Echo vergangener Tage

  • Aventin, heute...


    Von einer kleinen, ein halbes Dutzend Mann umfassenden Abteilung Praetorianer, die die ehrenvolle Aufgabe hatten, ihrem Tribun Geleitschutz zu geben, begleitet, die ihm den Weg durch die wie üblich überfüllten, teilweise sogar verstopften Gassen – anders konnte man die meisten Strassen in Rom wohl kaum bezeichnen – bahnte, schritt Avitus in Eile. Allen voran schritt Archias, sein treuer Diener, der ihnen den Weg zeigte. Archias war nicht wie die Praetorianer gekleidet, trug keine Toga, was ihm als Freigelassenem nicht zustand. Ungeachtet dessen reichten sein finsterer Gesichtsausdruck und seine Erscheinung insgesamt, dass die Leute ihm instinktiv lieber Platz machten. Irgendwas bedrohliches ging von ihm aus, etwas unheimliches. Avitus wusste, dass Archias diese Tatsache sehr wohl bewusst war und er sein Erscheinungsbild bewusst so hielt. Für den Fall der Fälle trug er unter der Kleidung – eine der wenigen Gemeinsamkeit mit den Praetorianern – eine kurze, aber vortreffliche zweischneidige Klinge und dazu einen mit Ringen verstärkten Caestus.


    Eben Archias hatte ihn vor kurzem darüber informiert, dass jemand im Sterbebett lag. Jemand, den Avitus vor langer Zeit mal gekannt hatte. Ein alter Freund, dessen Name in dem Artorier zahlreiche Erinnerungen an die Vergangenheit wachrief. Der Name des Sterbenden war Marcus Silius Orestes. Wie Archias an die Information, dass er starb, kam, wusste Avitus nicht, aber wichtig war in diesem Moment ohnehin anderes. Sie näherten sich einem bescheidenen, zweistöckigen Haus, das sich von außen nicht im geringsten von den anderen in der Strasse unterschied. Avitus ließ die Praetorianer draußen warten, woraufhin sich diese etwas verteilten, um nicht unnötig aufzufallen, blieben jedoch wachsam und betrachteten jeden mit Argus Augen. Insofern war es schon bewundernswert, mit welcher Professionalität diese Männer an jede ihnen aufgetragene Aufgabe herangingen, aber vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung, in der den Gardisten beigebracht wurde, zunächst in allem und jeden eine potentielle Gefahr zu sehen, nicht verwunderlich.


    Avitus ließ Archias derweil an die Türe des Hauses klopfen. Man ließ sie etwas warten, ehe ein muskulöser, groß gewachsener, aber gepflegt wirkender Ianitor, ihnen die Türe öffnete. Er blickte Avitus an, erkannte im selben Augenblick, dass er jemand hochrangigen vor sich hatte. Zwar hätte er nicht genau zu sagen gewusst, wie hochrangig und wer Avitus war, war aber schlau genug, seinen Tonfall und Wortwahl entsprechend anzupassen.
    "Sei gegrüßt, Herr"
    sagte er mit einem kleinen Nicken. Eine Geste, die nicht so unterwürfig war, wie die Verbeugungen der Orientalier, die aber dennoch Respekt vor Avitus bezeugte.
    "Verzeih. Mein Herr, Marcus Silius, kann dich leider nicht empfangen. Er liegt im Sterben. Bitte, Herr, erspare ihm, dem Sterbenden, die Anstrengungen eines Besuches"
    Also doch. Orestes. Im Sterben. Doch Avitus wollte es mit eigenen Augen sehen.
    "Ich bin Artorius Avitus..."
    Avitus nannte vorerst nur seinen Namen. Er hoffte, er musste sich den Zugang zu Haus nicht mittels seines Ranges – und der ihn begleitenden Abteilung – verschaffen. Im selben Moment erhellte sich das Gesicht des Ianitor. Selbstverständlich kannte er diesen Namen, denn ihm wurde von seinem Herrn persönlich aufgetragen, denjenigen, der sich unter jenem vorstellte, vorzulassen. Da der Artorier jedoch weiter sprach, wagte der Sklave nicht, ihn zu unterbrechen.
    "... und denke, dein Herr wird in meinem Fall eine Ausnahme machen und die Anstrengung in Kauf nahmen. Führe mich zu ihm"
    Der Sklave öffnete die Tür ein wenig weiter.
    "Selbstverständlich, Artorius Avitus. Du wurdest bereits erwartet, jedoch hatte mein Herr wenig Hoffnung, dass du auch tatsächlich herkommen würdest"
    Seltsam. Doch Avitus schritt hinein...


    Sim-Off:

    reserviert :)

  • Rom, damals...


