[probatio] Grundausbildung Quintus Sergius Pius

  • Imperiosus schaute Balbus an und hörte sich seine Frage an. Dann nickte er, doch war er nicht ganz mit dieser Antwort zufrieden. Aber er sagte dies nicht dem Probati und beantwortete gleich selber seine Frage, denn er glaubte, dass die anderen Probati dies sicherlich auch nicht so richtig wussten.


    " Im Gefecht willst du den Feind so schnell wie möglich kampfunfähig machen. Die beste Methode ist dabei, ihn zu töten. Man könnte ans Entwaffnen denken oder daran, ihm den Arm abzuhacken oder seine Knie zu zertrümmern. Aber es leuchtet einem jeden ein, dass es höchst umständlich wäre. "


    Er machte eine kurze Pause und schaute durch die Reihen.
    " Der Oberkörper des Gegners ist durch einen Panzer und Knochen zu gut geschützt. Weil eure Klinge leicht abrutschen kann und ihr kaum mehr als einen Kratzer anrichtet oder sich die Klinge schlimmstenfalls sogar in den Rippen verfängt. "
    erklärte er.


    " Die Beine anzugreifen hat wenig Sinn, zu viel Fleisch, zu wenig Auswirkung im Vergleich mit dem Hals oder dem Unterleib. Um ein Knie zu zertrümmern, muss man zu einem Hieb ausholen, was in geschlossener Reihe umständlich bis nicht machbar ist. Darum... "


    Er nahm sein Gladius und ein Scutum und ging hinter diesem in Deckung, gegenüber einem Pfahl stehend
    " ... machen wir das "
    plötzlich schnellte sein Schild nach vorn, gefolgt von einem Stich mit dem Gladius, dessen Spitze sich krachend in das Holz des Pfahls bohrte, die Stelle, wo ungefähr der Halsbereich eines gleich großen Mannes wäre und die von zahlreichen Einstichen der Holzgladii gezeichnet war. Gleich darauf ging Imperiosus wieder in Ausgangsposition. Im nächsten Augenblick bereits machte er wieder einen Ausfallschritt mit dem linken Bein, stemmte sein Schild nach vorne, mit dem Schildbuckel auf die Stelle deutend, wo das Gesicht des Gegners wäre. Unter dem Schild stieß er im nächsten Augenblick sein Gladius nach vorne und wieder traf die Spitze den Pfahl, diesmal im Bereich, wo sich der Unterleib befände.


    " Ihr seht wir benutzen beim Fechten sowohl das Scutum, als auch den Gladius. Euer Scutum ist eine Waffe. Benutzt sie. "


    Er wiederholte die letzte Bewegung und schlug mit dem Umbo - dem Schildbuckel - nach dem Gesicht des "Feindes".


    " In diesem Augenblick passiert das. Entweder ihr stößt den Gegner um, weil sein Gesicht nur noch blutiger Matsch ist, oder aber er nimmt die Deckung hoch und entblößt seinen Unterleib. Dann... "


    Tiberius schwieg und machte es stattdessen vor. Wieder traf der Gladius den Holzpfahl.


    " Jeder Mann stellt sich gegenüber einem Pfahl und beginnt mit den Übungen. Ordate "

  • Pius hatte ganz schön die Ohren gespitzt, als Geganius Balbus zu seiner Antwort an den Centurio angesetzt hatte. Und ja, innerlich musste der Sergier zugeben, dass sein Kontrahent gar nicht einmal so falsch gelegen hatte, auch wenn der Centurio jetzt noch so einiges ergänzte - mit Worten ergänzte, vor allem aber dadurch, dass er jetzt den offensiven Umgang mit dem Scutum sowie das Zustechen mit dem Gladius gegen den Hals und den Unterleib des Gegners demonstrierte.


    Dass das Scutum auch als Angriffswaffe eingesetzt werden konnte, hatte Pius natürlich gewusst, als er jetzt aber seinen Vorgesetzten so routiniert damit voranschreiten sah, merkte der Sergier erst einmal, wie lasch das "Training" gewesen war, das er ab und zu mit seinen Kameraden mit Holzwaffen absolviert hatte. Auch sie hatten dabei mit den Schilden gearbeitet, diese aber nie so konsequent und auch kaltblütig eingesetzt. Da er dies nun erkannt hatte, brannte Pius darauf, es dem Centurio gleichzutun und das Scutum endlich einmal professionell einzusetzen. Süßer noch als alle Erklärungen klang daher das abschließende "Ordate" aus dem Munde des Centurios in des Sergiers Ohren.


    Pius marschierte munter heran. Auch er machte einen Ausfallschritt mit dem linken Bein, wobei er das Scutum hob, um dann kaltschnäuzig das Gladius in die richtigen Stellen an seinem Übungs-Holzpfahl folgen zu lassen. Aber er merkte natürlich sofort, dass seine Vorgehensweise noch weit entfernt war von dem flüssigen Bewegungsablauf des Centurios; es fehlte einfach die Koordination. Pius' Bewegung mit dem Schild, der Ausfallschritt zuvor und das Anheben und Vorgehen mit dem Schildbuckel - das alles mochte noch ganz in Ordnung sein. Was dem Sergier aber schwer fiel, war, das Gladius dann so behend hervorschnellen zu lassen wie Centurio Artorius; als er es einmal unternahm, eine solche ganz flinke Bewegung mit dem Gladius auf den Einsatz des Scutums folgen zu lassen, landete die Spitze des Schwertes prompt an der falschen Stelle des Holzpfahls und hätte sich bei einem menschlichen Gegner wohl, wie der Centurio es ausgedrückt hatte, in den Rippen verfangen.


    Viel Übung lag also noch vor dem aufstrebenden Probatus; allmählich aber wurde sein linker Arm mit dem Scutum immer schwerer. Pius schnaufte durch.

  • Imperiosus betrachtete die Fechtübungen der Probati. immer wieder näherte er sich dem einen oder anderen, um entweder die Körperhaltung zu korrigieren, den Einsatz des Schildes oder aber andere Mängel zu beseitigen. Beim Sergier merkte er, dass dieser anscheinend schon privat gelernt haben musste, doch konnte er vielleicht gut Mann gegen Mann kämpfen, aber wie war es im Formationkampf ? Dies würde er gleich herausfinden.


