Mit einer Kratzbürste in den Straßen Roms

  • So, die Castra hatten sie also schon mal verlassen. Ab jetzt bis zum Haus war wohl die kritischste Zeit. Er musterte sie von der Seite. Eigentlich ein hübsches Mädchen. Und sicher nicht dumm. Nur etwas arg temperamentvoll und vorlaut. Wenn sie es richtig angefangen hätte, dann hätte die Geschichte auch weit glimpflicher abgehen können. Jetzt fragte sich, ob der Princeps sich nicht allzusehr aus dem Fenster lehnte für sie.


    Eburnus hatte gesagt, daß sie noch nicht lange in Rom war. Eine Tatsache, die ihm nicht aus dem Kopf ging. Die Duccier lebten in Mogontiacum. Ob sie auch dort gelebt hatte? Vermutlich war nicht der richtige Moment, sie danach zu fragen, also ließ er es und ging einfach schweigend weiter, wobei er sie nicht aus den Augen ließ.


    Valerian wählte nicht den direkten Weg, sondern nahm Straßen, die wenig belebt, aber nicht zu verwinkelt waren. Er wollte es ihr immerhin nicht zu leicht machen.

  • Eila hatte nicht vor, irgendwelche Anstalten zu machen. Derzeit galten all ihre Sorgen ihren Verwandten, die wohl jeden Moment Besuch von den Soldaten kriegen würden, mit denen sie selbst sich angelegt hatte. Das war alles irgendwie dumm gelaufen. Doch leider verbot es Eilas unbändiger Stolz es ihr, das irgendwie öffentlich zuzugeben. Sie schaute zur Seite und musterte den bisher unscheinbaren Soldaten zum ersten Mal etwas genauer. Unter der unfreundlichen Rüstung verbarg sich ein eigentlich freundlich aussehender junger Mann. Ein durchaus gutaussehender Mann, war ihr zweiter Gedanke. Jedoch schüttelte sie diesen augenblicklich beiseite. Es war nun wirklich nicht die Zeit für derlei Grübeleien...


    "Du bist also auch einer dieses ... Vereins." meinte sie mit deutlich abschätzigem Ton. "Kennst du zufällig Arbj..., ich meine Eburnus? Vielleicht kannst du mir ja erklären, wie er auf die Idee kommen konnte so einem ...Kerl, wie eurem Anführer zu dienen."


    So freundlich dieser Soldat auch wirkte und so sehr sie ihren Verwandten mochte, so wenig hielt Eila von diesem Praefekten, dem allein sie die Schuld an der ganzen Misere gab.

  • Nach einer Weile brach sie dann doch das Schweigen, das zwischen ihnen herrschte. Valerian hatte nicht mehr so richtig damit gerechnet, umso überraschter war er, als sie das Wort ergriff. Er blickte sie an. Ihr Ton war ziemlich geringschätzig, fast schon verächtlich, als sie von dem Anführer - sie meinte wohl den Praefecten - sprach. Obwohl ihn das durchaus amüsierte, blickte er sehr ernst drein, als er antwortete.


    "Ja, ich bin Praetorianer. Ich beschütze den Kaiser und seine Familie. Das ist eine große Ehre, auf diese Weise Rom dienen zu dürfen", erklärte er in festem Tonfall. Dann schaute er ein wenig freundlicher, als er weitersprach. "Ja, ich kenne Eburnus. Wir gehören dem gleichen Contubernium an. Das heißt, wir wohnen in einem Raum, kämpfen Seite an Seite und stehen Seite an Seite Wache. Er ist noch nicht lange bei unserer Truppe, doch ich sehen ihn bereits als meinen Freund an. Es verbindet uns sehr viel." Was genau, das brauchte sie seiner Meinung nach erst einmal nicht zu wissen.