    Wie der Wind rannte der junge Lucius Artorius durch die Strassen Roms. Hinter ihm erklangen bösartige Rufe wie
    "Wir kriegen dich"
    und ähnliches. Lucius war allein und hatte sich mit der falschen Bande angelegt. Wären Servius und Tiberius hier, dann... Nun, zu dritt hätten sie es mit den drei Verfolgern aufnehmen können. Besser wäre noch gewesen, wenn Falco und Castus dabei wären. Die waren älter und hätten hier ein Machtwort sprechen können. An Verwandtschaft mangelte es ihm eigentlich nicht, an Freunden ebenfalls nicht. Lucius hatte eben Pech an diesem Tag. Schon lange hatten ihm die drei Manlius Brüder versprochen, ihn mal allein zu erwischen. Dummerweise lag das mehr als drei Monate zurück und Lucius hatte einfach nicht daran geglaubt, dass die Rachsucht der Dreien so lange anhielt. Am meisten ärgerte ihn aber, dass der jüngste der drei um ganze zwei Jahre jünger war als er und von einem solchen Bengel Schläge einstecken zu müssen wäre wirklich bitter.


    Und so rannte Lucius was das Zeug hielt, wich den Passanten aus, ignorierte die empörten Schreie der Händler, wenn er ihre augestellten Waren umrannte und manches zu Bruch ging. Er wollte auf eine größere, belebte Strasse raus, um in der Menge schwerer zu entdecken zu sein und dann, während die Manlius Brüder ihn in der Menge suchen würden, durch die Gassen das Weite zu suchen. Ein guter Plan. Doch wie so oft gehen viele gute Pläne mit dem ersten Hindernis zu Bruch. Das Hindernis, das sich Avitus in den Weg stellte, war eine kleine Stufe, die er übersah, weil er sich in dem Augenblick, da sie näher kam, nach seinen Verfolgern umdrehte. Er stolperte, fiel böse hin und zerkratzte sich die Knie und Hände blutig, schrie vor Schreck, und dem Schmerz, der ihm gleich folgte. Im nächsten Augenblick schon waren die Manlius Brüder bei ihm und Lucius spürte einen heftigen Schlag mit der Faust auf seinen Rücken, gefolgt von einem Tritt. Er versuchte, sich zu schützen und fragte sich, warum um alles in der Welt ihm keiner von den Erwachsenen zu Hilfe kam. Drei gegen einen. Dieses Verhältnis alleine schon musste doch jemandem widerlich aufstoßen und Grund genug sein, einzuschreiten. Doch die Bürger interessierte der Streit zwischen den Jungen wohl nicht im geringsten und Magistrate oder Stadtwachen waren keine in der Nähe.


    Doch dann.
    "Hey, ihr"
    Ein Schrei. Eine unbekannte Stimme. Die Schläge hörten auf. Die Manlius Brüder schauten in die Richtung, aus der die Stimme kam, ließen kurz von Lucius ab. Ein junger Anführer einer Bande von Halbwüchsigen stand da, mit seinen Freunden hinter seinem Rücken.
    "Ihr seid die Manlius Brüder, stimmt?"
    Die Bande kam näher. Und nun wurde Lucius – und den Manlius Brüdern – schlagartig klar, dass sie sich dem Hafen etwas zu sehr genähert hatten und damit das Revier einer anderen Jugendbande betreten hatten. Eine Böse Sache. Der Anführer war in etwa genau so alt, wie der älteste Manlius, wirkte insgesamt aber noch kräftiger und gefährlicher auf Lucius und hatte außerdem das größere Gefolge hinter sich. Sie näherten sich den Brüdern und dem immer noch am Boden liegenden Lucius, dem die Tränen kamen. Das war einfach nicht sein Tag und die Abreibung, die ihm bevorstand, würde er wohl so bald nicht vergessen.
    "Was kümmert es dich? Leg dich mit uns lieber nicht an, Silius"
    rief der älteste Manlius. Er bluffte natürlich, versuchte die einzige Karte auszuspielen, die ihm neben der Flucht zur Verfügung stand... Drohen. Doch beeindruckt war dieser Silius nicht.
    "Ha... wusste ich doch. Auf sie!"
    brüllte Silius. Nun, da Drohen nicht gewirkt hatte und sie der Mut verließ, sich mit einem Dutzend mit Stöcken bewaffneter Jugendlicher anzulegen – was ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen wäre – ergriffen die Manlius Brüder die Flucht. Die Bande verfolgte sie nicht lange und die Manlius Brüder waren entkommen.