    " milites venite... "
    befahl er die Männer nach einer Weile des Übens zum Antreten. Nachdem die Probati in der Schlachtreihe standen und einen Schildwall gebildet hatten, befahl Tiberius ein langsames vorrücken auf eine dichte Reihe aus Pfählen. Und als diese in Reichweite waren, befahl er ihnen die Schwerter zu ziehen.
    " consistite... gladios stringite " ~ Halt... zieht Blank
    schallte es.
    " Nun werden wir das Fechten in Formation üben. Es ist eine Sache, alleine auf einen Holzpfahl einzudreschen. Etwas anderes ist es, in Formation zu fechten. Die Männer in dem ersten Treffen denken daran... Ausfallschritt mit dem scutum Stich oben, Zurück in die Ausgangsstellung. Dann Ausfallschritt, Stich unten, Ausgangsstellung. Ordate " ~ Ausführen

  • Viel Zeit zum Verschnaufen blieb Pius nicht, denn schon näherte sich wieder der Centurio, der an den übenden Probati entlang schritt und sie hier und da korrigierte - und da wollte Pius natürlich nicht gleich durch Faulheit oder Konditionsprobleme "glänzen". Also übte er weiter.


    Umso erleichterter war er, als kurz darauf der Befehl zum Antreten kam, denn der bedeutete ja wenigstens eine kleine Pause. Pius war sich jedoch schon darüber im Klaren, dass sein linker Arm das schwere Scutum heute ganz sicher noch so einige Mal würde stemmen müssen. Und so kam es dann auch. Die Probati sollten sich jetzt allerdings nicht mehr einzeln mit ihren Holzpfählen auseinandersetzen, sondern sich ihnen in Formation nähern. Pius war sehr gespannt, wie das klappen würde, denn so etwas hatte er noch nie geübt.


    In ihren ersten Tagen hier auf dem Campus hatten die Probati sich mittlerweile gut aufeinander eingestellt: Gleichschritt und Laufschritt sowie auch die Veränderung der Formation liefen inzwischen richtig flüssig. Das Vorrücken auf die Holzpfähle jetzt mit den Schwertern und den großflächigen Schilden war aber noch einmal eine andere Sache, und die jungen Soldaten hatten zunächst Mühe, sich mit ihren Schritten aufeinander einzustellen; schließlich kam es hier mit den vorgehaltenen Schilden noch stärker als sonst darauf an, sich wirklich gerade aneinander auszurichten. Die Abstimmungsprobleme wurden noch offensichtlicher, als es dann auf den Befehl von Centurio Artorius hin galt, gemeinsam in einer bestimmten Reihenfolge mit dem Scutum und dem Gladius anzugreifen. Wieder hatte Pius dabei Schwierigkeiten, mit dem Gladius oben bzw. unten einen Stich in der notwendigen Geschwindigkeit zu setzten; anfangs hinkte er damit immer ein bisschen hinter seinen direkten Nachbarn hinterher, die schon wieder in Ausgangsstellung standen und kurz auf den Sergier warten mussten.


    Pius' linker Arm schmerzte schon wieder, als die Probati ihr "Ausfallschritt mit dem scutum Stich oben, Zurück in die Ausgangsstellung. Dann Ausfallschritt, Stich unten, Ausgangsstellung" endlich einigermaßen synchronisiert hatten.

  • Sim-Off:

    Sorry, habe soviele Zeitebenen, dass ich diesen hier vergessen habe


    Tiberius bemerkte, dass der Sergier etwas langsamer war, als die anderen. Zwar kämpfte man in einem Kampf auch nicht wirklich gleichzeit, das die Feinde ja auch nicht alle gleich ankamen, doch hier übten sie auf den Campus und da verlangte er, dass alle gleich die Übung ausführen.


    " Probatus Sergius,.... halte dich an die Geschwindigkeit, die die anderen vorgeben...


    Der Sergier machte wenige Fehler, bis jetzt, darum fiel dem Centurio deswegen dieser besonders auf.
    Anschließend ließ Imperiosus die Männer noch eine Weile üben, ehe er ihnen Halt gebot.


    " scuta dorsum... gladios condite... movemini " ~ Schilde ab... Schwerter in die Scheide... Rührt euch


    Wie immer ging Imperiosus langsam die Reihe entlang. Im Gegensatz zum ersten Tag der Ausbildung, an dem er die Männer dabei keines Blickes gewürdigt hatte, schaute er sie diesmal beim Sprechen direkt an, jeden einzelnen nacheinander.


    " Die Wunden an eurem Arm sind eine typische Folge des Nahkampfs mit dem Gladius. Dauernd kommt man mit der Schildkante in Berührung und auf die Dauer kann dies zu Abschürfungen führen. Dem könnt ihr abhelfen, in dem ihr euch eine manica - sei sie auch improvisiert - anlegt. "


    Einige der Probati hatten sich beim Üben den Unterarm aufgekratzt, was ziemlich schmerzvoll war. Imperiosus kannte dies noch serh gut, aus seiner Zeit als Probati, doch hatte er daraus shnell gelernt und immer manica angezogen, wenn sie auf den Campus gingen.
    Er blieb kurz stehen und kratzte sich mit der freien Hand übers Kinn.


    " Ganz schön anstrengend, so ein Gefecht, nicht wahr? Es liegt auf der Hand, dass die Männer der ersten Reihe entweder vor Erschöpfung zusammenbrechen würden oder aber getötet würden, ehe das zweite Treffen zum Zuge kommt. Das kann nicht Sinn der Sache sein. "
    sagte der Centurio und setzte seinen Gang fort.
    " Darum wenden wir den Wechsel des kämpfenden Treffens an. Auf den Befehl 'mutate' zieht sich die erste Reihe unter der Deckung ihrer Schilde zwischen den Rotten zurück und die zweite Reihe rückt nach, um den Kampf fortzusetzen. Dieses Manöver ist nicht ungefährlich und gerade deshalb ist es um so wichtiger, dass ihr es beherrscht. "


