Unterricht im Freien

  • Nikolaos saß in einem Sessel im Schatten der großen Säulenhalle vor seinen Räumen und wartete auf die Schüler. Zum Erscheinen verpflichet waren alle Epheben, wer ansonsten noch kommen würde, war völlig offen. Und kein Gymnasiarchos hatte etwas dagegen, wenn seine Gespräche auch von Fremden besucht wurden.
    Heute stünden, wieder einmal, die hellenischen Grundwerte und -Tugenden sowie Sitten und Gebräuche auf dem Plan. Überhaupt nahm derartiges einen Großteil des Lehrplans ein, den Nikolaos täglich erstellte. In nächster Zeit würde er selbst viel lehren müssen, da es zur Zeit an anderen Lehrern mangelte. Und der Kosmetes war gänzlich mit den Leibesübungen beschäftigt, im übrigen hätte Nikolaos ihm, einem Krateiden, nicht die so empfindliche Angelegenheit der moralischen Erbauung überlassen.
    Im Anschluss an diese Stunde (die wohl einige Tagesstunden der rhomäischen Zählung in Anspruch nehmen würde) wollte Nikolaos das Heiligtum des Hermes und das des Herakles aufsuchen, um zu opfern. Dies stellte sozusagen eine praktische Übung dessen dar, was er heute predigen würde, ein Pflichtgefühl gegenüber den Himmlischen.



    Sim-Off:

    Wer mag, ist herzlich eingeladen.

  • Eine kleine Auffrischung meiner Kenntnisse konnte nicht schaden. In der Tat hatte ich vieles vergessen. Also hielt ich es für gar nicht mal schlecht, im Gymnasion aufzukreuzen und den Lektionen des Nikolaos auch hier zu folgen. Es wurde Zeit, wieder das ursprüngliche Maß an Zivilisation zu erhalten. Vor allem die Sitten und Gebräuche meiner Vorfahren waren in meinem Gedächtnis reichlich eingerostet. Natürlich trug ich immer noch meine orientalische Kleidung, aber bei Gelegenheit würde ich mir einen Chiton zulegen. Anders war das Klima hier ja kaum auszuhalten!

  • Im Grunde hatten die ersten beiden Tage in Alexandria genau das gehalten, was sich Tiridates von ihnen versprochen beziehungsweise befürchtet hatte: Allein die Größe der Stadt verunsicherte ihn und die Menschenmassen in den Straßen und an den Plätzen der Polis riefen fast etwas wie Panik in ihm hervor. Kein Wunder also, dass er sich nun zum Gymnasion aufgemacht hatte, auf dessen Besuch er sich neben Museion und Bibliothek als einzige Orte tatsächlich gefreut hatte. Sein Wissensdurst war ebenso stark ausgeprägt wie seine Neugierde, und so ließ es sich der jugendliche Mann nicht nehmen, in der Säulenhalle Halt zu machen, um den Ausführungen eines Mannes zu lauschen, der es sich in einem Sessel vor seinen Epheben bequem gemacht hatte.

  • Der Unterricht begann noch nicht, da einige Epheben noch nicht erschienen waren. So hatten die bereits Anwesenden noch Zeit, zu plaudern. Der Gymnasiarchos wachte darüber mild lächelnd.


    Sim-Off:

    Entschuldigt die Verzögerung, aber ich würde gerne anfangen, wenn Herbal Gisco hier postet. Der soll schließlich die Ephebie machen ;).

  • Ich sah den jungen Mann, der sich gerade hinzugesellt hatte. Er schien, wie ich, kein Ephebe zu sein. Ich ging auf ihn zu.
    "Chaire, du bist auch kein Ephebe, oder?"


    Sim-Off:

    Kein Problem. Etwas Smalltalk kann ja auch nicht schaden. ;)

  • "Ephebe?" so die Erwiderung, während der Blick des jungen Mannes noch einen Augenblick auf der Szenerie um den Gymnasiarchos hängen bleibt.
    "Nein, das nun nicht gerade! Eigentlich bin ich eher eine Art Tourist."
    Erst jetzt wendet er sich dem Fragesteller zu und so bemerkt Tiridates auch jetzt erst die ungewöhnliche Aufmachung des Fremden.
    Eine Aufmachung, die sogleich sein Interesse weckt: "Chaire! Ich bin Tiridates! Tiridates aus dem Hause Castor!" Sagts und reicht ihm lächelnd die Hand.
    "Kannst du mir sagen, was das Thema dieser Acroasis* ist?"



