[Probatio] Grundausbildung Titus Decimus Vestinus

  • Als Licinus bemerkte, dass die probati langsamer wurden, kaum dass der "Beschuss" einsetzte war er gleich zu Stelle:


    "Na los ihr faulen Hunde! Pergite, verdammt noch mal!
    Gewöhnt euch besser schon mal dran!"


    blieb nur noch zu hoffen, dass er laut genug brüllte um den Krach zu überdecken. Irgendwie hate er leichte Zweifel daran.
    Doch trotz dieser Zweifel rückte die testudo immer weiter vor. Die "Angreifer" jedoch, wann immer die Truppe ihnen zu nahe kam, griffen nach ihren Ledersäcken und liefen ein Stück weiter zurück, um dann ihren "Angriff" zu erneuern.

  • Aus weiter Ferne hörte ich wie der centurio etwas schrie und obwohl ich nicht ganz verstehen konnte, was genau er sagte, entnahm ich den bröckelhaften Wortfetzen doch, dass wir uns bewegen sollten - trotz Beschuss.


    "Ja, nun geht schon weiter." maulte ein grobschlächtiger Typ aus der Reihe vor mir. "Sind doch nur ein paar Steine." Gut, zu sagen, wenn man noch keinen abbekommen hat, dachte ich, war zugleich jedoch ziemlich sicher, dass es noch keinen ernsthaft getroffen hatte, denn die Formation bewegte sich nun immer weiter vorwärts und gewann, so erschien es mir, von Sekunde zu Sekunde an Selbstsicherheit.

  • Als die "velites" sich bis an das Ende des campus zurückgezogen und die Übungsgruppe weit genug zu Ihnen aufgeschlossen hatte brüllte Licinus den Befehl anzuhalten und anschließend die testudo aufzulösen.
    Dann stellte er sich, leicht grinßend, vor seine Leute und rief Ihnen zu:
    "Und? Wie fandet ihr das?"


    Nachdem sie geantwortet hatten fuhr er fort.


    "Dabei war das noch gar nichts. Das waren nur eine handvoll Männer. Im Ernstfall werden es mehrere Hundert sein.
    Und Petersilie darf man sich auch nicht in die Ohren stecken, ist das klar?"


    es war ja schon schon anstrengend genug den ganzen Lärm zu überbrüllen, da konnte er nicht auch noch halbtaube Soldaten brauchen.

  • Wir dachten nicht, dass Licinus tatsächlich eine Antwort auf seine Frage wollte, deshalb hüllten wir uns in betretenes Schweigen und waren erst einmal froh, dass der Steinhagel vorläufig zu einem Ende gefunden hatte. Hier und da jedoch grinsten auch einige Soldaten, die das Ganze wohl spannend gefunden hatten.
    Naja, eigentlich keine schlechte Sache, das Adrenalin, dachte ich und stellte mir vor wie wir wohl später reagieren würden, wenn wir tatsächlich auf einem Schlachtfeld stünden. Sicher nicht mehr so nervös und auch aufmerksamer - ohne "Petersilie in den Ohren" fügte ich in Gedanken hinzu.

  • "Ich kann euch nicht hööören!!!" auf die erste Frage hatte Licinus zwar keine Antwort gewollt, die zweite war aber weit weniger rhetorisch gemeint.


    "Ein weiteres Problem in der Grundstellung sind Reiterei angriffe.
    Zum einen können sie probieren uns frontal anzugreifen und mit bloßer Wucht die Formation aufzubrechen. Für diesen Fall gibt es eine Verdeitigungsmöglichkeit, die ihr gleich üben könnt.
    Zum anderen können sie versuchen unsere Flanken anzugreifen. In dem Fall bilden wir ein agmen quadratum, das heißt, wir bilden ein Quadrat, dessen vier Seiten allesamt nach außen gucken. Jede seite von sich nimmt die Verteidigunghaltung ein.
    Soweit alles klar?"


    Licinus nahm sich Zeit um fragen zu beantworten, dass fuhr er fort:


    "Die Verteidigungsstellung sieht nun aus wie folgt. Die erste Reihe hält ihre Schilde vor sich, die hinteren Reihen stemmen sich gegen ihre Vordermänner.
    Wenn noch pila zur Verfügung stehen, werden diese zwischen den Schilde druch gesteckt, Spitzen nach vorne. Die hintersten Reihen machen sich dann wurfbereit.
    So ist der Aufprall für die Angreifer nicht weniger gefährlich als für uns."


