[Probatio] Grundausbildung Titus Decimus Vestinus

  • Er wusste es. Der Centurio war sauer.
    Da waren die zehn Liegestütze nur die logische Folge.


    Murrend, hier und da, eifrig an anderer Stelle begaben sich die probati zu Boden und begannen mit der Übung. Einige schneller, als andere.


    Titus hörte, wie einer seiner Nachbarn leise vor sich hinfluchte und der Meinung war, dass er perfekt gestanden und es nur der Dummheit der anderen zu verdanken hatte, dass er nun ebenfalls bestraft wurde.
    Er konnte sich denken, dass andere an anderer Stelle das Gleiche taten.


    Zum Glück machten dem jungen Decimer die zehn Liegestütze nichts aus. So viele waren es nicht, seiner Meinung nach. So war er dann auch einer der knappen Hälfte, die nach getaner Übung stramm, statt träge standen.

  • Licinus war überhaupt nicht begeistert davon, dass einige probati jetzt schon ihre Schultern hängen ließen.
    Entsprechend war auch seine Reaktion:


    "Seid ihr ein Haufen alte Weiber oder wollt ihr verdammt noch mal Soldaten Roms werden?! Dann stellt euch gefälligst ordentlich hin!"


    Licinus wartete ab, bis die milites eine angemessene Grundhaltung eingenommen hatten, fragte sich, wie es jetzt laufen würde, und kommandierte dann den ganzen Übungsablauf von vorn:


    "militeees state!"


    "Aaacies diiirigite!"

  • Und wieder rasten die Befehle in lautem Ton über den campus in das Ohr eines jeden Soldaten.


    Diesmal ging alles schneller. Selbst die, die eben noch die Schultern hatten hängen lassen, waren durch die Anfuhr so aufgeschreckt, dass sie ihr Bestes taten, um möglichst schnell und genau zu handeln.


    Erst standen sie stramm und dann in einer Linie.
    Es klappte besser, als beim letzten Mal.
    Auch Titus war hoch konzentriert. Er versuchte, die ganze Zeit, geradeaus zu sehen, richtete nur auf "Acies dirigite" hin seinen Blick kurz nach unten, um seine eigenen mit den Fußspitzen der anderen zu vergleichen.


    Dann standen sie wieder genauso stramm und steif wie zuvor.

  • "Geht doch!" rief Licinus aus, seine Stimme hatte dabei jedoch einen Klang, der nicht auch nur im entferntesten an Begeisterung grenzte.
    Dennoch entschloss er sich mit dem nächsten Punkt weiter zu machen.
    Die korrekte ausrichtung der Reihen zu üben würden sie in den kommenden Wochen noch mehr als genug Zeit haben.


    "Movemini! hieß er die probati sich wieder in Grundstellung aufzustellen, bevor er fortfuhr.


    "Wir beginnen jetzt langsam mit dem Marschtraining. Vorerst beschränken wir uns dabei auf die Grundzüge.
    Als erstes kommt die Wende am Platz.
    Auf den Befehl "Retro!" stellt ihr euren rechten Fuß hinter euren linken und dreht dann über die rechte Schulter um.
    Danach steht die hintere Reihe vorn und die vordere hinten.
    Rechter Fuß! Rechte Schulter! Verstanden?!"
    betonte Licinus noch einmal


    "Retro!"

  • An manchen Stellen war ein leichtes Aufatmen zu hören. Anscheinend hatten sie es geschafft, den Decurio zumindest ein bisschen zufriedenzustellen. Immerhin begann er nun mit der nächsten Übung und das deutete allem Anschein nach darauf hin, dass er sie für keine ganz hoffnungsvollen Fälle hielt.


    Titus fragte sich, was wohl als nächstes kommen würde. Am liebsten wollte er schon jetzt zur Waffe greifen und den Kampf mit den unterschiedlichsten dieser Waffen kennenlernen. Doch ihm war klar, dass dem "Vergnügen" die Trockenübungen vorausgingen. "Was bringt auch ein Soldat, der sich nicht einmal richtig bewegen kann?" gestand er sich ein.


