Akademie des Marcus Achilleos

  • "Wie bereits gesagt, trage selbst Verantwortung für eine Stadt an der Grenze zu Feindesland. Dann kannst du über mich urteilen!" Wie konnte ein einzelner Mensch nur so stur sein? Gut, ich war vielleicht auch nicht das Musterbeispiel an Kooperation, aber das tat hier nichts zur Sache. Sie war Sklavin und ich der Herr, da durfte ich ruhig stur sein. Sie aber nicht!
    Ich ging neben ihr in die Hocke. "Ich werde dich ganz sicher nicht in Ruhe lassen. Du kannst ja nicht mal mehr gehen. Ich habe die ganze Nacht Zeit, wenn es sein muss. Wenn du mich loswerden willst, dann lass mich dir helfen. Umso schneller hast du deine Ruhe." Ich hielt ihr meine rechte Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen.

  • Jetzt hielt er ihr auch noch die Hand hin! Alsuna hätte schreien mögen, wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass ihr diese Antwort auf eine solche Geste nur noch mehr Nachteile einbrächte. Ach, und sie konnte also nicht mehr gehen? Nun, gut, dass er ihr das mitteilte, ihr selbst war diese offensichtliche Tatsache noch gar nicht aufgefallen! Neben der Kraft, sich auf eine für Menschen normale Weise fortzubewegen, war ihr allerdings auch ganz massiv die Energie zur Geduld und Vernunft abhanden gekommen, ganz besonders in direktem Zusammenhang mit diesem Mann. Wie konnte er da so ruhig hocken und ihr ‚helfen‘ wollen, obgleich er soeben gleich zweimal hintereinander vollkommen ausgerastet war? Das war doch nicht normal! Schmerzte sein Arm nicht mehr? Erinnerte er sich nicht mehr an seinen tollen Plan, die komplette Anlage hier hinten niederzubrennen, ohne Rücksicht auf die Stadt? Lebten wirklich mehrere Seelen oder besser gleich Dämonen in diesem Körper, die sich einfach in der Vorherrschaft abwechselten und so schnell verschwanden, wie sie aufgetaucht waren? Lauerten sie lediglich auf ein Losungswort, das sie hervorbrechen ließ?
    Eine unter anderen Umständen unheimliche wie auch faszinierende Vorstellung, doch augenblicklich fehlte es der Germanin sowohl an Willen als auch der nötigen Konzentrationsfähigkeit. Sie würde womöglich zu einem späteren, gesünderen Zeitpunkt dorthin zurückfinden.


    Sollte sie ihm einfach in die Hand beißen? Dann besäße er noch etwas anderes, das er in der Frühe verschämt einem Medicus unter die Nase halten müsste.
    „Wenn du diese Hand nicht gleich wegziehst, wirst du mindestens einen Finger verlieren“, knurrte sie wütend aber leise, während sie ihre Arme mit aller Gewalt durchdrückte, um sich der stärker werdenden Erdanziehungskraft zu widersetzen.
    „Und hör auf, mir gegenüber den Menschenfreund zu spielen. Ich habe bereits gemerkt, dass du dich in Wirklichkeit sehr von diesem Bild unterscheidest. Eben wolltest du den Kasten noch in Brand setzen, falls du das vergessen hast! Du bist mental so instabil wie ein Bündel Stroh in einem Orkan! An deiner Stelle würde ich mir mehr Gedanken um deinen kompletten Aussetzer machen, als dir an mir die Hörner zu brechen. Denn zu nichts anderem wird das hier führen!“

  • Sie wollte sich nicht helfen lassen! Immer noch nicht! Ich sah sie einen Moment fassungslos an, dann zog ich die Hand weg und stellte mich wieder aufrecht hin. Ihre Bemerkung zu meiner mentalen Stabilität war irgendwie zutreffend. In der Tat war ich schon ein wenig beunruhigt darüber, wie leicht meine Stimmung kippen konnte. Und das alles erst, seit ich hier war. Oder eher, seit ich Alsuna als Sklavin hatte. Seit sie hier war kämpfte meine zivilisierte Seite gegen meine jähzornige Seite. Dieser Kampf dauerte genau genommen schon einige Jahre, doch nur höchst selten war meine jähzornige Seite siegreich. Wenn sie dann aber gewonnen hatte, waren die Konsequenzen meistens fatal. Diese fatalen Konsequenzen waren diesmal allerdings ausgeblieben, auch wenn es fast passiert wäre. Sie waren ausgeblieben, weil Alsuna mich davon abgehalten hatte. Mir war rätselhaft, wie sie das geschafft hatte. Eigentlich müsste sie jetzt tot sein, die Akademie und vermutlich das ganze Viertel brennen und ich wäre irgendwo inmitten des Feuers vermutlich auch mehr tot als lebendig.