    Licinus übersah nochmal die probati, dann rief er:


    "Wir üben es erstmal ohne pila, die legt ihr dort ab."
    "Reiter! Abwehrformation!"

  • In kleinen Grüppchen entfernten wir uns schrittweise zu der Stelle, an der wir die pila lagern sollten und legten sie dort ab.


    "Langsam fühle ich mich wie ein richtiger Soldat. Diese ganzen Formationen sprühen ja nur so vor Taktik." Behutsam legte der stämmige Soldat, dessen Worte ich vernehmen konnte, sein pilum ab und schaute fragend zu seinem Gesprächspartner, der ihm mit einem eifrigen Nicken zustimmte.


    Dann kehrten wir zurück und bezogen wieder Stellung.


    Einmal mehr stand ich in der Mitte und hatte so alles um mich herum relativ gut im Blick. Auch den Tollpatsch hinter mir, der mich schon ein paar Mal getreten hatte. Irgendwie war ich ja doch froh, dass wir das alles erstmal ohne pila übten.


    Wenige Minuten später standen wir gequetscht zwischen der Reihe vor und hinter uns, übten Druck auf die Vordermänner und wurden selbst bedrängt von denen hinter uns.
    "Puh, ganz schön kuschlig." sagte Severus. "Ob das immer so sein muss?"

  • Licinus ging die Formation ab und machte hier und dort immer wieder "Verbesserungsvorschläge". Diese klangen dann ungefähr so:


    "Den Schild höher, verdammt!"


    "Keinen Abstand halten. Schön dicht zusammen. Ihr müsst eine Mauer bilden, die die Pferde nicht verschieben könnten


    Nach einer Weile war er dann einigermaßen zufrieden und meinte
    "Dann zeigt mal war ihr halten könnt!"


    Daraufhin winkte er den Männern, die zuvor schon die Plänkler dargestellt hatten und diese rannten nun los, auf die Formation zu und krachten mit voller Wucht gegen die Schilde.
    Womit auch geklärt gewesen wäre, warum die Übung ohne pila stattfand.

  • Ein Stöhnen ging durch die ersten Reihen und irgendwo in meiner Nähe konnte ich einen Kameraden hören, der die probati in der ersten Reihe flüsternd als "Schwächlinge" bezeichnete.


    "Diesmal müssen wir nicht erst raten, was?" sagte ich zu Severus, der, wie ich, keinerlei Probleme hatte, seinen festen Stand zu halten.
    "Ne." sagte der. "Da sind eindeutig die von vorhin gegen uns geknallt - oder haben irgendwas gegen uns gedrückt." Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: "Na, wenigstens haben wir hier keine Probleme. Hat halt seine Vorteile, etwas weiter hinten zu stehen."
    Mit einem Nicken stimmte ich ihm zu und lauschte dann wieder den Geschehnissen. Es war ruhiger geworden und außerdem schienen die ersten Reihen nicht mehr zu wackeln.

  • Die Männer hielten den Druck nach dem Zusammenstoß noch einige Augenblicke aufrecht, dann ließen sie plötzlich ab und einige probati stolperten nach vorne.


    Licinus lächelte leicht und befahl dann:


    "Prooobati! Convenite!"


    Nachdem die probati dann angetreten waren ließ er noch eine kurze Ansprache hören
    "Sooo, da hattet ihr also eure ersten zwei Gefechte :D
    Lasst euch eines gesagt sein: Das war nur ein winziger Bruchteil dessen, was ihr wirklich aushalten müsst.
    Aber meine Aufgabe ist es euch vorzubereiten, nciht euch selbst umzubringen."

    wobei er sich da bei einigen seiner Kollegen nie so sicher war, wie die das sahen, aber das gehörte nicht hierher,
    "Ihr habt heute die Grundzüge römischer Taktik gelernt. Und jetzt habt ihr den ganzen Abend Zeit sie euch einzuprägen-:
    Mit anderen Worten: Schluss für heute.
    Zwei Runden. Anschließend könnt ihr in die Thermen gehen, oder was auch immer."


    "Prooobati abite!"

  • Ach, das ist aber schön, dachte ich, der ich noch nicht damit gerechnet hatte, dass der Tag schon an seinem Ende angelangt war.


