Tablinium | MTD et Prudentius Balbus

  • Stesichoros führte den Prudentier ins Atrium und bedeutete ihm zu warten. Dann ging er ein wenig weiter und betrat das Tablinium, das durch einen Vorhang abgetrennt war. Kurz darauf kam er jedoch wieder heraus und bedeutete Balbus, einzutreten.


    Drinnen saß Tiberius Durus in seiner Tunica Laticlava, vor sich einen Schreibtisch mit diversen Papyri und Tabulae. Der Senator blickte Balbus misstrauisch an - er erinnerte sich an diesen Mann: Das war einer dieser Praetorianer, die den Tiberiern ständig zu schaffen machten.


    "Prudentius?"


    begrüßte er Balbus daher mit kritischem Blick.

  • Balbus folgte und blieb dann auch brav im Atrium stehen und wartete. Sich umzublicken lohnte sich kaum, war er doch schon oft genug hiergewesen und kannte genügend Berichte über das Innere des Hauses um noch irgendwelche grossen Neuigkeiten zu erwarten.


    Als er dann das Tablinum betreten durfte, tat er dies mit einem leichten, freundlichen Lächeln, denn schliesslich wollte er ja etwas von dem Tiberier und sollte daher nicht unbedingt negativ auffallen.


    "Senator Tiberius, ich danke dir, dass du mich empfängst." sagte er. Natürlich sah er den misstrauischen Blick und wusste, dass er hier mit den falschen Worten viel kaputt machen konnte.


    "Ich möchte dich nicht lange mit vielen grossen Höflichkeitsfloskeln aufhalten, daher trage ich dir lieber direkt mein Anliegen vor."
    Er machte eine kurze Atempause.
    "Ich werde, auf Wunsch meines verstorbenen Vaters, in Bälde heiraten und dafür benötige ich die Unterstützung eines Priesters. Mein Vater nannte mir, noch vor seinem unglückseligen Ende, unter anderem dich als einen Priester seiner Wahl und in Anbetracht der gesellschaftlichen Position meiner Verlobten, sie ist eine Nichte des Kaisers, erscheint mir diese Wahl als äusserst weise.
    Daher komme ich heute zu dir, um dich um deine Unterstützung zu bitten."

  • Als Durus das Anliegen hörte, horchte er erstaunt auf. Prudentius Balbus bat ihn um Hilfe? Aber andererseits klang es vernünftig: Sein Vater war der Consul Prudentius gewesen - ein respektabler Mann, der Durus und dem er wohlgesinnt gewesen war. Nun stellte sich allerdings die Frage, wobei Balbus genau Hilfe benötigte, wenn er die Kaisernichte heiratete...


    "Welche Hilfe genau meinst du, Prudentius?"


    fragte er daher.

  • Durus musste einen Augenblick überlegen, ehe er antwortete. Rituale bei der Hochzeit? Da kam ihm eigentlich nur eine Form in Frage, die jedoch für einen Plebejer nicht in Frage kam.


    "Welche Rituale genau...meinst du?"


    fragte er daher. Die Handlungen, die ihm einfielen und religiös waren, wurden doch üblicherweise vom Hausherrn vollführt...oder hatte er irgendetwas übersehen?

  • "Im Prinzip jegliches Opfer, da ich um ehrlich zu sein, in solchen Dingen nicht allzubewandert bin und mein letztes selbstdurchgeführtes Opfer in einer kleinen Katastrophe endete, was vermutlich an meiner Unfähigkeit oder meiner mangelnden Einsicht für die Götter lag. Daher benötige ich jemanden der dies für mich tut, oder mich zumindest entsprechend anleiten kann."

  • Einsicht für die Götter? Was sollte das denn heißen? Hatte irgendein römischer Gott jemals Einsicht gefordert? In diesen Tagen der Mysterienkulte und Geheimreligion war der Irrglaube, die römische Religion hätte etwas mit persönlicher Hingabe zu tun, nur allzu verbreitet. Dabei wusste doch eigentlich jedes Kind, dass Iuppiter, Mars und Venus nur eins wollten: Opfer und das Einhalten von Versprechen! Es ging um äußere Spielregeleinhaltung, nicht um irgendwelche inneren Einstellungen, die sowieso niemand ergründen konnte. Und einfach von ihrer Existenz auszugehen - das war ja wohl das leichteste, wenn man sich die Welt mit ihren zahlreichen Unerklärlichkeiten ansah!


    Dass Balbus jedoch nicht regelmäßig opferte, war hingegen überaus besorgniserregend.


    "Das ist sehr bedauerlich, Prudentius. Gerade der Sohn eines Consul sollte doch regelmäßig seinen großen Vater anrufen und auch die Götter nicht vergessen."


    Er machte eine Pause und blickte an Balbus vorbei durch den Vorhang ins Atrium.


    "Aber um deines Vaters willen - und nur darum"


    Er hob zur Unterstreichung seiner Meinung den Zeigefinger, denn eigentlich mochte er keine Praetorianer, wenn er auch Prudentius Commodus sehr geschätzt hatte.


    "kann ich dir möglicherweise die ein oder andere Hilfestellung bieten - vorausgesetzt, du gelobst, den Göttern in Zukunft ein wenig mehr Respekt entgegenzubringen."


    Ansonsten konnte er schließlich auch gleich auf jedwedes Opfer oder Ritual verzichten.

  • Balbus nickte. "Natürlich, das ist ein Gelöbnis, das ich gern ablege, und nicht nur um deine Hilfe zu erhalten." sagte er.


    "Ich weiss, dass meine mangelnde Beziehung zu den Göttern nicht dem entspricht, was mein Vater und jeder andere Römer mir vorgelebten oder vorleben, doch hoffe ich noch immer dass sich dies bessern lässt."

