[Ludus discendi] Die Xanthosschule

  • Thorgall:
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    "Ich werde gehen. Der Junge kennt nun den Weg, er wird es alleine nach Hause bringen...", erklärte Thorgall die Tatsache, dass die Duccii ihren Nachwuchs keineswegs mit Argusaugen überwachten, sondern ihm relativ viel Freiheit gönnten.. und damit auch eine ordentliche Portion Verantwortung.


    "So es dir beliebt. Ich werde dem Duumvirn ausrichten, wie du bezahlt werden willst, und er wird das seinige veranlassen."

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    "Dann bevorzuge ich eine wöchentliche Bezahlung. Richte das deinem Herrn aus."


    erklärte er und verabschiedete sich knapp, ehe er sich zu seiner Klasse umwandte. Zwei der Jungen hatten schon wieder die Köpfe zusammengesteckt, anstatt die Unterbrechung zu nutzen, um ihre Vokabeln noch einmal durchzugehen.


    "Sextus, Claudius, ich gehe nicht davon aus, ihr habt darüber gesprochen, wie die Deklination von 'Kyrios' - Herr - funktioniert, nicht wahr? Das könnt ihr sogleich eurem neuen Mitschüler erklären. Beherrscht du bereits ein wenig Griechisch, Duccius?"


    Die beiden Gescholtenen wirkten ziemlich ertappt, aber noch hatten sie einen kleinen Aufschub, darüber nachzudenken. Wirklich schwer war die Frage ja auch nicht angesichts der letzten Übung.





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Thorgall und der Magister unterhielten sich noch über die Bezahlung und irgendwelche Formalitäten, derweil pulte Dagwin sich Dreck unter den Fingernägeln heraus. In Zukunft würden sie nicht mehr so dreckig sein, er würde nicht mehr so oft auf der Hros helfen können, jetzt, wo er in die Schule ging.
    Als Meister Xanthos sich wieder der Klasse widmete und seine Stimme ertönte erschrak Dagwin kurz, da er kurz in Gedanken versunken war.
    Zwei der discipuli sollten ihm irgendetwas erklären, ein griechisches Wort.. Kürieoss .. oder so ähnlich.. Der Lehrer fragte ihn nach seinen Griechischkenntnissen, die nicht bescheiden aussahen, sondern gar nicht vorhanden waren. Das einzige Wort was er kannte war 'Jasu', womit er immer einen der Sklaven auf dem Hof gegrüßt hatte, nachdem er dem Jungen das Wort beigebracht hatte.


    "Ehm.." stotterte er.. "Jasu?" entgegnete er dann zarghaft, aber auch irgendwie stolz mit einem charmanten Grinsen.

  • [Blockierte Grafik: http://img818.imageshack.us/img818/7085/xanthos.jpg] | Meister Xanthos


    Die Augenbrauen des Lehrers zogen sich zusammen. Er hatte von diesem Wort bereits gehört, allerdings fragte er sich doch, wie es in den Kopf dieses Jungen gekommen war. Es war eine hässliche Verballhornung des Grußes "Chaire", vermutlich irgendein Dialekt, aber sicherlich kein Koine.


    "Welcher Banause hat dir das denn beigebracht? Das heißt Chaire und nichts anderes!"


    belehrte er den Jungen deshalb. Hoffentlich hatte er nicht noch mehr von diesen Dingen gelernt, denn das Austreiben eines Dialekts war oft weitaus schwieriger, als die gesamte Sprache neu zu lernen. Seine Verwandtschaft wäre wohl nicht sonderlich erfreut zu erfahren, dass ihr Sprössling sprach wie ein Bauer aus einem Dorf im Hochland von Thrakien...


    "Chaire entspricht dem lateinischen 'Salve'. Hast du noch mehr Worte gelernt?"


    Die beiden Jungen, die noch eine Deklinationsaufgabe hatten, schienen bereits zu hoffen, dass der Meister sie vergessen würde.