    "Movemini!" ertönte es und daraufhin stellten sich die Legionäre in spe in Grundaufstellung, um sich kurz darauf, wie befohlen in die andere Richtung zu bewegen.
    Allzu schwer war es nicht. Im Prinzip waren auch alle notwendigen Schritte deutlich gesagt worden.
    So setzte Titus seinen rechten Fuß hinter den Linken, behielt das Gleichgewicht und drehte sich in einem Ruck um.


    Am Ende standen alle wie vorhergesagt; die hintere Reihe ganz vorn und die erste nun ganz hinten.
    Bis auf die Tatsache, dass sich nicht alle gleich schnell bewegten, klappte die Sache schon ganz gut - und auch die Spaßvögel, die am Anfang des Tages eine Rauferei hatten beginnen wollen, hielten sich diesmal zusammen. So dumm, ihre Soldatenkarriere gleich am ersten Tage aufs Spiel zu setzen, schienen sie also doch nicht.


    Titus war sich sicher, dass dieser Vorgang, dieser Befehl später vermutlich sehr mechanisch wirken, dafür aber auch gleichförmig und damit ästhetisch aussehen würde.

  • Hätte Licinus mitbekommen, dass einer seiner probati ihn im Geiste einen Decurio genannt hatte, dann hätte er wohl auf der Stelle einen Vortrag über den Unterschied zwischen der Infantrie und der Kavallerie angefangen und seine probati die ganze Zeit stillstehen lassen. Da er aber nicht Gedanken lesen konnte, blieb dies den probati erspart. Allerdings bekam auch Vestinus so das Lob nicht zu hören für seine Überlegung.


    Stattdessen lief Licinus einfach um die Formation, die nun mit Blick in den campus hinein stand, und stellte sich auf dieser Seite erneut vor sie.


    Auf eine sofortige Wiederholung der Übung verzichtete er, die probati würden in den kommenden Stunden und Tagen noch oft genug eine Wende vollziehen.


    "So, da ihr nun in Richtung des campus steht beginnen wir damit euch das laufen beizubringen." Licinus wartete ab, ob einige der probati irgendwie reagierten.



    "Die Armee läuft im Gleichschritt, das heißt ihr setzt eure verdammten Füße alle gleichschnell gleichweit voran! Ist das verstanden?!"


    "Der Befehl zum losmarschieren lautet: "Aequatibus passibus! Peergite!"
    Danach setzt ihr den RECHTEN Fuß einen Schritt vor, dann den linken und so weiter.
    Für den Anfang zähle ich den Takt vor! Ich werde regelmäßig Laevum! ausrufen. Auf Lae- setzt ihr den rechten, auf -um den linken Fuß ab.
    Ist das verstanden?"

  • "So, da ihr nun in Richtung des campus steht beginnen wir damit euch das laufen beizubringen."
    Welch ein Satz. Nicht verwunderlich, dass einige der probati verstohlen grinsten. Vermutlich hatten, zumindest die letzte Hälfte, schon einige vor langer, langer Zeit von ihrer Mutter oder Amme gehört - und nun versuchte es der Centurio ein zweites Mal.


    Und schon ertönte es "Lae-" - rechter Fuß - "(v)um" - linker Fuß - und wieder rechts, links, rechts, links ....


    Man konnte die Spannung förmlich spüren. Niemand wollte einen Fehler machen, denn jeder der jungen Männern wusste, bliebe er stehen, hätte er sofort einen anderen Mann im Rücken bzw. - im Falle der letzen Reihe - hinkte dem Vordermann auffällig weit hinterher.


    Titus sah nach vorn. Es sah gut aus, wie sich die Reihen vor ihm bewegten. Wie wohl sah es für den Centurio aus? Den, der ganz vorn steht und den Überblick über alles hat?
    In Vestinus Augen war eines ganz sicher: Marschierende Legionen hatten etwas Beruhigendes. Es wirkte so geordnet, diszipliniert und - in einem guten Sinne - vorhersehbar. Alles war im Takt.


