Aber....ich.....was?.....Dieb?....Das war ich nicht!

  • Zusammen mit Naria und Nathan war Calena auf dem Mercatus unterwegs. Nun da sie endlich wieder in Rom war galt es die Stadt wieder kennen zu lernen, denn schon bei ihrer Ankunft hatte sie merken müssen, dass sich sehr vieles verändert hatte. Außerdem dachte sie immer wieder gerne an ihre Ankunft vor wenigen Tagen zurück. So wie es gekommen war hatte sie es sich sicher nicht vorgestellt aber es war in einem netten Gespräch geendet über welches sie sich sehr gefreut hatte, außerdem hatte sie nun durch Nachforschungen und Fragen erfahren, dass es hier in der Nähe wirklich einen See gab und diesen wollte sie irgendwann einmal aufsuchen. Das Schwimmen an solchen Orten war einfach eine Leidenschaft von ihr und dieser musste sie irgendwann einmal nachgehen.


    Doch heute wollte sie sich ein wenig dem Kaufrausch hingeben, auch wenn sie diesen nur sehr selten hatte, denn sie war nicht so die erfreute Käuferin wie es viele andere Frauen waren. Es sollte ja welche geben die taten fast nichts anderes als das Geld des Mannes zu verprassen und da konnte sich Calena doch wirklich bessere Sachen vorstellen als ein Zimmer voller Kleider und Schmuck zu haben. Natürlich legte sie Wert auf ihr Äusseres aber sie fand, dass man es auch übertreiben konnte mit dem ganzen.


    Der Mercatus selber schien auch größer geworden zu sein oder aber sie hatte ihn als Kind nur anders wahr genommen. Wenn sie daran dachte tat ihr das Herz weh. So lange schon war sie nicht mehr hier gewesen. Ihre braunen Augen musterten die Stände und an einem mit wundervollem Schmuck blieben sie dann hängen. Calena gab ihren Begleitern ein Zeichen, dass sie sich die Schmuckstücke ansehen wollte, denn sie leuchteten und schimmerten in der Sonne mehr als nur verführerisch. Zu Schmuck hatte Calena ein ganz besonderes Verhältnis, denn ihr Traum war es diesen einmal selber zu machen auch wenn es sich vielleicht nicht für ihren Stand gehörte, doch musste es doch keiner wissen, außer sie.


    Die Schmuckstücke die der Händler dort ausliegen hatte waren wunderschön und teuer, aber auch sehr edel und fein gearbeitet. Eine Brosche fiel ihr gleich ins Auge und sie nahm diese zwischen ihre zierlichen Finger. Es war eine Blume eingefasst mit kleinen, roten Steinen die wie wild in der Sonne schimmerten. Leicht bewegte sie das Schmuckstück hin und her damit sie das Farbenspiel des Lichtes sehen konnte. Ein Lächeln trat auf ihre Lippen, doch das Stück war einfach zu teuer, vielleicht irgendwann. Sicher sie hätte wahrscheinlich ihren Großcousin fragen können ob er es ihr kaufte und wahrscheinlich hätte dieser es auch getan, aber im Moment wollt sie ihn mit solchen Wünschen nicht überfallen. Sie legte es wieder an die Stelle zurück wo sie es genommen hatte und sah sich die anderen Sachen an.


    Allerdings hatte sie dazu nicht mehr all zu lange Zeit, denn schon kurze Zeit später legte sich eine schwere Männerhand auf ihre Schulter die sie erschrecken ließ. Nathan trat natürlich sofort an ihre Seite als Calena sich nach dem Störenfried herumdrehte und erblickte dann das Gesicht des Händlers vor ihr.
    „Das Schmuckstück her,“ raunte er gleich unfreundlich ihr entgegen und Calena sah ihn an als stünde Caesar höchst persönlich vor ihr, denn sie verstand gar nicht was er wollte und von welchem Schmuckstück er redete, außerdem was erdreistete er sich eigentlich sie einfach so an der Schulter zu greifen?
    Doch Calena war einfach noch viel zu überrascht als, dass sie etwas großartiges sagen konnte.
    „Bitte?“ stieß sie deswegen nur hervor und blickte den Händler fragend an. Nathan an ihrer Seite musterte den Mann argwöhnisch und Naria stand hinter ihrer Herrin, fürchtete sie sich doch gern vor solch großen Männern.


    Der Händler jedoch verzog keine Mine und sah die Caecilierin weiterhin grimmig an. „Ich will, dass du die Brosche wieder zurücklegst die du eben genommen hast. Rück sie raus, für Diebe habe ich nichts weiter übrig!“ fuhr er sie an, dass Calena zusammenzuckte und auch die Umstehenden langsam aber sicher aufmerksam wurden.
    Calena blinzelte etwas, denn das was er da sagte war ungeheuerlich. Er schien sie des Diebstahls zu beschuldigen. Sie sollte geklaut haben? Ging es dem Mann eigentlich noch gut? „Bitte was? Ich hoffe dein Vorwurf mir gegenüber ist nur ein Scherz,“ sagte sie mit ihrer leisen Stimme. Sie hasste solche Situationen. Sie mochte keine Streitereien, denn bei solchen zog sie so oder so den Kürzeren weil sie einfach nicht streiten konnte und Angst vor solchen Konfrontationen hatten.
    „Mensch Mädchen ich mache keine Scherze. Du hattest eben die Brosche in der Hand und hast sie nicht mehr zurückgelegt nun ist sie weg? Soll ich es dir aufschreiben falls du lesen kannst oder hast du es jetzt verstanden?“ fragte er sie mehr als unfreundlich. „Entweder du gibst sie nun zurück oder ich lasse dich in den Carcer schmeißen! War das nun deutlich?“


    Nathan zog die Brauen zusammen denn dieser Vorwurf war mehr als nur ungeheuerlich und er wartete nur auf ein Zeichen seiner Herrin damit er einschreiten konnte. Calena sah den Händler ungläubig an und schüttelte nur den Kopf. „Ich habe sie nicht. Ich habe sie zurückgelegt und sicher habe ich es nicht nötig dich zu beklauen,“ versuchte sie sich verzweifelt zu rechtfertigen.




    Sim-Off:

    wer mitmischen möchte ist herzlich willkommen, würde mich sehr freuen:)

  • Sim-Off:

    *mitmisch* :]


    Der letzte Besuch auf dem Markt war eine ganze Weile her, das musste ich zu meinem Leidwesen feststellen, als ich mich zwischen einigen Ständen hindurch quetschte und vergeblich versuchte, einen bestimmten Stand wieder zu finden, bei dem ich vor einiger Zeit den Schmuck für Prisca gekauft hatte. Offensichtlich war der Händler umgezogen oder aber er hatte sich auf eine längere Reise gemacht, dort, wo er sein sollte, war er jedenfalls nicht mehr und an seiner Stelle gab es vor allem glitzernde Kinkerlitzchen in mangelhafter Verarbeitung zu sehen, die vielleicht für eine arme und wenig qualitätsbewusste Plebejerin taugten, meinen Blick aber nicht im Geringsten zu fesseln wussten. Während ich die lange Reihe der Schmuckstände weiterging, mich dabei nach meinem Händler umblickend, ließ ich meine Gedanken gemächlich schweifen. Die letzten Einkäufe auf dem Markt waren entweder in Begleitung geschehen - der Einkauf mit Antonia war mir da noch sehr deutlich in Erinnerung, nicht zuletzt wegen der horrenden Rechnung - oder aber in großer Eile abgelaufen, weil ich etwas Bestimmtes brauchte, aber nicht wirklich viel Zeit gehabt hatte, mich darum zu kümmern, manche Sachen konnte man einfach nicht von Sklaven erstehen lassen. War seit dem Einkauf mit Antonia wirklich schon so viel Zeit verronnen? Es schien mir erst gestern geschehen zu sein, und doch, die toga, in der ich mich zum ersten Mal öffentlich auf ein Amt beworben hatte, war schon zwei Jahre alt.