    Nach und nach löste sich die Formation auf und mit Severus im Schlepptau vollführte ich die zwei Runden um den campus, die wir, wie jeden Abend, noch absolvieren mussten, bevor wir uns in die Quartiere begeben durften.
    "Na, das war doch mal was, was Vestinus?" fragte Severus, unvermittelt.
    "Klar." sagte ich. "Mir hat es heute auch Spaß gemacht. Die Formationen heute waren mal eine gute Abwechslung."
    "Jaja, es ist doch gut, zu wissen wie man sich mit dem ganzen Krempel doch bewegen kann."


    Wenig später begaben wir uns zusammen zu unserer Baracke.

  • Heute war ein besonderer Tag, heute würden aus den probati echte Männer, legionarrii.
    Licinus hatte die Männer beim Morgenapell als erstes zurück in die Baracken geschickt, ihre Paradeuniformen anzulegen.
    Bei der Anschließenden Inspektion war soweit alles gut gegangen, keiner der probati war in letzter Minute unvorteilhaft aufgefallen.
    Die Männer hatten in den letzten Monaten ein hartes Training abgeleistet und ihren centurio von ihrer Leistung überzeugt, was heute zu ihrer Ernennung führen würde.


    Nachdem die Kolonne vor dem tribunal angekommen war befahl Licinus zu halten.


    "Cooonsistite!!!" schallte es im lautesten Truppenparadeton über den campus.


    "Ad sinistram" nun schauten alle probati auf die hölzerne Konstruktion auf der gleich die Zeremonie vonstatten gehen würde


    "militeees state!"


    "Acieees dirigite!"


    nachdem die Reihen ausgerichtet waren begab sich Licinus selbst auf das tribunal.
    Noch einmal musterte er seine probati, ein letztes Mal alle zusammen, denn einige würden anderen Einheite zugeteil werden. Dann sah er im Augenwinkel einen wippenden Helmbusch auf sich zukommen und brüllte:
    "Ad adventio legati, oculos vostros aaad sinistram!"
    Er selbst vollführte eine halbe Rechtsdrehung und wartete darauf, dass der legatus ihn erreichte.
    Nach der obligatorischen erwiederung der Grüße meldete er:
    "Legate, nuntio: Ausbildungsgruppe unter centurio Iulius Licinus zur Ernennung angetreten!"

  • Ein Tuscheln raunte durch die Menge, als wir heute - hübscher gekleidet, als üblich - den Weg zum campus zurücklegten.
    "Endlich, endlich." freute sich Severus, der - wie auch in den letzten Monaten - einen Platz in meiner Nähe eingenommen hatte. Vermutlich waren wir so etwas wie Freunde geworden und natürlich hoffte ich nun, dass wir beide auch in Zukunft derselben Einheit zugeteilt sein würden - und wenn nicht, dann blieben uns wenigstens noch der Dienstschluss und die Lagerthermen.


    Ich grinste nur und sagte gar nichts. Das musste ich auch nicht, denn das Strahlen in meinen Augen verriet meine Stimmung schon ganz gut und manchmal bedurfte es eben keiner Worte, um auszudrücken, wie man sich fühlte. Momentan jedenfalls platzte ich vor Stolz und Neugierde in Erwartung der Dinge, die zukünftig auf uns zukommen sollten.


    Licinus war natürlich mal wieder vor uns allen da und ehe wir uns versahen, verteilte er auch schon eine Reihe Befehle. Gut nur, dass wir das inzwischen gewöhnt waren und nun in der Lage, so schnell zu reagieren wie er sprach. Alles andere wäre auch peinlich gewesen, da der Legat in diesem Moment den campus zu betreten schien und vor ihm wollten natürlich alle glänzen.

  • Neben Tiberius Vitamalacus, seinem ewigen Schatten Titus und dem Luchs Taranis, der wie so oft neben seinem Besitzer herlief, folgte ihm, mit kleinem Abstand und sichtbar bemüht, mit dem Tempo des Legatus mitzuhalten, der Vorsteher seiner Scriba in der Principia. Der Scriba trug eine kleine truhe, wie sie für den Transport von Schtriftrollen üblich war und kämpfte damit, trotz der Last einen würdigen Gang hinzulegen und dennoch nicht weiter zurück zu fallen.


    Den Gruss des Centurio erwiederte er mit gewohnter Präzession bevor er nur knapp sagte:


    "Dann wollen wir uns deine Männer mal ansehen, Centurio !"