    Schade, dass er nicht fliegen und einen Blick von oben auf sich selbst und seine Kameraden werfen konnte.

  • Sim-Off:

    Naja, den Abmarschbefehl hat es zwar noch nicht gegeben, ihr wisst doch noch gar nicht, wie ihr wieder stehen bleibt ;)
    Willst wohl schnell ans Waffentraining kommen, was? :D


    Licinus beobachtete das verstohlene Grinsen seiner Untergebenen mit einer gewissen Zufriedenheit, ein Offizier, den die Soldaten nur fürchteten taugte in seinen Augen ebensowenig wie einer, der zu lasch war. Eine Strenge gewürzt mit gelegentlichem Humor war nach seiner Meinung die beste Art zuverlässige Soldaten auszubilden.


    Am Ende des Campus angekommen rief Licinus eine rasche Folge von Kommandos aus:


    "Prooobati cooonsistite!"


    "Reeetro!"


    "Aequatibus passibus! Peeergite!"


    Nachdem er mit den probati den Platz zweimal überquert hatte und dort wo sie losgelaufen waren wieder anhalten ließ.


    "Selbstverständlich werde ich nicht immer neben euch stehen und das Marschtempo Schritt für Schritt ausrufen, im Laufe unseres Trainings werdet ihr aber mitbekommen, dass das auch gar nicht nötig ist.


    Gibt es Fragen dazu?"

  • Sim-Off:

    Ups, wenn ich jetzt so lese, hast du recht. Da war ich wohl etwas voreilig. 8o


    Auf den Befehl "Probati consistite!" hin schienen einige der probati, darunter auch Titus, verwirrt. Doch da sie alle ihrer eigenen Sprache mächtig waren und dies am logischsten erschien, machten sie halt, setzten, wie vorher geübt, ihren rechten hinter den linken Fuß und wendeten. Auf den dritten Befehl hin marschierten sie wieder hoch konzentriert los.


    "Das kommt davon, wenn man nicht richtig zuhört." dachte Titus grummelnd.


    Er musste sich noch ziemlich anstrengen, um mit den anderen Schritt zu halten. Da er eher zur ungestümen, schnellen Sorte gehörte, fiel es ihm manchmal etwas schwer, sich in den vergleichsweise langsamen Takt des Marschierens einzuordnen - rein körperlich zumindest, vom Verstand her wusste er, dass es niemandem etwas bringen würde, wenn er seine Schnelligkeit bewies, indem er sich eilig durch die Reihen drängte und allen voran zuerst wieder beim Centurio eintraf. Nicht hier, auf dem campus und noch weniger in einer der Schlachten, in die er zu späterer Zeit vielleicht einmal geschickt werden würde.


    "Vielleicht wird es schwieriger, wenn wir später noch unser Marschgepäck mitführen und länger, als ein paar Meter marschieren müssen." dachte er.

  • Das Anhalten gelang noch nicht in einem einzigen Satz. Tatsächlich schien es Licinus, als ob einige der probati den Haltebefehl glatt überhört hatten.


    Da offensichtlich keine weiteren Fragen bestanden fuhr Licinus fort:


    "Noch eines: Wenn ich das nächste Mal "consistite" sage, dann bleibt ihr verdammt nochmal stehen! Und zwar alle auf einmal!


    Also nochmal das ganze:"


    "Retro!"


    "Aequatibus passibus! Peeergite!"


    "Laevum! Laevum! Laevum!"


    Nachdem sie den campus überquert hatten ließ Licinus wieder halten und wenden:


    "Cooonstiste!"


    "Retro!"


    "Aequatibus passibus! Peeergite!"


    "-um! -um! -um!"


    Verkürzte Licinus die Kommandogabe und zog dabei das Tempo etwas an.