    Lucius Knie schmerzten zu sehr, dieser Silius Bande zu entkommen war unmöglich. Er machte sich auf einiges gefasst.
    "Steh auf, du"
    forderte Silius ihn auf. Lucius erhob sich, wischte sich die Tränen aus den Augen, suchte instinktiv nach einem möglichen Fluchtweg.
    "Du Schwächling. Warum heulst du?"
    "Fall du mal so hin und lass dich verprügeln!"
    versetzte Lucius giftig, selbst über seine Reaktion überrascht. Seine Mutter schimpfte öfter mit ihm, dass er zu schnell laut werde, zu impulsiv sei. Seine Antwort jedenfalls brachte Silius nicht aus der Fassung.
    "Ooooh, große Klappe, aber nichts dahinter. Kein Wunder, dass du Ärger mit den Manlius hast"
    "Alleine gegen drei ist auch unfair"
    "Na, dir scheint es aber nicht geschadet zu haben. Wie heißt du?"
    "Ich bin Lucius"
    "Ich bin Marcus Silius. Und das ist meine Bande"
    Silius machte einen Wink in Richtung seiner Leute, die ziemlich zufrieden darüber, die unbeliebten Manlius Brüder verjagt zu haben, in der Strasse standen.
    "Keine Sorge. Hier können dir die Manlius Brüder nichts tun. Das ist unser Revier hier"
    sagte er stolz.

  • Aventin, heute...


    Das war das erste Mal damals, dass sie einander begegneten. Avitus schloss sich der Bande an und eine Freundschaft zwischen ihm und Silius Orestes entwickelte sich, im Verlaufe derer ihm der ältere Orestes beibrachte, seine Fäuste zu benutzen.
    Vergiss das Ringen, Lucius pflegte er immer wieder zu sagen. Was bringt es? Gar nichts. Wer will sich schon im Dreck rumwälzen? Also ich nicht. Wenn mir so ein Manlius in die Quere kommt, ich hau ihm eine rein, der steht so schnell nicht wieder auf
    meistens lachte er im Anschluss an eine solche Bemerkung. Von Silius hatte Avitus gelernt, sich auf der Strasse zu behaupten, hatte den Manlius Brüdern alles doppelt und dreifach heimgezahlt, bis sie die Idee, es wiederum ihm heimzuzahlen, als zu unattraktiv ansahen - es lohnte einfach nicht, so viel, wie Lucius mittlerweile austeilte, einzustecken, nur um sich zu rächen.


    Die Erinnerungen wurden verdrängt von dem Bild, das sich Avitus bot, als er in dem Raum schritt, in dem Orestes im Sterbebett lag. Einst voller Leben und voller Träume, ein Bekannter und Vertrauter. Doch nun. Der Anblick war ein Schock. Dünn und blass, mit dunklen, eingefallenen Augen, vorstehenden Wangenknochen und ergrautem, unnatürlich lichtem Haar lag Orestes im Bett, scheinbar kraftlos, leblos. Als jedoch der Ianitor auf ihn zuschritt und ihm leise ins Ohr flüsterte, dass Avitus da sei, drehte der Sterbende den Kopf, blickte zu Avitus. Dieser Blick jagte Avitus einen Schauer über den Rücken.
    "Lucius..."
    gab Orestes mit schwacher, fast flüsternder Stimme von sich. Avitus trat näher.
    "Ich hätte... hätte nie gedacht, dass du tatsächlich herkommen würdest"
    "Ich kam, so bald ich erfuhr, dass..."
    Avitus stockte, doch Orestes vollendete den unbeendeten Satz
    "... dass ich sterbe? Leider ja"
    "Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Marcus. Es schmerzt mich, dich so zu sehen"
    "Es freut mich, dich wieder zu sehen, Lucius. Es ist lange her... "
    Das war es. Sie hatten sich seit vielen Jahren nicht gesehen. Irgendwie plagte Avitus nun sein Gewissen. Nicht, dass es Orestes in der Zwischenzeit schlecht ergangen wäre. Das Haus war bescheiden in seiner Größe, aber die Tatsache, dass es alleine Orestes gehörte und vor allem die Innenausstattung des Hauses zeigten Besuchern, dass der erste Eindruck, den man gewann, wenn man es von außen betrachtete, ganz und gar täuschte und dass der Besitzer ein wohlhabender Mann war.
    "Wie ist es dir ergangen, Lucius?"
    Avitus setzte sich auf einen Stuhl, der ihm von einem Sklaven gebracht wurde.
    "Wo soll ich anfangen?"
    Orestes schaute ihn an, brachte ein müdes Lächeln zustande.
    "Lucius Artorius, Tribun bei der Garde. Respekt. Wer hätte das gedacht?"
    Diese Worte hatte er wohlwollend gesprochen, ohne Neid oder ähnlichem in der Stimme. Er war offenbar gut informier, trotz seines Gesundheitszustandes.
    "Ja. Wer hätte das wohl je gedacht!"
    pflichtete Avitus bei. Wieder kamen Erinnerungen hoch...

  • Rom, damals...