    Tiberius ging zum Wagen mit der Ausrüstung und nahm ein Scutum. Dann stellte er sich in die erste Reihe.
    " Schaut alle her. "
    sagte er und zog sein Schwert. Er vollführte wieder einen Angriff mit dem Schwert und ging sofort in die Ausgangsstellung zurück. Dann machte er einen schnelle, kurzen Seitenschritt und zog sich ebenso schnell unter dem Schutze seines Scutum zurück.
    " Probatus, es wäre an dir, diesen Platu einzunehmen. "
    sagte er zum mann, der hinter ihm gestanden hatte. Er deutete dem Mann, sich in die erste Reihe zu stellen und gab den Befehl zum Wechsel. Der Probatus zog sich zurück, worauf hin Imperiosus - die linke Schulter nach vorn - in die erste Reihe einrückte, bereit, seinem Gegenüber den Gladius in die Eingeweide zu jagen.
    " Denkt daran, den gladius nach unten zu senken, um nicht eure eigenen Kamerade zu gefährden, wenn ihr euch zurückzieht. So. In Dreierreihe antreten... "


    Er ging wieder auf etwas Abstand.
    " parate... scuta sursum... gladios stringite... " ~ Achtung... Schilde auf... Zieht blank
    Dann ließ Tiberius die Formation erneut auf die Pilareihe vorrücken und als sie in Reichweite ihrer Gladii kam, gab er den Befehl zum Angriff.
    " ictus " ~ Stoß
    Imperiosus verfolgte aufmerksam das Einstechen auf die schweigenden und unbeweglichen Gegner aus Holz, die nicht zurückschlugen. Nach mehreren Stichen gab er dann den Befehl zum Wechsel.
    " mutate "


    Sim-Off:

    Den Befehl mutate kannst du ruhig häufgier in deinem Beitrag verwenden... wenn du magst

  • Arrgh! Jetzt gab es also wegen der Langsamkeit - oder auch Ungeschicklichkeit, je nachdem, wie man es sehen wollte - einen Tadel für Sergius Pius durch den Centurio. Aber Pius war sich natürlich ganz darüber im Klaren, dass sein Vorgesetzter damit Recht hatte, und deshalb spornte ihn die Ermahnung letzten Endes nur noch mehr an. Und siehe da, es half: Auf einmal spürte Pius kaum noch eine Erschöpfung in seinem linken Arm, und mit seiner Geschwindigkeit hatte er seine Kameraden dann auch endlich eingeholt.


    Als alles gerade so schön rund lief, kam der Befehl von Centurio Artorius, die Waffen zu strecken und sich zu rühren. Pius deutete das als Zeichen, dass seine Kameraden und er ihre Sache bei dieser Übung zum Schluss schon ganz ordentlich gemacht hatten. Vor lauter Eifer bei dieser Übung, der sich ja gegen Ende auf die Ermahnung des Centurio hin noch gesteigert hatte, hatte Pius gar nicht bemerkt, dass seine Unterarme doch ziemlich aufgeschürft waren; er stellte das erst jetzt fest, als der Centurio davon sprach, wobei er jeden einzelnen der Probati nacheinander anschaute. Die von Centurio Artorius gegen diese Verletzungen empfohlene Manica kannte Pius bisher nur von Gladiatoren; dass auch Soldaten sie trugen, war ihm neu, leuchtete ihm jetzt aber natürlich sofort ein. Er wollte zwar einerseits auf keinen Fall eine Memme sein, andererseits aber war er auch der Meinung, dass solche vermeidbaren Schmerzen überhaupt keinen Sinn machten und einen sowohl während des Trainings als auch während des Kampfes nur unnötig behindern und ablenken würden; deshalb beschloss er, sich sobald wie möglich eine solche Manica zu besorgen, auch wenn sein Sold natürlich sehr gering war (:P).


    Jetzt, wo der Sergier so ruhig mit den anderen Probati in Reih und Glied stand, spürte er auch wieder, wie müde sein linker Arm schon war; deshalb konnte er den Worten seines Centurio wegen der Anstrengung dieser Art zu kämpfen aus vollem Herzen beipflichten. Der Wechsel des kämpfenden Treffens war daher sicher eine unbedingt notwendige Sache; dass man das aber auch noch am diesem Tage üben sollte, besagte für Pius' schmerzenden Arm nichts Gutes. Centurio Artorius machte die neue Übung kurz vor, und dann ging es auch schon für die gesamte Gruppe los. Pius musste gleich wieder ran, weil er in der ersten Reihe zu stehen gekommen war. Der Angriff auf die Holzpfähle in Formation machte ihm dabei - abgesehen natürlich von seinem linken Arm - keine Mühe mehr, denn auch an das Tempo hatte er sich jetzt gewöhnt, und das Wechseln sollte doch eigentlich auch nicht so schwer sein, eigentlich bestand es ja nur aus einem zusätzlichen Schritt zur Seite und dem anschließenden Rückzug mit der Deckung durch das Schild. Und so hatte Pius auf den Befehl "Mutate!" seines Vorgesetzten hin auch keine Schwierigkeiten, diese Bewegungen zu machen - dachte er, bis er den Kameraden, der hinter ihm gestanden hatte und nun für ihn vorrückte, fluchen hörte: "Pass doch auf, du Hammel! Schwerter nach unten beim Wechseln!" Erst da wurde Pius sich bewusst, dass er diese Anweisung des Centurio ganz vergessen hatte, und so hatte sein noch erhobenes Gladius die Seite seines aufrückenden Hintermannes gestreift. "Ach du meine Güte, tut mir leid! Du hast was gut bei mir!" Der Zwischenfall war dem Sergier jedenfalls eine Lehre, und als das nächste Mal das "Mutate!" erklang und er selbst wieder vorrücken musste, tat er das ganz vorbildlich und vorsichtig, ebenso bei seinem zweiten Rückzug nach dem nächsten "Mutate!". Pius fühlte sich jetzt schon so sicher, dass er bereits anfing zu überlegen, was sein Kamerad sich wohl als Gegenleistung wünschen würde.

