Die Tage nach der Abgabe meines Amtes erschienen mir wie selige Leichtigkeit, gepaart mit einem nicht zu unterdrückenden Gefühls der Leichtigkeit des Seins. Der Gestank des Hafens zu Ostia hatte mich verlassen, die ewigen Verkehrskontrollen, bei denen ich mindestens ebenso viel Staub geschluckt hatte wie jene Männer, die üblicherweise auf die Einhaltung der Regularien zu achten hatten, und es tat gut, einige Tage nacheinander nicht mehr per pedes zu verbringen, sondern einfach nur zuhause herum lungern zu können. Zwar bereitete sich in der villa Flavia alles auf die große Hochzeit vor, aber es war mir gelungen, dem ganzen Durcheinander zu entgehen - zweifelsohne hatte ich auf meinen Ausflügen in die Politik in der Kunst, unangenehmen Aufgaben und Einflüssen zu entgehen, entscheidend dazugelernt - sodass ich mich an diesem schönen Tag, einige Tage vor dem angesetzten Hochzeitstermin meines Vetters Aristides mit der schönen Claudierin Epicharis in die Stadt davon gestohlen hatte, ohne Eskorte, ohne sonstwen, um einige Stunden der Stille zu genießen.
Ich war der Ansicht, dass ich sie mir redlich verdient hatte, und war entsprechend auch entschlossen, sie zu genießen. Nicht einmal Bridhe hatte ích mitgenommen, oder sonst einen Sklaven des Haushalts, ich wollte nicht unbedingt sofort als Patrizier auffallen und in aller Ruhe zwischen Ständen und Läden herumstreunen können. Dass mein Haar seit Tagen nicht mehr geschnitten worden war, gab mir glücklicherweise mehr den Anstrich eines Müßiggängers denn den eines gewesenen Staatsdieners - und die einfache, weiße tunica, die ich mir für heute gewählt hatte, sollte neugierigen Blicken bedeuten, dass bei mir nicht viel zu holen war.
Wann war die Leichtigkeit verloren gegangen, die ich früher gespürt hatte, wenn es um das Genießen so einfacher Dinge gegangen war? Wahrscheinlich war sie irgendwo im Moloch Rom auf der Strecke geblieben, zu Boden getrampelt von rücksichtslosen Schleimern und Speichelleckern, sodass mir nichts weiter blieb als mir einige Stunden zu stehlen, wenn es nötig war. Glücklicherweise gab Gracchus seinen Klienten immernoch großzügige sportulae aus, sodass ich eine Wegzehrung dabei hatte, die zudem kostenlos gewesen war, und so trabte ich eine belebte Seitenstraße entlang, in der sich viele kleine Lädchen mit Töpfer- und Schneiderwaren aneinander reihten.
Es gab viel zu sehen, und ich ließ meinen Blick zwischen die Statuetten und Stoffe gleiten, verlor mich in Mustern und Kunsthandwerk, ohne wirklich etwas suchen zu wollen, eine Betrachtung ob des Betrachtens willens. Irgend etwas passendes würde ich für Aristides und seine Gemahlin noch finden müssen, aber ich hatte keine rechte Idee und hatte gehofft, ich würde eine Inspiration finden - die allerdings, wie es natürlich sein musste - auf sich warten ließ. Wenn man kein Glück hatte, kam für gewöhnlich auch noch Pech mit dazu. Wann hatte ich das letzte Mal mit Prisca gesprochen?
Es musste eine halbe Ewigkeit her sein, so schien es mir, aber ich wusste auch, dass solch delikate Entscheidungen wie Verlobungen nichts waren, wobei man drängen durfte oder die Familie einen zu großen Eifer erahnen zu lassen. Sicher war eine Verbindung mit den Aureliern für die Zukunft von Vorteil, aber letztendlich hatte ich es auch nicht eilig mit einer solchen Bindung - und Prisca schien mir einmal mehr wie eine Frau, die sich nicht unter Wert würde verkaufen wollen, eine angemessene Zeit des Werbens und Spielens musste dabei schon sein. Ich würde ihr demnächst wohl wieder ein Geschenk schicken, und vielleicht einen Brief, um ihre Träume wieder mit Nahrung zu erfüllen ... ja, warum nicht.
Während ich also von Laden zu Laden schweifte, die vielfältigen Versuche der Händler und Ladenbesitzer sträflich missachtend, mich mit lockenden Worten in das Innere dieser meist düsteren Klitschen zu bekommen, war ich relativ blind für meine Umgebung, letztendlich erwartete ich auch nicht, irgend etwas Besonderes zu sehen, und die letzten Wochen hatten auch meinen Hunger nach weiblicher Gesellschaft dank so vieler zu erledigender Aufgaben deutlich erstickt. Wahrscheinlich hätte Helena von Troja an mir vorübergehen können, und ich hätte sie nicht einmal ansatzweise bemerkt ... und so bemerkte ich auch nicht jenen Blick, der mich seit einiger Zeit immer mal wieder flüchtig taxiert hatte.
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