Ein Wasserverteiler an der Ecke

  • „Hmmm...hmh...ahh...öhh...hmmm...“
    Tius – so genannt nach den letzten vier Buchstaben seines cognomen – starrte auf die Blätter und fing an, sie durchzugehen. Seltsame Zahlen und Kolonnen starrten ihm entgegen, dazwischen mal was Geschriebenes, dann wieder irgendwelche Aufstellungen. Irritiert zog Tius die Augenbrauen zusammen, da er nicht ganz durch die Papiere durch stieg. Das Germurmel um ihn herum förderte zudem seine Konzentration auch nicht sonderlich. Beiläufig meinte er in die Runde.
    „Keine Sorge, die Herrschaften, hier wird kein Sand oder Zement oder sonstiges zurück gelassen. Ganz bestimmt nicht, dafür haben jene Männer schon zu sorgen.“
    Wobei Tius langsam überlegt, ob er die Leute nicht einfach prophylaktisch mal verhaften sollte und dann weiter schauen.
    „Was ist denn jetzt hier bitte die Genehminung? Ich kann keine sehen..“
    Tius reichte das Bündel an Papiere zurück.




  • Innerlich verdrehte Tiberius die Augen. Mann oh mann...hatten nicht einmal mehr die Stadtkohorten Leute mit Grips? Widerwillig nahm er den Stapel Dokumente wieder entgegen, suchte aber sofort nach der Genehmigung der Stadtverwaltung, die Tius sehen wollte. Mit einem "Hier, bittesehr" überreichte Crassus dem Miles das wohl wichtigste Dokument - die Genehmigung der Stadtverwaltung, wo man unter anderem die Unterschriften vom Praefectus Urbi und vom Curator Aquarum entdecken konnte.

  • Tius nahm das Papier entgegen und verengte die Augen, um die Schrift zu entziffern. Sie wanderten Zeile für Zeile ab und betrachteten schließlich die gewichtigen Siegel. Mit Argus Augen betrachtete Tius all die kleinen Details, auf die er zu achten gelernt hatte. Und da fiel ihm etwas auf: ein kleiner Riß in dem Siegel des Präfectus. Mißtrauisch zogen sich seine Augenbrauen zusammen. Gerade letzte Woche hatte er ein ähnliches Siegel gesehen, zwar nur von einem reichen Händler, aber auf eine ähnliche Weise war es gefälscht worden; einfach ein altes Siegel wieder zusammen geklebt. Mit einem Schlag trat der Argwohn auf Tius Gesicht als er auf sah.
    „Hm, ist das Siegel schon mal gebrochen worden?“
    , fragte Tius und sah aufmerksam in das Gesicht des Decimers.
    „Ich muss sagen, das Dokument sieht gefälscht aus. Vielleicht ist es das Beste, wenn Du uns auf die Wache begleitest.“
    Das waren die Order, wenn etwas dubios war, einfach mitnehmen, man konnte alles in der castra klären.






  • Zuerst wollte Tiberius laut aufschreien, als er sich vom Miles anhören musste, dass das Dokument gefälscht sei, doch er konnte seinen Zorn zügeln. Er war empört darüber, dass ihm - wenn auch indirekt - unterstellt wurde, ein offizielles Dokument der römischen Stadtverwaltung gefälscht zu haben! Lief denn langsam alles drunter und drüber?!?! Der Decimus riss dem Soldaten der Cohortes Urbanae das Dokument förmlich aus der Hand und war erstaunt, dass Tius diesmal sogar richtig gesehen hatte. Das Siegel des Praefectus hatte einen, wenn auch sehr kleinen und schwer entdeckbaren Riss.


    "Ich kann dir versichern, dass ich nichts mit dieser Unannehmlichkeit zu tun habe, Miles."


    Doch Crassus wusste, dass dies keinesfalls ein Beweis für seine Unschuld war. Auch wenn Ehrlichkeit in seiner Stimme lag, war er der, der für diese Baustelle die Verantwortung übertragen bekommen hatte. Er warf einen flüchtigen Blick zu Lucius, ehe er sich wieder Tius zuwendete.