    "Ostia?"
    fragte Lucius verwundert.
    "Warum denn ausgerechnet Ostia?"
    Wenn sie schon weg wollten aus Rom und hinaus in die weite Welt, auf der Suche nach Abenteuern, dann war Ostia keine gute Idee.
    "Wir bleiben ja nicht ewig dort. Heute Ostia, morgen Athen oder Alexandria und irgendwann einmal... Baiae"
    entgegnete Marcus. Er träumte davon, einmal wohlhabend genug zu sein, um sich ein Leben in Baiae leisten zu können.
    "Na, ich fürchte, für Baiae sind wir nicht einmal annähernd reich genug. Angeblich wohnen dort zwar selbst die Sklaven besser, als die Bürger hier in Rom, aber mit unseren Mitteln... na ja"
    Marcus lachte.
    "Einmal werde ich es"
    sagte er verträumt.
    "Was? Ein Sklave?"
    versetzte Lucius grinsend, wohl wissend, was Marcus gemeint hatte.
    "Ha ha. Nein, reich sein. Reich genug, um in Baiae leben zu können"
    "Und wenn wir in Ostia sind? Was dann?"
    "Dann heuern wir auf einem Schiff an, sehen uns die Welt an, verdienen uns Geld..."
    "Lassen uns entführen und unsere Familien erpressen"
    fügte Lucius hinzu.
    "Unsinn. Die Meere sind frei von Piraten. Außerdem... sagtest du doch gerade selbst, dass wir nicht reich genug sind. Wer nicht reich genug ist, in Baiae zu leben, der kommt als Beute nicht in Frage"
    Beide lachten. Lucius warf einen Stein ins Wasser des Tiber.
    "Und wann?"
    Marcus zuckte mit den Schultern.
    "So bald es geht. Nächste Woche vielleicht?"
    "Mein alter Herr wird mich umbringen"
    "Ach was. Du hast die toga praetexta doch schon abgelegt"
    "Dennoch... freuen wird er sich nicht gerade. Und Falco, der Schnüffler..."
    damit war Lucius’ älterer Bruder gemeint
    "... wird eh raus finden, wo wir sind"
    "Ach Unsinn. Bis alle kapiert haben, dass wir weg sind, sind wir reich genug und leben in Baiae in Luxus"
    Ein schöner Traum.

  • Ostia, damals...


    Zeit war vergangen. Wochen. Monate. Jahre.