  • Tiberius Vitamalacus hatte an diesem Tag einige Zeit in der Principia verbracht, doch irgendwann hatte er Schriftrollen und Wachstafeln Schrift und Wachstafeln sein lassen und hatte sein Officium verlassen. Nach einer kleinen Runde durch das Castellum hatten ihn seine Schritte auf den Campus geführt.


    Er hielt sich am Rand des Platzes auf und beobachtet das Geschehen interessiert. Neben den Miles die ihre alltäglichen Übungen verrichteten galt sein Hauptaugenmerk der Gruppe Probati, die gerade um den Campus herum gejagt wurden. Auch wenn es lange her war, das er selbst Probati gescheucht hatte, er legte auch bei einer ganzen Legion unter seinem Kommando immer noch wert darauf, persönlich einen Eindruck von den jungen Probati zu bekommen.

  • Sie liefen, standen, wendeten, liefen erneut.


    Beim zweiten Durchgang wurden die Befehle schneller. Sie schossen durch die Luft, schwungvoll wie Pfeile.
    "Wie schön." dachte Titus. "Schnelles Laufen liegt mir mehr, als langsames Schreiten." - auch wenn er sich nun stärker darauf konzentrieren musste, den Worten des Centurio zu folgen.


    Aus den Augenwinkeln nahm Titus einen fremden Mann wahr, der den campus vor Kurzem betreten haben musste. Er kannte ihn vom Sehen noch nicht, hatte aber den Eindruck, dass er einer der höherrangigen Bewohner der castra sein musste, der sich schon weitaus längere Zeit, als er selbst hier aufhielt.


    Auch wenn sein Interesse nun geweckt war, lernte er doch gern fremde Gesichter kennen, entschied er sich recht schnell dazu, sich nicht lange ablenken zu lassen. Wie hätte er auch, hätte er die Reihe zum Stocken gebracht, dem Centurio erklären sollen, dass seine Gedanken für einen kurzen Moment, von ihm selbst und seinen Kameraden Abstand genommen hatten.
    Nicht hier, auf dem Exzerzierplatz und schon gar nicht am ersten Tag.

  • Einige der probati sahen so aus, als könnten sie das normale Marschtempo, das Licinus mittlerweile vorgab, nicht über längere Zeit würden halten können.
    Nun, sie würden bald sehen, dass es noch viel schlimmer kommen konnte, wenn sie zum Eil und gar zum Laufschritt übergehen würden.


    Vorerst konnte Licinus jedoch in einiger Entfernung die hochgewachsenen Gestalt des legatus ausmachen, im Moment noch in einiger Entfernung, jedoch deutlich an der Gruppe unter Licinus Leitung interessiert.
    Licinus entschied, dass so lange der legatus nicht näher kam ein Unterbrechen des Übungsbetriebes ein unötiges Unterfangen war, vielmehr vermutete er, nach seinen bisherigen Erfahrungen, dass sich der legatus ein Bild von den probati machen wollte.
    Also, dachte er, könne man die probati zeigen lassen, was sie wirklich drauf hatten und ließ ... halten!


    "Cooonsistite!"


    "Probati! Der Normalschritt scheint ja schon ganz gut zu klappen, aber seien wir ehrlich: das ist ja auch nicht zu schwer!
    Zeigen wir also dem legatus, was wir wirklich können. Gehen wir über zum Eilschritt!"


    "Probati! Aequatibus passibus et pleno gradu! Pergite"


    Als der centurio vom legatus gesprochen hatte, hatte er gleichzeitig mit dem Kopf in dessen Richtung gewiesen, so dass selbst dem dümmsten probatus klar sein musste, wer dort stand und sie beobachtete, so dass Licininus nun erwartete, dass alle ihr bestes gaben.
    Wie das Knallen einer Peitsche hallte seine Stimme über die probati hinweg, als Licinus das Marschtempo mit einem monotonen "-um -um -um" vorgab.