  • Der Artorier schaute sie die Übung genau an und stand vor seinen Probati. Er sah nicht, wie der Sergier eine Fehler machte, doch hörte er das Fluchen. Sofort schaute er in die Richtung, von der das Fluchen kam und er sah Pius, wie er gerade beim Wechsel war. Wahrscheinlich hatte er einen Fehler gemacht, was zum Glück noch nicht so schlimm war, da das Gladius bisher ja nur aus Holz war, doch bei einem echten, wäre der Kameraden wahrscheinlich verletzt oder gar Tod, wenn ein Feind ihm gegenüber gestanden hätte. Imperiosus sagte mit lauter Stimme:


    " Konzentration, wenn ich bitten darf. Jede Nachlässigkeit kostet euch im Gefecht euer Leben. Im schlimmsten Fall macht sie aus euch einen verstümmelten, bedauernswerten Krüppel, der den Rest seines Lebens damit verbringen wird, sich zu wünschen, er hätte in diesem einen Augenblick aufgepasst. Wollt ihr das etwa ? "
    fragte er laut und fordernd, die Probati fest im Blick, auf die Reaktion der Männer wartend...


    " Wir fahren fort "
    sagte er.
    " ad aciem... ictus... ictus... mutate "
    er wartete einen Augenblick.


    Tiberius ließ die Männer mehere Male rotieren, damit jeder mindestens an die zwei Dutzend Male Nahkampf im Zusammenspiel mit dem Wechsel üben konnte.
    " parate... "
    schattle es dann nach einer ganzen Weile, als die Gesichter der Männer wieder rot und ihr Atem schwer war.
    " gladios condite... venite... milites state... aciem dirigite... movemini "


    Der Artorier ließ seinen Blick üper die Probati schweifen.
    " Und vergesst nicht. Das da sind Holzpfähle. Sie stehen still und schlagen niemals zurück. Sie sind einfache Gegner, die alles stumm über sich ergehen lassen müssen. "
    er machte einen Moment Pause.
    " Der Feind wird jede eurer Schwächen ausnutzen. Er wird keine Gnade kennen, er wird ein Zögern eurerseits als Schwäche auslegen und euch wo immer es nur geht anzugreifen versuchen, zu verstümmeln oder zu töten. Sucht euch aus, was schlimmer ist. "
    Imperiosus klatschte sich mit der Vitis in die freie Hand. Allein die Vorstellung daran, verkrüppelt zu werden, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken.


    " Darum dürft ihr niemals... niemals eurem Feind Gelegenheit dazu geben. Seid stets konzentriert, stets wachsam. Angst zu haben ist dabei keine Schande. Angst hält euch auf Trab, sie lässt euch wachsam bleiben. Aber seine Angst nicht zu besiegen, seine Angst nicht zu kontrollieren... das ist die Schande. "
    er schwieg einen Moment.
    " Aber ebenso verhält es sich mit dem... Blutrausch. Manche nennen es Heldenmut, andere Todesverachtung, ich nenne es Barbarei und unnötiges Risiko. Übertriebener Eifer lässt euch die Wachsamkeit vergessen und macht euch zu einem leichten Ziel für einen besonnenen Feind. Ausserdem macht er euch - wie zuweilen auch die Furcht - für Befehle eurer Vorgesetzten unempfänglich und damit macht ihr euch mehr Probleme, als euch lieb ist, darauf könnt ihr Gift nehmen. Darum merkt euch. Bleibt wachsam und haltet euch stets unter Kontrolle und lasst weder die Furcht, noch den Blutrausch Herr über eure eigenen Sinne werden. Lasst euren Mut niemals im Angesich der Anstrengung oder des Feindes - und sei er noch so zahlenmäßig überlegen - sinken, sondern vertraut immer darauf, was ihr hier auf dem Campus gelernt haben werdet. Vertraut auf euer Können und eure Disziplin. Die Worte mögen euch jetzt sinnlos vorkommen, aber es mag der Tag kommen, an dem ihr in Situationen geraten werdet, in denen es sich lohnt, danach zu handeln... "


    Tiberius verstummte für ein paar Augenblicke.
    " Pro Mann ein pilum. Anschließend in drei Reihen antreten... ordate "

  • Im Verlauf der Übung hatte Pius also den Rhythmus des Wechsels des kämpfenden Treffens schon so gut in sich aufgenommen, dass er sich schon ziemlich sicher damit fühlte. Allerdings bekam er jetzt noch was auf die Ohren, zwar nicht mehr von dem Kameraden, den er mit seinem dummerweise erhobenen Gladius getroffen hatte, aber von Centurio Artorius selbst. Dieser hatte das Missgeschick des Sergiers nämlich offenbar doch mitbekommen - Pius hatte ja gehofft, dass das nicht der Fall wäre -, und nahm dazu noch einmal in so anschaulichen Worten Stellung, dass Pius es sich, als er dann selbst wieder in der zweiten Reihe stand, nicht verkneifen konnte, noch einmal schuldbewusst zu seinem getroffenen Kameraden hinzusehen. Wenigstens aber war die Mahnung des Centurio an alle Probati gerichtet gewesen und nicht nur an den strauchelnden Sergier alleine; auch hatte der Centurio darauf verzichtet, Pius in irgendeiner Weise vor den anderen bloßzustellen, obwohl ihm das nach Pius' Fehler niemand hätte verübeln können - beides rechnete Pius seinem Vorgesetzten hoch an.


    Der gab nun weiter munter Befehle, wobei das "Mutate!" noch einige Male erklang. Sergius Pius hatte aufgehört mitzuzählen; er hatte sowieso schon genug Mühe, das Tempo zu halten, aber wenigstens beherrschte er, wie auch seine Kameraden, den Rhythmus jetzt schon fast im Schlaf, und das war ja sicherlich auch der Sinn dieser Übung. Dann endlich gab der Centurio Befehl, die Schwerter zurückzustecken, sich auszurichten und schließlich auch, sich zu rühren. Pius - und offenbar auch fast allen anderen - kam diese Pause mehr als gelegen, zumal der Centurio Anstalten machte, jetzt eine längere Rede an seine Probati zu richten. Wegen seiner Erschöpfung fiel es dem Sergier zunächst schwer, den Worten zu folgen; bald aber packte ihn das Thema dann doch sehr. Fasziniert hörte er seinem Vorsetzten bei dessen Mahnungen zu, im Kampf nur ja wachsam zu bleiben, Angst zu nutzen, sich aber weder von ihr noch von einem Blutrausch davonreißen zu lassen. Das Schlimme war ja nur, dachte Pius, dass man das alles nie so richtig würde üben können; erst im Kampf selbst würde es sich ja zeigen, ob man es konnte oder nicht. Pius jedenfalls beschloss, sobald wie möglich wieder zu den Göttern zu opfern, damit sie diese innere Stärke in ihm weckten, vor allem zu Mars.


