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Triclinum - Das Speisezimmer
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Ohne viel Aufhebens hatte Tiberius seine Klamotten in sein altes Cubiculum geschafft. Es hatte sich bemerkenswert wenig verändert in der Zeit in der er weg gewesen war. Doch zeigte einem das Auge, das lang nicht mehr auf eine Sache geblickt hatte dem Betrachter unweigerlich die Veränderungen auf, und mochten sie auch winzig sein. Ein neues Möbelstück hier, eine aufgehübschte Malerei da, der hässliche Riss im Mosaik des Atriums, der nach der Renovierung endlich verschwunden war.
Doch immer noch hängen bedauernswert wenige Masken von gewesenen Konsuln an der Wand des Atriums, dachte Tiberius mit einem schiefen Grinsen. Nein, in der Politik waren die Tiberier schon lang nicht mehr aufgefallen. Wagenrennen, ja. Aber Politik? Vielleicht ließ sich das ja mit einem bisschen Ehrgeiz ändern.
In der Zwischenzeit jedoch ließ er sich mit dem alten Kyros und einem Becher heiß gemachten Weins (gegen jene Kühle, die einem kaum bewohnten Hause eben zu eigen war) im Triclinum nieder um die Lage zu besprechen.
"Was die Hauswirtschaft angeht, ist soweit alles in Ordnung, Domine." hob Kyros an. "Wir haben uns von dem Kraftakt des Wiederaufbaus bemerkenswert gut erholt. Auch weil wir außerdem keine gigantischen Projekte zu stemmen hatten. Die Factio Veneta hält sich da auch ganz gut. Hamiris - ich weiß nicht ob du den kennst, ist noch ziemlich jung-hat die konsulischen Rennen neulich glatt für sich entschieden."
"Hervorragend." bemerkte Tiberius und meinte sowohl den Wein als auch die Leistung des offenbar vortrefflichen Hamiris.
"In der Tat." Kyros wartete noch kurz ab, ob Tiberius noch eine Bemerkung machen würde. Als dies nicht passierte fuhr der Perser fort: "Ansonsten läuft das hier so vor sich hin. Wenn du mir die Frage gestattest: Wie sehen deine Pläne hier aus? Rufen dich die Legionen? Oder die Götter, wie den ehrenwerten Dominus Victor?"
Lächelnd antwortete Tiberius: "Was du sagen willst, Kyros: Hier läuft es zwar ganz gut, aber du kannst es dir nicht leisten wie einer deiner Griechen in weltfremder Abgeschiedenheit jahrelang über Nichtigkeiten zu brüten, bis der Putz von der Decke von der Decke fällt und die Geldeintreiber die Porta mit einem Rammbock einreißen? Wie schade. Ach was, beruhig dich, das war ein Witz. Tja was soll ich anfangen?Das Militär, sag ich dir gleich, ist nichts für mich, die Götter mögen mir vergeben, aber in ihren Tempeln ist nicht viel los. Aber ich sag dir was, Kyros auf dem Forum ist was los. Aber zum Kleinkrämer bin ich mir eigentlich zu schade, muss ich dir sagen. Aber ich versteh mich auf die Gesetze. Stell dir vor, in Griechenland haben sie sowas auch. Und nirgends kann man so gut in Ruhe studieren wie dort. Der griechische Staat, das römische private Recht. ägyptische Verwaltungskunst. Das, Kyros, sind die Dinge, die Gemeinwesen zuseammen halten. Die Ruderbänke der Staatsgaleere."
Dem Perser stand für einen Moment offen ins Gesicht geschrieben, dass er an der Ruderbank des Staates, wie an allen Ruderbänken überhaupt, eher einen Haufen bedauernswerter Sklaven vermutete. Mit einem Mal war auch Tiberius misstrauisch. er hatte von dem Sklavenaufstand vor einiger Zeit auf seiner Reise durchaus Wind bekommen. Von valerischen Sklaven war aber nicht an prominenter Stelle geredet worden. Ein Glück. Er verzichtete aber darauf. Das würde er im Laufe der nächsten Zeit behutsam herausfinden. Er hatte wahrlich keine Lust seine Sklaven direkt zu vergraulen. So etwas machte durchaus einen Unterschied. Trotzdem dachte er kurz darüber nach, ob vielleicht eine der hübscheren des Haushalts ohne viel Aufhebens für die Nacht zur Verfügung stehen würde. Aber auch für diese Frage war später immer noch Zeit. Tiberius trank noch einen Schluck.
"Wie auch immer, Kyros, das ist die Richtung in die ich mich bewegen werde. Als Jurist konnte man in dieser Stadt doch schon immer was werden, ist es nicht so?"
"Auf jeden Fall, Domine. Wenn du mir vielleicht in die Bibliothek folgen willst? Es hat sich hier was das Recht angeht einiges getan. Jedenfalls soweit ich das überblicken kann."
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Im Triclinum hatte die Dienerschaft schon ein paar anständige Erfrischungen für die Familie bereit gestellt.
Ganz froh, von der zugigen Straße runter zu sein, nahm sich Tiberius einen Becher Wein.
"Eins muss man Onkel Severus lassen. Er wusste wie man einen Weineller zusammen stellt. Ich kann euch sagen, ich war positiv überrascht. Stellt euch vor, das Meiste stammt aus Süd-Gallia und Hispania. Er war wohl das italische Zeug leid."