    Laute Stimmen von einem Stand in meiner Nähe ließen mich den Kopf wenden, aber dass es laut zuging, wenn jemand einen günstigen Preis erfeilschen wollte, war nichts überraschendes. Erst, als mehrfach von einem Diebstahl die Rede war, blickte ich genauer hin und wühlte mich durch die Menge, wobei mir meine Übung mit den Ellenbogen, aber auch die saubere toga samt stattlicher Körpergröße zugute kamen. Wer sollte hier etwas gestohlen haben? Ein Händler war dabei, eine junge Frau sehr zierlicher Größe herunterzuputzen, als hätte sie seinen Stand leergeräumt, wobei schon ihre Kleidung und auch die bei ihr stehenden beiden Sklaven verrieten, dass sie es nicht unbedingt nötig gehabt hätte, ihm etwas zu entwenden. Aber vielleicht fröhnte sie auch der Unsitte, sich Dinge wegen des Kitzels des Diebstahls einzustecken? Manche Mädchen aus gutem Haus klauten wie Raben, nur weil sie sich langweilten, und zumindest ihrem Aussehen nach - sie war hübsch genug dazu - konnte sie in diese Kategorie passen. Ich schob einen älteren Mann beiseite, um mich dann mit einem kräftigen Räuspern in die Szenerie einzumischen (wohl ein lästiges Überbleibsel aus meiner Zeit als tresvir capitalis, in der ich derartige Streitigkeiten dauernd hatte klären müssen).


    "Salve ..." Einige der Zuschauer blickten zu mir, als erwarteten sie mit dem Auftritt eines neuen Schauspielers auch gleich einige szenentypische Effekte wie Donnergrollen oder rezitierende Chöre im Hintergrund. "Du beschuldigst die junge Frau hier des Diebstahls, höre ich richtig?" wandte ich mich an den Händler, der mir sichtlich ungehalten sogleich entgegen schnaubte: "Aber ja doch! Wie eine Elster hat sie sich ein teures Schmuckstück eingesteckt und gedacht, ich merke es nicht! Kein Benimm haben die jungen Frauen heute mehr!" Ich hob eine Braue an und musterte die junge Frau genauer, oder besser, das Mädchen, denn sie schien mir noch eher jugendlich denn tatsächlich erwachsen. "Wer bist Du überhaupt? Ihr Verwandter?" schnauzte der Händler sogleich weiter, diesmal allerdings zu mir - und traf auf genau das Gegenüber, das auf derlei überhaupt keine Lust hatte. "Caius Flavius Aquilius, gewesener tresvir capitalis und gewesener quaestor urbanus," stellte ich mich mit einem ins eisige tendierende Lächeln vor. "Wenn es hier ein Problem geben sollte, kann ich Dir sicherlich helfen - denn in den carcer werden Delinquenten nur geworfen, wenn ihre Schuld feststeht, nicht auf einen Verdacht hin. Also, sage mir bitte, warum Du glaubst, diese Frau hätte Dich bestohlen." Nachdem die Fronten geklärt waren und der Händler wusste, dass er hier mit jemandem sprach, der sich in der Materie durchaus auskannte, blickte ich ihn erwartungsvoll an.

  • Die Worte des Händlers schallten ihr in den Ohren wider. Es war so ungeheuerlich und abgrundtief peinlich hier als eine Diebin hingestellt zu werden. Calena eine Diebin! Calena die keiner Fliege etwas zu Leide tun konnte und jeden Streit zu gerne aus dem Weg ging, Calena deren Gerechtigkeitssinn höher als alles andere war sollte hier gestohlen haben? Wer sie kannte hätte die Vorwürfe mit einem Lächeln abgetan und nur den Kopf darüber geschüttelt, wie dumm dieser Mann doch sein konnte. Die aufmerksam gewordenen Leute wurden auch immer mehr, und immer wieder fiel ein neuer Schatten auf die junge Frau wenn ein neugieriger den Kopf nach ihr reckte. So etwas schreckliches war ihr noch nie geschehen und zu deutlich konnte man Calena ansehen, dass sie hiermit niemals alleine fertig werden würde. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas genommen was nicht ihr gewesen war und es tat weh sich hier vor allen Menschen beschuldigen zu lassen, denn auch wenn raus kam, dass sie es wirklich nicht gewesen war, hatte sie doch eine Schädigung davongetragen. Man würde über sie reden und das wollte sie nicht, nicht auf diese Art und Weise.


    „Ich war es nicht,“ drang es wieder leise über ihre Lippen und Nathan konnte man ansehen, dass er nicht mehr ruhig stehen bleiben wollte, sondern diesem Mann deutlich sagen wollte, dass seine Herrin nichts dergleichen verbrochen hatte, doch er kam nicht dazu.
    Plötzlich trat ein Mann aus den Reihen und der Schatten von diesem fiel genau auf Calena. Mit einem seltsamen, verschüchterten Blick sah sie zu dem Fremden auf der plötzlich aufgetauchte war und nun das Wort übernahm. Sie hatte ja die ganze Zeit schon gehofft, dass ihr jemand helfen würde, aber keiner der Umstehenden hatte sich entweder getraut, oder es war ihnen einfach egal gewesen und es gefiel ihnen besser dieses Schauspiel anzusehen. Wahrscheinlich bot sich den Menschen so etwas nicht den ganzen Tag. Ihr Herz begann wieder um einiges schneller zu pochen als der Händler sie schon wieder des Diebstahls bezichtigte. Was sollte sie denn noch sagen und machen? Sollte sie sich hier auf der Stelle nackt ausziehen damit er sah, dass sie nichts bei sich hatte? Diese Blöße wollte sie sich gewiss nicht geben.


    Offen schaute sie dem Mann, der eben dazu gekommen war an, als dieser sie etwas musterte. Sie hatte nichts zu verbergen und wollte nur, dass man ihr glaubte, aber wie sollte sie einen Fremden davon überzeugen? Doch als der Händler begann diesen Fremden grob anzureden und unverschämt zu werden zuckte selbst die junge Frau ein wenig zusammen. Ein wenig überrascht blinzelte sie als sie den Namen und die ehemaligen Ämter dieses Mannes hörte. Calena kannte ihn nicht, aber sie hatte schon etwas von der Familie der Flavier gehört, denn sie war eine angesehene patrizische Familie. Wobei ihr eine Sekunde lang einfiel, dass sie anscheinend Patrizier sehr gerne auf sehr ungewöhnliche Weisen kennen lernte. Doch den Gedanken schob sie rasch auf die Seite, denn sie wollte sich von nichts ablenken lassen zumal es hier um sie und ihre Ehre ging, die dieser Mann in gewisser Weise beschmutzt hatte.