    Jetzt aber hieß es zunächst einmal wieder zu dem Wagen mit den Waffen gehen, denn die Ansprache und die mit ihr verbundene Pause war vorbei. Auf dem Programm stand nun ein Angriff auf die Pila, von denen Pius bald schon eines in seinen Händen hielt, nachdem er auf dem Weg zum Wagen dem von ihm beinahe verletzten Kameraden noch einmal sein Bedauern ausgesprochen hatte.

  • " Erste Reihe... progredere "
    ließ Imperiosus die Männer des ersten Treffens vortreten.


    " Das pilum... Es ist neben dem gladius die Hauptwaffe des römischen Legionärs. Es ist aufgebaut aus einem Holzschaft, und einer auf diesem montierten langen Klinge, die aus einer dünnen Eisenstange und einer dickeren, pyramidenförmigen Spitze aus gehärtetem Eisen besteht. Der Begriff "Klinge" ist etwas ungenau, denn die Eisenstange ist nicht geschärft. Da die Klinge vorne nicht gehärtet ist, verbiegt sich das pilum beim Auftreffen auf das Ziel idealerweise und kann vom Feind nicht gegen uns verwendet werden. Das pilum kann, je nach Legionär, unterschiedlich weit geworfen werden, im Durchschnitt allerdings nicht weiter, als bis zu 60-70 Fuß [simoff: ca. 20-23 Meter] weit. Die schlanke Spitze des Pilum durchdringt Holz, Kettenpanzer und sogar unsere Segmentpanzer. Die Wucht des Aufpralls ist also enorm und kann einen Ansturm auf die eigene Linie völlig zum Erliegen bringen. "
    erklärte der Centurio.


    Er nahm eines der Übungspila und machte einen Wurf vor. Den Wurfspeer hochhaltend, während er sein Scutum nach vorne hielt um jederzeit gedeckt zu sein, holte er aus und warf das Pilum mit aller Kraft nach vorne, das seine bogenförmige Bahn zog und in etwa der beschriebenen Entfernung in den Boden schlug.


    " parate " ~ Fertigmachen
    sagte er dann.
    " Es wirft nur die erste Reihe... pila sursum... tollite pila... mittite " ~ Speere hoch... Fertigmachen zum Wurf... Wurf

  • ... und zu dieser ersten Reihe gehörte natürlich auch wieder Pius. Das hatte allerdings auch den Vorteil mit sich gebracht, dass er zu Beginn der Ansprache des Centurio hatte vortreten müssen und so nicht nur die Worte sehr genau mitbekommen, sondern auch schon mal einen genaueren Blick auf die Pila geworfen hatte, bevor er sie dann gleich mit seinen Händen würde werfen müssen. Denn darauf zielten ja die Erklärungen des Centurio letzten Endes: auf ein sachgerechtes Werfen der Speere und nicht nur darauf, interessante Informationen über eine Waffengattung zu liefern.


    Das mit dem sachgerechten Werfen würde aber gar nicht so einfach werden, das sah Pius gleich, als Centurio Artorius so einen Wurf einmal vormachte. Denn wie schon eben beim Wechsel des kämpfenden Treffens musste man mal wieder auf zwei Sachen gleichzeitig achten: nicht genug damit, dass das Pilum in einem schönen Bogen geworfen werden sollte - das würde sicher schon viel Übung brauchen -, sondern man musste auch noch an die Deckung mit dem Scutum denken, was sich ja eigentlich von selbst verstand, aber die Sache eben auch nicht gerade vereinfachte. Dennoch ging Pius ganz beherzt an die Sache heran, denn er hatte ja schon vor seinem Eintritt bei der I mal mit Kameraden das Speerwerfen geübt, und er vergaß auch nicht, sich mit seinem Schild zu schützen. Sein erster Wurf hier allerdings bei der Prima war nicht mehr als mittelprächtig, denn sein Speer flog nur so etwa 40 Fuß weit. Da gab es also noch Luft nach oben, aber Pius hatte auch gesehen, dass einige seiner Kameraden es nicht so viel besser gemacht hatten als er, und die Flugkurve war eigentlich schon ganz ordentlich gewesen. Sicher würde es noch Gelegenheit zum Üben geben.

  • Imperiosus sah, wie die ersten gworfen hatten und beobachtete sie ganz genau. Von der weite mal abgesehen, mussten sie an der Ausführung noch einiges üben, soviel stand schonmal fest.


    " Na, das geht doch noch besser... pila holen und wieder antreten. "
    sagte Tiberius.
    " Ihr merkt, dass die erste Reihe einen Schritt vortreten musste, um ihre Pila schleudern zu können. Damit alle schleudern können, müsste der Abstand zwischen den einzelnen Reihen also erheblich vergrößert werden… Das würde wiederum die Entfernung der hinteren Reihen zu den ersten derart vergrößern, dass diese nicht weit genug würden werfen können, denn zwischen den einzelnen Gliedern müsste Raum von mindestens zwei passus freigehalten werden. Um also eine Salve zu koordinieren, wird es nur der ersten Reihe obliegen, die Pila der ganzen centuria zu werfen. Allerdings, probati, heißt es nicht, dass die Männer dahinter sich ausruhen und Däumchen drehen können. An euch liegt es, wie schnell die Salven kommen und wie sie kommen. Und genau das werden wir nun üben. "


    Der Centurio machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr.
    " Auf das Kommando wirft die erste Reihe ihre pila. Sofort nachdem dies ausgeführt ist, reichen die probati der nachfolgenden Reihen ihre pila an die vorderen Reihe weiter. Theoretisch kann so verfahren werden, bis alle Pila der gesamten Centuria aufgebraucht sind, aber wir wollen klein anfangen und es - zunächst - bei der Dreifachsalve belassen. "


    " pila sursum... tollite pila... mittite... tollite pila... mittite... tollite pila... mittite "
    kamen die Befehle in gleichmäßigen Abständen, die drei Salven einleitend.