  • "Das hoffe ich auch, denn ohne die Götter bist du verloren."


    erwiderte Durus und klang dabei besonders unheilsschwanger. Dann lehnte er sich zurück und warf seinen Stylus, mit dem er die ganze Zeit gespielt hatte, auf den Tisch.


    "Gehen wir die Sache also durch: Du hast bereits einen Termin? Und du hast ihn auch bestätigen lassen?"

  • Durus nickte. Für diesen Tag kam ihm kein Feiertag oder Ähnliches in den Sinn. Um sicher zu gehen, hatte er sich dort also voll abgesichert. Ging es zur nächsten Frage.


    "Wen gedenkst du eigentlich zu ehelichen? Haben bereits Sponsalia stattgefunden?"


    Zuerst einmal galt es, den Rahmen zu erkennen.

  • "Der Name der jungen Dame ist Aelia Vespa." sagte er. "Mein Vater hat damals die Formalitäten geregelt und dafür gesorgt, dass die Verlobung eingetragen wurde. Nach dem Tod meines Vaters besuchte mich Vespa in Germania und dabei wechselten auch einige weitere Geschenke den Besitzer."

  • Durus nickte. Von Aelia Vespa hatte er schon das ein oder andere Mal gehört, dass sie mit einem Prudentier verlobt war hingegen nicht. Aber dort war sicher davon auszugehen, dass diese Menschen sich mit Riten und Ähnlichem auskannten.


    "Sehr gut. Dann nehme ich an, dass die Brautrituale, besonders die am Vorabend, von den Aeliern selbst übernommen werden."


    er machte eine kurze Pause, dann meinte er


    "Die Auspicia am Morgen könnten von einem staatlichen Auguren vollführt werden, wenn ihr dies bezahlen wollt. Das anschließende Opfer wäre dann wohl die erste Hürde für dich."

  • Einen Augenblick musste Durus überlegen - er hatte sich zwar auch schon mit dem Heirats-Thema befasst, dennoch hatte er nicht alle notwendigen Opfer-Adressaten sofort parat.


    "Das Opfer sollte an Iuno, Tellus, Ceres, aber auch an Pilumnus und Picumnus gehen. Du solltest das Opfer eigentlich selbst durchführen können: Die Handlungen des Opferherrn sind, wie du hoffentlich weißt, sehr beschränkt und ein Opfergebet wird auch bei hohen Priestern meist abgelesen. Du solltest es dir aber dennoch vorher ansehen, damit du keine Fehler machst - die machen das Opfer nämlich ungültig!"


    erklärte er schließlich und sah, ob Balbus weitere Fragen dazu hatte.

  • Balbus hörte aufmerksam zu und nickte langsam. "Iuno, Tellus, Ceres, Pilumnus und Picumnus..." wiederholte er. "Und was sollte ich am besten Opfern? Ich meine, es sind ja doch recht unterschiedliche Götter und sie alle in einem Opfer abzudecken ist doch sichelrich nicht einfach."

  • "Du kannst in einem Opfer selbstverständlich verschiedenen Gottheiten verschiedene Dinge opfern. Das ist sogar relativ üblich."


    meinte Durus und fragte sich, wie viel Wissen Balbus eigentlich hatte. Andererseits - wenn er seine Pflichten längere Zeit vernachlässigt hatte...


    "Die Opfergaben richten sich danach, wie viel du zu bezahlen bereit bist. Unblutig ist natürlich günstiger, dafür weniger repräsentativ. Wenn du jedem ein Tier opfern willst, wird das ganze schon teurer..."

  • Das man verschiedenen Gottheiten gleichzeitig Opfern konnte wusste er natürlich, doch war Durus Ausführung für ihn ein klein Wenig irreführend gewesen. Doch er verscheuchte die Gedanken darüber.


    "Ich denke, dass der Anlass es gebietet nicht zu knausern. Zumal man ja auch bei den Tieren verschiedene Preislagen haben kann." sagte er und dachte kurz nach.
    "Für Iuno böte sich eine weisse Kuh an und für Tellus und Ceres ein trächtiges Tier, wenn ich mich nicht irre, oder? Aber was opfert man Pilumnus und Picumnus?" Das war etwas, das er tatsächlich schlichtweg nicht wusste.

  • Durus nickte. Er selbst wäre zwar nicht auf die Idee gekommen, eine Kuh in sein Haus zu lassen (außer vielleicht in den Stall - und dort würde er nicht an seiner Hochzeit opfern), aber wenn Balbus dies gerne tun wollte, wollte der Tiberier ihm nicht im Wege stehen.


    "Die Kuh für Iuno wäre sehr großzügig, die trächtigen Tiere ebenso - obschon dies eigentlich nur vor der Ernte üblich ist und im Jahreslauf auch normale Tiere üblich sind. Pilumnus und Picumnus sind Götter der Getreidesaat, daher würde ich ein unblutiges Getreideopfer empfehlen."


    Irgendwie fand der Pontifex dann aber doch, dass er seine ersten Gedanken verbalisieren sollte.


    "Ich denke aber, dass dem Anlass keine Würde genommen werden würde, wenn du etwas kleinere Tiere opferst, etwa ein Schaf für Iuno, ein Schwein für Ceres - nach Möglichkeit ein Schwarzes, schließlich lebt Ceres in der Unterwelt - und eines für Tellus. Die beiden Getreide-Geschwister sollten wie gesagt durch unblutige Opfer besänftigt werden."

  • Balbus nickte, denn er musste zugeben, dass die Bemerkung des Tiberiers durchaus sinnvoll erschien.


    "Du hast vermutlich Recht. Also ein weisses Schaf für Iuno, ein schwarzes Schwein für Ceres und eines für Tellus und Getreide für Pilumnus und Picumnus." wiederholte er langsam.

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