Vor einer Barracke

  • Es war inzwischen Herbst geworden. Nicht, dass es nicht immer noch warm war, aber die Abende konnten doch schon einigermaßen kühl werden. Labeo saß an einem dieser Abende vor der Barracke und sie taten etwas, was sie immer taten. Sie spielten. Da er finanziell abgesichert war, ging es ihm nicht um das Gewinnen, aber irgendwie war es wieder mal ein Glückstag. Wie auch immer er setzte, die Würfel fielen so wie er gesetzt hatte. Bis auf einmal....



    Sim-Off:

    wer mag ist herzlichst eingeladen...

  • ...mit Tiridates Castor der einstmals beste und am meisten gefürchtete Würfelspieler Alexandrias den Ring betrat :]. Lange hatte der in seiner Heimat als Glückspilz verschriene Probat keine Möglichkeit gehabt zu spielen. Die ersten Tage und Wochen bei der Classis waren wie im Flug vergangen, die vielen (auch privaten) Trainingseinheiten ließen ihn am Abend oft nur müde ins Bett fallen.
    Umso erfreuter war der Hellene dann, als er diese Gelegenheit kommen sah.
    "Wer will gegen mich verlieren?" fragte er forsch in die Runde.
    Erst als diese Worte seinen Mund verlassen hatten, bemerkte Tiridates, dass es sich bei demjenigen, der ihm den Rücken zugewandte hatte, um seinen Ausbilder Labeo handelte. An einen Rückzug war jetzt allerdings nicht mehr zu denken; zumindest nicht ohne vor den Anderen sein Gesicht zu verlieren.
    "Ich meinte natürlich...um welche Einsätze wird hier gespielt?"

  • Die Stimme kannte er doch. Ah richtig der Alexandriner aus dem neuen Kurs der Probati. Und dieses großspurige und dann zurückrudernde war wohl typisch, wenn man zufällig auf einen Vorgesetzten trifft. "Ah, Castor, sehr gut setzt Dich zu uns. Die Einsätze sind nicht hoch. Der Grundeinsatz liegt bei einem As. Und auch sonst geht es uns mehr um den Spaß als ums Geld, oder, Jungs.". DIe anderen Kameraden lachten laut los."Labeo, Du hast man auch gut reden, erstens bist Du Vaters Sohn und zweitens gewinnst Du auch noch.. Also glaub ihm das nicht - uns geht es ums Geld.", sagte einer zuerst zu Labeo, dann zu Castor. "Naja, jedenfalls spielen wir normal mit drei Würfeln, der höchste Wurf gewinnt. Nur mit der Besonderheit, dass drei einser höher sind als alles andere und jeder ein as extra an den Gewinner zahlen muss.", erklärte Labeo die Regeln.

  • Dass es sich bei Iulius Labeo um einen für einfache Mitglieder der Flotte ungewöhnlich wohlhabenden Mann handelte, davon hatte Tiridates schon gehört. Über Vorgesetzte kursierten nunmal in jeder militärischen und auch zivilen Einheit zahlreiche Gerüchte; manche waren wahr, andere erlogen oder zumindest heillos übertrieben. Ihm konnte es ja egal sein.
    Wahrscheinlich stand auch ihm selbst etwas mehr Geld zu Verfügung als dem Durschschnittsprobati. Bei der Gelegenheit fiel ihm ein, dass er seinen Onkel mal wieder um eine höhere Alimentierung bitten musste. Ein As kam Tiridates als Grundeinsatz auch fast ein bisschen mickrig vor, doch da konnte man im weiteren Verlauf vielleicht noch ein paar Veränderungen vornehmen. Je nachdem, wie gewogen ihm Fortuna heute sein sollte.
    "Na dann. Wer beginnt?" fragte er, während er Platz nahm und einige Münzen aus einem Beutel hervorkramte.

  • Jemand begann und alle warfen ein As in die Runde auch Labeo. Als Olabeo am Zug war würfelte er - wie bisher fast immer an diesem Abend das bisher höchste Ergebnis - III, IV, VI - 13 zusammen. Das war eigentlich ein mittelmäßiger Wurf, aber da das Pech bei den anderen lag, hatten diese Würfe heute bisher immer gereicht. Jetzt fehlte nur noch der neu hinzugekommene Probatus. Labeo rollte ihm die Würfel hin. "Hier, Castor, Du bist dran."

  • Der Alexandriner ließ die Würfel erst einige Sekunden prüfend durch seine Händen gleiten – nicht dass man ihn hier betrog! - bevor er sie schwungvoll zu Boden ließ: II, V, II. Selbst ohne Labeos Wurf hätte das nicht zum Sieg gereicht!
    War sein Glück etwa auf die Heimat beschränkt? Da sich diese These nach nur einem Versuch schwer verifizieren ließ, schob er die Würfel und das eingesetzte Geld zurück an Labeo und die übrigen.
    Abschätzend blickte er sie an. "Nächste Runde mit erhöhten Einsätzen: Zehn Sesterzen! Wer ist dabei?"
    Er griff wieder in den Beutel und holte die entsprechenden Münzen hervor, wobei er insbesondere an seinen Ausbilder als potentiellen Mitspieler dachte.