    "Du hast ihn in ziemliche Schwierigkeiten gebracht, weißt Du? Und unseren Patron auch. Der Praefect ist einer der mächtigsten und einflußreichsten Männer in Rom. Er hat viel Macht und kann Deiner Familie wirklich schaden, wenn er das möchte. Wir dienen ihm, weil er nun einmal Praetorianerpraefect ist und wir Praetorianer sind. Man kann sich seine Vorgesetzten nicht immer aussuchen. Doch ich muß sagen, er ist keineswegs der schlechteste." Jetzt hatte er doch weit mehr gesagt, als er wollte. Und bereute es fast schon. Es war doch eigentlich nicht seine Sache, ihr das alles zu erklären. Vielleicht lag es einfach daran, daß sie eine Duccia war und er deshalb auch eine gewisse Verbundenheit fühlte.

  • Irgendwie tat Eila die Art und Weise, wie sie den fremden Soldaten angegangen war, beinahe Leid. Nur weil sie so schlechte Erfahrungen mit seinem Vorgesetzten gemacht hatte, hatte sie dennoch eigentlich nicht das Recht, das an ihm auszulassen und die Weise auf der er von seinem Posten und seinen Aufgaben berichtete, zeigte ihr, dass es ihn mit Stolz erfüllte und sie diesen vielleicht ungerechtfertigt verletzt hatte. Und wer, wenn nicht sie, wusste, wie sehr das schmerzen konnte.


    "Es tut mir Leid, wenn ich unfreundlich war." meinte sie relativ leise und mit auf die Straße gerichteten Blick aber ehrlich. "Du kannst ja nichts für meine Situation. Wenn du ein Freund von Eburnus bist, dann musst du in Ordnung sein."


    Dann wandte sie ihren Blick wieder auf den Fremden. "Irgendwie war es auch wieder klar... wenn ich schonmal jemandem ans Bein...naja, ich treffe immer die Richtigen." seufzte sie dann. "Aber ganz ehrlich, wenn du meine Hüfte sehen könntest, würdest du verstehen, warum ich das Buch geworfen habe."

  • Es schien ihr tatsächlich leid zu tun. Ihre Entschuldigung klang ehrlich. Und das brachte Valerian sogar zum lächeln. "Ja, Du scheinst wirklich eine gewisse Begabung dafür zu haben, Dich in Schwierigkeiten zu bringen", sagte er, ohne es böse zu meinen. Sie bogen in eine andere Straße ein und Valerian blickte sich erst aufmerksam um, bevor er weitersprach. "Ich zweifle ja nicht daran, daß es Dich wirklich hart erwischt hat. Was meinst Du, was ich im Training schon für Blessuren von Stößen mit dem Schild davongetragen habe?" Ohja, davon konnte er ein Lied singen. Und Flamma hatte nur ein einfaches Kleid getragen, das hatte vermutich gar nichts abgefangen. Von daher verstand er schon, was sie hatte ertragen müssen.


    "Aber hier bist Du in Rom. Es hat Dich nicht erwischt, weil der Praefect - oder der Kamerad, der Dich mit dem Schild so hart gestoßen hat - böse ist, sondern weil Du unaufmerksam warst. In Rom muß man seine Augen und Ohren stets aufsperren, hier achtet niemand auf Dich, Du mußt auf Dich selbst achten. Und... Man geht einer Truppe von Praetorianern aus dem Weg. Denn sie müssen Abstand schaffen zu dem, den sie gerade beschützen. Verstehst Du? Es hätte auch der Kaiser sein können, der in ihrer Mitte geht. Niemand darf nahe heran. Es könnte jemand mit bösen Absichten sein. Also kündigen wir uns ziemlich laut an. Es brüllt vorne immer jemand, daß alle aus dem Weg gehen sollen. Und wir machen in solchen Fällen auch besonders viel Lärm beim Marschieren. Eigentlich kann das niemand überhören. Und wer seine Sinne beisammen hat, der springt aus dem Weg. Naja, mit etwas Glück wird der Princeps die Sache wieder hinbiegen. Es ist gut, daß er der Patron von Eburnus ist, das hat Dich gerettet. Oder vielmehr... es wird Dich vermutlich retten. Er nimmt Dich als Gast in sein Haus auf. Das ist eine ziemlich große Ehre, ich hoffe, Du weißt das zu schätzen."