    Naria, die junge Sklavin von Calena verfolgte das ganze hinter ihr stehend und traute sich nicht einmal wirklich Luft zu holen. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass ihre Herrin etwas geklaut haben sollte. Allein dieser Gedanke war vollkommen absurd. Völlig aufgeregt nagte sie auf ihrer Unterlippe herum und spielte nervös mit ihren Fingern an ihrer Tunika.


    Schon wieder hörte sie das Wort Carcer und bekam eine Gänsehaut, denn an diesen Ort wollte sie niemals sein, nicht einmal in ihren Träumen und sie war froh darüber, dass der Flavier nun sagte, dass man sie nicht einfach so auf den Verdacht hin dort hinbringen konnte. Ein kleiner Stein fiel ihr vom Herzen doch als sie den Blick des Händlers sah, der einen Moment lang auf ihr haftete wurde ihr wieder ganz anders. Warum war sie heute nur nach draußen gegangen?


    Der Händler kniff seine Augen etwas zusammen während er den Neuankömmling musterte und als jener seinen Namen nannte und mit seinen unzähligen Ämtern angab bekam er ein seltsames Lächeln auf die Lippen. Na mit einem Patrizier hatte er es ja schon lange nicht mehr zu tun gehabt. Innerlich rieb er sich also seine Hände und streckte sich ein wenig damit er mit der Größe des Patriziers mithalten konnte.
    „Warum ich das glaube hmm?“ Fragend schaute er den Mann an und schüttelte dann mit dem Kopf „Ihr Patrizier seit schon herrlich. Wahrscheinlich macht ihr noch gemeinsame Sache was? Warum ich das glaube fragt er,“ dabei lachte der Händler auf und entblößte einige nicht mehr ganz so frische Zähne. „Das Weib hatte die Brosche eben noch in der Hand und nun ist sie weg. Glaubst du vielleicht ihr sind Füße gewachsen und sie ist eiligst davon getrottet? Nein sicher nicht! Kaum wandte diese Person sich von der Brosche ab, oder besser gesagt von dem Platz wo sie gelegen hatte, war sie auch schon verschwunden. Das ist ein Grund diese Frau zu verdächtigen!“ pflaumte er den Mann an.


    Calena konnte es wirklich nicht fassen diese Anschuldigungen und die Blicke des Händler weiter über sich ergehen zu lassen, deswegen senkte sie ihren Blick was in diesem Moment vielleicht einen unterwürfigen Eindruck machte. Doch sie schaffte es einfach nicht mehr den Blick aufrecht zu erhalten, auch wenn sie nichts getan hatte.

  • Zugegeben, es geschah nicht oft, dass mir in irgendeiner Weise ein Plebejer dumm kam, wenn er mitbekommen hatte, wer ich war. Die meisten hatten genügend Überlebensinstinkt, um sich einem gewesenen Magistraten nicht allzu ungebührlich gegenüber zu benehmen, zumindest nicht in der Öffentlichkeit - was sie in ihren Stuben zuhause über mich sagten, war mir herzlich egal, und ich würde es wohl auch nie zu hören bekommen. Aber dieser Händler schien zu jener Spezies Mensch zu gehören, die sich für nichts zu schade war und anscheinend auch noch nie die Konsequenzen seines Handelns zu spüren bekommen hatte. Es dauerte einige Momente, in denen ich mir selbst versichern musste, dass dieser Händler sich tatsächlich benommen hatte wie die sprichwörtliche Axt im Walde, und dass ich mir das nicht einfach nur einbildete - dann aber kochte die Wut umso ungehinderter in mir empor.
    Die wenigsten Menschen konnten mich wirklich wütend machen, und selten genug gelang es jemandem, den ich überhaupt nicht kannte und mit dem ich bisher nie etwas zu tun gehabt hatte, aber dieser Händler schoss in meiner internen Sklala der Zuneigung gleich auf den allerletzten möglichen Platz. In meinen Augen musste ein Echo meines Empfindens gestanden haben, denn nach der letzten Tirade wirkte der Händler durchaus so, als wollte er seinen Worten noch etwas anfügen, aber er beließ es dabei, starrte mich nur herausfordernd an, als ahnte er, dass es mir in der Hand juckte, sie ihm in Form einer Faust in das hässliche Gesicht zu rammen.


    "Das heißt, wenn eine junge Frau ein Schmuckstück in ihre Hand nimmt und es dann nicht an Ort und Stelle liegt, wenn sie sich abwendet, ist sie ohne Zweifel sofort die Schuldige?" hakte ich langsam nach, als hätte ich es mit einem Kind zu tun. "Na, die Brosche ist weg, ich bin doch nicht blind, und sie hat sie in der Hand gehabt, also muss sie ihr gefallen haben - hältst Du mich für blöd?" schnappte der Händler gleich zurück, was ihm einen Vermerk auf meiner inneren Liste für all jene einbrachte, die in den nächsten Tagen unangenehmen Besuch bekommen würden. "Zuerst einmal gehört es sich unter zivilisierten Menschen, dass man sich einander vorstellt, wenn man miteinander zu tun hat, und Deinen Namen habe ich bisher noch nicht vernommen," gab ich knapp zurück, denn in der Tat war er noch namenlos geblieben. "Marcus Rufilius Tarco!" spie er mir die Worte entgegen, also offensichtlich zwar ein Bürger, aber sicherlich aus keiner Familie, die sich irgendwann einmal einen Namen gemacht hätte, ich konnte mich an keinen Rufilius erinnern, der zu meiner Lebzeit irgendwie heraus geragt hätte.


    "Nun, Rufilius Tarco, Dir ist also eine Brosche abhanden gekommen, und Du glaubst, diese junge Frau hätte sie. Jetzt schau sie Dir doch einmal an. Sie hält die Hände locker, hat keinen Beutel am Gürtel, wo sollte sie das Schmuckstück bei sich tragen? Ihre Sklaven haben, soweit ich das sehe, auch leere Hände, und hätte sie den Schmuck im Mund, würde man das sehen, sie könnte zumindest nicht mehr gut sprechen, aber danach sieht sie auch nicht aus," führte ich meine Gedanken aus, und während einige der Umstehenden die junge Frau, deren Namen ich noch immer nicht kannte, genauer musterten (der ein oder andere mochte sie gar versuchen mit seinem Blick zu entkleiden, aber manche Männer schreckten eben vor nichts zurück), regte sich zustimmendes Gemurmel in meiner Umgebung, die Argumentation schien den meisten also einzuleuchten. "Hast Du überhaupt schon Deine Sklaven ausgeschickt, um nachzusehen, ob das Schmuckstück nicht vielleicht bei anderen liegt, dass sie es vielleicht einfach falsch zurückgelegt hat? Oder es ist zu Boden gefallen - oder vielleicht hat es einfach jemand anders eingesteckt, der diese junge Frau mit dem Schmuckstück sah und hoffte, Du würdest Dich an ihr Aussehen weitaus mehr erinnern als an das eines anderen, und seien wir ehrlich, wer würde sie so leicht vergessen, wenn er sie gesehen hat?"