  • "Mein Gott, manche keuchen schon." dachte Titus ein wenig überrascht. Es war vergleichsweise warm an diesem Tag und der Stress, eine gute Figur zu machen, inklusive der ungewohnten langen Bewegungen sorgte zusätzlich dafür, dass man ins Schwitzen kam. Vom Keuchen allerdings sollte man noch lange entfernt sein.


    Der junge Decimer fing an, sich zu fragen, ob manche der jungen Männer von ihren Familien gezwungen worden waren, in die Legion einzutreten; weil es in der Tradition lag oder als ehrenhaft galt. In der Auxilia hätte er es verstanden, wenn sich Menschen meldeten, denen die Sportlichkeit nicht unbedingt im Leibe saß, denn die wollten das Bürgerrecht, aber hier .... - "Hey." ging ihm ein Licht auf. "Ich laufe schon fast ein bisschen automatisch."
    Viel Zeit zur Freude blieb ihm allerdings nicht, denn kurz darauf mussten sie halten.


    Als der Centurio befahl, die Geschwindigkeit der Schritte zu erhöhen, zog der Kamerad rechts von ihm hörbar die Luft ein. Titus war sich nicht sicher, ob der Centurio es mitbekommen hatte, doch er selbst hatte es deutlich vernommen. "Er wird sich sicher noch daran gewöhnen." sagte er gedanklich zu sich selbst und beschäftigte sich dann nicht weiter mit den Geräuschen, die in seiner unmittelbaren Nähe abgesondert wurden.


    Viel interessanter war, dass der Centurio sie darüber aufgeklärt hatte, dass der legatus den campus betreten hatte. Er würde sich sein Gesicht merken, so wie er sich jedes Gesicht merkte, das er einmal gesehen hatte.


    Auf den nächsten Befehl hin setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung, schneller, wie erwartet. Einige helle Köpfe taten sich daran, eine besonders gute Figur zu machen und besonders eifrig zu erscheinen, denn sie wussten, dass der erste Eindruck so ziemlich der wichtigste war und wenn man genau hinhörte, dann tanzte auch in der Stimme des Centurio der nicht ausgesprochene Befehl, sich diesmal besonders ins Zeug zu legen.

  • Was war die Anwesenheit eines ranghohen Offiziers doch für eine erstaunliche Motivanz! Licinus schmunzelte innerlich, als er merkte, dass einige der probati deutlich energiegeladener erschienen, als noch wenige Augenblicke zuvor.
    An und für sich ja eine gute Sache, aber dennoch versetzte ihnen Licinus einen Dämpfer.


    Während er weiter auschritt deutete er mit seiner vitis auf einen Mann, der besonders gut erscheinen wollte und rief:
    "He, du da! Nicht vorauseilen! Schritt halten! ...
    -um! -um! um!"


    Licinus sah sich weiter um. Ja, das sah gut aus, die Gruppe schien ein Talent für das Marschieren zu haben, da konnten sie schon bald zum Laufschritt übergehen.

  • "Ups." dachte sich wohl der eine Kamerad, der etwas vorschnell war. Kaum hatte er die Rüge des Centurio vernommen, passte er sich dem Schritt des Rests an.
    Einige der anderen probati, darunter Titus, überprüften vorsichtshalber, ob sie nicht auch zu schnell waren, sahen aber, dass es keinen Grund zur Sorge gab. Sie alle waren durchaus im Tempo.


    Sogar Licinus schien diesmal zufriedenzusein.

  • Einige Überquerungen des Platzes später, war Licinus dann auch wirklich zufrieden, zumindest dafür, dass man immernoch am ersten von vielen, vielen Übungstagen war.
    "Cooonsitite!" rief er und begab sich von der Seite, auf der er gelaufen war wieder vor die probati, wo ihn alle gut sehen und hören konnten.


    "Probati! Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch:
    Die schlechte: Wir werden jetzt das Tempo nochmal erhöhen und den Laufschritt proben.
    Die gute: Die Entwickler der Regularien waren genauso faule Säcke wie ihr und daher müsst ihr im Laufschritt keinen Gleichschritt halten."