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Hey Dagwin! Super gemacht, du konntest dein gelerntes Wissen nicht zurückhalten und was hat es dir gebracht? Nichts, scheisse war es! Der Junge ärgerte sich ein wenig und sein Grinsen war ihm vergangen. Chaire also.. Jasu löschen und Chaire speichern!
    Dann fragte der magister ihn nach weiteren Worten, die er vielleicht wusste und die er ihm dann austreiben könnte.


    "Ehm.. ne Meister Xanthos, das war's.." entgegnete er also. Jetzt wusste sogar er, dass er richtig in der letzten Reihe saß, er hatte sich zum Deppen gemacht.

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    "Das ist kein großes Problem. Du wirst eben ein paar mehr Worte lernen müssen, aber Sextus hier hat auch erst vor kurzer Zeit angefangen."


    dozierte Xanthos weiter und sah dann doch noch auf die beiden Schwätzer von vorhin. Ehe er von ihnen die Deklination abhörte, fiel ihm allerdings doch noch etwas ein.


    "Vielleicht beginne ich aber erst damit, wie der Unterricht hier funktioniert: Wir beginnen morgens bei Sonnenaufgang. Ich erwarte, dass alle Schüler pünktlich und ausgeschlafen erscheinen, also bleibe nicht zu lange auf. Der Unterricht dauert bis zur neunten Stunde, unterbrochen von einer etwa einstündigen Pause um die Mittagszeit. Ansonsten machen wir gelegentlich kürzere Pausen, um den Stoff setzen lassen zu können."


    Damit waren wohl die ersten Dinge geklärt. Blieb noch die Vorstellungsrunde:


    "Vielleicht möchtest du dich außerdem kurz deinen Mitschülern vorstellen? Und dabei gleich erwähnen, was du schon kannst, damit ich weiß, wie ich dich einordnen muss?"





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Puh... alles doch nicht so schlimm, wie es erst zu sein schien!
    Zum Lernen war er ja hier, also schockte es ihn nicht besonders, dass er nun mehr lernen musste, immerhin war er ja wissbegierig! Das ihm das alles aber nocht so leicht fallen würde, wie er dachte, wusste er nicht.
    Meister Xanthos erklärte ihm den Ablauf seiner Schule, wann der Unterricht begann und aufhörte, wann es Pausen gab und so weiter.
    Als er dann etwas von Mitschülern und vorstellen sagte, schaute Dagwin gar nicht mehr so erfreut, kurzzeitig entglitten ihm sogar seine Gesichtszüge. Aber was sollte er machen? "Eh, ja .. ja kann ich machen Meister Xanthos." antwortete er zwar brav, wollte aber eigentlich sagen Alter du spinnst doch!.. mit einem unwohlen Gefühl stand er auf und schaute rund in die Augen seiner Klassenkammeraden.
    Wie fing er jetzt nun an? Was gab es denn groß zu erzählen? Er war auf einem Hof aufgewachsen fern der Stadt, er war also quasi ein Dorftrottel! Nein, das konnte er nicht sagen, immerhin war er ein Duccier! Er dachte an seinen Vater und nahm all seinen Mut zusammen, schluckte den großen Kloß im Hals herunter und fing an.
    "Salve!" gut Dagwin! Weiter so! "Mein Name ist Faustus Duccius Decula und ich bin 10 Winter alt." Die ersten Worte waren raus, das lief doch!
    Aber was sollte er jetzt noch erzählen? Er überlegte kurz und sprach dann "Mein Latein ist eigentlich ganz gut.." fing er an, dann merkte er, wie schon der Schweiß von seinen Fingerspitzen tropfte und plötzlich setzte es bei ihm aus. "Meyn Gärmanüsch is abo au' nischt von de' schleschte Eldern, do nennd' man misch au Dägwin." URGS! Innerlich schlug er seinen Handballen vor sein Gesicht, rein aus Reflex, bevor er überhaupt begriff was er da gerade gesagt hatte. Was er gerade gesagt hatte würde keiner verstanden haben, zumindest hatte er noch keinen anderen germanischen Jungen außer ihm selbst in diesem Raum gesehen und der Lehrer konnte bestimmt nicht Germanisch! Jetzt stand er da und zog den linken Mundwinkel weiter nach außen, die rechte Augenbraue hoch und runzelte die Stirn. Mit großen Augen wartete er auf das Gelächter.