Tiberius platzte zwar vor Neugier, was die Verwandtschaft genau hier her geführt hatte - Onkel Aulus war in seinem Brief ein wenig vage gewesen- aber es musste da ja nicht gehetzt werden.
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Die drei verwandten Gäste waren Flaccus in das Innere des Hauses und dann in das Triclinium gefolgt. Während Caia den Blick einer Matrone über das Innere dieses Junggesellendomizils schweifen liess und dabei mehr als einmal ein Grinsen unterdrückte, ging Aulus auf die Worte seines Neffen ein, während er sich ebenfalls einen Becher des bereitstehenden Weins nahm.
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"So hat jeder im Leben seine Talente und auch seine Vorlieben." sagte er und nahm einen Schluck, ehe er fortfuhr. "Ich habe schon immer heimische Weine bevorzugt. Aber mir fehlt, im Gegensatz zu Severus, jegliche Neigung zum Horten größerer Weinmengen, da ich stets fand dass meine Zeit auf anderen Gebieten besser investiert ist." Er lächelte leicht und ging davon aus, dass sein Neffe diesen kleinen Hinweis darauf, dass auch er seine Zeit lieber mit wichtigeren Dingen verbringen sollte, verstand.Die kleine Vestina indes, gelangweilt davon, dass ihre Eltern und ihr Vetter ihrer Meinung nach nur sinnlos rum quatschten, statt sich mit ihr zu beschäftigen, lief durch das Triclinium und betrachtete alles, was hier so rumstand, nicht nur mit ihren Augen, sondern fasste auch alles an. Ihre Neugierde war groß und da sich sowieso niemand mit ihr beschäftigte, konnte sie diese auch genauso gut einfach stillen.
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Es war dann aber Caia, die, nachdem sie sich mit einem Becher stark verdünnten Wein gesetzt hatte, Flaccus Neugierde besänftigen würde. "Ich hoffe du nimmst es uns nicht übel, dass wir dir nicht bereits in dem Brief genaueres zu unserem kleinen Besuch hier bei dir mitgeteilt haben." Sie trank einen Schluck. "Aber wir fanden, dass man etwaigen, neugierigen Boten, nicht unbedingt alles auf die Nase binden muss." Sie blickte kurz zu Vestina, die in einer Ecke des Tricliniums etwas entdeckt hatte, dass ihre Aufmerksamkeit fesselte, und dann zurück zu ihrem Neffen.
"Ausser das wir dich natürlich auch gerne mal wieder zu Gesicht bekommen wollten, sind wir nach Rom gekommen um die Zukunft unseres kleinen Sonnenscheins zu regeln." Ihr Blick wanderte zu ihrem Mann.https://image.ibb.co/kfO1kc/valens.png
Aulus nickte leicht auf die Worte seiner Frau hin. "Richtig. Wir sind nach Rom gekommen, weil uns zu Ohren kam, dass eine der Dienerinnen der Vesta alsbald aus dem Dienst der Göttin ausscheiden wird. Ich habe vor Vestina zu einer der Kandidatinnen für die Aufnahme in die Reihen der Vestalinnen zu machen." Es war nicht so, dass Aulus ein besonders religiöser Mann war und daher unbedingt seine Tochter in den Dienst der Göttin übergeben wollte, aber er war genug politisch geprägter Römer um zu wissen, dass seine Tochter in dieser Position eine wichtige Ressource für den Fortbestand und das Vorankommen seiner Familie sein konnte. -
Als Axia davon sprach, die Zukunft der kleinen Vestina regeln zu wollen, war Tiberius erst etwas verwirrt. Um eine Heirat auszumachen wären sie damit doch ziemlich früh dran gewesen. Obwohl man sich auch hier natürlich beeilen musste.
Aber als sie Aulus ihm dann den Plan mit der Vestalinnen-Karriere erläuterte, nickte Tiberius natürlich zustimmend.
"Das ist eine hervorragende Idee. Onkel Victor war ja Septemvir, aber vestalische Jungfrau ist natürlich eine ganz andere Ordnung. Das wäre eine immense Ehre würde das Ansehen der ganzen Familie sehr stärken."
Ob es persönlich das Richtige für de kleine Vestina war, als kleines Mädchen weit weg von ihren Eltern in so einen strengen Frauenorden einzutreten, spielte in Tiberius' Erwägungen eine eher untergeordnete Rolle. Vestina würde erhebliches Prestige zuteil werden, das mit der heiligen Verantwortung kam, das Herdfeuer zu wahren. Sie würde dann früher oder später sehr dankbar für diese Gelegenheit sein, davon war Tiberius überzeugt. Außerdem hatte er nicht darüber zu befinden, was Aulus als das Beste für seine Tochter ansehen mochte.
Insofern wollte er auch als erstes nicht wissen, was Vestina von dieser Idee hielt, sondern fragte."Habt ihr euch schon mit den Jungfrauen in Verbindung gesetzt? Die sind ja durchaus wählerisch und ihr werdet nicht die ersten sein, die ein Auge auf diesen Posten geworfen haben."