    Lucius stand am Hafen, schaute aufs Meer hinaus und warf hin und wieder einen kleinen Stein ins Wasser. Seine Laune war nicht die beste. An diesem Morgen hatte er sich von Lartia, einem lieblichen Geschöpf im Streit getrennt. Nicht, dass es etwas wirklich ernstes mit ihr gewesen wäre. Dafür kannten und trafen sie sich nicht lange genug. Dennoch fühlte es sich nicht gut an, denn zu gerne war er zusammen mit ihr gewesen. Die Tatsache, dass er jeden Tag aufs Neue erinnert wurde, dass ihre vor einigen Jahren geplante und tatsächlich in Angriff genommene Abenteuerreise nie weiter als bis Ostia geführt hatte, trug das Übrige zu seiner schlechten Laune bei. Lucius bereute es, Rom verlassen zu haben.
    "Ah, dachte ich mir, dass ich dich hier finde"
    hörte er Marcus’ Stimme. Die Tatsache, dass Marcus bereits verheiratet war sprach Bände. Er hatte seit langem jedwedes Interesse verloren, Ostia zu verlassen und in die Welt hinaus auf der Suche nach Abenteuer zu segeln. Selbst Tiberius, Lucius’ Vetter, hatte mehr erlebt, seit er auf einem Handelsschiff anheuerte und zur See fuhr. Irgendwie sah Lucius in all dem, was er in Ostia tat, keinen Sinn mehr. Was hatte er hier überhaupt noch zu suchen? Seit zehn Jahren kannte er Marcus nun schon, aber nie war er so wütend auf ihn gewesen, wie in diesen Tagen, nie so frustriert.
    "Hab das von dir und Lartia gehört. Mein Beileid, sie war ein hübsches junges Ding"
    "Sie ist kein... Ding, Marcus"
    Antwortete Lucius verärgert.
    "Warum so empfindlich...? Nun sag bloß nicht, dass da große Gefühle im Spiel waren"
    Marcus lachte.
    "Das kauft dir niemand ab"
    Lucius warf einen Stein ins Wasser, der sofort von den Wellen verschlungen wurde.
    "Ich werde nach Rom zurückgehen"
    Eine Pause. Dann die erwartete Frage.
    "Und warum?"
    "Ich will zur Armee..."
    "Zur Armee?! "
    Marcus konnte sein Erstaunen nicht verbergen.
    "Etwa wegen Lartia? Hör mal, Lucius, mit gebrochenem Herzen sollte man nicht voreilig handeln und schon gar nicht zur..."
    "Es ist nicht wegen ihr"
    unterbrach ihn Lucius schroff.
    "Verdammt Marcus, ich bin es leid, hier zu versauern. Ein Niemand zu sein"
    Marcus' Gesichtsausdruck wurde ernst.
    "Was ist denn los mit dir heute? Wenn du schlechte Laune hast, solltest du sie nicht an mir auslassen"
    Lucius schüttelte den Kopf, nach unten blickend.
    "Glaub mir, diese Entscheidung habe ich nicht gerade eben getroffen. Das hab ich mir schon gründlich überlegt. Seit Jahren hocken wir in Ostia rum, ohne dass sich etwas ändert"
    "Was erwartest du denn, hm? Dachtest du, es wird einfach sein, etwas aus sich zu machen? Dachtest du, es geht von heute auf morgen?"
    "Nein, Marcus. Das dachte ich verdammt noch mal nicht. Aber während du ein Weib hast und bald wahrscheinlich ein Kind, trete ich auf der Stelle. Ich entwickle mich nicht, ich verfolge kein Ziel, ich... ich sehe nicht, dass ich dabei bin, etwas aus mir zu machen"
    "Das ist Unsinn, Lucius. Hat sie dir das eingeredet? Habt ihr euch deswegen getrennt? Hör mal. Der alte Pansa..."
    Pansa war der Besitzer der Taberna mit einem recht luxuriösen Bordell im hinteren Teil des Gebäudes, in der Lucius und Marcus als Aufpasser und Rausschmeißer arbeiteten
    "... gibt bald den Löffel ab. Und ich weiß, dass wir sein Geschäft übernehmen können, weil er sonst niemanden hat, dem er es anvertrauen will. Oder kann"
    "Oh, wie wunderbar. Ein Leben als Zuhälter und Wirt führen. Scheiße, Marcus, das habe ich ganz bestimmt nicht vorgehabt, als ich Rom verließ"
    sagte Lucius verbittert.
    "Aber das ist nur der Anfang. Mit dem Geld können wir in bessere Geschäfte einsteigen, mit Luxuswaren handeln, nach Baiae..."
    "Scheiß auf Baiae! Scheiß auf Luxuswaren. Das sind alles Träume, Marcus. Und sie werden es immer bleiben, verstehst du das denn nicht. Wenn man es zu etwas bringen will, muss man zur Armee"
    Entgeistert blickte ihn Marcus an. Das hatte er ausgerechnet von Lucius nicht erwartet. Doch er tat den Wunsch seines besten Freundes, zur Armee zu gehen, immer noch als überhitzte Reaktion ab. Wenn man es zu etwas bringen wollte, musste man handeln oder intrigieren. Marcus bevorzugte ersteres, denn die Politik war bestimmten Kreisen vorbehalten, zu denen weder er noch Lucius Zugang hatten. Noch.
    "Zur Armee?"
    fragte Marcus, immer noch ungläubig.
    "Jawohl, zur Armee. Wenn man sich Mühe gibt, kann man aufsteigen im Rang. Wenn es Krieg gibt, kann man plündern. Das ist wenigstens eine anständigere Art, sein Geld zu machen, als Huren herumzukommandieren. Selbst, wenn es kleine Schritte sind, ist es immer noch mehr, als dieser Stillstand hier, Tag ein, Tag aus"
    "Ich dachte..."
    Ich weiß, was du dachtest Marcus. Du willst reich werden. Angesehen. Respektiert. Das will ich auch. Nur ist Geld nicht das einzige, was dir Respekt verschaffen kann. Der Rang... und wer weiß, vielleicht eines Tages ein höherer ordo... kann es auch
    "Und du sagst, dass ich ein Träumer bin! Träumst von höherem ordo. Lucius der Senator. Das ich nicht lache! Wir sind Plebejer, Lucius. Einfache Plebs aus den Gassen Roms"
    "Das sagtest du schon mal. Du wirst nicht müde, mich daran zu erinnern"
    "Mag sein. Aber wenn ich Recht behalte, werden wir uns den gesellschaftlichen Rang kaufen können"
    "Bei den Göttern, Marcus, ich gönne dir den Erfolg wie kein anderer. Ich hoffe, dass dein Traum, reich zu werden, sich erfüllen wird. Doch was, wenn nicht? Was dann?"
    Schweigen.

  • Rom, heute...