  • [Blockierte Grafik: http://img818.imageshack.us/img818/7085/xanthos.jpg] | Meister Xanthos


    Das Beherrschen des Lateinischen war keine besondere Fähigkeit - sie war vielmehr Voraussetzung dafür, hier die Schule zu besuchen. Das hing allerdings auch damit zusammen, dass Xanthos aus Prinzip darauf verzichtet hatte, den hiesigen Germanendialekt oder überhaupt eine andere Sprache als Latein und Griechisch zu erlernen. Und daher konnte er auch nicht verstehen, was Decula nun sagte. Stattdessen vermutete er, dass der kleine Germane irgendeinen germanischen Fluch ausgestoßen hatte, so peinlich wie ihm das jetzt schien.


    "Wir sprechen in diesem Raum ausschließlich zivilisierte Sprachen. Du wirst hier das Lesen und Schreiben lernen, außerdem Grundlagen der griechischen Koine. Nebenbei werden wir uns mit der Arithmetik beschäftigen und vielleicht ein wenig mit euklidischer Geometrie."


    erklärte er mit missbilligendem Gesichtsausdruck.


    "Nun aber zu deinen Kameraden: Plaguleius, Numicius Victorius, Volscius, Seppius, Pupius, Claudius und Sextus."


    Er deutete immer auf den betreffenden Jungen, der dann meist mit einem kurzen Nicken, einem Lächeln oder einem abschätzenden Blick den Neuen begrüßte.


    "Nun aber zu unseren beiden Schwätzern. Dazu muss ich vielleicht voraussenden, dass das Griechische dem Lateinischen nicht unähnlich ist. Wir haben bei den Substantiven, also den Namenwörtern - das sind allgemein Namen oder Gegenstände, aber auch abstrakte Begriffe wie Staat oder Liebe - verschiedene Fälle, allerdings nur fünf statt sechs wie bei uns. Aber das ist vielleicht ein wenig viel am Anfang. Wir werden das alles im Lateinischen bald schon für die Jüngeren repetieren. Da einige deiner Kameraden bereits längere Zeit meine Schule besuchen, werden verschiedene Stoffe parallel behandelt. Du solltest aber darauf achten, was die anderen lernen und dem Unterricht nach deinen Möglichkeiten folgen. Du kannst dir also bereits versuchen einzuprägen, wie Kyrios, der Herr, dekliniert wird.


    Also Sextus, beginne!"


    Der genannte Schüler erhob sich und blickte zu Boden. Hinter ihm begann Pupius, etwas vor sich hinzunuscheln. Dann plötzlich schien Sextus sich zu erinnern:


    "Kyrios - Kyriou - Kyrioi-"


    Mit erhobener Hand gebot Xanthos dem Schüler Einhalt und deutete auf den benachbarten Claudius, der die Reihe vollendete.


    "Kyri...on - Kyrie!"





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Puh! Da hatte der junge Dagwin aber noch einmal Schwein gehabt. Meister Xanthos strafte ihn nicht mit bösen Wörtern, sondern belehrte ihn mit Wissen. Sein Blick ließ dennoch darauf schließen, dass er dem Germanischen nicht gerade viel abgewann, verblümt ausgedrückt. Germanisch zählte also nicht zu den zivilisierten Sprachen, was der Junge zwar nachvollziehen konnte (er hatte sich ja von Castor viel erzählen lassen), sich aber etwas beleidigt fühlte.


