Gorgus hockte auf einer Kiste und wartete... Geduld war eine seiner Grundstärken, wenn auch nicht unbedingt Selbstbeherrschung sobald es mit dieser mal am Ende war.
Sie hatten ihren Teil des Plans erfüllt, mit tödlicher Präzision, jetzt fehlte nurnoch dass Scipio den zweiten vollbrachte damit sie mit dem dritten fortfahren konnten.
Es tropfte. Leise und stetig fielen Tropfen und verursachten den Takt der Zeit in diesen düsteren Gemäuern. Gorgus dachte mittlerweile in diesem Takt, es beruhigte ihn. Eins, zwei... eins... zwei... eins... zwei....
Schließlich hörte es auf. Fragend blickte Gorgus zur Seite, und musste bemerken dass die blutige Kluft, die mal die Kehle eines Hafenarbeiters gewesen war, mittlerweile mit geronnenem Blut verklebt war. Der Körper lag auf einer Kiste kaum zwei Handbreit neben ihm, und er glotzte Gorgus aus toten Augen an.
Gorgus selbst hatte sich mal die Frage gestellt wohin das Licht in den Augen entschwindet, sobald man dem dazugehörenden Menschen den Blutkreislauf auslagert, sozusagen wegrationalisiert.
Selbst Stundenlanges rumpuhlen im Schädel eines armseligen Matrosen hatte ihn nicht weitergebracht, und er hatte beschlossen die Anatomie der Seele den Philosophen zu überlassen, während er selbst sich auf das grobe Handwerk beschränkte.
Und dennoch... der Blick des toten Hafenarbeits hatte etwas anklagendes, Gorgus überlegte einen kurzen Moment ob er ihm nicht einfach die Lider und Mundwinkel aufschneiden sollte, um die Fratze etwas fröhlicher zu gestalten, beließ es dann aber doch dabei.
REGNVM PLVTONIS EXPECTATE
hatte Zelacus an die große Wand gemalt (es war zugegebenermaßen der einzige Satz den der Junge schreiben konnte ohne fünfzehn Fehler einzubauen), die Farbe der Schrift verriet sofort dass man hier nicht mit Malerfarbe ans Werk gegangen war.
Es hatte ihn genau drei Hafenarbeiter samt ihres Gesamtvolumens an Blut gebraucht um die Schrift zu vollenden, und er hatte sich danach nicht die Mühe gemacht die Leichen, die auf dem Platz der Halle verteilt lagen, wieder wegzuräumen. Was allerdings auch niemanden störte, irgendwie könnte man sowas als Nestbautrieb der Piraten betrachten. Überall wo sie auftauchten sorgten sie schnell dafür dass sie sich heimisch fühlten, und das Interieur wurde dementsprechend gestaltet.
So hatte der Spruch auch in etwa die Auswirkungen auf die Piraten, die auf andere Menschen ein Spruch wie "Es gibt keinen Ort auf der Welt wie dein Zuhause." gehabt hätte.
Insgesamt lagen etwa sechs Leichen quer im Raum herum, und man musste übelst aufpassen dass man nicht in eine der vielen Blutlachen trat.
"Sie kommen.", hörte Gorgus Stip rufen, der am Seiteneingang Wache stand. Sie hatten es also tatsächlich geschafft. Gorgus war irgendwie stolz auf seine Männer, andererseits hatte er auch nichts anderes erwartet...
Das grelle Licht brach sich bahn als das große Tor geöffnet wurde, und Scipio trat als erster ein, mit einem Grinsen so breit wie das Scheunentor. Ihm folgten tatsächlich die Frau, die Gorgus sich ausgesucht hatte, mit dem Licht im Rücken konnte er nicht viel erkennen, jedoch gefiel ihre Form ihm immer besser. Er musste lächeln... perfekt.
Im Schlepptau der Frau folgte eine Frau und ein breitschultriger Kerl, wahrscheinlich ihre Sklaven. Erst darauf folgen Cephalus und Iason.
Gorgus zählte die Sekunden, die es brauchte um das Tor zuzuschlagen und dem Leibwächter sowie der Sklavin einen Dolch an die Kehle zu halten, wobei sich natürlich der Hüne Pacus den Leibwächter vornahm. Unfallverhütung gehörte trotz allem Chaos dennoch zu den piratischen Grundtugenden...
"FLAVIUS.", brüllte Scipio schließlich mit halb unterdrücktem Lachen, "Es ist Besuch für dich da..."