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"Ich habe einen Boten vom Stadttor aus losgeschickt um ein Schreiben an die oberste der Jungfrauen zu überbringen. Es sollte also mittlerweile bereits im Atrium Vestae vorliegen. Ob und in welcher Form eine Reaktion erfolgen wird, entzieht sich jetzt leider unserer Kontrolle." beantwortete Aulus die Frage seines Neffen. In der Tat ging auch er davon aus, dass er nicht der einzige war, der davon gehört hatte, dass sich eine Chance eröffnen würde eine Tochter in die Reihen der Vestalinnen zu bekommen. Da er selbst allerdings nur wenig Einfluss darauf nehmen konnte, ob seine Tochter in Betracht gezogen würde oder nicht, würde er einfach nur abwarten können. "Deswegen werden wir dich auch eine Weile mit unserer Anwesenheit beglücken."https://image.ibb.co/bXBzib/caia.png
"Die angenehme Nebenwirkung ist, dass wir Zeit für dich haben. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen und bei dir gibt es bestimmt sehr vieles interessantes, dass in der Zwischenzeit passiert ist." sagte Caia mit einem warmen Lächeln. Sie freute sich tatsächlich darauf etwas über das Leben ihres Neffen zu erfahren, den sie so lange Zeit nicht gesehen hatte. Vor allem war sie natürlich auch daran interessiert, ob er bereits ein Auge auf eine junge Frau geworfen hatte, denn schliesslich war er in einem Alter, in dem ein gutaussehender junger Mann wie er, anfangen sollte seine Chancen auf eine vorteilhafte Verbindung auszuloten.Vestina hatte indes erstmal genug davon sich im Raum umzuschauen und begab sich daher an die Seite ihrer Mama. Sie lehnte sich an sie und schlang ihre kurzen Arme um sie, während sie zuhörte, was die Erwachsenen redeten.
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"Ich freu mich jedenfalls, dass ihr da seid. Ist doch ein wenig leer hier gewesen die ganze Zeit."
Die Casa war immerhin groß genug."Und da gibt es tatsächlich einiges zu erzählen, was die ganze Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben so passiert ist.Und besonders was im Moment so passiert. Ich arbeite für den Ädilen Aurelius im Moment als Tiro Fori und was soll ich euch sagen, da sieht man so einiges den ganzen Tag."
Tiberius machte mit dem Becher eine kreisende Bewegung, die den ganzen Raum.
"Vor allem was die Einrichtung angeht können wir von denen noch eine Menge lernen." schloss er mit einem Augezwinkern
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Auf den heutigen Abend hatte Tiberius sich schon länger gefreut. Er hatte sich mit ein paar Kollegen und Freunden zusammen gefunden um über nichts Geringeres, als das Recht zu diskutieren und vielleicht konnten sie ja tatsächlich noch ein bisschen was von ihm aufschnappen, was ihnen nützlich vorkam.
Und so war nun alles bereit. Es war genug Wein da um die zuweilen trockene Materie angemessen herunter spülen zu können und ein paar ordentliche Happen für zwischendurch durften auch nicht fehlen.Tiberius Plan für diese Runde sah vor, wenigstens über die wichtigsten Eckpunkte und Entwicklungen des römischen Rechts und das Wichtigste des theoretischen Unterbaus, der sich aus zu großen Teilen aus der Philosophie speiste, zu reden. Ein Römer, fand er sollte sich in der Basilica wenn nicht zuhause, so doch aber wohl fühlen, sah er doch das Recht als Fundament für den Erfolg des römischen Gemeinwesens an sich.
Ja. So würde er beginnen.
"Meine lieben Freunde, schön dass ihr gekommen seid. Ich hoffe, euer Tag war nicht zu anstrengend, damit wir unsere ganze Energie auf die vor uns liegenden Fragen lenken können. Die Fragen zu unserem wunderbaren Recht nämlich und etwas so hervorragendes wie unser Recht, verlangt unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit, wenn wir als Cives höhere Kenntnisse anstreben wollen. Oder auch Posten und Ämter. Für einen Menschen, sei es im privaten oder öffentlichen Leben, ist es stets nützlich aber immer vorteilhaft über das Recht gut bescheid zu wissen, damit einen das Leben oder vielmehr die anderen, eure Mitbürger oder Fremde nicht über den Tsch ziehen können. Für einen Mann im öffentlichen Licht, scheint mir die Kenntniss unserer Gesetze einfach unerlässlich.
Aber bevor wir hier anfangen, gelehrt daher zu schwatzen, will ich euch eine Frage zum Anfang stellen: Was ist das eigentlich, dieses Recht?"
Er stellte die Frage in den Raum. Hier gab es eine unüberschaubare Anzahl an möglichen Antworten. Mal sehen was seine Mitstreiter so dazu meinen würden.
Sim-Off: Bitte alle Teilnehmer des SimOn-Kurses angesprochen fühlen
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Auch Caesoninus war an diesem Abend erschienen. Er war ebenfalls der Ansicht, dass jeder wahre Römer zumindest Grundkenntnisse der Juristerei besitzen sollte, war das Gericht doch DAS zivile "Schlachtfeld" aller großen Römer von Iulius Caesar bis Tullius Cicero. Auf diesem Gebiet konnte man sehr viel Ruhm und auch große Bekanntheit erlangen, wenn man seine Sache gut machte. So fand Caesoninus es nur würdig und recht, dass auch er sich tiefere Juristenkenntnisse aneignen musste, um in seiner Karriere weiterzukommen. Zu diesem Zweck war er also heute in Valerius Flaccus' Haus gekommen.
