Der neue Consul Aelius Quarto und der ebenso neue Quaestor Aurelius Ursus bei Valerianus

  • Der neu gewählte Consul Aelius Quarto, im Palast wohl bekannt, begab sich zu den Amtsräumen des Kaisers. Zuvor hatte er sich mit dem Quaestor Consulum Aurelius Ursus besprochen, der ihn begleitete.


    Vor der Eingangstür hielten wie immer zwei Prätorianer Wache. Zu ihnen sagte er:
    “Ich bin Lucius Aelius Quarto, Consul von Rom. Das ist Titus Aurelius Ursus, er ist der Quaestor Consulum. Wir möchten zum Imperator Caesar Augustus, um ihm am Beginn unserer Amtszeit unsere Aufwartung zu machen.“

  • Ursus folgte Quarto durch die Gänge des Palastes. Nun bekam er schon etwas mehr davon zu sehen. Und natürlich waren gerade dieser Bereich, in dem der Kaiser seinen Geschäften nachging, besonders prachtvoll gestaltet. Wie erwartet standen auch hier Praetorianer vor der Tür und Ursus war gespannt, ob sie so einfach an diesen streng dreinschauenden Männern vorbeikamen.

  • Der Praetorianer an der Tür nickte Quarto zu. "Salve, Consul Aelius Quarto. Salve, Quästor Aurelius. - Natürlich dürft ihr eintreten." Die Wachen hatten schließlich Anweisung von Valerianus, seinen Bruder jederzeit vorzulassen. Und das galt ja wohl auch für Männer, die sich in seiner Begleitung befanden. Und falls nicht, würde der Kaiser dies gewiß mit seinem Bruder direkt abmachen.

  • Aelius Quarto nickte dem Soldaten mit dem Skorpionsabzeichen der Prätorianer zu und sagte: “Wir danken dir.“


    Dann betrat er die Zimmerflucht, die dem Kaiser als Arbeitsräume dienten. Er bedeutete Aurelius Ursus, dass er ihm folgen möge.
    So traten sie vor den Kaiser.


    “Salve Gaius, Bruder, die Götter mögen dich segnen!“, begrüßte er ihn ungewöhnlich persönlich. Aber der Kaiser war nun einmal tatsächlich sein leiblicher Bruder und auch wenn es Quarto seit Valerianus' Regierungsantritt ein bisschen schwer fiel, den persönlichen Tonfall zwischen ihnen beizubehalten, so bemühte er sich darum. Denn er wusste: Valerianus gab nicht viel auf das höfische Protokoll und wollte es so.


    “Hier trete ich vor dich als Consul von Rom, so wie es das römische Volk gewünscht hat, ebenso sehr, wie wir es es uns gewünscht haben. Du hast gewiss von meinem sehr erfreulichen Abschneiden bei der Wahl gehört. Das zeigt nicht nur die Wertschätzung der Menschen für mich, sondern vor allem auch ihre Verehrung für dich. Es ist ein gutes Zeichen. Wir können zufrieden sein.“

  • Ursus trat nach Quarto ein, doch blieb er einen Schritt hinter dem Consul zurück, als sie vor den Kaiser traten. Er beließ es erst einmal bei einem respektvollen Gruß und wartete höflich ab, bis die Brüder sich begrüßt hatten und er vorgestellt worden war. Den persönlichen Tonfall, den Quarto anschlug, fand Ursus erfrischend, denn er hatte mit strengem höfischem Protokoll gerechnet. Es hatte ganz den Anschein, als würde dies eine locker geführte Unterhaltung werden, was ihm natürlich viel lieber war, als ein Gespräch in kühler, geschäftsmäßiger Form.

  • Auch wenn sein Bruder von einem weiteren Mann begleitet wurde, machte sich Valerianus nicht die Mühe, dem Gespräch denselben Charakter zu geben wie einer Audienz oder einer Besprechung mit seinen Procuratoren. Sein Bruder war gekommen und der war ohnehin der bessere Redner, was er gleich bei der Begrüßung wieder eindrucksvoll unter Beweis stellte.


    "Ja, wir können zufrieden sein und ich bin froh, dich auf diesem Posten zu wissen. Wer begleitet dich?"