  • Nur gut, dass die hinteren der Reihen jetzt auch mal mit anpacken mussten, dachte sich Pius, als er wieder an seinen Platz zurückgekehrt war, nachdem er das erste abgeworfene Pilum zusammen mit seinen anderen Kameraden aus der ersten Reihe auf den Befehl von Centurio Artorius hin wieder geholt hatte. Der Sergier dachte das übrigens gar nicht aus Schadenfreude über die anderen Probati in den hinteren Reihen; eher war es so, dass er ganz einfach an sich selbst dachte und sich von seinem Verbleiben in der ersten Reihe weitere Übungswürfe erhoffte. Denn so ganz hatte er noch kein Gefühl für diese neue Waffe bekommen, das es ihm ja erleichtert hätte, eine bessere Flugbahn zu treffen. Und damit hing es natürlich auch unmittelbar zusammen, dass Pius mit seinem ersten Wurf nur eine so mickrige Weite erzielt hatte.


    Deshalb konnte er auch gut das nachvollziehen, was der Centurio den Probati dann erklärte, als die erste Reihe wieder angetreten war: Es machte natürlich wirklich überhaupt keinen Sinn, wenn Soldaten aus den hinteren Reihen über die Köpfe bzw. Helme ihrer Vordermänner hinweg Speere zu schleudern versuchten; ein Miles oder besser: ein Athlet, der es schaffen würde, etwa aus einer fünften Reihe heraus bei ausreichenden Abständen sein Pilum noch weit genug auf den Feind zu schleudern, hätte ja schon ein richtiger Herkules sein müssen.


    Mit seinem Wunsch nach weiteren Übungswürfen sollte der Sergier dann übrigens Recht behalten, wenn auch für seine Reihe zunächst nur drei Zusatzwürfe vorgesehen waren. Den ersten davon vermasselte Pius ganz: Er legte viel zu viel Kraft und Anstrengung in den Wurf, um diesmal weiter zu werfen, aber gerade dadurch verfehlte er die optimale Flugbahn völlig. Als er von seinem Hintermann danach einen zweiten Speer gereicht bekam, bemerkte Pius, dass es ausgerechnet Geganius Balbus war, der ihn jetzt "bedienen" musste - eine Beobachtung, die Pius ein bisschen mit Genugtuung erfüllt hätte, wenn er nicht so sehr mit sich selbst und seinen schlechten Würfen beschäftigt gewesen wäre. Den zweiten aber machte er jetzt besser: Das Pilum flog ganz ansehnlich durch die Luft und landete auch nicht weit entfernt von den weitesten Würfen dieser Salve. Der dritte Wurf ging dann auch noch ziemlich weit, aber Pius machte sich nichts vor: Ein richtiges Gefühl für Abwurf und Flugbahn hatte er noch nicht, und von einem "Beherrschen im Schlaf" konnte schon gar keine Rede sein.


    Ob er jetzt umgekehrt Geganius Balbus würde "bedienen" müssen?

  • " probatus "
    schallte Imperiosus' strenge Stimme und er deutete mit der Vitis auf Pius, nachdem die Pila geworfen waren.
    " Du bleibst wo du bist. Keinen schritt zurück, kein verdammtes Umdrehen, ist das klar ? Es ist nicht an dir, dich umzudrehen und nachzuschauen, wo das nächste pilum bleibt. Es ist an dem probatus hinter dir, es dir rechtzeitig zu reichen. Und ein Schritt entfernung ist kurz genug, damit du deinen Arm so ausstreckst, als würdest du bereits zum Wurf ausholen. Der Hintermann legt dir das pilum in die Hand und du wirfst. Aber auf keinen... ich wiederhole... auf keinen Fall drehst du, der du in der vordersten Reihe stehst, dich um, beim Mars. Und du... "
    nun zeigte die Vitis auf Geganius Balbus.
    " ... legst ihm verdammt nochmal die Pila in seine Hand., dass kann doch nicht so schwer sein. "


    Tiberius wurde ob solcher Nachlässigkeit richtig wütend. Er winkte einen der beiden milites, die den mit Übungswaffen beladenen Wagen herangeschafft hatten und nun dort standen, heran und erteilte ihm leise einen Befehl. Gleich dadrauf eilte der Miles im Laufschritt davon.


    Dann deutete er auf Pius und Balbus und auf eine Stelle ausserhalb der Reihe.
    " Runter in den Liegestütz, probati. Saubere fünfzig. Und laut zählen. Beim nächsten Mal denkst ihr besser nach, bevor du dich umdrehst und deine Front aus den Augen lässt und du deinem Vordermann nicht die Pila richtgi in die Hand legst. In der Schlacht kostet euch so eine Dummheit euren Kopf. Hier nur etwas Anstrengung. Seit froh, dass ihr heute auf dem Campus stehst und nicht auf einem Schlachtfeld... "
    Ohne sich weiter um Pius und Blabus zu kümmern, befahl Imperiosus allen anderen, die Reihen rotieren zu lassen, damit auch die anderen beiden Reihen werfen konnten. So wiederholte er die Übung, bis die Beiden mit ihren Liegestützen fertig waren und sich wieder an ihren Platz stellten.
    " tollite pila... mittite... tollite pila... mittite... tollite pila... mittite "

  • Bevor dann aber Pius "endlich" seinerseits Geganius Balbus mit Speeren bedienen konnte, waren beide erst einmal restlos bedient von fünfzig Liegestützen, die sie von Centurio Artorius als Strafe aufgebrummt bekamen. Schnurstracks und schweigend begaben sich die beiden, dem Befehl ihres Vorgesetzten folgend, an einen von ihm bezeichneten Platz, um dort, laut zählend, ihre fünfzig Liegestütze zu absolvieren.


    In seinem Inneren fand Pius diese Bestrafung zunächst ein bisschen ungerecht, schließlich hatte er sich gar nicht einmal richtig zu Balbus umgedreht, sondern ihn nur aus den Augenwinkeln heraus gleichsam gewittert. Und auch Balbus, das musste Pius ehrlich zugeben, hatte ihm das Pilum eigentlich sehr schnell gereicht und vorbildlich in die Hand gelegt. Gerne hätte Pius gewusst, was wohl sein Kamerad Balbus über diese Strafe dachte, aber er hütete sich nach dem Vorgefallenen natürlich, zu ihm hinüber zu sehen; er würde ihn hinterher mal fragen.