    Während der Lehrer die beiden Schüler ermahnte und belehrte, die gequatcht hatten, versuchte Dagwin alles aufzuschreiben, was er sagte. Das fiel ihm nicht ganz leicht, er konnte zwar Latein schreiben, aber gleichzeitig zuhören und schreiben war fast unmöglich! Meister Xanthos redete viel zu schnell. Das mit dem Kyrios - Herr, hatte er allerdings verstanden.

  • [Blockierte Grafik: http://img818.imageshack.us/img818/7085/xanthos.jpg] | Meister Xanthos


    Der Lehrer nickte zufrieden - offensichtlich hatte die korrekte Deklination ihn zumindest etwas zufriedengestellt. Er fuhr damit fort, noch einiges über die Deklinationen des Griechischen zu erzählen, als er plötzlich feststellte, dass der Neue eifrig mit seiner Tabula beschäftigt war. Da er ein Elementarlehrer war, ging er nicht davon aus, dass der Junge mitschrieb - also beschäftigte er sich wohl fremd!


    "Was malst du denn da, Duccius?"


    herrschte er ihn an und trat auf ihn zu. Der Blick über seine lange Nase hinweg zeigte ihm aber rasch, dass Decula keineswegs vor sich hinkritzelte.


    "Oh, kannst du bereits lesen und schreiben?"





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Völlig aus den Gedanken, die komplett auf seine Tabula fixiert waren, gerissen, schaute er mit schmalem Mund zu Meister Xanthos hoch.
    Anscheinend war es etwas besonderes, dass er bereits schreiben konnte. Hier hätte der Junge jetzt richtig punkten können, WENN er denn wirklich schreiben könnte.
    "Also ich kenne die lateinischen Buchstaben.." erklärte er dem Lehrer. Castor hatte ihm alle nach der Reihe aufgeschrieben und ihm einiges zu Wortbildungen erklärt, was allerdings noch längst nicht reichte, um ganze Sätze fließend aufzuschreiben! "wenn ich mich konzentriere, kann ich manche Wörter aufschreiben!" sagte er denn aber doch etwas stolz. "Ich höre gut zu, wiederhole das Wort oft in meinem Kopf und versuche dann die Buchstaben einen nach dem anderen aneinander zu reihen."
    Natürlich funktionierte dieses System nur bedingt, denn auf seiner Tabula stand folgendes:



    Kirios - der Herr


    Kirios
    Kiriou
    Kirioi
    Kirion
    Kirie


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    Erstaunt nahm Xanthos die Tabula und betrachtete sie. Der Junge beherrschte die Buchstaben tatsächlich ganz gut - auch wenn es natürlich irgendwie unangebracht war, griechische Nomen in lateinischen Buchstaben zu schreiben.


    "Das ist natürlich...außerordentlich!"


    bemerkte er deshalb. Das Eintrichtern des Alphabets war der größte Teil des ersten Lehrjahres in seiner Schule, aber offensichtlich konnte man das bei diesem Schüler weglassen und gleich zum Griechischen kommen.


    "Im Grunde ist das sehr gut, die meisten lateinischen Worte werden schlicht so geschrieben, wie sie ausgesprochen werden - wenn wir mal von der etwas unstringenten Verwendung von 'C' und 'K' absehen...


    Allerdings sind wir augenblicklich beim Griechischen, das ein eigenes Alphabet besitzt. Vielleicht wiederholen wir das!"


    Er sah zu den Schülern, die teilweise etwas verdrießlich dreinblickten.


    "Die Älteren im Chor das Alphabet! Alpha - Beta - Gamma..."


    Die Schüler erhoben sich ein wenig träge und führten die Liste fort. Etwa bei der Hälfte trat der Lehrer einen Schritt zurück und deutete auf einer Tafel auf die Zeichen für den jeweiligen Buchstaben. Als sie geendet hatten, ließ er eine kurze Pause, ehe er sagte:


    "Und nun der Lautwert jedes Buchstabens: a - b - g - d - e - dz oder zd..."


    Nachdem sie wieder durch waren, ließ Xanthos das Alphabet nochmals aufsagen, diesmal aber gleich in Verbindung von Bezeichnung und Lautwert, sodass der neue Schüler sich dies vielleicht etwas einprägen konnte...