    "Nun gut. Ich denke es wäre wirklich besser dies auf der Wache weiterzubesprechen."


    Erneut drehte er sich zu Fortunatus.


    "Fortunatus, bitte berichte dem Curator Aquarum von diesem Vorfall. Es wäre wohl von Vorteil, wenn er sich in Kürze auf die Wache der Stadtkohorten begeben würde."

  • Die Arbeiter auf der Baustelle hatten den ganzen Menschenauflauf und die Soldaten der Cohortes Urbanae zwar bemerkt, aber bisher noch keine Anweisung erhalten, die Arbeiten einzustellen. Also arbeitete sie munter weiter und ließen sich auch dadurch nicht stören, dass ihnen nun offenbar sowohl Decimus Crassus als auch Fortunatus abhanden kommen würden.

  • Gelaßen und einen Daumen in den Gürtel gehakt blieb Tius stehen, er ließ immer den Zorn und Wut andere im Dienst an sich abperlen wie Wasser am Federkleid einer Ente, denn wenn sich Tius selber stets aufregen würde, dann wäre er wahrscheinlich schon längst über den styx gewandert bei all dem Jähzorn. Ganz sicher, ob das Dokument gefälscht war, dessen war sich Tius freilich nicht, er vermutete es nur und manchmal half schon die Drohung der castra, um die wirklich Schuldigen von den Unschuldigen zu trennen, aber eben nicht immer. Tius beäugte aber den Decimer genau, damit dieser das Beweismittel nicht doch schnell mal verschwinden ließ und danach alles leugnete. Tius hatte schon alles erlebt in der letzten Zeit in Rom, so daß er wirklich mit allen Wassern gewaschen war 8). Tius legte den Kopf zur Seite, hm, entweder war der Mann vor ihm ein ganz ausgewiefter Fuchs oder doch unschuldig, aber was konnte es schon schaden, auf Nummer Sicher zu gehen, denn wer wußte schon, was hier wirklich vor sich ging und so kurz vorm Ende seiner Dienstzeit wollte Tius keine unehrenhafte Entlaßung riskieren, nein, auf das Geld am Ende war er doch scharf und braucht es für seine ganze Rasselbande auch, die Mitgift seiner Töchter waren eben nicht ohne. Und wenn er nach der Dienstzeit seine Liebste heiraten konnte, würde er seine Söhne ganz schnell zu den Legionen schicken, eine Sorge weniger im Leben.
    „Gut, dann folge mir.“
    Natürlich war Tius nicht bereit, ein Risiko auch hierbei einzugehen, die beiden anderen Soldaten behielten den Decimer genau im Auge, während Tius sich umdrehte und in Richtung Wache marschierte, unterwegs trafen sie auch noch auf Cafo und den Rest der Patrouille, die sich, nach kurzer Erklärung, anschloßen und auch in Richtung der castra aufmachten.




  • Ohne weitere Worte folgte Crassus dem Miles. Tiberius verspürte weder Angst vor einer Bestrafung, noch den Drang zur Flucht. Wenn das ganze ausarten würde, hatte er ja immer noch den Curator auf seiner Seite - zumindest wenn er zu ihnen stoßen würde.

  • Den aufgebrachten Anwohnern war mit dieser Maßnahme allerdings tatsächlich nur bedingt geholfen, denn weder die Wasserbauer noch die Soldaten hatten Anweisung gegeben, die Arbeiten einzustellen. Also ging der Baulärm und vor allem die Rufe zwischen den Arbeitern unvermindert weiter. Schließlich gab es ja nun niemanden mehr, der die Leitung hatte und folglich mussten sich die Männer viel häufiger gegenseitig etwas fragen. Und weil es niemanden gab, der verantwortlich war, kümmerte sich auch niemand um die immernoch zeternden anwesenden Anwohner, die sich immernoch gestört fühlten.

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