    Als er so ungefähr bei Liegestütz Nummer 30 war, beruhigte sich Pius aber schon wieder über den Centurio: Vielleicht hatte dieser auch nur einfach einmal ein Exempel statuieren wollen, um allen aber so richtig zu zeigen, dass man sich beim Wurf der Pila quasi blind aufeinander verlassen können musste. Und vielleicht hatte Centurio Artorius zu diesem Zweck einfach nur irgendjemanden gesucht, an dem er das Exempel dann statuieren konnte; und seine Wahl war halt auf Pius und Balbus gefallen. Na ja, und fünfzig Liegestütze waren nach einer Woche harten Konditionstrainings bei der Legion ja auch nicht gerade eine grausame Strafe, und so kamen die beiden bestraften Probati damit auch relativ schnell durch, so dass sie bald an ihre Plätze innerhalb der übenden Reihen zurückkehren konnten.


    Pius war froh, dass jetzt erst einmal Balbus werfen musste, denn trotz der mittlerweile antrainierten Kondition war es doch ganz angenehm, jetzt so direkt im Anschluss an fünfzig Liegestütze auch noch mit ruhiger Hand eine feine Flugbahn für den Speer werfen zu müssen, wobei Balbus seine Sache beim Werfen wirklich ordentlich machte. Pius seinerseits sah jetzt natürlich zu, Balbus die Pila so perfekt wie möglich in die Hand zu schmiegen.

  • Imperiosus hob den Arm.
    " Nach dem ersten Befehl die Dreiersalve weiter fortsetzen... tollite pila... mittite "
    Er betrachtete, wie regelmäßig die Salve der Probati ausfiel und das Ergebnis gefiel ihm ganz und gar nicht. Ohne dass ein Befehl kam, gerieten die Männer irgendwie aus dem Takt und die Pila flogen vereinzelt. Er schüttelte den Kopf. In diesem Moment tauchten am Rand des Campus einige Dutzend Milites aus der Centurie von Tiberus auf, von denen jedermann einen Übungsschild trug. Sie hatten die Probati erreicht, als diese ihre Pila wieder aufgesammelt hatten und wieder standen.


    Ohne Befehl abzuwarten, formierten sie sich in einer Linie. Imperiosus nickte und die Männer setzten sich langsam in Bewegung, sich der Linie der Probati nähernd.
    " Das da ist eine feindliche Streitmacht. Die erste Welle eines Angriffs, die versuchen wird, auf Nahkampfreichweite zu kommen. Eure Aufgabe ist es, diese Welle alleine mit euren Pilasalven aufzuhalten. Für jeden Mann, der durchbricht, lauft ihr eine Runde um den Campus. Werft schnell und präzise. Die milites haben den Befehl, mit dem Vorstürmen aufzuhören, wenn ein pilum ihren Schild trifft. Das bedeutet für euch, dass ihr auf bewegliche Ziele werfen müsst... strengt euch an. Seid schnell und seid präzise... ordate "

  • Die Übung mit den Pila war jetzt eine ganze Weile weitergegangen; gerade war mal wieder eine Dreiersalve an ihr Ende gekommen und die Probati sammelten die abgeworfenen Speere wieder ein. Jetzt rückte Pius wieder ins erste Glied ein, und darauf freute er sich schon, denn zum einen hatte er sich von den Liegestütze einigermaßen erholen können, und zum anderen wollte er das Werfen endlich weiterüben, war ihm doch nur allzu bewusst gewesen, wie schwach er da noch war.


    Zusammen mit den anderen Kameraden, die jetzt wieder in die erste Reihe eingerückt waren, stand Pius bereit, als etwas völlig Unerwartetes passierte. Vom Rande des Campus her marschierte auf einmal eine ganz erkleckliche Zahl von Legionarii direkt auf die Probati zu. Nach seiner Bestrafung wagte Pius nicht, die Ankömmlinge direkt anzuschauen, aber er konnte es natürlich auch nicht lassen, wenigstens aus den Augenwinkeln heraus jeden ihrer Schritte zu beobachten. Was hatte das jetzt zu bedeuten? Da kam auch schon ein entsprechender Befehl vom Centurio, der des Rätsels Lösung brachte: Die herannahenden Legionäre sollten jetzt ein bewegliches Ziel bilden.


    Pius merkte, wie sein Puls hochschnellte und seine Hand sein erstes Pilum bewusster umfasste. Die Aufgabe, die der Centurio ihnen da gestellt hatte, war für die Probati nach den ersten Eindrücken, die sie gemacht hatten, kaum zu bewältigen. Aber der Ehrgeiz des Sergiers war gepackt. Als er merkte, wie auf den "Ordate"-Befehl des Centurios hin seine anderen Kameraden in der ersten Reihe ihre Pila erhoben und zum Wurf ansetzten, tat er es ihnen gleich. Jetzt, da die Würfe ein echtes und ernstzunehmendes Ziel hatten, achtete Pius gar nicht mehr so sehr auf die Weite, sondern sah - auf einmal ziemlich ruhig geworden - seinen heranrückenden Gegnern in die Augen, und auch über seine Wurftechnik und die Flugbahn machte er sich erst in dem Moment Gedanken, als seine rechte Hand unmittelbar vor dem Abwurf der Waffe stand. Es ging, er hatte ein Schild getroffen! So ging es viel besser als bei den ersten Übungswürfen, das merkte Pius sofort. Augenblicklich griff er wieder hinter sich und fühlte sogleich einen neuen Speer in seiner Hand. Im Rausch seines ersten Erfolges warf der Sergier ihn auf dieselbe Art und Weise ab wie zuvor und traf erneut.


    Seine Hand streckte sich schon wieder nach hinten, um den nächsten Speer in Empfang zu nehmen, als er überhaupt erst merkte, dass die feindliche Linie trotz allem scheinbar unaufhaltsam voranrückte. Einen winzigen Moment lang hielt Pius, der das nicht fassen konnte, inne. Dann begriff er: Mochten auch einzelne hier so gut werfen, wie sie nur konnten - der eigentliche Effekt, der die Pila in den Händen römischer Legionäre zu einer so gefährlichen Waffe machte, blieb hier aus, nämlich der von Gegnern gefürchtete Speer-Regen, der auf die feindlichen Schilde niedergehen sollte. Die Probati warfen einfach nicht im selben Rhythmus; es fehlte jemand, der den Takt vorgab, und Centurio Artorius blieb natürlich stumm.


