Weit, weit Weg von den Märkten führte Hannibal die rothaarige Keltin und Sklavin des claudischen Haushaltes. Zielstrebig hatte er auf eine Straße zugehalten und war durch das Viertel vom Aventin geschlendert. Eine Zeit lang hatte man den Tiber sehen können, der sich zwischen Insulae und verwinkelten Gassenlabyrinthen hindurch schlängelte. Doch die wirklich tiefen Anteile des Aventin, wo es durchaus schon schlimm zugehen konnte, die hatte Hannibal gemieden. Denn im Aventin hatte er immer noch den ein oder anderen Kontrahenten, dem er zufällig auf der Straße begegnen konnte. Und darauf war Hannibal an jenem Tag nicht sonderlich aus. An schönen Stadthäusern und noch hübschen Gartenanlagen lief Hannibal vorbei. Und auf der Höhe noch mit einem Ausblick auf die vielen Dächer. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Das Gesicht entspannt und mit einem freundlichen Ausdruck belegt. "Rom ist schön und prächtig." , meinte Hannibal mit einem Seitenblick zu Fiona. Nachdenklich betrachtete Hannibal die Sklavin. Wahrscheinlich hatte sie bisher nur die Villen gesehen, in denen Epicharis verkehrte. Dann noch die Märkte, in denen die Waren wie aus einem Füllhorn des Reichtums hervor quollen. Aber Rom kennen gelernt, das hatte die Sklavin bestimmt noch nicht. Eigentlich die Tempel im Sinne, änderte Hannibal seinen Plan. Schlendernd, aber erneut zielstrebig, hielt er auf das Kolosseum zu.
Dem flavischen Theater, das zwischen einigen anderen Bauten hervor ragte, warf Hannibal nur einen schnellen Blick zu und strebte in der Straße weiter. Auf ein Viertel zu, in dem Hannibal lange gelebt hat. Ein Viertel, was eine Zeit lang einen wichtigen Schatz beherbergte und in dem er diesen auch verlor. Sein Gesicht wurde etwas verschlossener als er die ersten Bauten sah, die ihm doch so sehr bekannt waren. Eine große Hauptstraße schritt Hannibal entlang ehe er mit Fiona sich in eine Seitengasse schlug. Und es war als ob die Nacht auf den Tag folgte, Schatten dem Licht, denn der Prunk und die edlen Häuser waren hier nicht mehr zu sehen. Eng gebaute Insulae, schmutzige Straßen, die Gerüche von Müll, Fäkalien und Mensch und Tier stiegen in die Nase, zudem von den zahlreichen Handwerkerwerkstätten, die es auch hier gab, vom Gerber in Tiberrichtung bis zum Färber mit den riesigen und intensiv riechenden Bottichen, in denen sie die Tücher tauchten. Einige Hühner flatterten auf, eine Ratte wurde von einem Mahl verscheucht und sie huschte in eine Lücke zwischen den Mauern.
Hannibal sah an einer Insulae hinauf. "Rom ist nicht überall schön. Komm'. Hier im Viertel sollte man nicht zu lange verweilen. Das ist die Subura." Ein Viertel, was für die Betuchten schön verrucht war. In dem sie sich manchmal schlichen, um sich zu vergnügen. Aber es war nun mal auch ein Viertel, was für viele Menschen bittere Realität war. Wie am Aventin in den Elendsvierteln. Die Augen einer rundlichen Frau in einer einfachen, knie langen Tunika verfolgte die Beiden. Ein mageres Kind lehnte gegen eine schmutzig graue Wand und kaute auf einem Zweig herum. Einige Männer, die aussahen als ob sie die harte Arbeit gewöhnt waren, schritten an Hannibal vorbei. Ohne ihn zu beachten. In einer Nebenstraße lag ein Mann, von dem der Dunst des Weines säuerlich bis zu Hannibal zu riechen war. "Rom ist nicht überall schön!" , wiederholte Hannibal. "Die meisten Römer leben schlimmer als wir es tun." Zynisch hob sich ein Mundwinkel von Hannibal. Er beneidete nicht den im Suff liegenden Mann, aber viele hier um die Möglichkeit zu Wählen, gleichwohl ihre Wahl auch begrenzt war. "Dafür umso lebendiger als manch eine Villa in Rom."