    "Schön, dann lasse ich dich halt kriechen. Dein Leben, deine Gesundheit, deine Entscheidung. Aber wenn es dir morgen früh nicht besser geht, dann werde ich dir einen Iatros holen." Ich wartete noch einen Moment auf eine Antwort, dann ging ich in die Meditationshalle.

  • Cleonymus war schon seit einiger Zeit recht tief in Gedanken versunken, denn in letzter Zeit liefen in Alexandria so einige Sachen nicht mehr so sorglos wie noch vor ein paar Monaten. Also hatte er beschlossen sich eine kleine Auszeit zu gönnen und mal wieder das Gespräch mit seinen Freunden und Bekannten zu suchen. Das Marcus Achilleos eher noch eine eigene Dritte Gruppe verdient hatte machte ihn dennoch zur ersten Station auf dem Weg des Kosmetes ...


    Als Cleonymus auf das Grundstück der Akademie trat fiel ihm irgendwie auf das sie sich seit seinem letzten Besuch verändert hatte und ihn überkam der Gedanke das er vielleicht schon viel früher hätte einml vorbeischauen sollen ...

  • Ich neigte in letzter Zeit zunehmend dazu, das Tor zu bewachen. Es schien mir sinnvoll zu sein, Angriffe sofort abzuwehren. Die Rüstung trug ich inzwischen auch offen, um klarzumachen, dass ich stets kampfbereit war. Die Schüler waren inzwischen ausgeblieben, da ihre Eltern fürchteten, sie könnten bei einem möglichen Angriff des Mobs auf meine Akademie verletzt oder getötet werden.


    Eigentliche rechnete ich nur noch mit Feinden und nicht mehr mit Freunden, so dass ich umso mehr überrascht war, Cleonymus zu sehen. "Chaire, mein Freund. Was treibt dich hierher? Du weißt schon, dass es keine gute Idee ist, sich bei mir blicken zu lassen, oder? Rhakotis hasst mich, sogar noch mehr, als sie die Rhomaer hassen. Das ist mir aber durchaus recht. Dann kommen sie nicht auf die endlos dumme Idee, die Legionäre anzugreifen."


    Ich schloss das Tor hinter Cleonymus und geleitete ihn in die große Halle.

  • Cleonymus lächelte besonnen ...


    "Nun solange ich hier bin musst du dirkeine Sorgen machen das dir jemand ans Leder will! Rhakotis war immer schon elend aber wenn sie auch an mich Hand legen steht nichts mehr zwischen ihnen und dem römischen Stahl ... tja und das will ich dann auch den Römern wohl nicht verübeln ... schließlich hänge ich an meinem Leben!"


    Cleonymus grinste breit, wahrscheinlich stimmte das sogar, immerhin war er der einzige Pyrtan der jemals Interesse an diesem Elendsviertel gezeigt hatte ... mal davon abgesehen das dieses Interesse sich zu großem Teil auch mit den örtlichen "Geschäften" beschäftigte ...


    "Aber genug von Rhakotis, ich bin heute wegen dir hier Marcus ... du hast dich recht lange nicht mehr bei mir gemeldet!"


    Mal davon abgesehen das Marcus irgendwo auch ein guter Freund war so war er doch auch stets eine Informationsquelle gewesen und ein nützlicher Kontakt ...

  • "Nun, ich war beschäftigt. Vor allem damit, mich in eine prekäre Situation zu bringen. Von dem Vorfall am Hafen hast du sicher gehört. Davon, dass ich einige der Aufständischen neutralisiert habe. Endgültig neutralisiert. Das war wohl nicht so ganz gesetzeskonform, aber ich hatte einfach genug von diesen Anarchisten! Die Akademie ist übrigens geschlossen. Die Eltern fürchten, dass die Kinder bei Vergeltungsaktionen zu Schaden kommen könnten. Und ich selbst denke darüber nach, dieses Gebäude abzureißen und Alexandria zu verlassen. Diese Stadt macht mich aggressiv. Sie bringt meine schlimmsten Seiten zum Vorschein. Ich muss meine Menschlichkeit wiederfinden, oder ich werde Rhakotis in einem Fluss aus Blut reinigen."

  • Cleonymus sah Marcus ernst an ...


    "Du kannst von Glück sagen das kein Sohn einer Griechischen Familie unter den Toten war oder jemand anderes von Rang und Namen ... den ansonsten würdest du wahrscheinlich schon längst am Kreuz baumeln! Außerdem muss ich zugeben das es mich doch sehr überrascht hat, wie simpel es mittlerweile scheint dich in Rage zu versetzen. Ich errinnere mich an einen grundsoliden Griechen der ein hohes maß an stoischer Würde besaß, aber in letzter Zeit verhälst du dich wesentlich öfter wie ein Jähzorniger Narr, der nur darauf wartet das ihm jemand Gelegenheit gibt sein Schwert zu ziehen!"