  • Die meisten stiegen aus. Labeo würde Castor danach zur Seite nehmen müssen, ähnliche Fehler hatte er am Anfang auch gemacht. 10 Sesterzen waren für ihn nicht viel, aber für die meisten in der Flotte war es das. Und selbst wenn sie es einsetzten war es nicht gut, weil sie dann anfingen Schulden zu machen. Aber diese Zusammenhänge würde der Probatus noch kennenlernen, spätestens dann wenn er seinen eigenen Geldbeutel das erste mal "flicken" müsste. Dennoch - auch um seinen Probatus nicht blosszustellen - spielte er mit. "Bene, 10 sz.", sagte er und legte sie in die Mitte außer ihm und Castor waren noch zwei andere dabei. Der erste von ihnen hatte Glück - IV, V, VI. Ein guter Wurf, dann war Labeo an der Reihe. Der erste Wurf eine I. Und auch der zweite eine I. Jetzt half nur noch eine dritte I, die aber nicht fiel - III. Somit ging diese Runde sicher nicht an Labeo.

  • Dass sein Vorgesetzter nicht gerade begeistert über sein Vorpreschen dachte, bemerkte Tiridates gar nicht. Für solch feine Andeutungen, war der junge Probatus noch nicht empfänglich.
    Ihm ging es darum, seinen Spaß zu haben und seinen Ausbilder zu schlagen.
    Dies gelang ihm zwar, aber mit seinem eigenen Wurfergebnis, einer IV, VI, und II kam der Grieche an den Führenden nicht ansatzweise heran.
    "Mein Würfelglück hab ich anscheinend zu Hause vergessen!" versuchte er seinen Frust 'wegzuscherzen'.
    Das verspielte Geld störte Tiridates dabei weniger; er verlor einfach nicht gerne.

  • Der führende jauchzte strich den Gewinn ein und entschuldigte sich - er müsste sich jetzt 'entspannen'. Der andere der verloren hatte, ging auch, so dass jetzt nur noch Labeo und Castor da saßen. "Castor, da hast Du ja schön die Runde aufgelöst.", sagte labeo aber sein Augenzwinkern zeigte, dass er es nicht so hart meinte, wie es klang. "10 Sesterzen sind ne Menge für die meisten hier. Ein drittel ihres Wochenlohnes. Wenn sie das dreimal verlieren, gibt es eine Woche lang nur Gerstengrütze. Das ist nicht besonders erhebend."

  • So schnell hatte sich die Würfelrunde also aufgelöst und der Ältere der Beiden ließ auch keinen Zweifel daran, wen er für den Verursacher hielt.
    "Das war nicht meine Absicht. Ich werde in Zukunft daran denken!" gab sich Tiridates zerknirscht. Wahrscheinlich würde es der junge Alexandriner beim nächsten Mal doch wieder genauso machen, aber ein bisschen Demut kam bei Vorgesetzten schließlich immer gut an.
    Der Probatus zögerte kurz, stellte aber dann doch die Frage, die ihn schon länger beschäftigte:
    "Wie kommt es, dass ein römischer Bürger aus wohlhabender Familie als einfacher Infanterist bei der Kaiserlichen Flotte dient? Oder hat mich das nichts anzugehen?" fragte er auf seine vorwitzige Art.

  • "Gut, das will ich hoffen!", da Labeo den Probatus noch nicht so gut kannte, konnte er nicht einschätzen, ob die Zerknirschtheit echt war, oder diejenige, die man einem Vorgesetzten gegenüber so vorgibt. Aber eigentlich war das auch nicht so wichtig, zwei oder drei solcher Aktionen und der Probatus wäre ziemlich isoliert - und ob er dann die Härten der Probatio durchhalten würde? Ohne Verus, wäre es jedenfalls für Labeo schwer gewesen. Dann kam der Castor mit einer ehrlichen Frage. "Nun, viel geht es Dich nicht an, aber ich beantworte Dir Deine Frage trotzdem. ;) Mein Vater, die Götter haben ihn selig, hat immer gesagt. 'Nur, weil wir Iulier sind, nur weil wir den göttlichen Iulius zu unseren Vorfahrne zählen können, müssen wir uns nichts einbilden.' Und damit hatte er recht. Wenn ich etwas erreichen will, dann nicht weil ich Vaters Sohn bin - und auch wenn dieser Tribun bei den Prätorianern gewesen ist. Sich hochdienen, nennt man das wohl. Und auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Es ist doch die beste Wahl. Und die Flotte - nun ich war schon immer ein guter Schwimmer." :D

  • "Eine bemerkenswerte Einstellung", erwiderte Tiridates durchaus ernst gemeint.
    Den Seitenhieb bezüglich seiner Schwimmkünste würde er wohl noch öfter zu hören bekommen. "Ja, in Sachen Schwimmen hab ich noch Einiges an Arbeit vor mir. Aber ich bin da zuversichtlich." Die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, dass Fett eben gut schwimmt :D, behielt er für sich. Das Verhältnis zu seinem Ausbilder musste ja nicht willkürlich belastet werden.
    "Jedenfalls danke ich dir für deine offenen Anworten", erwiderte Tiridates noch, während er sich erhob. "Und beim nächsten Spiel werde ich hinsichtlich der Einsätze sicherlich weniger forsch agieren." Zumindest nahm er sich das nun fest vor.
    Bevor er sich aber in Richtung seines Contuberniums auf den Weg machte, konnte er es sich eine weitere Bemerkung nicht verkneifen: "Bitte um Erlaubnis, wegtreten zu dürfen! Mein Bett wartet auf mich!"

  • Prinzipiell gefiel es Labeo ja, wenn Menschen mit denen er es zu tun hatte, keck waren und wenn ihnen Ironie nicht abging. So war es auch bei Castor, aber er wusste sich da als Ausnahme im militärischen Getriebe. Da würde der junge Probatus auch noch Lehrgeld zahlen, wenn er mal an den falschen geriet. Aber schließlich war Rom auch nicht an einem Tag gebaut worden, so dass er den letzten Scherz mitspielte: "Erlaubnis erteilt. Abi!"


    Dann machte auch er sich auf den Weg in seine Barracke.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!