Dieser begann auch gleich mit einer interessanten Frage. Was ist Recht? Caesoninus mit einem Becher Wein in der Hand meldete sich zu Wort: "Nun, meine Freunde, gebt mir die Gelegenheit euch kund zu tun, was ich unter Recht verstehe." Zu einem besseren Eindruck seines gleich Gesagten setzte er sich aufrechter hin und fuhr fort: "Mag die Philosophie unbestreitbar den Griechen gehören, so sind wir Römer die unumstrittenen Meister des Rechts. Schon in archaischen Zeiten, als sich die anderen Völker des Mittelmeeres, ja auch viele Griechen!.. sich noch dem willkürlichen Worte von Königen unterwarfen, so folgten wir Römer schon lange den wortgetreuen Buchstaben des niedergeschriebenen, unpersönlichen Rechtes. Das Recht sind von einzelnen beschlossene, oder von mehreren Personen ausgemachte feste Regeln, Bestimmungen und Vorschriften, die für ein bestimmtes Gebiet und all deren Bewohner Geltung besitzen, nehmen wir als Beispiel einmal das Imperium Romanum und dessen Bewohner. Die Gesetze des Kaisers und des Senats gelten für uns alle, die wir im Gebiete des Imperiums leben und stellen einerseits sicher, dass Bauer, wie auch reicher Edelmann gemäß der vorher bekannten Vorschriften z.B. bei Verbrechen immer gleich behandelt werden. Andererseits können Gesetze, also das Recht so auch die Machtmöglichkeiten der Großen und Mächtigen beschneiden, wedhalb diese stets danach trachten möglichst an jenem Ort zu sitzen, wo Recht gemacht wird, um nicht von dessen Folgen überrumpelt, oder gar in ihrer Macht geschmälert zu werden. Der gemeine Bürger jedoch schätzt das Recht, wo es ihn ja wie schon erwähnt vor der Willkür von einem sagen wir einmal König schützt. Denn auch Könige müssen sich an Rechte halten!" schloss er seine Ansicht der Dinge.
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Tiberius hört sich interessiert an, was der Iulier zu sagen hatte und nickte dabei zustimmend. Vor allem zu Beginn ließ Caesoninus erkennen, dass er den selben Stolz auf das römische Rechtssystem verinnerlicht hatt, dem Tiberius auch anhing. Es kotte auch wirklich kaum kemand daran zweifeln, dass die Römer allein für sich in Anspruch nehmen konnten, das beste Rechtssystem zu haben.
"Eine sehr gute Zusammenfassung der Grundidee, wenn du mich fragst, mein Freund. Tatsächlich hätte ich aber hier sehr vielen Antworten zugestimmt. Kaum eine Frage wird unter den Rechtskundigen so stark debattiert, wie die Frage was Recht eigentlich ist.
Du hast nun einerseits auf die Geltung abgestellt. Räumlich. Zeitlich. Über deine These über die Rechtsbindung der Monarchen werden wir nocht reden. Ich bin mir fast sicher, dass es Leute hier gibt, die mit dir da nicht einer Meinung sind."Tatsächlich war es fast gefährlich, solche Ideen kunzutun. Der Kaiser genoss im römischen Gemeinwesen umfassende Freiheit was seine Handlungen betraf. Aber auch hier gab es natürlich Grauzonen. Immerhin konnten Cives den Staat verklagen.
"Aber zurück zum Wesen des Rechts. Ein Kollege behauptet, das Recht sei ars boni et aequi.* Das Gute und das Gerechte. Und eine Kunst noch dazu. Eine eher poetische Idee also. Ich habe da meine eigene Theorie Wir können gern darüber diskutieren. Aber vorher haben andere hier vielleicht auch noch eigen Ideen. Callistus? Torquatus vielleicht?
Interessant fand ich auch Caesoninus, dass du auch vergleichsweise prosaisch geblieben bist. Regeln, Bindung, Geltung. Wo bleibt denn bei dir die Gerechtigkeit? Gibt es so etwas für dich? Ist die unwichtig?"
Sim-Off: * Publius Iuventius Celsus hat das gesagt.
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Caesoninus nickte bedächtig und antwortete: "Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass ich mich bisher ausschließlich auf weltliches Recht bezogen habe, auf die ausgemachten Regeln unter Sterblichen. Gerechtigkeit jedoch ist kein Recht. Gerechtigkeit steht darüber und entspringt der göttlichen, NICHT der menschlichen Quelle. Ich sehe Gerechtigkeit darin an, dass sie eine ausgleichende Kraft in der Welt ist, die sogar über den Göttern stehen kann von Zeit zu Zeit, ganz so wie die Parzen mit ihren Ratschlüssen sogar über dem größten und besten Iupiter gebieten können. Gerechtigkeit ist universiell, das Recht ist es nicht."
Er machte eine kurze Sprechpause, damit alle die bisherigen Worte überdenken konnten.