    So endete es, das Abenteuer. Eingeholt von der Wirklichkeit hatten sie es nicht weiter, als bis Ostia geschafft. Ihre Wege hatten sich dort getrennt. Avitus ging zurück nach Rom, ging seinen Weg zur Armee, der ihn bis ins Tribunat bei den Praetorianern führte. Orestes verkaufte die Taberna und das Bordell mitsamt dem Inventar – mit Ausnahme einiger Sklavinnen, deren besondere Begabung auf gewissen Gebieten ihm später im Umgang mit gewissen Geschäftsleuten von Vorteil sein sollte – und stieg in den Handel mit Luxusgütern ein. Zunächst Schmuck und Edelsteine, später kam Parfüm hinzu. Profitabel genug, um sich ein Leben in Baiae erlauben zu können.
    "Hast du Familie, Lucius?"
    "Ja"
    "Das ist gut. Und es freut mich für dich. Hast du Kinder?"
    "Ich habe einen Sohn"
    Hatte... hatte einen Sohn, wollte er eigentlich sagen.
    "Ein Sohn... sicher erfüllt er dich mit Stolz. Wie heißt er? Wo ist er?"
    Avitus blickte Orestes in die Augen.
    "Du wirst ihn bald treffen"
    "Oh... ich verstehe. Ich bedauere deinen Verlust"
    "Schon gut"
    In diesem Moment betrat eine Sklavin den Raum. An der Hand führte sie einen Jungen herein, ungefähr so alt, wie Avitus, als er damals von den Manlius Brüdern davon lief und Orestes begegnete.
    "Lucius, darf ich vorstellen. Mein Sohn... Cnaeus"
    In diesem Moment verfluchte Avitus die Götter dafür, dass sie ihm das antaten.

  • Rom, heute...


    Cnaeus wurde, nachdem er Avitus vorgestellt wurde und sich nach seinem Vater erkundigt hatte, wieder hinausgeführt. Orestes wollte ihm den Anblick eines kranken, langsam sterbenden Vaters möglichst ersparen. Er wusste nicht, dass sich der Junge nachts die Augen ausheulte, aus Angst, am nächsten Morgen könnte er bereits Waise sein.
    "Quadrilla, meine erste Frau... du weißt, die ich damals in Ostia heiratete, starb während der Geburt unseres ersten Kindes. Es wäre eine Tochter gewesen. Doch auch wie starb bei der Geburt. Von meiner zweiten Frau..."
    Orestes bekam einen Hustenanfall, schüttelte sich und verkrampfte dann. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er von großem Schmerz geplagt wurde. Die heilkundigen Sklaven eilten sofort herbei, um sich um ihren Herrn zu kümmern. Orestes erbrach. Avitus schritt zurück, ließ die Mediziner ihre Arbeit machen.