    Sim-Off:

    * Vorlesung

  • Ich sah kurz auf die Hand, dann schüttelte ich sie kurz. Irgendwie war das ungewohnt, wenn man nur Verbeugungen zur Begrüßung kannte. "Ich bin Marcus Achilleos aus Athenae. Das Thema, oder besser gesagt die Themen, der Acroasis sind, wenn ich mich nicht allzu sehr irre, Werte, Sitten und Gebräuche unserer herausragenden hellenistischen Kultur." Ich dachte einen Moment lang nach. "Du bist so eine Art Tourist, sagtest du? Woher kommst du denn?"

  • Zitat

    Original von Marcus Achilleos


    "Ich bin in einem Landhaus ungefähr 50 Stadien westlich von Alexandria aufgewachsen und werde wahrscheinlich nur übergangsmäßig hier einige Wochen verweilen. Deswegen nannte ich mich einen Touristen! Wohin es mich anschließend verschlagen wird, wissen wohl nur die Götter – und mein Onkel!"
    Noch immer hatte sein Vormund ihm nicht mitgeteilt, was er eigentlich mit ihm vorhatte. Tiridates rechnete jedenfalls mit weniger erfreulichen Dingen.


    Wieder fiel sein Blick auf die Kleidung seines Gesprächspartners und diesmal besiegte die Neugier sein eigentlich zurückhaltendes Wesen: "Verzeih mir die Frage, aber kleidet man sich in Athen neuerdings auf solch außergewöhnliche Weise?"

  • Ich schüttelte den Kopf. "Nein, in Athen kleidet man sich wie in jeder anderen Polis. Die Kleidung, die ich trage, trägt man im Reich Han. Wenn man bis an die östliche Grenze des Reiches Alexaders des Großen reist, dann kommt man in Richtung Südosten nach Indien. Nördlich von Indien erstreckt sich ein hohes Gebirge. Wenn man das nordwärts umgeht und sich dann nach osten wendet, kommt man durch eine Wüste nach Han."

  • Abgehetzt erschien auch Herbal zum Unterricht. Er hatte noch einen unwichtigen Disput mit Eutychides gehabt, der eigentlich so etwas wie sein Ohr und seine rechte Hand unter den Schreibern des Gymnasiarchos war. Normalerweise verstand er sich überaus gut mit dem etwas älteren Herrn, der gerne behauptete, er sei in den besten Jahren, doch heute war irgendwie der Wurm drin gewesen. Aber egal. Nun war er hier um einer seiner vielen Verpflichtungen nachzukommen.


    Sim-Off:

    ups.. hatt ich übersehen, sorry

  • Als Herbal eintraf, bedachte Nikolaos ihn mit einem wohlwollendem Nicken. Er nahm im Stuhl nun eine aufrechte, würdevolle Haltung an und sah sich in der Runde um.
    "Mich freut, dass ihr so überaus zahlreich erschienen seid, um etwas über die uralten Sitten der hellenischen Welt und unserer Polis zu erfahren. Ich bin mir sicher, der eine oder der andere tut dies auch, um selbst einmal der Polis ein guter Bürger zu sein."
    Er legte eine Pause ein und ließ seinen Blick über die Gesichter wandern.
    "Bevor ich nun beginne, soll mir einer von euch sagen, welches die wichtigsten Eigenschaften des Bürgers einer hellenischen Polis sind, welche Pflichten er hat und wem gegenüber." Sein Blick kam auf Herbals Gesicht zur Ruhe. "Es ist nicht leicht, zu lernen, wenn man sich nicht selbst beantworten kann, zu welchem Zweck man dies tut.", fügte er hinzu.

  • Herbal erwiderte den Blick seines Mentors aufrecht. Ihn konnte er nicht meinen, wenn dies eine Anspielung sein sollte. Schließlich wusste er wozu er dies Tat. Zu Ehren seines Vaters und seiner gesamten Familie, die sich schon seit langem in jeder Generation die Rechte und Pflichten eines Bürgers mit der Ephebia zueigen gemacht hatten. Nicht zuletzt tat er es aus persönlichem Ehrgeiz, denn ohne die Ephebia war ein Aufstig in der Polis auf lange Sicht nicht möglich.