"Natürlich gibt es viele Gesetze und damit verbunden auch Rechte, die im Bestreben geschaffen wurden Gerechtigkeit zu üben, doch sehe ich dadurch die Gerechtigkeit nicht als Teil des Rechtes an, sondern als dessen mögliches Endresultat. Es braucht kein festes Recht, um Gerechtigkeit üben zu können, doch Gerechtigkeit sollte die Basis aller Gesetze sein."
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Caius hatte mit großem Interesse und einiger Neugierde die Einladung zu einem juristischen Diskurs von seinem Factiokollegen Valerius Flaccus angenommen. So fand er sich also heute im Triclinium der Casa Valeria im kleinen Kreise Rechtsinteressierter Männer wieder. Die Eingangsfrage war ebenso schlicht wie kompliziert: Was ist Recht?
Nach Caius' Dafürhalten griff Iulius Caesoninus mit seiner Erläuterung anfangs noch zu kurz. Insbesondere vermischte er schnell rechtstheoretische mit politischen Fragestellungen. Flaccus wandte sich nun an Torquatus und ihn, wobei zuvor Caesoninus noch einmal seine Meinung kundtat. Der rieb sich am Begriff der Gerechtigtkeit. Caius wollte jedoch viel grundsätzlicher anfangen:
"Ich denke, wir sollten noch gar nicht zu kleinteilig reden. Die Frage war: Was ist Recht? Ich meine: Recht - die Griechen nennen es dike, meine ich, wir Römer haben es Ius genannt - ist Ordnung. Recht ist die Ordnung, die die Beziehungen der Menschen untereinander in einer Gemeinschaft regelt. Das kann einerseits die Regelung eines Kaufs, einer Miete oder eines Schadensersatzes nach Verletzung betreffen. Das kann andererseits aber auch die Bestrafung eines Regelverstoßes betreffen, sei es ein Diebstahl oder eine körperliche Beeinträchtigung. All dies würde ich unter dem objektiven Aspekt des Rechts zusammenfassen."
Kurze Pause, Caius sammelte seine Gedanken, fuhr sodann fort: "Sicherlich betrifft Ius aber auch eine subjektive Seite. Denn aus dem Recht ergeben sich für Einzelne auch Berechtigungen oder Verpflichtungen. Iulius hat es bereits angerissen: Insbesondere Machtbefugnisse Einzelner kann man aus dem Recht herleiten, also Berechtigungen. Aus den objektiven Regeln einer Gemeinschaft ergeben sich also Rechte Einzelner. Seien es Rechte des Imperators - der wie ich meine seine gesamte Machtfülle aus Recht und Gesetz ableitet -, seien es Berechtigungen des Senats, seien es Rechte des Metzgers, des Färbers, des Krämers."
"Und schließlich ist da noch der Aspekt, den du nun eingebracht hast, Valerius: Die Gerechtigkeit. Ich denke, dass Iulius' Ansatz in die richtige Richtung geht: Gerechtigkeit als mögliches Endresultat. Aber was steht vor dem Resultat? Meines Erachtens ist die Gerechtigkeit eine bloße Schattierung des Rechts, und zwar in drei Formen: Rechtmäßig - iustum - ist ein Vorgang oder ein Handeln, wenn es im Einklang mit dem institutionellen Recht steht. Gerecht - aequum - bezeichnet eine abwägende Gerechtigkeit, also die Ausgleichung von Vorteilen und Nachteilen. Und gesetzlich - legitimum - beschreibt die Übereinstimmung eines rechtlichen Handelns mit dem (Volks-)Gesetz."
Er warf einen entschuldigenden Blick in die Runde und fügte hinzu: "Und weil Iulius bereits ganz zu Beginn vom Recht im Imperium Romanum gesprochen hat: Für alle Völker gilt das Ius Gentium, das allen Menschen gemein ist. Die Idee des Völkergemeinrechts kommt ebenfalls von unseren griechischen Nachbarn."
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Da Caesoninus jemand war, der als Aedituus sehr viel mit dem Göttlichen zu tun gehabt hatte jeden Tag, war Tiberius nicht überrascht, als er die Gerechtigkeit der Sphäre des Göttlichen zuordnete.
"Gerechtigkeit als letztlich losgelöst vom Recht. Das ist eine neue Idee. Interessant."
Sodann meldete sich Duccius zu Wort. Recht als Ordnung. Drei Aspekte. Iustum, Aequum, Legitimum. Anscheinend hatte Callistus sich da durchaus Gedanken gemacht. Diese semantischen Aufteilungen fielen bei den meisten Diskussionen über das Recht früher oder später unter den Tisch.
"Und Gerechtigkeit als mögliches Endresultat. Ja. Interessant."
Sim-Off: Keine knallharten Nicht-Positivisten hier was?
"Und behalte die Aufteilung in Iustum, Aequum und Legitimum auf jeden Fall im Kopf. Die können wir später denke ich gelegentlich noch brauchen.Nun, viele andere behaupten, dass es genau anders herum ist. Dass ohne Gerechtigkeit überhaupt kein Recht entstehen könnte. Hierfür beziehen sie sich dann aber wieder auf die Götter, die Caesoninus erwähnt hat. Allerdings mit völlig unterschiedlichen Konsequenzen. Göttliche Gerechtigkeit als Legitimation des weltlichen Rechts. Nicht als zwei voneinander getrennte Sphären.