    Nach einigen Minuten schien Orestes wieder einigermaßen ansprechbar.
    "Entschuldige. Das kommt immer wieder vor. Wo war ich stehen geblieben?"
    Seine Stimme war schwach und das Sprechen kostete ihn sichtlich Kraft. Avitus fragte sich, warum er das auf sich nahm.
    "Soll ich nicht besser morgen noch einmal vorbeischauen? Du brauchst dringend Ruhe"
    unterbrach Avitus ihn.
    "Unsinn. Davon werde ich bald mehr als genug haben"
    versetzte er. Selbst in dieser Situation konnte er noch selbstironisch sein.
    "Wo war ich also? Ach ja... von meiner zweiten Frau ließ ich mich wieder scheiden. Die Ehe war kinderlos geblieben. Doch Pulchra, meine dritte Frau, schenkte mir einen Sohn. Leider... leider wird sie nie zusehen können, wie er zu einem Mann heranwächst. Sie starb, als der Junge vier war. Oh, wie ich wie betrauerte. Ich liebte sie über alles. Aber wenigstens der Junge hat überlebt. Ich bin den Göttern dankbar, dass sie mir wenigstens ihn belassen haben. Er ist das einzige, was mir geblieben ist, Lucius"
    sagte Orestes.
    "Dann bist du ein glücklicher Mann, Marcus"
    "Ich habe Angst um ihn. Ich habe Angst, was aus ihm wird, wenn ich... nicht mehr da bin. Ich bin hoch verschuldet, musst du wissen. Man wird ihm alles nehmen, ihn in die Sklaverei verkaufen vielleicht. Alleine wird er es da draußen nicht schaffen. Drum habe ich gehofft, habe ich gebetet zu den Göttern, dass du herkommst, Lucius. Als alten Freund aus gemeinsamer Jugend, bitte ich dich, der ich hier im Sterben liege, um einen letzten Gefallen..."
    Avitus ahnte, was Orestes für eine Bitte an ihn richten würde. So gerne er auch zugestimmt hätte, wusste er nicht, ob er das konnte.
    "Alles, was du willst, alter Freund"
    war aber dennoch seine Antwort. Anders konnte er nicht. Auch er hatte mal Hilfe und Freundschaft von Orestes erfahren, als er allein in Gefahr war. Der Ernst der beiden Situationen war gewiss nicht vergleichbar, aber darum ging es nicht.
    "Nimm dich Seiner an. Kümmere dich um meinen Jungen"
    Avitus bekam weiche Knie.
    "Marcus, ich... ich habe gerade einen Sohn verloren"
    brachte er unsicher hervor. Ein Geräusch an der Tür ließ ihn den Kopf zur Seite drehen. In der Tür stand der kleine Cnaeus. Musste es denn unbedingt dieser Name sein? Wie viel er mitbekommen hatte, konnte Avitus nicht sagen, aber die roten Augen des Jungen ließen vermuten, dass er erfuhr, dass sein Vater ihn bald verlassen würde. Avitus blickte wieder zu Orestes.
    "Ich bin sicher, du warst ihm ein guter Vater. Ich weiß, ich verlange viel. Sehr viel, bedenkt man, dass unsere Wege sich im Streit trennten und seit dem Jahre vergangen sind. Aber du warst und bist mir ein guter Freund, Lucius"
    Avitus atmete tief ein und langsam wieder aus. Sich Zeit lassen konnte er nicht, denn niemand konnte sagen, wie lange Orestes noch durchhielt. Doch hier galt es eine überaus wichtige und weit reichende Entscheidung zu treffen. Das musste gut überlegt sein.
    "Weißt du noch, die Manlius Brüder? Denen haben wir es gezeigt, was?"
    Avitus grinste.
    "Ja... das haben wir"
    "Und Lartia? Hast du sie je wieder gesehen?"
    "Nein"
    "Schade... sie war ein hübsches jungen Ding"
    Beide lachten. Orestes Lachen war jedoch sehr leise und kostete ihn Kraft. Aber Avitus sah ihm deutlich an, wie sehr er sich freute, noch einmal seinen ehemals besten Freund zum Lachen gebracht zu haben. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ernst.
    "Ich bitte dich nicht, den Jungen zu adoptieren. Nur hat er niemanden mehr, wenn ich weg bin. Und alleine schafft er es nicht. Alleine nicht... ich bitte dich auch nicht, dich sofort zu entscheiden, Lucius. Lass dir Zeit"
    "Gut. Ich muss nachdenken, Marcus. Ich komme morgen wieder vorbei. Mit einer Antwort"
    sagte er bestimmt und erhob sich. Orestes Gesichtsausdruck entspannte sich sichtlich. Er lächelte schwach. Vermutlich war diese Antwort bereits weit mehr, als er nach all den Jahren erwartet hatte, erwarten konnte. Avitus schritt hinaus aus dem Raum, überließ den langsam sterbenden Orestes seinem qualvollen Kampf mit dem Tode.

  • Rom, heute...


    Gedankenverloren schritt er auf die Strasse. Die Praetorianer sammelten sich um ihn und Avitus ging langsam in Richtung seines Heims. Die Last der Entscheidung, die er zu treffen hatte, lastete schwer auf ihm. Er konnte ablehnen. Vergessen, dass er hier war und nie wieder herkommen. Morgen würde Orestes bestimmt schon tot sein und ab da konnte es ihm eh egal sein, was mit dem Jungen passierte. Ein Kind mehr auf der Welt ohne Elter, verloren und allein. Was kümmerte es ihn? Doch es kümmerte ihn. Es war nicht irgendein Kind. Es war ein Sohn seines ehemals besten Freundes. Und auch, wenn sie sich damals im Streit trennten und sich ihre Wege bis heute nie wieder kreuzten, war Orestes kein Fremder und sein Schicksal und damit das Schicksal seines Sohnes etwas, was auch Avitus anging. Er spürte, dass er es wohl nicht fertig bringen würde, Orestes morgen nicht zu besuchen. Ihn einfach fallen zu lassen. Und wenn er hinging, wusste er, dass er es nicht fertig bringen würde, ihm in die Augen zu sehen und seine Bitte abzuschlagen.
    "Oh, verdammt, Marcus, was tust du mir an?"
    murmelte er leise.
    "Herr?"
    fragte Archias, der nicht verstanden hatte, was Avitus eben von sich gegeben hatte.
    "Hm? Ach nichts. Ich habe nur laut gedacht"
    "Du hast eine schwierige Entscheidung zu treffen, Herr?"
    "Schwieriger, als du ahnst, Archias... schwieriger als du ahnst"
    Er brauchte den Jungen ja nicht zu adoptieren. Er konnte sich Seiner annehmen, sein Vormund sein, ihn erziehen und ausbilden lassen, das Fundament gießen, auf dem er sein Leben aufbauen konnte. Das erschien ihm angemessen.
    "Halt!"
    befahl er und blieb abrupt stehen. Das konnte er nicht tun. Er konnte einem Mann, der sterbend in seinem Bett lag, nicht zumuten, zu warten. Egal welche Entscheidung Avitus auch treffen wollte, er musste sie jetzt treffen und sie Orestes umgehend mitteilen.
    "Wir gehen noch mal zurück"
    Er kehrte um und schritt erneu zum Haus von Orestes, das noch in Sichtweite lag. Archias und die Praetorianer folgten ihm, unwissend, was der eigentliche Grund war für das plötzliche Hin und Her...