    Noch mehr zustimmendes Gemurmel - und darauf kam es an. Solange der Händler noch glauben mochte, er hätte Unterstützung hinter sich, so lange würde er sich auch vor den anderen produzieren, aber die meisten Menschen, die zuerst laut wurden, verringerten ihre Lautstärke beträchtlich, wenn sie befürchten mussten, alleine dazustehen.
    "Du willst doch nur davon ablenken, dass sie mich bestohlen hat," knurrte der Händler in meine Richtung, aber es klang nicht mehr ganz so überzeugt wie vorher, offensichtlich hatte ich dann doch zumindest ein wenig Zweifel gesät. "Sie soll ihre Hände herzeigen und ihre Sklaven auch, und die Beutel müssen wir ebenso ansehen, das wird diese Diebin schon entlarven!" Langsam aber sicher wurde es mir zuviel mit diesem effekthascherischen Kerl, und nach einem kurzen Blick zu der jungen Frau knirschte ich leise mit den Zähnen, ein Muskel in meinen Wangen spannte sich an, gut sichtbar ein Zeichen der wachsenden Verstimmung. "Du willst mir also vorwerfen, ich würde einen Diebstahl unterstützen, ist das wahr?" sagte ich mit scharfem Ton, und es blieb kein Zweifel daran, dass ich diese Anschuldigung ernst nahm, ernst genug, um meine Ehre verletzt zu sehen. Würde er wirklich dumm genug sein, einen ehemaligen Amtsträger noch weiter zu provozieren?

  • Ein wahr gewordener Alptraum, so kam es ihr gerade vor. Als Diebin beschuldigt und beschimpft zu werden, wenn das ihr Großcousin erfuhr wäre er sicher nicht begeistert darüber und wenn er hier wäre, würde er sicher kurzen Prozess machen. Sie war dem Flavier mehr als nur dankbar, dass er so für sie eintrat obwohl er sie nicht kannte. Natürlich hätte sie eine Diebin sein können, aber das war sie nicht und niemals hätte sie es gekonnt. Sah man es ihr an?
    Wie der Händler mit dem Patrizier sprach war die Höhe. Wie jemand ein solches Mundwerk gegenüber einer höheren Person haben konnte verstand sie nicht. Calena spürte wie sie Gänsehaut bekam, das bekam sie immer wenn sie Angst hatte und, dass sie diese hatte war wohl verständlich, schließlich wurde man nicht jeden Tag gefasst und wie eine Diebin behandelt. Es tat ihr auch gleichzeitig leid, dass der Flavier nun solche Frechheiten über sich ergehen lassen musste und sie hatte keine Ahnung wie sie das jemals gut machen konnte, egal wie die Sache hier ausging.


    Die Blicke der Umstehenden machten sie nervös und es war als könnte sie diese direkt wie Messerspitzen auf sich fühlen. So gerne hätte sie sich einfach hinter diesem Mann versteckt der eine Ausstrahlung hatte die man nicht beschreiben konnte. Sie wusste auch nicht wie sie es hätte sagen sollen, aber nun da er neben ihr stand fühlte sie sich beschützt, auch wenn die Angst weiterhin da war. Hatte sie eben noch den Gedanken gehegt ob er noch verlangen würde, dass sie sich hier auszog kam nun wirklich die Höhe, als der Händler tatsächlich wollte, dass sie und ihr Gefolge die Hände ausstreckten. Ungeheuerlich, es wurde ja immer schlimmer und erniedrigender für die junge Frau die bald nicht mehr wusste wo ihr der Kopf eigentlich stand. Es tat weh, selbst wenn es ein Mensch war den sie nicht kannte, aber wenn man so etwas an den Kopf bekam fühlte man sich sehr gedemütigt und beschmutzt. Aber was würde ihr denn letztendlich anderes übrig bleiben als dem ´Befehl´des Händlers nachzukommen. Calena wollte nicht, dass das hier eskalierte. Streitereien waren der pure Horror für sie.


    „Hab ich das gesagt? Hää?“ blaffte der Händler den Mann nun wieder lauter an. Wahrscheinlich hatte dieser etwas an den Ohren. „Ich will nur sehen ob sie auch wirklich nichts haben! Ist es nicht mein Recht? Oder wie soll ich beweisen, dass sie es gestohlen hat? Sie sagt sie hat es nicht, aber weder dein noch ihr Wort reichen da aus. Das Schmuckstück ist teuer und ich will eine angemessene Entschädigung haben und wenn das Weib sie hat, wird sie dafür büßen wie es sich für Diebe gehört! Wenn einer von unserm Stand etwas klaut bekommt er gleich die Hand abgehakt und wenn ihr Schnösel das macht redet ihr euch noch raus, am besten mit der Ausrede euch war langweilig. Und wenn du glaubst mit Geld alles wieder gut machen zu können, haste dich geirrt. Ich will Recht, mehr nicht,“ sagte er nun wirklich in einem aggressiven Tonfall und mit wütend blitzenden Augen. Ihm reichte es langsam mit diesem eingebildeten Pack. So würde er doch nicht mit sich umspringen lassen, das wäre ja noch schöner. Paaahhh, von wegen. Seine Hände ballten sich neben seinem Körper zu Fäusten und er presste diese so stark zusammen, dass seine Knöchel langsam weiß hervortraten.


    Calena hatte den Blick des Patriziers ihr gegenüber gesehen und sah, dass mit ihm sicher nicht mehr lange gut Kirschen essen war. Es lief hier alles aus dem Ruder und sie hatte wirklich langsam Panik, dass es vollkommen eskalierte. Keiner der anderen Schritt ein, alle sahen sie weiter zu und ergötzten sich an diesem Bild was nicht ständig zu sehen war. Die junge Caecilierin spürte wie das Blut in ihren Ohren rauschte und als sie sah wie der Händler seine Fäuste zu ballen begann und die Adern an seinem Hals und seiner Stirn immer weiter hervor traten, tat sie instinktiv einen Schritt nach hinten. Wahrscheinlich für den Händler ein Zeichen, dass sie schuldig war, aber für sie nur ein wenig mehr Sicherheit. Vielleicht sollte sie einfach das tun was der Händler verlangte und sich die Blöße geben ihre Hände zu zeigen und jeden kleinen Beutel auszuleeren den die kleine Gruppe besaß. Vielleicht würde den Händler das besänftigen, aber sie käme damit nicht gut davon. Er war sie angegangen, hatte sie gedemütigt, machte nun bei einem hochangesehenen Mann weiter... wo sollte das enden?

