit ein, als sie ihm zustimmte, daß in Baiae wohl die vor der Hitze der Stadt geflohenen Angehörigen der römischen Gesellschaft zu finden seien. "Baiae wird Dir gefallen, da bin ich mir ganz sicher. Du wirst gar nicht nach Rom zurückwollen", prophezeite er ihr augenzwinkernd.


    Dann blickte er sich um, als sie nach ihrer Sklavin fragte. "Ist sie nicht hineingegangen, um etwas zu essen? Sicher wartet sie dort ab, bis Du sie wieder brauchst. Soll ich die Bedienung heranwinken, damit sie Deine Sklavin herschickt?"

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