  • Rom, einige Tage später...


    Orestes war gestorben. Irgendwann hatte sein Körper einfach aufgegeben, konnte gegen den schleichenden Tod nicht mehr ankämpfen. Er war glücklich gewesen und seine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, als Avitus an jenem Tag zurückgekehrt war und ihm seine Entscheidung, sich um den Jungen zu kümmern, sofort mitgeteilt hatte. Die Bestattung war eher schlicht gehalten worden, einzig die recht prachtvolle Grabstätte, in der auch seine dritte Ehefrau und Mutter des jungen Cnaeus Artorius Caelianus Orestes bestattet wurde, zeugte von einstigem Wohlstand des Mannes. Auf gekaufte Klageweiber hatte man verzichtet. Zu künstlich wäre ihr Jammern gewesen, zu theatralisch. Das hatte Orestes nicht gewollt. Das ehrliche Schluchzen der meisten seiner Sklaven, die mit seinem Tod entweder ihre Freiheit oder neue Besitzer – Orestes Gläubiger – erhielten, genügte und war allemal angebrachter gewesen.


    Avitus und der junge Orestes standen schweigend neben dem Grabmal, das unweit von Rom entlang der Via Appia lag. Archias und Charmian, die Erzieherin des Jungen, die aus dem Hause des Orestes mitgekommen war, standen in respektvollem Abstand, ebenso die Praetorianer, die Avitus auch diesmal begleiteten. Die Augen des Jungen waren mit Tränen gefüllt, auch wenn er sich Mühe gab, sich zu beherrschen und nicht zu weinen. Irgendwie war es schwer zu verstehen, was in den letzten Tagen alles passiert war. Das heißt... er verstand es schon, nur wahr haben wollte er es immer noch nicht. Und die Frage nach dem warum ließ ihm keine Ruhe. Dass er plötzlich nicht in sein Haus konnte, sondern fortan in einer fremden Domus mit überwiegend fremden Sklaven lebte, war auch schwer zu begreifen. Einmal war er weggelaufen, zurück zu seinem Haus, doch musste er feststellen, dass in seinem alten Haus bereits Fremde wohnten. Alles hatte sich verändert. Vielleicht war das Ganze, die ganzen letzten Tage und Wochen, in denen es seinem Vater immer schlechter gegangen war, er bettlägerig wurde und letztendlich starb, nur ein böser Traum. Vielleicht würde er morgen früh aufwachen und alles würde in Ordnung sein.


    "Dein Vater und ich..."
    begann Avitus
    "... waren gute Freunde, Cnaeus"
    Der junge Orestes nickte stumm.
    "Weißt du, dort, wo er hingegangen ist, ist auch mein Sohn. Sein Name war auch Cnaeus. Dein Vater und ich haben eine Abmachung getroffen. Er passt auf meinen Sohn auf, während ich dafür sorge, dass es dir an nichts mangelt. Verstehst du?"
    Cnaeus verstand.
    "Ja Herr"
    sagte er leise, nickte dabei. Avitus legte dem Jungen die Hand auf die Schulter.
    "Ich bin nicht dein Herr und du bist kein Sklave, Cnaeus"
    "Tschuldigung..."
    Das entlockte Avitus ein Schmunzeln, selbst, wenn es dem Anlaß ihres Besuches an diesem Ort nicht angemessen war.


    Sie schritten wieder in Richtung der Stadt zurück. Alle schwiegen. Die Praetorianer schwiegen, weil es ihnen befohlen wurde. Archias schwieg, weil er nichts zu sagen hatte und Charmian, die durchaus etwas zu sagen hätte, um wenigstens den Jungen zu trösten, schwieg, weil sie sich nicht traute zu sprechen, ohne dass man sie dazu aufforderte. Orestes schwieg, weil er in Gedanken bei seinem Vater war. Und Avitus... Avitus schwieg, weil er überlegte, wie genau er denn nun dafür sorgen musste, dass aus dem Jungen was wurde. Er hatte einmal versagt. Ein zweites Mal sollte es nicht der Fall sein. Das war er sich selbst, aber auch Severus, sowie Cnaeus und dem verstorbenen Marcus Orestes schuldig.


    Er würde seine Schuld begleichen müssen. Und Severus, sein Sohn, würde - spätestens wenn sie sich im Elysium wiedersähen - dann stolz auf ihn sein...



    Ende

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