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Natürlich freute es Dagwin, dass der Lehrer seine geringen Fertigkeiten bereits als "außerordentlich" ansah, doch eine Sache gefiel ihm dabei nicht: Die anderen Schüler warfen ihm böse Blicke zu. Hier würde er sich wohl keine Freunde machen können..
    Im Chor sagten sie dann schon ziemlich gelangweilt und genervt das Alphabet für Dagwin auf. Er konzentrierte sich und hörte genau zu und selbiges tat er bei den Lautwerten.
    Eine ziemlich schwierige Sprache! Aber: Dagwin hatte große Ziele und somit hatte er diese Sprache halt zu lernen, allerdings lag ihm sein Latein deutlich mehr am Herzen, denn da musste man noch an einigen Ecken und kannten schleifen!

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    Den Rest des Tages wiederholten sie die griechischen Buchstaben und machten einige Buchstabierungsübungen für einfache Worte. Zum Abschluss schien der alte Meister allerdings noch einmal auf den Anfang zurückgehen zu wollen:


    "Nun, Duccius, zum Abschluss eine kleine Transfer-Übung! Kannst du mir das Wort hippos, das Pferd, deklinieren?"





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Auch wenn Dagwin der Anfang des Unterrichts recht leicht fiel, schwitzte er ganz schön bei den folgenden Abschnitten. Manchmal war er wirklich froh, dass sich andere gemeldet hatten und die Antwort wussten, so gab es keine bedrohliche, gefährlich Stille, in der der Lehrer den Jungen hätte fragen können.
    Am Ende der Stunde wurde der Duccier allerdings nochmal etwas vom Anfang der Stunde gefragt und wenn es ihn nicht täuschte, wusste er sogar die Antwort.


    "Ja, Magister.." entgegnete er.


    "Hippos
    Hippou
    Hippoi
    Hippon
    Hippie!"
    So, das war geschafft! Und es sollte auch eigentlich richtig sein.

  • [Blockierte Grafik: http://img818.imageshack.us/img818/7085/xanthos.jpg] | Meister Xanthos


    Die Wochen zogen ins Land und Dagwin wurde immer weiter getriezt mit Grammatik, den römischen Zahlen und griechischen Vokabeln. Heute allerdings stand eines der Lieblingsthemen des alten Lehrers an: Geometrie!


    Zu diesem Zweck hatte er eine große Karte an den Nagel hinter seinem Katheder gehängt, auf der geometrische Formen abgebildet waren. Einführend begann er mit ersten Erklärungen:


    "Heute beginnen wir mit der Geometrie. Die Geometrie ist, wie der Name schon sagt, Erdmaß oder Landmessung, also die Wissenschaft der räumlichen Maße und ihrer Verhältnisse. Wir Griechen haben vieles dazu herausgefunden, aber auch ihr Römer seid groß darin. Solltet ihr eines Tages nach Rom kommen, werdet ihr Bauwerke wie das Amphitheatrum Flavium oder den Pantheon sehen, die nur dank dieser präzisen und exakten Wissenschaft entstehen konnten. Gebt also gut Acht, dann werdet auch ihr eines Tages große Architekten werden und einen kleinen Abglanz Roms in dieses Nest bringen können."


    Zwar würde es kaum genügen, was Xanthos ihnen hier beibringen konnte, aber den einen oder anderen Schüler konnte er doch dafür begeistern.


    "Die einfachste Größe in der Geometrie ist der Punkt. Er besitzt keine Fläche, sondern bezeichnet einfach eine Position auf der Fläche. Etwa den Schnittpunkt zweier Linien."


    Mit einem Zeigestock deutete er auf eine schnurgerade Linie, die ebenfalls auf der Karte abgebildet war.


    "Was ist das hier? Duccius?"


    Der Stock schnellte in die Schülermenge und deutete schließlich auf den jungen Germanen in der letzten Reihe.