  • "Dein Recht," sagte ich in einem Tonfall, der auch im Hochsommer den Tiber noch hätte vereisen können, "ist es, diese junge Frau höflich zu bitten, Dich zu den Urbanern zu begleiten, damit Deine Anzeige ordnungsgemäß aufgenommen werden kann, und dann liegt es bei den Urbanern, sich um die Sache zu kümmern. Ich weiss nicht, wo Du glaubst Dich im Augenblick aufzuhalten, aber Standgerichtsbarkeit und Selbstjustiz sind keine Grundsätze unseres Staates; schon gar nicht, wenn man sich aufführt wie ein Verrückter. Hackst Du einem mutmaßlichen Dieb ohne Verhandlung die Hand ab, dann machst Du Dich strafbar, umso mehr, dass Du Dich gegen einen Bürger wendest. Glaube nicht, dass Du dadurch schneller Dein Recht bekommst, dass Du Dich benimmst wie die Axt im Wald!"
    Die Schärfe in meinen Worten war nun nicht mehr zu überhören, und einige der Umstehenden waren nun nicht nur sensationslüstern, sondern geiferten der sich anbahnenden Konfrontation noch weitaus mehr entgegen - ein Händler gegen einen Patrizier, das sah man nicht allzu oft auf dem Markt, die meisten Händler benahmen sich eher kriecherisch ehrerbietig, sobald man einen elfenbeineneren Halbmond trug, andere wiederum mieden Patrizier wohlweislich (und wenn ich mir ansah, wie die Frauen aus meiner Familie inflationär einkaufen gingen, konnte ich das auch irgendwie verstehen).


    Um wieder etwas Ruhe in diese ganze Angelegenheit zu bringen, blickte ich mich in der Menge um und rief den herumstehenden Leuten zu: "Gibt es einen unter euch, der einen Urbaner holen könnte?" Natürlich gab es niemanden, denn der Römer an sich tat nichts umsonst und ohne Entgelt. So zückte ich meinen Geldbeutel, kramte ein paar Sesterzen hervor und hielt sie hoch. "Es soll auch nicht zum Schaden desjenigen sein." Schon reckten sich, deutlich motivierter, gleich mehrere Arme, und ich wählte mir unter den vier Aspiranten den jüngsten und am listigsten aussehenden Burschen aus. "Wie heißt Du, Junge?" fragte ich ihn, und er grinste mich zahnlückig an. "Marcus Genetus Quintus," sagte er und warf dem Händler einen schiefen Blick zu. "Also, Genetus Quintus, wenn Du mit einem Urbaner zurückkehrst, dann bekommst Du dasselbe nochmal." Die Augen des Jungen (seiner etwas zerschlissenen Kleidung nach kam er nicht gerade aus der besten Familie auf dem Aventin) leuchteten auf, und er hatte sich gerade in Bewegung gesetzt, als der Händler schließlich doch einlenkte. "Wofür brauchen wir jetzt die Urbaner? Das kann man doch auch unter Ehrenmännern klären!" Anscheinend hatte er wissen wollen, wie weit ich bereit war zu gehen, und jetzt, da die Sache für ihn unangenehm würde ausgehen können, besann er sich der Tugend der Diplomatie.


    "Ich will ja nur sehn, ob sie die Brosche hat, oder ihre Sklaven, ist das denn zuviel verlangt!" schnaubte der Händler, während der Junge in der Nähe stehen blieb, wohl um den nächsten Akt unseres Straßentheaters nicht zu verpassen. "Dann kannst Du sie auch höflicherweise darum bitten, ob sie dieser Bitte Folge leistet, ist dann ihre Angelegenheit alleine - und tut sie es nicht, werde ich die Urbaner holen lassen, soviel ist sicher." Etwas anderes hatte dieser großmäulige Händler nun nicht verdient, schließlich hatte er sich schlecht genug benommen, dass selbst ich unbändige Lust verspürte, ihm sein Gesicht mit meiner Faust ein bisschen zu verschönern. Bevor ich noch etwas unüberlegtes tun konnte, wandte ich mich an die junge Frau, die sichtlich eingeschüchtert wirkte und bisher fast gänzlich geschwiegen hatte - aber verständlicherweise rechnete nicht unbedingt jede Frau, die den Markt besuchte, auch gleich mit einer solchen Szene. "Entschuldige, dass ich mich bisher nicht mit Dir unterhalten habe, ich hoffe, Du kannst mir das angesichts dieser ganzen Sache nachsehen. Es wäre allerdings von Vorteil zu wissen, mit wem ich es zu tun habe - willst Du mir sagen, aus welcher Familie Du stammst?" Hoffentlich war es eine bekannte Familie mit Einfluss. Auch das würde helfen, diesem unsäglichen Händler den Mund zu stopfen.

  • Aber auch zu den Urbanern wäre eine ziemliche Zumutung gewesen für Calena. Natürlich hätte sie es getan das war klar, aber es wäre wie alles auch eine Demütigung, aber scheinbar kam sie nicht davon. Wie es in der jungen Frau aussah konnte keiner wissen, auch nicht, dass sie sich zutiefst verletzt fühlte. Sie war eingeschüchtert, wahrscheinlich etwas was der Händler beabsichtigt hatte, vielleicht aus dem Grund um sie so weit zu drängen bis sie ihm einfach das Geld für die fehlende Brosche gegeben hätte. Wenn dieser Flavier nicht gekommen wäre und niemand sonst eingeschritten wäre, hätte sie es wahrscheinlich sogar getan. Calena konnte man ziemlich schnell einschüchtern und da sie nicht gerne Schritt und schnell Angst bekam warn sie ein gefundenes Opfer für solche Spielchen.
    Dieser Patrizier hatte wenigstens Ahnung und sie musste sich eingestehen, dass sie selber bei seiner Stimme eine Gänsehaut bekam und einen leichten Schauer im Nacken. Er war jemand mit dem man sich lieber nicht anlegte, denn er hatte wirklich etwas in der Stimme was einen Angst einjagen konnte und dann zusätzlich noch sein Blick……


    Calena erschrak etwas als der Patrizier einen Jungen zu sich rief der zu den Urbanern laufen sollte. Natürlich hatte sie nichts getan, aber es wäre doch ein seltsames Gefühl wenn man wegen dem Verdacht auf Diebstahl mit diesen mitgehen musste. Sie wollte es nicht und sie wollte schon den Mund öffnen um zu erwidern, dass sie es einfach tun würde, ihre Sachen zu zeigen, ihre Hände, dass das alles nicht von Nöten war, doch sie wagte es nicht. Als der Händler dann doch einlenkte fiel ein großer Stein von ihrem Herzen und sie blickte den Händler an. Wie konnte man nur so boshaft sein? In den Augen des Händlers blitzte es dunkel auf, als würde er sagen wollen dich bekomme ich noch. Auch das erschreckte Calena etwas, schließlich hatte sie ihm nichts getan, hatte sich nur nach ein wenig Schmuck umgesehen und dann wurde sie so öffentlich angegriffen. Die Umstehenden reckten immer weiter ihre Hälse damit sie besser sehen konnten. Einige von ihnen hatten eigentlich gehofft, dass sie hier vielleicht mehr sehen würden, vielleicht, dass einmal ein Patrizier sich mit einem Händler schlug, das wäre einmal eine Abwechslung gewesen die man nicht so schnell vergas.