  • “Es ist der Quaestor Consulum Titus Aurelius Ursus, mit dem ich dich gerne bekannt machen möchte. Er hat bei den Wahlen ebenfalls sehr viele Stimmen bekommen und durchaus namenhafte Konkurrenten aus dem Feld geschlagen.“

  • Das war der Moment, vorzutreten. Ursus nickte respektvoll und man konnte eine leichte Röte auf seinen Wangen erkennen, die durch die Aufregung, diesem Mann gegenüber zu stehen, verursacht wurde. "Es ist mir eine große Ehre, Dich kennenlernen zu dürfen, mein Kaiser." Er blickte Valerianus geradeheraus an, keineswegs unterwürfig, denn dies wäre eines Patriziers nicht würdig. Doch man konnte ihm ansehen, daß er großen Respekt hatte vor dem Mann, der einen Kaiser so beeindruckt hatte, daß dieser ihn zu seinem Sohn gemacht hatte.

  • Valerianus betrachtete den Quaestor schweigend. Er wusste nicht, warum sein Bruder ihm diesen vorstellte, denn er hatte ihn nicht darum gebeten und würde außer bei dieser Vorstellung auch kaum etwas mit ihm zu tun haben. Er hatte einen Quaestor Principis, das reichte ihm schon.


    "Meinen Glückwunsch zu deiner Wahl."


    Mehr als diese höflichen Worte fielen ihm als sinnvoller Gesprächsinhalt nicht ein und so wartete er darauf, dass sein Bruder fortfahren würde.

  • “Weil Aurelius Ursus mich in meinem Haus ohnehin aufgesucht hat, fand ich es richtig ihn dir auch gleich vorzustellen. Vielleicht wird dich interessieren, worüber wir gesprochen haben. Es drehte sich um das Ulpianum.“
    Er zeigte in eine unbestimmte Richtung, aber ungefähr dort hin, wo außerhalb der Mauern der Domus Flaviana und unterhalb des Palatin das Forum Romanum und die Via Sagra lagen.
    “Aurelius Ursus wird sich gemeinsam mit mir dafür einsetzen, dass dieses Bauwerk endlich fertig wird und wir es bald einweihen können.“

  • Irgendwie sah der Kaiser nicht begeistert aus, daß Ursus ihm vorgestellt wurde. Doch das konnte natürlich auch nur ein Eindruck sein, der durch das wirklich kranke Aussehen Valerians hervorgerufen wurde. Jetzt, wo er ihm zum ersten mal so nahe war, konnte er erst richtig erkennen, wie schlecht er aussah. Doch von diesen Gedanken ließ er sich nichts anmerken, als er in respektvollem Ton antwortete. "Hab Dank für die Glückwünsche."


    Ansonsten hielt er sich lieber zurück und überließ es Quarto, dem Kaiser zu erklären, was erst einmal Ursus' Aufgabe sein würde. Er beschränkte sich darauf, zustimmend zu nicken. Das Ulpianum war sicher ein Anliegen, daß dem Kaiser besonders am Herzen lag.

  • Die Nennung des Ulpianums führte bei Valerianus wirklich dazu, dass die Lebensgeister in ihm etwas reger zu werden schienen. Unwillkürlich folgte sein Blick der vagen Handbewegung seines Bruders und glitt dann wieder zurück in dem Raum.


    "Sehr lobenswert. Mein Vater hat es verdient, dass dieses Projekt bald zum Abschluss kommt und insbesondere auch mit seinem Namen verknüpft bleibt."


    Selber hatte er mit ihm nie darüber gesprochen, er kannte es lediglich aus Briefen. Doch es war das Projekt seines Vaters, es trug den Namen der Gens und das alleine reichte aus, um es zu einem wichtigen Projekt zu machen.

  • “Oh ja. Zwar war das Ulpianum seit den ersten Planungen immer als Ort vorgesehen, wo verdiente Männer und Frauen des Imperiums geehrt werden sollen, aber auch als Haus, in dem die kaiserliche Familie gepriesen wird und ihr Oberhaupt. Jetzt könnte ich mir aber zusätzlich vorstellen, dass es zugleich der Tempel deines Vaters sein wird, denn er hat schließlich seinen Platz unter den Göttern eingenommen.“, meinte Aelius Quarto, wie üblich etwas zu weihevoll.


    Er wollte seinen Bruder nicht zu lange in Beschlag nehmen, denn er wusste doch, wie sehr ihn das anstrengte. Aber trotzdem...