    Licinus selbst war ja der Meinung, dass man mit hartem Training und gutem Willen auch das schaffen können musste, aber da die Armee es nicht verlangte sah er keinen Sinn darin, von seinen probati etwas zu verlangen, was sie nie mehr brauchen würden.


    "Der Laufschritt wird vor allem im Angriff verwendet um die letzten Schritt zwischen uns und dem Feind zu überqueren und die feindliche Formation mit dem Schwung aufzubrechen. Dabei ist es selbstverständlich so, dass wir unsere Formation unbedingt halten müsse. Wenn einer von euch vorausläuft ist er tot. Denn entweder erledigt der Feind ihn, oder ich, weil er so unglaublich dumm war."


    "Prooobati! Peeergite! Cursim! Cursim!*"


    befahl er den abmarsch und den Übergang zum Laufschritt und wann immer die jungen Männer langsamer wurden rief er wieder "Cursim! Cursim!" und knuffte die langsamsten mit der vitis in die Seite oder in den Rücken.

  • Bei der guten Nachricht ging wieder ein Grinsen durch die Reihen. Ein kleiner Witz, mal hier, mal da wirkte wirklich Wunder. Auch wenn alles sehr anstrengend war, hatte man so ein paar Sekunden zum Entspannen und Grinsen entspannte ungemein.


    Titus war sehr erstaunt, als der Centurio ihnen in seinem inzwischen gewohnt lauten Ton erklärte, warum es den Laufschritt gab und warum niemand vorauseilen sollte. Er erinnerte sich an einige der Gedanken, die er hegte, noch bevor er die castra betrat. Seiner damaligen Ansicht nach rechnete er damit, dass römische Soldaten in ihrer Ausbildung zuerst einmal machen, statt erfahren sollten. Ihm war schon am Anfang des Tages aufgefallen, dass er mit dieser Ansicht wohl einem kleinen Irrglauben unterlegen war, jetzt jedoch schämte er sich fast dafür, dass er einst dachte, hier im Lager würde, außer dem Körper, der Geist zunächst nicht angesprochen.


    "Gut, dass es doch anders ist." dachte er sich, denn der Decimer gehörte in jedem Fall zu den Menschen, die gern einen Sinn in ihren Handlungen sahen und gern wussten, warum sie etwas taten.
    Gern hätte er gewusst, ob es anderen ähnlich ging, aber hier und jetzt seine Nachbarn darauf anzusprechen, erschien ihm doch etwas unangemessen.


    Auf Befehl lief er dann los, mit den anderen. Etwas anderes wäre auch nicht möglich gewesen, schließlich stand er relativ in der Mitte.
    Was auch seinen Vorteil hatte, denn so gehörte er eher nicht zu denen, die manchmal leicht, aber doch recht häufig die vitis zu spüren bekamen.

  • Nachdem Licinus die Truppe ein noch ein paar Mal über den campus gescheucht hatte waren nicht nur die allermeisten der probati am Ende sondern auch der heutige Tag und so ließ Licinus die probati noch ein letztes Mal für den heutigen Tag antreten.


    "... Cooonsistite!"


    Dann geschah eine Zeit lang gar nicht, außer, dass Licinus seinen Blick über die probati streifen ließ und sie musterte.
    In Gedanken versuchte er zu jedem der jungen Männer einen ersten Eindruck zu formulieren und eine Einschätzung, ob sie die probatio durchstehen würden...

  • Da blieben sie wieder stehen. Sichtlich erschöpft. Obwohl es noch nicht einmal richtig Abend war, kam es manchen wohl so vor, als wären sie schon seit Jahren auf den Beinen.


    Auch Titus musste sich nun eingestehen, dass er die Anstrengungen des Tages in seinen Knochen spürte.
    Es wurde still. Sogar der Centurio verharrte für einige Augenblicke.


    Der junge Decimer rührte sich nicht, hier und da jedoch konnte er Blicke erkennen, die den Anschein erweckten, als hofften ihre Besitzer, sich bald vom campus entfernen zu dürfen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!