    Kaum einer der Probati hatte den Legatus wohl wirklich nahe gesehen, höchstens einmal am Rand des Campus oder etwas näher, wenn er durch das Castellum ging. Heute allerdings bekamen sie ihn wirklich aus der Nähe zu sehen, mit aufrechtem Gang ging er auf die Probati zu, blieb vor dem Ersten stehen, wartete bis dieser Grüsste und erwiederte den Gruss. Die ganze Zeit musterte er dabei den Mann vor sich, mit kühlem, emotionslosem und doch scharfem Blick, genau jenem Blick, der schon unzählige Soldaten getroffen hatte. Ein Blick, der unweigerlich dazu führen konnte, auch das auch ein Mann, der sich bestens vorbereitet wähnte, verunsichern konnte. Waren die Calligae richtig geschnürt, sass das Cingulum richtig, war da auf der Rüstung nicht ein Staubkorn, war der Gruss nicht einen Tick zu lang, zu kurz ?


    Dieses Prozedere wiederholte sich bei jedem der Probati, bevor der Legatus sich wieder an den Centurio wandte.


    "Du kannst fortfahren !" sagte er knapp, gab dem Scriba ein Zeichen, so das dieser mit der Truhe mit ernennungsurkunden näher trat und sie geöffnet hielt, dabei der Centurio die Schriftrollen eine nach der anderen entnehmen konnte.

  • Während er dem legatus durch die Reihen der Männer folgte erinnerte er sich von ferne an seine eigene Ernennung zum legionarius einige Jahre zuvor. Dort war es zu keiner Musterung gekommen, allerdings war die Situation auch eine gänzlich andere gewesen. Die wenigsten der Rekruten seines Jahrganges hatten die Ausbildung komplett abgeschlossen, als der Krieg gegen Parthia begann und wurden daher vorzeitig ernannt. Damals hatte es auf dem Übungsmarsch nur eine kurze Ansprache gegeben.
    Heute hielt sich Licinus stehts in der Nähe des Tiberiers um etwaige Fragen, die der legatus haben könnte, beantworten zu können. Zu solchen kam es jedoch nicht.
    Nach der Musterung begann das Zeremoniell der Ernennungen, dass wir nun an einem Beispiel erklären wollen:
    Licinus entnahm der Kiste, die der Scriba hielt eine der Schriftrollen, entrollte sie feierlich und befahl:
    "Probatus Titus Decimus Vestinus! Progredde!"
    Als dieser nach vorn getreten war wartete nun Licinus darauf, dass er gegrüßt wurde, danach grüßte er zurück und überreichte die Schriftrolle mit den Worten "Probatus Titus Decimus Vestinus, hiermit ernenne ich, in Vertretung des legatus, im Namen unseres Imperators Gaius Ulpius Aelianus Valerianus, dich zum miles gregarius der legio prima. Mögest du dem Imperium lange und erfolgreich dienen."
    Nach einem erneuten Austausch von Grüßen hieß es dann
    "Miles Titus Decimus Vestinus! Regredde!"
    und der nächste probatus wurde aufgerufen und als miles zurück auf seinen Platz geschickt.

  • Kaum hatten wir die doch nervenaufreibende Musterung des Legaten hinter uns, betrat Licinus das Zentrum des Geschehens. Er griff in eine der Kisten und jeder war gespannt, wer wohl zuerst an der Reihe sein würde.


    Ich staunte nicht schlecht, als der centurio plötzlich meinen Namen rief. Damit hatte ich nicht gerechnet.


    Etwas nervös, doch aufrecht und voller Stolz trat ich nach vorn, grüßte und nahm meine Urkunde entgegen. Ich strahlte innerlich und hätte am Liebsten gleich einen Blick darauf geworfen. “Vielen Dank, centurio Licinus.” sagte ich. “Ich werde jetzt und in Zukunft alles geben.” Danach grüßten wir noch einmal und ich ging von dannen, reihte mich wieder in die Gemeinschaft der noch Wartenden ein.

  • Nachdem der letzte miles aufgerufen worden war, wartete Licinus ab, ob der legatus noch einige Worte an die milites richten wollte.
    Gleichzeitig fragte er sich, wie die Politiker auf den rostren es wohl aushielten solch lange reden zu halten. Er selbst konnte zwar, wie jeder centurio laut Befehle schreien, aber das ständige Reden während der Ernennungen hatte ihm die Kehle ziemlich trocken gemacht. Er freute sich schon darauf gleich in seiner Baracke einen Schluck kühle posca zu sich nehmen zu können.

  • Anscheinend wollte der legatus dies jedoch nicht, also vollführte Licinus seine letzte Pflicht.


    "Legionarii! Abite!" befahl er, dann wartete er, bis der legatus vom podium herabstieg und verließ dann seinerseits den campus.

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