Ich hoffe ich hatte dich richtig verstanden.
Jedenfalls kann ich euch sagen, dass wenn wir unser Recht hier in Rom anschauen, wie du Caesonius sicher weißt, es geschichtlich so aussieht, dass viele unserer Rechtsnormen und ihre Begründung ihren Ursprung im sakralen Bereich, dem Bereich der göttlichen Gerechtigkeit haben, auch wenn uns das vielleicht heutzutage nicht mehr ständig bewusst ist. Aber zu den Ursprüngen gleich mehr.
Wenn wir uns ansehen, was die großen Denker - Callistus hat die Griechen ja schon erwähnt - dazu sagen, haben wir ein interessantes Bild vor uns.
Cicero würdest du vielleicht interessant finden, Caesoninus. Recht hat für ihn Gerechtigkeit als Ziel. Er glaubt an das Recht durch die göttliche Vernunft* Die griechischen Philosophen wie Platon und Aristoteles, ihrer allgemeinen Linie folgend, haben für das Recht ein anderes Ziel. Das Recht hat , indem es "gut" und "gerecht" ist, nämlich das Ziel, die eudamonia, das Glück oder die Glückseeligkeit, zu fördern. Sowohl des Privaten als auch im Gemeinwesen.** Wie da die Mittel im Spezifischen sind erstmal nicht von besonderem Interesse.Und wenn ihr mich schließlich nach meiner Ansicht fragt, so stellt Recht im Wesentlichen einen Mechanismus dar, der es ermöglicht, Konflikte im Privaten oder im Gemeinwesen zu vermeiden und aufzulösen.
Hierzu zähle ich alle Normen, die wir uns in unserem Gemeinwesen so gegeben haben. Sei es durch formelles Gesetz des Augustus oder des Senats, sei es durch die allgemeinen Sitten, die wir für selbstverständlich halten. Denn ob man nun durch den Richter wegen eines Gesetzesverstoß oder durch die öffentliche Meinung wegen eines Sittenverstoßes verurteilt und bestraft werde, mag für den einzelnen oft kaum einen Unterschied machen. Ansonsten bin ich eher geneigt, dem großen Cicero zu folgen.
Aber wie ich schon gesagt hatte. Viele dieser Erklärungsversuche, was Recht ist, sind legitim, haben Stärken und Schwächen und die Philosophen werden sich noch lang um diese Frage streiten. Ich fand es nur nützlich mit dieser Frage zu beginnen, um später gelegentlich darauf zurück zu kommen.
Wir könnten dieses Thema gern noch eine Weile verfolgen. Wenn also noch etwas dazu loswerden will, kann er das ja jederzeit anbringen.
Lasst uns aber von den luftigen Sphären der Philosophie einstweilen auf den harten Boden der Praxis zurückkehren.
Was würdet ihr sagen, ist das Rechtsgeschäft - nennen wir es einfach mal so - , das sich in dieser Stadt am häufigsten abspielt jeden Tag?"
Sim-Off: *In De Legibus steht das.
**Nikomachische Ethik; Politeia -
"Ich denke" begann Caesoninus "dass man wie du schon treffend gesagt hast, wohl endlos darüber streiten oder debattieren oder was auch immer könnte , was jetzt genau Recht und was Gerechtigkeit ist und was von wel und wo abstammt, oder zusammenhängt. Letztendlich jedoch zählt im Alltag ja doch dann ausschließlich die schwarz auf weiß niedergeschriebenen Gesetze, unabhängig davon, ob sie gerecht sind, oder nicht." Es gab bestimmt auch im Imperium einige ungerechte Gesetze, wenn ihm auch spontan keine einfielen. "Was das häufigste Rechtsgeschäft angeht, so würde mir spontan der Kaufvertrag einfallen, also der Tausch Ware gegen Geld, doch falls es das nicht ist wirst du uns gewiss gleich eines besseren belehren, nicht?"
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Tiberius nickte und nahm noch einen Schluck Wein, bevor er fortfuhr.
"Du liegst völlig richtig. Der Kaufvertrag passiert täglich tausende Male auf den Straßen und in den Gebäuden der Stadt. Ohne, dass wir es groß bemerken würden. Er hat nur einen Sinn. Einen Gegenstand oder ein Stück Land von einer Person zur anderen zu kriegen. Aber wie das geht, ist bei genauerem Hinsehen vielleicht gar nicht so simpel und es kann eine Menge schief gehen. Ich fange damit an, weil der Kaufvertrag der wichtigste und eingängigste Vertrag ist und er eignet sich gut, um grundlegende Prinzipien zu verdeutlichen. Aber beginnen wir doch am Anfang. Was ist ein Kaufvertrag? Wir römischen Juristen nennen das einen Konsensualvertrag. Es gibt auch noch den Realvertrag und den Litteralkontrakt, aber die lassen wir einstweilen außen vor. Ein Konsensualvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass beide Vertragsparteien den Willen zum Abschluss des Kaufvertrags haben, also ein Consensus besteht und sie sich über Kaufsache und Kaufpreis einig sind und ihren Willen auch mit entsprechenden Äußerungen kundtun. Diese beiden Dinge nennt man Essentialia Negotii. Der Verkäufer hat sodann die Pflicht, dem Käufer die Sache, um die es bei dem Kaufvertrag ging zu übereignen - wie das genau vonstatten geht, dazu kommen wir gleich und der Käufer hat die Pflicht, den Kaufpreis zu bezahlen. Das sind die Grundlagen. Ihr findet das auch in § 5 der Lex Mercatus übrigens.
