Ich hatte definitiv ein Problem. Während mein Blick über die Menschen glitt, die sich an diesem eigentlich normal wirkenden Tag über das forum Romanum bewegten, kam ich bei allem Überlegen und Grübeln über meine gewesene Tätigkeit nur zu dem Schluss, dass die res gestae von meiner Seite aus ein riesiges Problem sein würden, denn im Grunde hatte ich nichts zu erzählen. Als quaestor urbanus verrichtete man vor allem eines: Viel Papyruskramarbeit, gemischt mit Laufarbeit. Eindrucksvolle Taten und herausragendes Handeln hatte es für mich nicht gegeben, dazu gab es weitaus mehr Möglichkeiten bei anderen Tätigkeiten eines quaestors, aber ich hatte es mir so ausgesucht, jetzt musste ich meine Amtszeit auch irgendwie gewinnbringend verkaufen und an den Mann, respektive die politikinteressierte Frau bringen. Wenigstens war es nicht zu voll um diese Tageszeit, eine unspektakulär anmutende Rede vor vollem forum zu halten, war ungleich peinlicher.
Ich räusperte mich mehrfach, bevor ich mich mit einem Kopfnicken von meinen Klienten verabschiedete und schließlich den Weg zur rostra antrat, innerlich deutlich aufgeregter, als ich es sehen ließ - wenigstens diese Form der Selbstbeherrschung hatte ich während meines politischen Wirkens bisher ganz gut erlernt und erproben können. Es gab schließlich auch Redner, die sich von den äußeren Anzeichen der Nervosität verunsichern ließen, und sich damit deutlich mehr im Weg standen als einer, der gelassen wirkte und vielleicht nicht viel zu sagen hatte. Dennoch wünschte ich mir schon bevor ich weithin sichtbar meinen Platz einnahm, dass ich möglichst schnell wieder wegkommen würde. Fumum vendidi, oder die Kunst, etwas nicht aufregendes interessant zu verkaufen.
"Quirites! Wieder kann ich auf ein Jahr zurückblicken, welches damit begann, dass mir der Senat von Rom die Ehre hat zuteil werden lassen, mich mit großer Mehrheit für das Amt des quaestor urbanus zu bestimmen. Wie ihr sicher alle wisst, umfasst diese ehrenvolle Tätigkeit die Überwachung der Reisewege in und um Rom, insbesondere jene, welche unsere glorreiche Stadt mit Ostia verbinden, der Lebensader Roms, durch welche täglich neue, wichtige Waren wie Nahrungsmittel, Stoffe und andere Dinge hierher gebracht werden, um euch und eure Familien zu erfreuen - ebenso oblag es meiner Aufsicht, Strafen für all jene zu verhängen, die sich nicht den Reisegesetzen entsprechend verhalten haben.
Wer des nachts noch unterwegs ist, weiss, wieviele Karren sich durch Rom winden, und all jene müssen unsere Stadtgrenzen passieren und überwacht werden - den damit entstehenden Verwaltungsaufwand hatte ich ebenso zu prüfen wie auch die Pflichttreue jener, die im Dienste Roms die einzelnen Waren und Karren überprüfen. So hatte ich auch die Gelegenheit, meine Kenntnisse der täglichen Abläufe, welche unsere Stadt am Leben erhalten, zu erweitern und dafür zu sorgen, dass ihr nicht missen musstet, woran ihr euch gewöhnt habt - volle Märkte und erträgliche Wartezeiten, solltet ihr das Gewerbe der Händler ausüben.
Ich könnte euch nun vieles über jene Dinge erzählen, die ich erlebt habe und die sich immer wieder an verschiedenen Orten ereignet haben, und ebenso zum Tagesgeschäft eines quaestor urbanus gehören wie die schriftlichen Arbeiten, die für jedermann zugänglich in unseren Archiven bewahrt werden. Doch wäre dies wohl kaum dem angemessen, was ihr von den res gestae eines gewesenen Magistraten erwarten dürft - eine sinnvolle Information. So will ich es dabei belassen, dass der Verkehr im großen und ganzen reibungslos funktioniert hat, dass die Waren abgefertigt werden konnten, die dessen bedurften, und dass auch heute noch der Handel in bester Manier floriert, getragen von jenen Lieferungen aus fernen Teilen des römischen Imperiums. So mögen die vollen Märkte, zufriedenen Reisenden und ein funktionierendes System für mich sprechen, nicht eine Aufzählung all der kleinen und kleinsten Dinge, die für dieses Ergebnis notwendig waren.
Mein Dank soll all jenen gelten, die durch ihre tägliche Arbeit dazu beitragen, dass Rom so erstklassig versorgt wird, wie wir es uns alle wünschen, und wenn ihr noch Fragen haben solltet, stehe ich gerne zur Verfügung."