    Ihr Herz klopfte immer schneller und man sah es Calena sicher auch an, dass sie sich nicht wohl fühlte hier zu stehen. Wäre sie jemand anderes gewesen hätte sie das alles sicher sofort abgeschmettert und gesagt, nein jetzt werden erst recht die Urbaner geholt, aber das konnte sie nicht. Ihr Blick galt nun Aquilius der sich nun an sie wandte und sie ansah. Sie versuchte ihre Unsicherheit die sie verspürte etwas zu überspielen, schließlich war er nicht der Händler sondern ein angesehener Bürger der ihr geholfen hatte und immer noch half.
    „Ich danke dir,“ sagte sie leise „für deine Hilfe,“ führte sie diesen Satz zu Ende und machte eine ganz kleine Pause um sich zu sammeln und wieder etwas mehr Haltung anzunehmen. „Caecilia Calena, ich bin die Cousine des Praefectus Praetorio Gaius Caecilius Crassus,“ sagte sie und versuchte dabei ihre Stimme etwas zu festigen. Sie hoffte, dass der Händler nun verstand, dass er einen Fehler gemacht hatte, denn Crassus würde dieses Verhalten auf keinen Fall dulden, das wusste sie. „Es tut mir leid, dass du in diese Geschichte reingezogen wurdest,“ entschuldigte sie sich, auch wenn er es war, der dazu gekommen war und zwar freiwillig. „Ich habe wirklich nichts getan und die Brosche auch wieder an ihren Platz zurück gelegt,“ sagte sie verzweifelt.


    Der Händler war in der Zwischenzeit etwas leiser geworden und blickte die Personen vor sich nur an. Natürlich kannte er den Namen Caecilia und auch das Oberhaupt der Familie war ihm ein guter Begriff. Er presste die Kiefer aufeinander, doch er wollte sie.

  • Es war zu verlockend, diesem Händler die Faust ins Gesicht zu rammen, und in meiner Phantasie tat ich dies gerade ausgiebig. Aber es wäre nicht nur unklug gewesen, es hätte der Sache nicht geholfen – ich mochte zwar die Einrichtung einer Gartenlaube aus Zorn demolieren, aber diesen letzten Grenzzug hatte der Händler in all seiner Impertinenz noch nicht überschritten, wirklich persönlich nahm ich das alles noch nicht, auch wenn mich sein Verhalten wirklich ärgerte. An einem wie diesem Kerl würde ich mir die Hände nicht schmutzig machen – aber ich hatte einen Klienten, dessen bester Freund ein ziemlich brutaler Schläger war, und genau diesen Klienten würde ich morgen nach der salutatio ein bisschen länger bei mir behalten und einige Sesterzen verteilen, um meinen Standpunkt deutlich zu machen. Einen Flavier beleidigte man nicht ohne Folgen, und wer davon hören würde, dass der Stand dieses ungehobelten Idioten und er selbst demoliert worden wären, würde wissen, dass er sich einen Feind gemacht hatte, den er besser in Ruhe gelassen hätte. In vielem war ich freimütig und zu Zugeständnissen bereit, aber es hinderte mich nicht daran, meine Rachegelüste zu konservieren.
    Die junge Frau sprach mich an, dankte mir gar, was mich den Kopf schütteln ließ – in einer solchen Sache wäre ich wohl immer eingeschritten, seit meinen Tagen als tresvir capitalis war es eine meistens eher unpraktische Gewohnheit geworden, und ab und an musste es wohl auch eine hübsche junge Frau sein, die etwas Hilfe brauchte (das entschädigte für all die stinkenden, meist eher groben Kerle vom Land, die mit den Verhältnissen in Rom nicht zurecht kamen und deswegen häufig in Schwierigkeiten gerieten).


    Als sie dann noch ihren Namen sagte, wusste ich, dass die Sache gewonnen war, und der Händler wusste es auch. Er hatte seine Niederlage nicht kommen sehen, sich wohl bis zu diesem Moment noch im Recht geglaubt, aber es gab wenige Menschen in Rom, denen man besser nicht in die Quere kam, und der praefectus praetorio zählte zu jenen. Genauso gut hätte man an die Statue des vergöttlichten Augustus inmitten seines Tempels pinkeln können und hoffen, ungeschoren davon zu kommen – früher oder später, meistens deutlich früher, würde sich diese Tat schmerzhaft rächen. Dass Crassus der Ruf folgte, ein skrupelloser Egoist zu sein, machte mir die Sache deutlich leichter.
    Ihren Worten folgend, sie hätte die Brosche zurückgelegt, wandte ich mich wieder an den Händler. „Du hörst, was die Cousine des Caecilius Crassus sagt,“ betonte ich den Namen dieses Mannes noch ein bisschen mehr, damit auch der letzte der Gaffer ihn mitbekam, einige der Umstehenden grinsten nun ziemlich deutlich, zweifellos war ihnen wie auch mir klar geworden, dass die Sache entschieden war. „Am besten, Du lässt einen Deiner Sklaven genau nachsehen, ob die Brosche nicht doch vielleicht herunter gefallen ist und sie Dir deswegen nicht aufgefallen ist.“ Wenn der Händler, der unter seiner soliden italischen Sommerbräune inzwischen recht bleich geworden war, ein Betrüger sein sollte, der von ihr hatte Geld erpressen wollen, würde er den Wink hoffentlich verstehen und die Brosche „finden“ lassen; auch so wäre es sicherlich eher angeraten, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, um weiteren Ärger zu vermeiden.


    Es dauerte einige Momente, bis der Händler wieder fähig war, einige klare Worte zu formulieren, schließlich hatte er einen Schock hinnehmen müssen, der andere vielleicht umgeworfen hätte (man kam nicht jeden Tag in den Genuss, sich einen mächtigen Mann mit ziemlicher Sicherheit zum Feind zu machen), aber er schlug sich erstaunlich tapfer.
    „Wenn die Cousine des Caecilius Crassus das meint, dann will ich mal nicht so sein,“ tat der Händler, als lenke er ein, aber dieses recht durchsichtige Schauspiel konnte zumindest die feixenden Gaffer nicht ablenken. Herrisch winkte Rufilius Tarco einen seiner Sklaven mit der Hand herbei, einen schmalen, achaisch wirkenden jungen Mann mit Schatten unter den Augen, und trug ihm auf, am Schmuckstand nach der Brosche zu suchen und besonders auf dem Boden seine Augen offen zu halten. Die Wartezeit, die nun anbrach, während der Sklave suchte, nutzte ich zu einigen Worten in Caecilia Calenas Richtung.
    „Du musst mir nicht danken, Caecilia Calena, denn es ist die Pflicht eines jeden, einem anderen beizustehen, wenn Hilfe gebraucht wird. Ich hoffe, das alles klärt sich zur Zufriedenheit aller auf, manchmal sind die Herren Händler hier etwas übereifrig.“ Ich hatte weit untertrieben, und auf meiner Zunge lagen so einige wirklich tief empfundene, unflätige Flüche, die auszusprechen mir sicher sehr gut tun würde – dennoch, es war hier nicht der richtige Ort dafür, und nicht die richtige Zeit. So sehr mir Caecilius Crassus angesichts seines Verhaltens meiner Nichten Arrecina und Minervina gegenüber auch verhasst war, heute hatte sich sein Name wenigstens einmal als nützlich erwiesen. „Ich habe sie!“ hörte man von weiter hinten aus der Richtung des Sklaven, und fast triumphierend erhob er das Schmuckstück, sodass es jeder sehen konnte.