  • Da ihn Herbal nur aus großen Augen ansah, nicht aber die Frage beantwortete, wandte sich Nikolaos nun direkt an den Schüler und Schreiber.
    "Herbal, kannst du mir sagen, welche die wichtigsten Eigenschaften eines Bürgers sind und welche Pflichten er hat?"

  • Anthi und Penelope kamen wohl ein wenig zu spät zum Unterricht. "Verdammt, wir kommen zu spät.", flüsterte er pelo zu. Sie waren einfach zu langsam hierher gelaufen, weil sie verliebt getrödelt hatten, aber Timos und Ilias waren auch noch nicht da. Peinlich, peinlich!


    Entschuldigend lächelte er dem Gymnasiarchos unsicher zu und zuckte leicht mit den Schultern. Dann setzten sich die beiden etwas weiter hinten hin. Natürlich hatte Anthi jetzt leider keine Ahnung um was es ging...

  • Es war Penelope unendlich peinlich, dass sie sich verspätet hatten. Bestimmt hatte der Gymnasiarchos jetzt einen furchtbar schlechten Eindruck von ihnen. Aber Ánthimos’ Brüder würden wohl einen noch schlechteren Eindruck hinterlassen, wenn die beiden hier nicht auch möglichst flott auftauchten. Penelope setzte sich mit Anthi einfach weit hinten und damit weit entfernt vom Blick des Gymnasiarchos hin und stupste kurz ihren Nachbarn an. “Was haben wir verpasst?" flüsterte sie ganz leise.
    “Er wollte wissen, welche Pflichten ein Bürger in der Polis hat.“
    Oh, sowas wusste Penelope doch. Sie sah Anthi mit diesem „Ich weiß es“-Blick an und murmelte leise vor sich hin. “Teilnahme an der Demokratie… und Richter… und Dienst an den Göttern…?“ Bestimmt hatte sie irgendwas vergessen. Deshalb meldete sie sich lieber erstmal noch nicht, sondern sah ihren Mann fragend an. Vielleicht wusste er ja, ob ihre Antwort richtig war.

  • Ilías rannte durch die ganze Stadt zum Unterricht des Gymnasiarchos. Erschöpft kam er am Gymnasion an. Peinlich, dass er bei seiner ersten Unterrichtsstunde zu spät kam. Allerdings sah er nur Penelope und Anthi, Timos nicht. Nachdem er sich mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck dem Gymnasiarchos zugewandt hatte, setzte sich neben Penelope und Ánthimos, die ihm sagten, dass es um die Pflichten eines Bürgers in der Polis ging. Davon hatte er zwar nicht so große Ahnung, aber er wird das schon überstehen.

  • Nikolaos lächelte mild, als die Verspäteten eintrafen.


    "Möchte einer von euch ausführen, welche Pflichten der Bürger einer Polis hat und welche Eigenschaften er benötigt, um sie zu erfüllen?"

  • Anthi blickte nach links-Ilias sah nicht so aus, als wollte er etwas sagen. Anthi blickte nach rechts-auch Penelope sah nicht so aus als wollte sie Nikolaos ihr Wissen offenbaren. Gut, dann würde es halt Ànthimos machen müssen. Also antwortete er ohne sich vorher zu melden, schließlich wurden sie direkt angesprochen: "Teilnahme an der Demokratie und Dienst an den Göttern." Sicher war das nicht alles, aber es war immerhin ein Anfang.

  • Nikolaos zog die Augenbrauen hoch und sah den gut gebauten Jungen an.
    "Möchtest du uns auch mitteilen, worin sich die Teilnahme an der Demokratie äußert und wie der Dienst an den Göttern auszusehen hat?", fragte der Gymnasiarchos. Dass die Schüler sich immer mit halben Wahrheiten begnügten. Eine nicht zu Ende gedachte Wahrheit war schließlich am Ende gar keine. Sehr betrüblich. Aber bei der Geburt der Erkenntnis zu helfen, war schließlich die Aufgabe eines Lehrers.

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