Was passiert, wenn einer der beiden seiner Pflicht nicht nachkommt? Dann kann der andere zum Prätor gehen. Der Käufer kann mit der Actio Empti die Ware heraus bekommen, Der Verkäufer mit der Actio Venditi den Kaufpreis. Ich habe euch jetzt die Grundlagen genannt. Habt ihr bis hierher Fragen oder Anmerkungen? Lasst diese Konstruktion einfach mal auf euch wirken. Übereinstimmende Willenserklärungen, Essentialia Negotii. Klingt einfach, nicht? Was passiert nun aber, wenn irgendetwas nicht nach Plan läuft? Nehmen wir an, der Käufer irrt sich in irgendeiner Form. Zum Beispiel: Er sieht die Sache, die er kaufen will im Laden vor sich liegen, irrt sich aber über die Substanz der Sache. Kann dann noch ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sein?"
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Caesoninus war während der Belehrungen des Valerius überrascht, was alles hinter so einem simplen Komplex wie eines Kaufvertrages, Ware gegen Geld, steckte. "Da sieht man einmal, was da z.B. im Hintergrund alles so automatisch abläuft an juristischen Belangen beim Kauf von sagen wir eines einfachen Hühnereis." bemerkte er.
Den weiteren Ausführungen konnte er ohne Probleme folgen, bis auf das letzte: "Verzeih, Tiberius Valerius, aber ich verstehe nicht so ganz, was du mit "irrt sich über die Substanz der Sache" meinst? Meinst du damit die Beschaffenheit, also ob z.B. eine Amphore am Boden undicht ist, ein als scharf angepriesenes Schwert in Wahrheit stumpf ist, oder ein Ei eine Delle hat? Im übrigen und davon jetzt abgesehen hängt das Zustandekommen nach wie vor von der Willenserklärung beider Parteien ab, denke ich mir. Hat der Käufer Geld gegen Ware getauscht, ist ein Vertrag zustande gekommen. Bemerkt er einen Mangel und bezahlt trotzdem ist ebenfalls ein Vertrag entstanden, wenn auch vielleicht mit Zusatzklauseln wie einem Skonto, oder Rabatt, sofern der Kunde so etwas im Zuge des entdeckten Mangels verlangt, oder der Verkäufer gewährt.
Natürlich kann der Kunde auch die Ware kaufen und nachhause tragen und erst dort bemerkt er dann, dass die Ware schadhaft ist. Dann kann er natürlich zurückgehen und den Vertrag anfechten, das ändert jedoch nichts daran, dass es zuvor einen gültigen Kaufvertrag gegeben hat. Andererseits verhält es sich so, dass, wenn der Käufer kurz vor Abschluss des Kaufvertrages, egal ob mündlich, schriftlich, oder durch entsprechende Taten, bemerkt, dass die Ware schadhaft ist und er deshalb davon Abstand nimmt sie zu kaufen, so ist kein Kaufvertrag zustande gekommen." schloss Caesoninus seine Überlegungen.
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Tiberius schüttelte leicht den Kopf. Vielleicht hätte er sich etwas deutlicher ausdrücken sollen.
"Ich glaube du hast das Problem nicht ganz verstanden. Was du ansprichst, ist die Frage, wie zu verfahren ist, wenn jemand eine mangelhafte Sache kauft oder verkauft. Dafür haben wir eine relative einfache Lösung gefunden. Caveat Emptor. Der Käufer trägt das Risiko.* Und das hat auch was für sich. Wer ein stumpfes Schwert kauft, ist nun mal ein Idiot.Etwas anderes gilt natürlich, wenn der Verkäufer aktiv betrügt.Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus. Wir hatten festgestellt, dass der Wille der beiden Geschäftspartner und auch deren Äußerungen übereinstimmen müssen. Nun können sich hier aber Unklarheiten ergeben. Ein paar Beispiele:Was passiert wenn einer der Vertragspartner sich zwar übereinstimmend äußert, aber sein Wille insgeheim nicht übereinstimmt? Wir nennen so etwas versteckten Dissens. Ein Dissens bedeutet: Kein Vertrag.**Was passiert, wenn einer der Vertragspartner zum Beispiel aus Versehen etwas anderes erklärt, als er eigentlich will? Wenn er sich jedenfalls entweder über den Vertragstypus , den Kaufgegenstand, oder den Preis irrt, kommt kein Vertrag zustanden. Erinnert euch an die Essentialia Negotii.
So weit so einleuchtend. Nicht ganz so klar - und darauf wollte ich heraus: Was passiert beim Error in Substantia? Was meine ich damit? Einen Irrtum über Beschaffenheit des Gegenstandes. So ein Irrtum kann passieren, wenn die Vertragsparteien in ihrer Vertragsvereinbarung die sachliche Beschaffenheit des Verkaufsgegenstands nicht eindeutig klar machen. Ein Käufer kann eine Schale kaufen wollen, aber es konnte entweder die Schale aus Holz oder die aus Ton sein. In der Hektik auf dem Markt passieren solche Irrtümer öfter als man denkt. deswegen nehme ich den hier auf. Bei den Rechtsgelehrten haben sich drei Lösungen heraus gebildet: Eine Ansicht*** meint, dieser Irrtum sei egal.Eine andere Ansicht**** meint das Gegenteil. Ein solcher Irrtum sei nie egal.