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Der Frühling war gekommen! Herrlich! Die Stadt fing an aufzublühen und auf irgendeine Weise veränderten sich die Gemüter der Leute, jedenfalls kam es Dagwin so vor. Leider änderte der Frühling nichts an der Tatsache, dass die Kinder und Jugendlichen von Mogontiacum die Schule besuchen mussten. So saß der strebsame Duccier wieder auf seinem Hocker in der letzten Reihe und lauschte Meister Xanthos Worten.
    Heute stand Mathematik auf dem Programm! Toooll... dachte sich Dagwin nur, denn dieses Fach war leider gar nicht seine Stärke, allerdings war er bestrebt daran, dies zu ändern! Er würde später in die Fußstapfen seiner Familienmitglieder treten wollen und die konnten bestimmt ganz gut Mathematik, denn sie hatten Positionen sowohl in der Stadtverwaltung als auch in der Politik.
    Glücklicherweise startete der Magister mit der Geometrie, eine Sache, die der junge Germane wenigstens noch sachlich nachvollziehen konnte, das visuelle half ihm da doch schon ziemlich.


    Nachdem der Lehrer ein paar Sachen erklärte, kam Dagwin an die Reihe. Der lange Stock, der schon manchem Schüler den Angstschweiß von der Stirn laufen ließ, zeigte direkt auf ihn und als wäre das noch nicht genug Anspannung, taten es ihm die Augen der übrigen Schüler gleich!


    Was war das denn jetzt bloß? Er durfte sich jetzt nicht blamieren!


    "Ein.. ein.. ehm..." Mensch jetzt sags doch endlich! "Ein Strich?" kam vorsichtig und zaghaft über seine Lippen. Vielleicht hatte er ja Glück.

  • [Blockierte Grafik: http://img818.imageshack.us/img818/7085/xanthos.jpg] | Meister Xanthos


    Die Antwort des Ducciers amüsierte Meister Xanthos ein wenig, aber natürlich konnte ein Neuling in der Schule es nicht besser wissen. Er stützte sich wieder auf seinen Zeigestab und begann zu erklären:


    "Strich ist keine geometrische Kategorie. Der Mathematiker spricht vielmehr von Strecken und Geraden, wenn es um das geht, was wir gemeinhin 'Strich' nennen. Hast du eine Idee, was der Unterschied sein könnte?"


    fragte er dann gleich weiter.





    MAGISTER - LUDUS XANTHOU

  • Etwas eingeschüchtert vom Peinlichkeitsgrad seiner Antwort, überlegte er kurz, ob er vielleicht die Antwort wusste.
    Ein Strich, ein Strich.. eine Gerade, eine Gerade und eine Strecke, eine Strecke...
    Vor seinem Gesicht fing er an mit seinem Fingern Striche, Geraden und Strecken in abstruser Gestik zu zeichnen, seine Zunge lugte aus seinem rechten Mundwinkel hinaus - höchste Konzentration!


    Viel Zeit hatte er nicht dafür, aber ein wenig nahm er sich schon, dann meldete er sich.


    "Also ein Strich kann ja auch Krumm sein und eine Gerade wäre ja dann gerade oder?" eine Gerade wäre ja dann gerade? Für Dagwin war das logisch und er hatte bestimmt Recht, aber die Formulierung war eher wieder Peinlichkeitsgrad "Stufe Dumm" auf einer Skala von 1 - Vollidiot.
    Doch er fuhr weiter fort "Und ein Strich kann ja unendlich lang sein, je nach Tabula oder so.." Dagwin! Komm zur Sache! "Ja und eine Strecke hingegen hat ja nur eine bestimmte Länge, also wie zum Beispiel von hier bis zu mir nach Hause.. ?" sein letzter Satz, der ebenfalls eine Antwort sein sollte, klang eher nach einer Frage von der Betonung her, denn seine Stimme ging am Ende nach oben, er war sich unsicher, obwohl es eigentlich stimmen musste!

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