Es war die folgende Nacht nach Ursus´ Heimkehr aus Germanien, als ich wieder kein Auge zuzudrücken imstande war. An diesem Tag, mitten im Gespräch mit den Vettern fiel mir mein Vater ein und egal was ich versuchte, der Gedanke an ihn ließ mich nicht mehr los, geschweige denn ruhig schlafen. Der Gedanke nagte an mir, versuchte mich förmlich durchzukauen und aufzufressen. Ich war frustriert und ratlos und wälzte mich sinnlos auf meiner Pritsche. Vielleicht half es ja, wenn ich mir den Frust von der Seele schrieb. Schlafen konnte ich nunmal nicht, also war das zweifellos einen Versuch wert. Der Text sollte nur einer Person gewidmet sein: Meinem verstorbenen Vater.
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Varus Aurelius Regulus, vom Beruf her Iudex war wie der Name schon sagt ein erfolgreicher Richter. Doch es war ein Posten, der Unbeliebtheit bei gewissen Leuten heraufbeschwörte, oder gar einen zur Zielscheibe machte. Berufsrisiko, war sich Regulus schon immer sicher und er fand sich schnell damit ab, als er seinen Beruf eine Zeit lang ungeschädigt ausüben konnte. Von irgendwo musste das Geld schließlich kommen.
Dieser Regulus, Vater von Avianus war eines Tages mit einem Prozess mit größerem Tatbestand beschäftigt. Etwas, was Regulus schon einige Male hinter sich hatte, doch dieses Mal waren die Folgen für den Aurelier ungeahnt. Ein unbekannter Täter stand vor Gericht, bezichtigt eines Mordes zusammen mit einer Gruppe, wohl seinen Komplizen. Der Prozess war lang und ermüdend und gegenseitige Anschuldigungen wurden schier aufeinander geworfen, doch niemand von den Zeugen sprach für den Mörder. Die Beweise waren schnell gefunden, nichts entlastete den Angeklagten, womit das Urteil schnell auf der Hand lag. Der Vatermord, den der Angeklagte verursacht hatte, wurde mit eine typischen Strafe geahndet, welche Regulus mit der Macht seines Amtes selbst aussprach. Dem Angeklagten wurde das Schicksal zuteil, zusammen mit einem Hund, einem Skorpion und einer Schlange in einen Sack genäht und in den Tiber geworfen zu werden. Was für den Aurelier zum Beruf gehörte, empörte gewisse Leute zutiefst... die Komplizen des Mörders, welche nicht gefasst werden konnten und den öffentlichen Prozess schweigend mitverfolgt hatten...
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Gemächlich schwang ich mich aus meiner Pritsche und torkelte matt und blass zu meinem Schreibtisch. Die Öllampe, welche auf diesem stand war rasch entzündet und spendete so auf der Schreibfläche genügend Licht. Aus einer Truhe nahm ich mir eine frische Schriftrolle und nahm meinen Gänsekiel zur Hand, welcher bereit neben einem kleinen Behälter mit Tinte stand. Ich schrieb über seinen Vater, wie Gesetze funktionierten und vor allem... von wem die Welt in Wirklichkeit regiert wurde. Schon lange nicht mehr fiel mir das Schreiben so schwer, wie jetzt. Mein Kopf rauchte förmlich, während ich diese Zeilen schrieb, in denen es eigentlich um meinen verstorbenen Vater ging.
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Es verstrichen einige Tage nach dieser für Avianus´ Vater unspektakulären Gerichtsverhandlung. Es war schon in der Nacht, der Arbeitstag war so stressig wie jeder im Leben als Iudex. Müde und ohne Kräfte huschte Regulus durch die Straßen der ewigen Stadt Rom. Ein verdächtiges Gefühl beschlich ihn schon die ganze Zeit über, doch er redete sich ein, es wäre nichts. Einige abgebogene Straßen später fühlte sich der Aurelier immer mehr beobachtet, sah schließlich Gestalten am hellen Schein einiger Fackeln entlang huschen. Die Schritte des Aureliers nahmen genauso wie der Herzschlag an Tempo zu. Er versuchte hektisch, sich selbst glauben zu machen, er würde halluzinieren. Doch Schritte hinter ihm ließen sein Adrenalin und seine Angst in die Höhe schnellen, welche seine Beine unermüdlich rennen ließen. Panisch rannte Regulus durch die Straßen und japste hörbar, doch kamen die Schritte immer näher. Es schien sich für ihn nicht bezahlt gemacht zu haben, dass er nicht gerade der sportlichste Mann war. Auf einmal schlug etwas Hartes auf den Kopf des Aureliers ein, als die Schritte ihn eingeholt hatten. Etwas Langes, Hartes, was den Aurelier zusammengesackt zu Boden wandern ließ. Das Blut rannte die Stirn herunter und das Leben verließ Regulus nach und nach. Die letzten Worte, die der Aurelier zu hören bekam waren: "Gute Nacht, Arschloch." und das Letzte, was er spürte ein schnelles Wühlen in der Kleidung und anschließend leere Taschen. "Catulus... Avianus..." murmelte Regulus geschwächt, ehe sich seine Augen langsam schlossen. Er starb Nachts auf offener Straße, hinterließ noch zwei Kinder. Avianus war zu der Zeit 17 Jahre alt, war seine Bulla also noch nicht allzu lange los.
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Immer schwerer fiel es mir, diese Zeilen zu schreiben und ich musste denken an die letzten Momente mit Vater. Mutter hatte bitterlich geweint, als sie die Kunde vom Tode Regulus´ erreichte und ich verkrafte es sogar heute nicht, dass er von jemandem umgebracht wurde. Von einem wildfremden, und wir wissen nicht einmal, wer es war. Wer Catulus und mich unseres Vaters beraubt hat. Ich vermisse ihn so sehr, doch ich kann ihn nicht zurückholen. Es war so schwer, den Tod des eigenen Vaters verkraften müssen. Ganz Rom schien mir auf den Schultern zu lasten. Mein Brief war kurz vor der Vollendung, als ich mich nicht mehr halten konnte und jämmerlich in Tränen ausbrach. Mit dem Tod von Vater schien ein Teil meines eigenen Lebens gestorben zu sein...
Fortsetzung folgt...