Welche Ansicht würdet ihr bevorzugen? Versucht doch schon mal ein bisschen juristisch zu argumentieren. Die nötigen Fakten über Willen und Erklärungen habt ihr."
Sim-Off: *Im heutigen deutschen Recht anders geregelt. Siehe § 437 BGB
** Heute in Deutschland in § 155 BGB geregelt
*** Marcellus
**** Julian; Die dritte Ansicht von Ulpian lasse ich der Einfachheit halber weg Außerdem wirkte Ulpian erst im 3. Jhdt. -
Caesoninus musste zugeben, dass er durchaus zu knobeln hatte bei dieser Nuss und auch jetzt war er sich überhaupt nicht sicher, wie eine richtige Antwort auf die gestellte Frage auch nur ungefähr aussehen konnte. Zu einem hatten sie also einmal dieses essentialia negotii, diese nötigen Mindestangaben über die sich alle Beteiligten einig sein mussten, also über Namen der Vertragsparteien, der Kaufsache und dem Preis. Soweit so gut. Dann hatte Valerius auch noch caveat emptor, der Käufer trägt das Risiko, und dissens, bzw. versteckter dissens als weitere juristische Bausteine genannt, also "kein Vertrag". Auch schön.
Und nun waren sie also bei "error in substantia, also Irrtum in der Beschaffenheit des Kaufgegenstandes und den drei Lehrmeinungen dies sei egal, nicht egal und nie egal.Ob er es einfach mal versuchen sollte? "Dissens durch mangelnde oder ungenügsame essentialia negotii?" fragte er daher ganz vorsichtig, noch immer verunsichert dadurch, dass er zuvor völlig ins Leere gelaufen war.
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Tiberius nickte. "Zum Beispiel. Wie kommst du zu dieser Meinung? Oder ander gefragt: Könntest du erkennen, warum es die anderen Meinungen gibt und es nicht glasklar ist?"
Er nahm noch einen Schluck und beugte sich ein bisschen vor.
"Was ich erreichen will, ist, dass ihr euch ein bisschen rein denkt. Seid ruhig kreativ. Muss nicht wie aus dem Lehrbuch gezwirbelt sein. Ich kann euch den ganzen Abend etwas über Verträge und Klagen erzählen und es würde euch zum einen Ohr rein und zum anderen wieder heraus gehen. Findet Argumente. Wägt ein bisschen ab. Seid frei. Der Weg ist genauso wichtig wie das Ergebnis an dem ihr dann ankommt."Vielleicht sollte er es ihnen erst vormachen. Aber erst wollte er sehen, womit die Kollegen von sichaus um die Ecke kämen.
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Immer noch etwas verschreckt durch seinen zuvor ergangenen "heldenhaften" Lauf in.. genau die falsche Richtung, erinnerte sich Caesoninus an die erwähnten drei Lehrmeinungen. Also gab es einmal die es sei egal, die andere es sei nicht egal und die dritte hatte Flaccus -so dachte Caesoninus- dann nicht mehr erwähnt, es sei denn dieses "nie egal" wäre diese dritte Meinung, was dann jedoch ein wenig verwirrend wäre im Vergleich zu Meinung Zwei.
Caesoninus fing jetzt an seine soeben begonnenen Gedankengänge einfach stimmlich weiterzuführen, vielleicht war ja was brauchbares darunter für Flaccus: "Ein Mann kauft auf einem Markt eine Schale, doch ihre Substanz ist nicht die die er haben wollte. Er wollte eine aus Ton, sagte aber nur "Schale" und bekam deshalb eine aus Holz, weshalb er unzufrieden ist jetzt. Eine übereinstimmende Willenserklärung liegt also nicht mehr vor. Gut. Hmm, die Folge davon...wäre jetzt die Frage, ob durch diesen Irrtum der Vertrag zunichte ist. Vermutlich nicht, denn der Käufer sagte ja nur "Eine Schale bitte" und eine Schale hat er ja bekommen, wenn auch nicht die die er wollte. Der Verkäufer hat seinen Teil des Vertrages erfüllt und eine Schale gegen Geld getauscht, er kann ja schlecht die Gedanken des Käufers lesen, um zu erfahren, welche genau er jetzt haben wolle."
So beließ es Caesoninus einstweilen dabei, auch wenn er das ganze Szenario ein wenig komisch fand. Wer würde denn bei aller Liebe eine Schale verlangen, dafür bezahlen und ERST HINTERHER auf den Gedanken kommen, dass das doch nicht die tönerne Schale seiner Träume war, sondern eine aus Holz?? Caesoninus zumindest würde in diesem Fall gar nicht erst einen Kaufvertrag abschließen sondern ZUVOR das richtige verlangen und dann erst bezahlen und so hätten sie sich dieses, sich im Kreis drehende Szenario erspart...
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