  • Ihr fiel nichts anderes ein als diesem Mann zu danken und wahrscheinlich hätte sie es auch noch weiter getan wenn er nicht mit seinem Kopf geschüttelt hätte. Für sie war es einfach nur Glück, dass er gekommen war, denn bei den anderen Anwesenden hier hatte sie das Gefühl gehabt, dass es ihnen egal gewesen wäre was der Händler getan hätte. Gut Calena war nicht alleine da und Nathan wäre eingeschritten wenn es der Händler zu bunt getrieben hätte, aber im Großen und Ganzen ging es hier um das Prinzip. Er hatte sie als Diebin vor versammelter Mannschaft bezichtigt. Als ehrlicher Mensch tat es weh so etwas zu hören, auch wenn man von einem solch schmierigen Zeitgenossen sicher nichts Besseres erwarten konnte.
    Wenn sie nicht so durcheinander gewesen wäre, hätte sie sicher schon früher ihren Namen oder den ihren Cousin genannt oder wäre gar auf die Idee gekommen Nathan zu ihm zu schicken. Wahrscheinlich hätte der Händler dann schon längst nicht mehr hier gestanden. Eigentlich war diese Wahrscheinlichkeit doch sehr hoch.


    Immer noch, auch nachdem der Flavier nun ihren Namen noch einmal wiederholte, klopfte ihr Herz aufgeregt und hart gegen ihre Brust. Auch an ihrem Blick war deutlich zu erkennen, dass sie sich noch lange nicht wohl fühlte. Solch Situationen waren der Horror für die junge Frau. Aufgeregt schaute sie zu dem Händler und dann wieder kurz zu dem Flavier, ehe sie die Worte noch einmal in ihrem Kopf durchging. Vielleicht heruntergefallen……vielleicht war das auch alles einfach nur ein abgekapertes Spiel gewesen. Welche Möglichkeiten hatte sie gegen diesen Mann anzugehen? Sie wusste es nicht und es war auch nur ein sehr kurzer Gedanke, denn sie war viel zu sanft, als es zu testen.
    Calena hörte das Raunen der Herumstehenden. Dann sah sie den Blick des Händlers. Ihm schien einen Augenblick alles aus dem Gesicht gefallen zu sein als er ihren Namen hörte und dazu den ihres Cousins. Ja er hatte eine magische Anziehungskraft sowohl in die eine, wie auch in die andere Richtung.


    Verlegen schaute sie nach den Worten de Händlers gen Boden. Es würde gleich endlich vorbei sein, dank diesem Mann. Erleichtert atmete sie auf, schloss ganz kurz ihre Augen um sich zu sammeln und blickte dann in jene von Aquilius. „Nur warst du der einzige der kam und mir beistand, deswegen gilt mein Danke dir. Ich hätte nicht gewusst was ich noch machen sollte außer die Wahrheit sagen und das habe ich,“ meinte sie mit einem verzweifelten Blick. „Ich habe so etwas noch nie erlebt. Ich meine warum sollte ich stehlen wenn ich es nicht brauche? Ich verstehe das nicht,“ sagte sie, naiv wie sie war. Natürlich hatte sie schon davon gehört, dass Frauen die alles hatten dennoch ab und an diebten. Dann, bevor sie weiter sprechen konnte hörte sie die Worte des Sklaven und ihr Kopf ruckte in diese Richtung. Tatsächlich der Sklave hielt die Brosche in der Hand und Calena blieb vor Überraschung einen Moment der Mund offen stehen.


    „Sie hatten sie die ganze Zeit,“ flüsterte sie. Die Scham die sie empfand, empfunden hatte und die immer noch da war, konnte man ihr nicht nehmen auch nicht jetzt wo feststand, dass sie es ja nicht gewesen sein kann. „Wie kann ich dir dennoch danken?“ fragte sie ihn und versuchte sich mit den Worten etwas abzulenken. „Für mich ist es einfach nicht selbstverständlich, dass man einem Menschen, den man nie gesehen hat und von dem man nichts weiß, in einer solch brisanten Situation hilft. Du hast hier für mich eingestanden,“ sagte sie leise und senkte wieder ihren Blick ein wenig.


    Dem Händler glänzten einige Schweißperlen auf der Stirn als der SKlave die Brosche in die Luft hielt und er lächelte schmierig und zuckte mit den Schultern. "Irren ist menschlich," meinte er schlichtweg "Aber dennoch sie hatte sie zu letzt gehabt und jeder andere hätte sie sicher auch beschuldigt," knurrte er dennoch noch zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

  • „Manchmal scheint es nicht zu genügen, die Wahrheit zu sahen,“ sagte ich in freundlichem Ton zu der jungen Frau. „Vor allem nicht, wenn es darum geht, dass jemand die Tatsachen nicht sehen will, oder sich weigert, andere Möglichkeiten anzuerkennen. Gegen einen solchen Willen ist nicht leicht anzukommen, und Du hast nichts falsch gemacht in dieser Sache. Dieser Händler wollte Dich schuldig sehen, und alles andere war für ihn nicht mehr von Bedeutung. Ich bin froh, dass sich alles nun doch aufgeklärt hat.“ Wenngleich dies weniger meinem kriminalistischen Scharfsinn, sondern eher dem Namen ihres Cousins zu verdanken war, aber das machte keinen allzu großen Unterschied für den Erfolg. Das Thema war nun zumindest für mich erledigt, und der Händler wirkte auch nicht so, als wolle er noch irgendeine Anklage zu erheben, sein missmutiger Blick sagte alles. Ohne Einschreiten hätte er wohl versucht, Caecilia Calena zu erpressen oder ihr Geld abzuluchsen, nur weil er zu Anfang der Stärkere gewesen war.


    Leiser nun fuhr ich fort: „Versuche das alles einfach zu vergessen, wenn Du kannst, und komme nicht wieder zu diesem Teil des Marktes, zumindest nicht in den nächsten Tagen, ohne einen starken Sklaven bei Dir zu haben, der Dir diese Ratten vom Hals halten kann, versprichst Du mir das?“ Ich lächelte etwas und warf danach einen finsteren Blick in die Richtung des Händlers. Er würde in den nächsten Tagen noch einen Besuch bekommen, den er nicht vergessen würde. Einen Flavier beleidigte man nicht ungestraft, soviel war ich allein schon unserer Familienehre schuldig.


