Der Tribun und sein Imperator... oder auch umgekehrt

  • Wie es Sitte war, dass die Tribuni, deren Kohorte(n) die Wache im Palast übernahmen, sich beim Imperator persönlich meldeten, um die Parole zu empfangen, so erschien auch Avitus in seine teuerste Kleidung gehüllt - die die Bewaffnung gut verdeckten - an diesem Morgen beim Imperator, gespannt, welch originelles Wort diesmal ausgedacht wurde. Langsam und mit einer Körperhaltung, die Gravitas und Dignitas ausstrahlte, schritt der Artorier auf den Kaiser zu.
    "Ich grüße dich, imperator"
    sagte er, dabei so etwas wie ein Nicken andeutend. Militärische Begrüßung war unangebracht und eine Verbeugung als Begrüßungsgeste kannte er nicht.


    Avitus stand nicht jeden Tag vor dem Kaiser, zehn Tage waren seit seiner letztten Begegnug verstrichen und nun wieder war es die fünfte Kohorte, die Wache hielt am Palatinum. Dass dieser Mann ausgerechnet ihn ausgesucht hatte, um einer der wenigen, handverlesenen Offiziere zu sein, die seine Sicherheit gewährleisteten, rechnete Avitus dem künftigen Gott nach wie vor hoch an. Dass man aber genau darauf setzte, sich so seine Loyalität sozusagen erkaufte, ahnte er, akzeptierte er aber auch. Warum auch nicht, eine Hand wäscht die andere. Mittlerweile gewöhnte er sich an das hohe Ansehen und die Macht, die sein Rang mit sich brachte und... genoß es. Etwas, das er als Legionär für unvorstellbar gehalten hatte.

  • Valerianus wirkte ein wenig frischer als sonst, als er dem Tribun gegenüber trat. Vielleicht war tatsächliche eine gesundheitliche Besserung eingetreten, vielleicht hatte er auch nur ausnahmsweise gut geschlafen oder gerade eben eine gute Nachricht erhalten. Die Vergabe der täglichen Parole handelte er trotzdem wie immer mit anderen täglichen Pflichten ab, um den Zeitaufwand so effizient und knapp wie möglich zu halten.


    "Sei gegrüßt, Tribun. Besondere Meldungen?"

  • "Ich kann keine besonderen Vorkommnisse melden, imperator"
    sagte Avitus. Natürlich beschränkte sich diese Aussage nur auf den Kern seiner Aufgaben, nicht auf das, was er heute noch vortragen wollte.
    "Die cohors V ist bereit"
    Irgendwie musste Avitus einen passenden Augenblick erwischen, indem er mit dem Kaiser auch ein paar Worte wechseln konnte, die mehr waren, als die Bekanntgabe der Parole. Dass er diese Gelegenheit bekommen würde, war zwar keineswegs garantiert, aber wer's nicht versucht, findet nicht raus, ob's geklappt hätt'. Doch zunächst galt es, den Pflichten nachzukommen und die Parole zu bekommen. Alles andere konnte bis dahin warten.

  • Avitus nahm die Parole entgegen und warf einen Blick drauf. Im Anschluß an das Gespräch mit dem Kaiser würde die Tafel an die Tesserarii der Wachen gehen. Doch nun galt es, nicht zu zögern und den Augenblick zu nutzen.
    "Mein Kaiser..."
    begann er, um alleine damit schon zu erkennen zu geben, dass es heute nicht bei der Parole bleiben würde... zumindest, wenn's nach ihm ging.
    "Ich würde dich gerne in einer Angelegenheit den codex iuridicalis betreffend sprechen"
    Und da die Zeit eines fleißigen Kaisers wohl knapp bemessen war, fügte er noch ein
    "Es wird nicht viel Zeit in Anspruch nehmen"

  • Die Verzögerung nahm Valerianus zunächst einmal ohne Regung auf und wandte sich noch nicht dem nächsten Anwesenden zu.


    "Du meinst, ich könnte dir dabei besser weiterhelfen als der Procurator a cognitionibus?"

  • "Ich spreche, gewissermaßen, auch für ihn"
    Die ganze Geschichte, die sich im Officium für Rechtsangelegenheiten zugetragen hatte, wiedergeben, sollte der Artorier natürlich nicht, wusste er doch um die knapp bemessene Zeit des Imperators. Knapp darstellen, warum der besagte Procurator a cognitionibus nicht hier sprach, musste er trotzdem, damit keine Fragen offen blieben.
    "In einem Gespräch mit ihm stellten wir fest, dass der Text des codex iuridicalis seit der Reformierung der administratio imperatoris nicht auf aktuellem Stand ist, bezogen auf die Regelungen über die Vertretung des imperium Romanum vor den Gerichten. Dort ist nach wie vor von der advocatio imperialis die Rede. Um dem vielbeschäftigten procurator a cognitionibus einen weiteren Weg wegen einer... Formalie zu ersparen, bot ich mich an, dich darauf aufmerksam zu machen"
    Hoffentlich würde Valerian das mit dem 'vielbeschäftigten' nicht in den falschen Hals kriegen.

  • Die Angelegenheit ließ sich für Valerianus so einfach abhandeln, wie er es gehofft hatte. Immerhin hatte er seine Procuratoren und auch die Offiziere der Garde, dass sie ihm Arbeit abnahmen und nicht neue brachten.


    "Dann legt einen verbesserten Entwurf vor. Es freut mich, dass die Garde in deiner Person nicht nur ihre militärische, sondern auch ihre juristische Verantwortung wahrnimmt."

  • Das war ein guter Ausweg, den der Kaiser vorschlug.
    "Das ist eine gute Idee. Ich spreche mich mit dem procurator a cognitionibus ab"
    kommentierte er den Vorschlag des Valerian nickend und beließ es bei der knapp gehaltenen Andeutung der weiteren Vorgehensweise in dieser Angelegenheit.
    "So denn, mein Kaiser. Das wäre meinerseits alles. Wenn du erlaubst..."
    wohl eine überflüssige Formulierung
    "... ziehe ich mich nun zurück und gehe meinen Pflichten nach"

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