    “Darf ich noch kurz auf eine andere Angelegenheit zu sprechen kommen?
    Du weißt, unser Verwandter Marcus Aelius Callidus hat sein Amt als Procurator a libellis niedergelegt. Es ist momentan unbesetzt. Zwar stehe ich dem Palast nicht mehr als Magister Domus Augusti vor...“

    Erwähnte er das noch einmal so deutlich, weil sein Bruder es bisher nicht nötig gefunden hatte, ihn für seine lange Dienstzeit öffentlich zu belobigen? Vielleicht. Aber so direkt hätte er es wohl kaum gesagt, schon gar nicht, wenn ein Familienfremder anwesend war.
    “Ich stehe also dem Palast nicht mehr vor, aber trotzdem möchte ich dir jemanden vorschlagen, der diese Stelle übernehmen könnte. Sein Name ist Tiberius Prudentius Balbus. Er ist der Sohn des verstorbenen Consuls Gaius Prudentius Commodus und dient zurzeit als Princeps Praetorii bei den Cohortes Praetoriae. Er ist mein Klient und hat mir zu verstehen gegeben, dass er gerne aus dem Militärdienst ausscheiden würde. Er hat Interesse daran bekundet, dir und dem Imperium innerhalb des Palastes zu dienen, den er wegen seiner bisherigen Aufgaben gut kennt. Ich glaube, er wäre gut geeignet und darum empfehle ich ihn dir für dieses Amt.“

  • In einem durchaus seltenen Anflug von großer Aufmerksamkeit schaffte es Valerianus, den Inhalt dieses Gesprächs mit dem Inhalt eines weiteren zu verknüpfen, ohne dass ihm ein Beamter dabei Hilfe leisten musste.


    "Ich sprach bereits mit dem Praefectus Praetorio über diesen Mann. Euer beider Empfehlung ist mir Rat genug. Auch wenn du nicht mehr in meinen Diensten als Vorsteher des Hofes stehst, bitte ich dich dennoch, dafür zu sorgen, dass er dieses Amt erhält. Und das Ulpianum soll tatsächlich der Tempel meines Vaters werden. Dies ist mir ein persönliches Anliegen."


    Unabhängig davon, was sein Vater für Pläne mit diesem Bau hatte.

  • “So wird es geschehen.
    Jetzt wollen wir dir aber nicht länger deine Zeit rauben und gehen wieder, wenn du erlaubst.“


    Er hatte seinen Bruder für heute genug angestrengt, fand Quarto, und er wollte vermeiden, dass Aurelius Ursus das volle Ausmaß von Valerianus Schwäche und Krankheit bemerkte... wenn das überhaupt zu vermeiden war.

  • Der sehr bedenkliche Gesundheitszustand des Kaisers konnte Ursus nicht verborgen bleiben. Und ihm war klar, daß Valerianus sich Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen. Wie schlimm war es wohl, wenn er sich gehen ließ? Natürlich sagte er nichts dergleichen. Und er würde auch draußen nichts dergleichen verlauten lassen. Denn sonst würden sich gleich die Aasgeier versammeln. Wenn sie es nicht sowieso schon taten.


    Das Ulpianum lag dem Kaiser ganz offensichtlich sehr am Herzen. Er war richtig lebendig geworden, als es zur Sprache kam. Es gab also noch einen Grund, die Bauarbeiten voranzutreiben: Die Krankheit des Kaisers. Damit es nicht am Ende ein Tempel für Valerianus werden mußte.

  • Valerianus registrierte dankbar, dass die Zusammenarbeit mit seinem Bruder reibungslos klappte und alle weiteren Worte überflüssig waren. Er hatte seinen Wunsch geäußert und hatte keinen Zweifel daran, dass dieser nun umgesetzt wurde. Nicht immer klappte es so reibungslos mit den Männern in der Kanzlei.


    "Das sei euch gestattet. Ich danke für den Besuch."

  • Ursus verneigte sich zum Abschied leicht. "Hab Dank für Deine Zeit, mein Kaiser", sagte er. "Vale." Damit folgte er dem Consul aus dem Arbeitszimmer des Kaisers. Der Besuch war zwar nur sehr kurz gewesen, aber doch sehr aufschlußreich. Vor allem, was den ernsten Gesundheitszustand des Kaisers anging. Dementsprechend ernst schaute Ursus drein, verlor aber kein Wort darüber.

  • Sie traten vor die Tür, die hinter ihnen geschlossen wurde.
    Aelius Quarto atmete kurz durch. Dann sah er den Quaestor eindringlich an, äußerte sich aber nicht zur Schwäche des Kaisers, sondern sagte nur:
    “Wie du gehört hast, ist dem Imperator Caesar Augustus sehr daran gelegen, dass der Bau des Ulpianums rasch voran schreitet. Das soll uns ein Ansporn sein.“

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