    Pius war wütend und verzweifelt und warf verbittert sein drittes Pilum ab. Diesmal traf er nicht, und die ersten feindlichen Soldaten erreichten die eigenen Reihen.

  • Imperiosus schüttelte den Kopf.


    " Das war miserabel "


    Er wusste, dass die erste Reihe es schwerer hatte, als vielleicht die zweite, da sie das pech hatte, er zum erstenmal machen zu müssen, doch wie angedroht zählte er die Männer durch, die bis an die Linie der Probati herangekommen waren. Es waren dreizehn Mann.
    " Dreizehn Runden,... bei Iuppiter ! "
    sagte er.
    " Nun Probati, vielleicht wird euch dieser kleine Lauf anspron genug sein, sich in Zukunft etwas mehr anzustrengen. "
    Dann deutete er den Legionären an, wieder eine Linie zu formieren´, damit die nächsten acht Mann werfen konnten.


    Die Probati wechselten ihre Position, so dass nun Balbus in der ersten Linie stand. Dann deutete er den Legionären an, wieder eine Linie zu formieren, damit die nächsten acht Mann werfen konnten. Nachdem auch diese geworfen hatte, zählte er abermals die Legionäre durch, die durchbrechen konnten. Diesmal war es weniger und Tiberius erinnerte sich an seine Zeit, als er dort gestanden hatte. Er konnte sich zum Glück ein grinsen verkneifen, aber er konnte sich noch gut erinnern, das er einfach die Befehlsgewalt an sich gerissen hatte und darum durfte seine Reihe zwei extra Strafrunden laufen.


    " Das war zwar schon besser, doch für meinen geschmack sind sieben Mann immer noch zuviel. "


    Wieder wechselten die Probati und nun war die dritte Reihe dran gewesen. Auf ihnen lastete eine große Last, da man den Centurio anscheinend einfach nicht zufrieden stellen konnte. Das konnte man dann auch an ihren Wurf merken und nachdem sie geendet hatten, zählte der Artorier wieder die Männer durch.


    " Zehn Mann.... zehn Runden. "


    Imperiosus schaute zu den Männern in der dritten Reihe, in der nun Balbus stand und deute mit seiner Vitis auf dieser Reihe.


    " Da ihr am besten abgeschnitten habt, schenke ich euch eine Runde und somit müsst ihr nur sechs Runden laufen. "


    Kurz machte er eine Pause.


    " Also gut, Männer... in agmen venite... cursim... pergite " ~ in Kolonne antreten... im Laufschritt Marsch
    sagte er und setzte sich an die Spitze der Kolonne. Sie liefen um den Campus, Runde um Runde. Nach den ersten sechs Runden ließ Imperiosus die Männer anhalten.
    " consistite... Reihe zwei... ihr könnt wegtreten... "

  • ... dafür warteten auf Pius und seine Kameraden aus der ersten Reihe noch einmal so viele Strafrunden um den Campus herum und sogar noch eine Runde mehr.


    Während des Laufens grübelte der Sergier noch immer darüber, warum gerade seine Reihe so "versagt" hatte, denn das hatte sie in seinen Augen. Sicher, sie waren eben die ersten gewesen, die ohne irgendeine Vorwarnung in das kalte Wasser dieses kleinen Manövers geworfen worden waren; sie waren alle total überrascht gewesen, darum auch hektisch, und wahrscheinlich hatten sie deshalb auch so unkoordiniert geworfen: jeder für sich, ohne ein Auge auf die anderen zu haben, nur immer weg mit den Speeren.


    Noch während seine Reihe diese Übung absolvierte, hatte Pius kurz daran gedacht, ob nicht vielleicht er irgendetwas rufen sollte, um einen Rhythmus vorzugeben so wie das "laevum, laevum" beim Marschieren. Aber schließlich war er ja auch nur ein Probatus wie alle anderen, und eine selbstherrliche Anmaßung von Befehlsgewalt war in einer Armee natürlich eines der schlimmsten Vergehen. Auf der anderen Seite fragte sich Pius allerdings schon, wie sich nach dem Bild, dass die Probati bei dieser unvermuteten Übung abgegeben hatten, jemals ein einheitlicher Rhythmus beim Werfen der Pila einstellen würde, wenn nicht jemand mal einen Rhythmus vorgab.


    Aber vielleicht würde der Centurio oder ein Optio das ja beim nächsten Mal tun, wenn sie wieder mit den Speeren üben würden - nur bitte nicht noch heute, das wünschte sich Pius jedenfalls, denn er merkte bei jeder Strafrunde nur immer mehr, dass er am heutigen Tag wirklich an seine körperlichen Grenzen herangeführt wurde: erst diese 50 Extra-Liegestütze und jetzt noch die 13 - sage und schreibe: 13 - Runden um den Campus. Pius schnaufte durch.

  • Lang und anstrengend war der Lauf. Doch wie alle Dinge geht auch der längste Lauf einmal zu Ende. Imperiosus war froh, als es so weit war.
    " milites consistite " ~ Abteilung Halt
    gab er den Befehl.
    " Für heute war es das. Probatus Sergius, du kennst die Order. Ordate "
    Damit entließ Tiberius die Probati nach einem harten und anstrengenden Tag auf dem Campus.

  • Nach quälenden 13 Runden um den Campus herum war dann endlich auch für die erste Reihe der erfolglosen Pila-Werfer, zu der leider ja auch Pius gehört hatte, gewissermaßen Dienstschluss. Denn Centurio Artorius hatte ein Einsehen. Seine letzten Amtshandlungen an diesem Tag bestanden nur noch darin, die Probati noch einmal zusammenzurufen und sie dann in das zu schicken, was man hier in der Castra wohl so als Feierabend bezeichnen musste. Sergius Pius blieb dabei mal wieder die Pflicht, seine Kameraden wegzuführen, eine Aufgabe, der er am Ende der heutigen Übungen nur schnaufend nachkommen konnte: "parate... in duos ordines... venite... ad dextram...". Und im Gleichschritt ging es dann vom Campus hinunter.



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