Auf der Suche nach...

  • ...ihrem Bruder eilte Serrana durch die Straßen von Rom.


    Gestern war sie nach der langen Reise endlich am Ziel angekommen, das Zuhause ihres Vaters, den sie nie gekannt hatte- Rom. Ihr Bruder, Tiberius Decimus Crassus, war bereits vor längerer Zeit losgereist um ihn aufzusuchen, Serrana sollte nachkommen, sobald sie wieder zu Kräften gekommen wäre.
    Der große Verlust und die lange Trauerzeit hatte ihr Aussehen leicht in Mitleidenschaft gezogen, sie war blasser und dünner als früher, sie wirkte insgesammt zerbrechlich und kränkelnd.
    Summend betrachtete sie die umherlaufenden Einwohner Roms und suchte nach irgendetwas, was auf ihren Bruder hinwies... Sie hatte die Suche fast schon aufgegeben, als sie glaubte vor ihr in der Masse ihren Bruder gesehen zu haben. Mit schnelleren Schritten bahnte sie sich ihren Weg nach vorne und rief den Namen ihres Zwillingsbruders... "Tiberius! Tiberius?"

  • Tiberius war auf dem Rückweg zur Casa der Famile Decima. Den Trubel um sich, den er vorher noch so vergöttert hatte, vergaß er nun völlig. Er war wie in Trance, diese Minervina ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf. So fühlte es sich an wie ein harter Schlag ins Gesicht, als jemand lauthals seinen Namen rief. Eine weibliche Stimme. Die Chance war zwar gering, dass gerade er gemeint war, sein Name war ja nicht gerade eine Seltenheit, doch war er sich hundertprozentig sicher, die Stimme seiner Schwester war unverkennbar.


    Crassus blickte auf und war nun wieder voll bei der Sache. Minervina hatte er für diesen Moment vergessen. Er blickte mit offenem Mund zur heranstürmenden Schwester und gab dann ein erleichtertes, leises "Serrana..." von sich, während er sie in die Arme nahm.


    Wenn der junge Decimus nicht gewusst hätte, warum seine Schwester solange fern von ihm war, dann hätte er nachgefragt. Doch dem war nicht so. Seine Schwester brauchte noch einige Tage um sich vom schrecklichen Tod ihrer Mutter zu erholen. Nun war sie ihrem Bruder gefolgt, wahrscheinlich aus demselben Grund wie er vor einigen Wochen. Sie wollte ihren Vater kennenlernen.


    "Ich habe gute Neuigkeiten Schwester..."


    Er beendete die Umarmung und blickte ihr tief in die Augen. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht.


    "Ich habe unseren Vater gefunden! Er lebt in Misenum und ist bei der Flotte! Er hat mich als Sohn anerkannt und nun bin ich römischer Bürger!"

  • Serrana löste sich nur widerwillig aus der Umarmung ihres Bruders und konnte es immernoch nicht ganz fassen, dass er endlich wieder bei ihr war. Als sie vernahm, dass er auch ihren Vater gefunden hatte, wurde ihr warm ums Herz und eine große Neugier befiel sie.


    "Wie geht es dir Tiberius? Was hast du bis jetzt alles gemacht? Unser Vater... Wie ist er so? Wie lebt er? Wie sieht er aus? Hat er eine Frau, andere Kinder, hat er..."


    Nur langsam schafft sie es sich mit den Fragen zu zügeln. Lächelnd hängt sie sich bei ihm ein und geht mit ihm weiter durch das Gewusel von Menschen, um nicht mitgezogen zu werden.


    "Ich kann es immernoch nicht glauben, dich endlich wieder gefunden zu haben... Mein Gepäck habe ich in einer Herberge hier in der Nähe abgelegt, wohin soll ich es denn bringen? Wohnen wir bei unserem Vater, oder hast du etwas eigenes? Und... wann werde auch ich Vater kennenlernen?"


    Mit einem strahlenden Lächeln sieht sie ihn an. Serrana kann es kaum mehr erwarten, ihren Vater kennenzulernen.

  • Tiberius musste lachen als seine Zwillingsschwester vor lauter Fragen fast keine Luft mehr bekam. Er legte seine Hände auf ihre Schultern, um sie ein wenig zu beruhigen.


    "Langsam..langsam.."


    Der Decimus hatte immer noch ein Grinsen auf dem Gesicht.


    "Mir geht es prächtig."


    Das Treffen mit Minervina wollte er gerade nicht erwähnen.


    "Ich bin nach Rom gegangen und versuchte unseren Vater zu finden. Maximus Decimus Meridius, ein Senator unserer Familie half mir dabei und letztendlich fand ich unseren Vater beim Flottenstützpunkt von Misenum. Eine Stadt weiter im Norden...Bei Capua."


    Crassus pausierte kurz und versuchte dann die, wahrscheinlich nur für den Moment, letzten Fragen zu beantworten.


    "Wie ist er so? Naja...so wie ich. Gutaussehend, erfolgreich..."


    Die beiden lachten laut los, dann führte Tiberius fort.


    "Nein..im Ernst. Er scheint doch recht erfolgreich zu sein. Meines Wissens ist er Optio der Flotte. Auf den ersten Blick würde ich sagen waren Ähnlichkeiten zu uns sehr wohl zu erkennen. Eine Frau und weitere Kinder hat er soweit ich weiß nicht..."


    Wieder musste Serrana's Zwillingsbruder an Selena denken, ihre Mutter. Auch wenn er nach außen hin so tat, ganz verarbeitet hatte er ihren Tod noch nicht. Um dies möglichst geschickt zu vertuschen redete er weiter.


    "Ich wohne zur Zeit in der Casa unserer Familie. Dort werd ich vorerst bleiben, zumal ich mir hier in Rom eine Arbeit suchen will. Ich würde mich freuen wenn du einige Tage bei mir bleibst. Zur Zeit hab ich mit Vater nur Briefkontakt, wenn du ihn sehen willst, musst du wohl alleine nach Misenum reisen..."


    Tiberius senkte seinen Blick, er schämte sich dafür, dass er seine Schwester schon jetzt wieder enttäuschen musste...

  • Sie seufzte tief und meinte dann entschlossen:


    "Dann muss unser lieber Herr Vater noch warten, bis er seine liebreizende und wunderschöne Tochter kennenlernt... Ich bleibe bei dir! Ich war schon zu lange von dir getrennt. Sowieso schuldest du mir eine Stadtführung, Bruderherz"


    Sie grinste und schob den Gedanken an ihren Vater aus ihrem Kopf. Sie hatte schon so lange warten müssen, dann wird sie auch jetzt noch warten können.

  • "Puh..eine Stadtführung..ich kenn mich ja auch nicht aus. Rom ist zu groß und prächtig, um jeden einzelnen Winkel der Stadt in ein paar Tagen zu erforschen. Ich glaube ich führe dich erstmal zur Casa."


    Tiberius war nur teilweise froh, dass seine Schwester vorerst bei ihm blieb, da er durch die kommende Arbeit wohl doch sehr beschäftigt sein würde und nur wenig Zeit für seine Schwester finden würde. Doch erst einmal schlenderten die beiden der Straße entlang Richtung Casa Decima.


    Als sie angekommen waren, blieb Tiberius mit seiner Schwester vor dem Vestibulum stehen.


    "Klopf einfach an, ein Sklave wird dich dann in die Casa bringen und zu Meridius führen. Stell dich ihm vor und lass die ein Cubiculum einrichten. Ich habe noch einige Dinge zu erledigen, bevor ich wieder zu dir stoßen kann."


    Daraufhin verschwand der junge Crassus.

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