    „Dein Dank genügt mir vollkommen, Caecilia Calena. Es ist doch selbstverständlich, dort zu helfen, wo es vonnöten ist, und ich mag Betrüger nicht, die sich versuchen, an Unschuldigen zu bereichern. Unser Volk ist dadurch groß geworden, dass die Bürger füreinander einstanden, und nicht dadurch, dass man sich gegenseitig versucht hat auszunehmen,“ flocht ich einige politische Phrasen vor mir her und überlegte, wie ich mich nun aus der ganzen Sache herausziehen konnte. Immerhin war sie eine Verwandte eines Mannes, dem ich einiges weder verzeihen konnte noch wollte, und dies konnte auch das reizende Lächeln seiner Cousine nicht vergessen machen. Noch heute kochte mir ein leiser Zorn im Inneren empor, wenn ich nur an Caecilius Crassus dachte, und den meisten Männern meiner Familie ging es nicht viel anders.


    „Lass uns einfach einige Schritte gehen. Ich werde Dich noch ein Stück Deines Weges begleiten, wenn Du möchtest, damit dieser Kerl nicht auf dumme Gedanken kommt, und dann hast Du hoffentlich die Gelegenheit, die Einkäufe, die Dich hierher geführt haben, in Ruhe und ohne weitere Störungen weiterzuführen.“ Eine Frau, die nicht mit dem Ziel, etwas zu kaufen, auf den Markt ging, konnte ich mir schlichtweg nicht vorstellen, dafür hatten mich die Frauen meiner Familie genug schockiert, gerade in ihrem unendlich scheinenden Vergnügen, sich stundenlang Stoffe anzusehen, die für mich irgendwie gleich wirkten und doch angeblich sehr verschieden sein sollten. Aber das gehörte zu den Dingen, die ein Mann wohl niemals wirklich verstehen konnte und würde.


    Ich machte eine einladende Geste in Richtung des Restmarktes und hörte noch die Bemerkungen des Händlers, was mich nur den Kopf schütteln ließ. „Nicht jeder hätte einen solch großen Aufstand gemacht, damit die Schuld einer Frau bewiesen würde, ohne zu sehen, welche Möglichkeiten es sonst noch gibt – Du kannst Dir sicher sein, dass mir ein Verhalten, das sich in dieser Weise wiederholt, zu Ohren kommen wird, und spätestens dann wird die Marktaufsicht von Deinem Verhalten erfahren.“ Es waren klare, kalt gesprochene Worte, die keinen Zweifel zuließen, dass er nun wirklich knapp davor war, sich seine Existenz zu zerstören, wenn er nicht endlich Ruhe gab – und dieses eine Mal schien ein Rest Verstand die Handlungen des Händlers zu bestimmen, denn er hielt seinen Mund und starrte mich nur wütend an. Ich gönnte mir den weitaus erfreulicheren Anblick Calenas und lächelte sie deutlich freundlicher an, abwartend, was sie nun tun wollte.

  • Das waren Dinge die hatte sie noch nicht kennen gelernt, denn bis jetzt hatte man ihr immer geglaubt, weil sie eben ein ehrlicher Mensch war. Es enttäuschte sie, dass es Menschen gab die so waren wie der Händler, aber gleichzeitig hatte sie heute auch wieder etwas neues dazu gelernt. Sie war in vielen Dingen doch noch zu unbedarft und naiv in ihrem Denken weil sie es einfach nicht kannte, aber Rom war eben nicht das Land von dem sie kam. In ländlichen Gegenden ging man einfach anders miteinander um, was hier in Rom ganz anders war. „Ich verstehe nur nicht wie man das machen kann. Ich meine er wusste doch sicher, dass ich unschuldig war. Warum tut er dann so was und was hätte es ihm denn gebracht wenn die Urbaner gekommen wären? Hätten sie nicht auch festgestellt, dass ich unschuldig bin? Oder hätte er es gar gewagt mir die Brosche noch zuzustecken damit ich wirklich als Schuldige da stehe?“ fragte sie den Flavier und erschauderte gleichzeitig bei diesen Gedanken. Ja was wäre geworden wenn sie eben nicht die Cousine des Caecilius Crassus gewesen wäre? Am besten schien es noch zu sein wenn man sich darüber einfach keine Gedanken machte auch wenn das bei dieser Sache doch recht schwer war, schließlich waren genügend Menschen anwesend gewesen, hatten sie gesehen und ihren Namen gehört, es würde so oder so gemunkelt werden da war sie sich fast sicher.


    Zurückhaltend lächelte sie den Mann an und nickte dabei sanft mit ihrem Kopf. „Das werde ich dir versprechen, ich hätte auch so keine wirkliche Lust mehr diesem Mann noch einmal zu begegnen. Glaubst du etwa er würde noch einmal etwas versuchen?“ denn das meinte sie aus seinen Worten eben herausgehört zu haben und wirklich wohl wurde ihr bei diesem Gedanken so ganz und gar nicht. Was war wenn sie in zwei Wochen noch einmal hier her ging und der Mann dann kommen würde? Die leichte Gänsehaut in ihrem Nacken begann ein wenig zu kribbeln bei diesen Gedanken. Wie schnell konnte man sich in Rom Feinde machen?


    Calena wusste nichts von den Gedanken die der Flavier gegenüber ihres Cousins hatte. Wenn hätte es ihr wohl leid getan, dass es Unstimmigkeiten zwischen ihnen gab, denn sie mochte ihren Cousin über alles, war er doch der größte Teil ihrer Familie, da alle anderen nicht mehr wirklich am Leben waren oder doch recht verstreut im gesamten Reich. „Für dich mag es selbstverständlich sein, aber für mich war es heute wirkliches Glück, dass du da gewesen warst,“ meinte sie.


    „Gerne, danke das ist sehr nett von dir,“ sagte sie höflich auf sein Angebot sie noch ein Stückchen zu begleiten aber wieder mischte sich ein ungutes Gefühl zwischen die Worte die sie hörte, denn wieder betraf es die Vermutung,dass dieser Händler vielleicht doch noch auf dumme Gedanken kommen könnte. Langsam tat sie also den ersten Schritt wobei ihre Sklaven ihr in einem gewissen Abstand folgten. Naria war immer noch etwas neben sich, denn sie hatte so etwas auch noch nie zuvor erlebt und zitterte noch ein wenig.


    Der Händler stattdessen sah den Patrizier weiterhin an, auch wenn dieser ruhiger geworden zu schien, doch in seinem Inneren brodelte es wie verrückt. Doch er riss sich zusammen. Die Worte des Patriziers tat er mit einem wütenden Knurren ab und drehte sich dann ohne etwas zu sagen um. Er entriss dem einen Sklaven die Brosche und schubste den armen Sklaven auf die Seite um sich seinen weiteren Geschäften zu widmen, scheuchte dabei allerdings auch einiges an Kundschaft mit seinen Flüchen davon.


    „Ich hoffe diese ganze Sache hat dich nun selber von deinen eigenen Vorhaben nicht so lange abgehalten. Es tut mir leid wenn doch, auch wenn ich weiß, dass ich eigentlich ja nichts dafür kann,“ sagte sie während sie einige Schritte gingen. „Mit ist so etwas noch nie geschehen. Es fühlt sich seltsam an wenn jemand kommt und einen auf diese Weise beschuldigt. Doch wie du sagtest werde ich versuchen das ganze so gut es geht zu vergessen.“

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