    Valierian lachte plötzlich und der Anblick eines lachenden Praetorianers war immerhin so ungewöhnlich, daß sich ein paar Passanten verwundert umdrehten. "Da halte ich Dir stundenlange Vorträge und stelle mich nicht mal vor. Lucius Quintilius Valerian."

  • Eila hörte ihm zu, und sie wusste, dass er bis zu einem bestimmten Punkt recht hatte.
    "Ja, das mag ja alles sein. Aber dann, weil eine nichtswissende Frau dann mit einem Buch geworfen hat, gleich von Hochverrat zu sprechen... Nur weil ich nicht um Verzeihung winselnd vor eurem Präfekten gekrochen bin." Eila schüttelte leicht den Kopf aber lächelte gleich wieder ein wenig. "Aber ja, ich denke dein und Eburnus Patron wird kein schlechter Mensch sein. Obwohl er mich nicht ernst zu nehmen schien, und das ist keine gute Idee."


    Eila merkte, wie ein paar umstehende die beiden ansahen. Und anders als Valerian, dachte sie es gäbe dafür andere Gründe. Zur Zeit war es für niemanden wirklich ersichtlich, dass sie seine Gefangene war und sie wollte sich nicht vorstellen, was die Leute dachten, warum sie ganz alleine in Begleitung eines Soldaten unterwegs war. Sie errötete leicht und blickte kurz zur Seite, als würde sie sich etwas ansehen. Dann, als der Miles sich vorstellte und ihre Wangen wohl nicht mehr so rot waren, wandte sie sich zu ihm um und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln.
    "Es freut mich, Valerian." Sie schmunzelte, um sich ihm dann ebenfalls vorzustellen. "Ihr Römer nennt mich Duccia Flamma."

  • Valerian hätte ihr sagen können, woran das alles lag, doch er brachte es nicht übers Herz, ihr das so schonungslos vor den Kopf zu knallen. Also zuckte er mit den Schultern. "Manchmal folgt auf ein Unglück eine Verkettung von Mißverständnissen und weiteren Unglücken. Aber glaube nicht, daß der Princeps Dich und Deine Schwierigkeiten nicht ernst nimmt. Würde er das nicht tun, würde er Dich nicht in sein Haus bringen lassen. Und glaubst Du, warum er mich ausgewählt hat? Immerhin ist er auch mein Patron. Und er weiß ganz genau, daß Eburnus und ich zum gleichen Contubernius gehören."


    Während sie weitergingen, entzogen sie sich glücklicherweise auch wieder den Blicken der Neugierigen. "Erfreut, Dich kennenzulernen, Duccia Flamma." Natürlich hatte er ihren Namen vorhin im Officium des Princeps schon gehört, aber so richtig lernte er sie ja trotzdem erst jetzt kennen. Und ihr bezauberndes Lächeln war doch schon etwas ganz anderes, als ihr leicht trotziges Verhalten, das sie beim Princeps an den Tag gelegt hatte. Richtig hübsch war sie. Wer war nur so dumm gewesen, sie allein durch die Stadt streunen zu lassen?


    "Da vorne ist es. Die prachtvolle Villa da." Er deutete zu dem besagten Haus herüber und schritt in unvermindertem Tempo weiter darauf zu.

  • Eila dachte ein paar Momente schweigend über das nach, was Valerian ihr gerade gesagt hatte und nickte dann schlichtweg. Es schien recht schlüssig zu sein, auch wenn Eila die Vorstellung nicht wirklich gefiel, dass sie dem unfreundlichen Römer gegenüber auch noch dankbar sein sollte.
    Sie sparte sich einen Kommentar und folgte ihrem Begleiter, oder besser gesagt Bewacher, in Richtung des nicht gerade unbeeindruckenden Gebäudes, welches er als Wohnsitz des Princeps anzeigte.

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