~Prolog~
Das Wichtigste im Leben einer Patrizierin waren drei Dinge: Erstens: mit einer guten Partie vermählt zu werden. Zweitens, aus dieser Beziehung heraus Kinder zu gebären. Drittens, stets auf dem Laufenden mit der aktuellen Mode zu sein. Ein nichteinhalten auch nur eines dieser Punkte, konnte den gesellschaftlichen Tod nach sich ziehen. Daher war die Frau von Welt gut beraten, wenn sie stets diese drei Punkte im Auge behielt. Punkt eins konnte selbst nach einer jahrelang bestehenden Ehe wieder akut werden. Ebenso Punkt zwei. Punkt drei hingegen war eine Konstante im Leben einer jeden Frau, die Teil der feinen Gesellschaft sein wollte. Um nicht der Mode hinterher hinken zu müssen, war es daher unabdingbar, sich auf dem neuesten Stand zu halten. Dieses Unternehmen trug von Zeit zu Zeit seltsame Blüten.
Genau aus diesem Grund hatte bereits am frühen Morgen ein mit zwei Pferden bespannter Wagen die Stadt verlassen. Im Inneren des Wagens hatte eine junge Patrizierin und ihre Leibsklavin Platz genommen. Vorne auf dem Kutschbock, saß der Kutscher nebst einem weiteren Sklaven, dem Leibwächter jener edlen Dame. Die Kutschfahrt sollte zum einen der Erquickung dienen, zum anderen aber auch die Occasion bieten, die Kleidertruhe der Dame um einige neue wertvolle und außergewöhnliche Stücke zu ergänzen. Der dernier cri war ein Modehaus, dessen Sitz in Ostia war. Natürlich hätte man auch das Ladengeschäft in Rom aufsuchen können, doch dies hätte den Anschein des gewöhnlichen gehabt. Viel angesagter war es dagegen, die Ware aus Versacia Donatellas eigenen Händen zu beziehen. Außerdem bot die Stadt am Meer eine willkommene Abwechslung zum Mief der Großstadt.
Während der etwa zweistündigen Fahrt, lenkte sich die Dame mit einer Schriftrolle ab, die sie ohne die Zustimmung des heimischen Bibliothekars, entwendet hatte. Die Sklavin nutzte diese freie Zeit zu ihrer Erholung und verfolgte mit ihren Augen die vorbeiziehende Landschaft.
Trotz der Tatsache, daß man bereits am frühen Abend wieder die Heimreise antreten wollte, hatte die Dame die heimische Villa nicht ohne eine Kleidertruhe verlassen, in der sich Ersatzkleidung für alle Fälle befand.
Der Tag versprach ein herrlicher Spätsommertag zu werden. Nicht das Geringste deutete darauf hin, welche Folgen er noch mit sich ziehen sollte. So Schritt der Sommertag unbesorgt weiter voran. Das Ziel war schon bald erreicht und in Sichtweite. Man konnte schon gut die Umrisse der Stadt erkennen und das weite, blaue Meer im Hintergrund…