    Cleonymus ging ein paar Schritte über den Hof und fuhr mit der flachen Hand über die äußeren Wände der Akademie, streichelte sie wie ein treues Haustier ...


    "Errinnerst du dih noch an deinen Traum? Denn mir scheint es so als ob du ihn bereits aufgegeben hast ... Diese Akademie macht dich aus Marcus, sie ist .. sie ist sozusagen dein Kind und Kinder reißt man nunmal nicht nieder und flieht dann vor der Realität!"


    Cleonymus war bereit die Akademie erneut zu unterstützen und dafür zu sorgen das sie wieder lief wie zuvor, allerdings musste Marcus das auch wollen und bevor Cleonymus sich dessen nicht sicher war würde er es auch nicht einfach tun ...

  • "Mit Verlaub, diese Aufständischen hatten es geschafft, den Römern Gladii zu entreißen. Du kannst auf meinem Panzer immer noch die Schramme eines Gladius erkennen. Es ist mir lieber, wenn ich getötet werde als noch einen einzigen römischen Soldaten durch Aufständische getötet zu sehen."


    Ich sah nachdenklich, wie Cleonymus die Wände streichelte. Schließlich schüttelte ich den Kopf. "Nein. Die Akademie entspringt den gleichen Gedanken, die mich dazu bringen, jeden Gegner der Ordnung sofort zu töten. Der Traum, den ich hatte, war der Traum gesetzestreuer Untertanen! Wohlstand durch Ordnung, das war mein Traum! Dieser Traum ist nicht möglich. Ganz sicher nicht hier, aber auch sonst nirgendwo. Ich war ein Narr, zu glauben, dass ich etwas verändern könnte. Ich war ein Narr, weil ich hochmütig war! Hochmut kommt vor dem Fall, sagt man. Jetzt kam mein Fall. Zwangsläufig und unausweichlich. Jeder Versuch, diese Akademie weiterzuführen, würde bedeuten, den gleichen Fehler erneut zu machen. Ich brauche Abstand. Deshalb habe ich vor, mich an einen abgeschiedenen Ort zurückzuziehen. Ich werde dort so lange nachdenken, bis ich das Schriftzeichen für Frieden perfekt schreiben kann. Und dann werde ich daran arbeiten, ein neues Schriftzeichen zu entwickeln. Wenn ich das geschafft habe, kehre ich zurück."

  • Cleonymus sah Marcus halb enttäuscht halb verwundert an ...


    "Die Kunst der Weisheit besteht nicht darin nicht hinzufallen, sondern darin nach jedem Sturz wieder aufzustehen! Und nicht der Mann ist ein Narr der seinem Traum einen Leben lang nachläuft, sondern der der ihn davonlaufen lässt!"


    Cleonymus liebte es neunmalkluge Sprüche wesentlich bedeutenderer Männer zu zitieren, auch wenn er selbst nicht ständig diesen Weisheiten folgte ...


    "Ich denke ein guter Untertan wird nicht durch die Zucht erlangt, sondern durch Dankbarkeit! Nimm zum Beispiel deine Rüstung die du nun jeden Tag trägst als trachte dir halb Alexandria nach dem Leben, wenn ich richtig informiert bin war sie ein Gefallen eines örtlichen Schmiedes ... dessen Sohn du unterrichtet hast, nichtwahr? Viele Leute sind dir Dankbar das du ihren Kindern eine Chance gegeben hast und deshalb halten sie auch zu dir, andernfalls hätte sich längst irgendjemand deine Akademie unter den Nagel gerissen, das kannst du mir glauben!"


    Eigentlich hatte Cleonmus nun schon zwei Sätze zuviel gesagt wenn Marcus nicht wollte dann wollte er halt nicht mehr und Cleonymus würde sich jemand neuen suchen müssen der sich ein wenig um Rhakotis kümmerte ...

  • "Himmel und Erde sind nicht gütig. Ihnen sind die Menschen wie Opferhunde aus Stroh. Der Berufene ist nicht gütig. Ihm sind die Menschen wie Opferhunde aus Stroh." Cleonymus war nicht der einzige, der Zitate geben konnte. In der Tat war ich zumindest teilweise eine wandelnde Zitate-Sammlung. "Was mich dazu brachte, auszurasten, war die Tatsache, dass mir die Menschen nicht gleichgültig waren. Ich konnte kein Werk vollbringen, weil ich es festhielt. Und weil ich den falschen Lehren folgte. Doch so lange ich die richtigen Lehren nicht verstehe, kann ich unmöglich unterrichten. Eines steht aber fest: Zixi De muss aufhören zu existieren. Genauso wie Marcus Achilleos. Denn hier wird weder der griechisch-römische Bastard benötigt, noch der fanatische Verfechter von Ordnung und Gesetz!"


    Ich sah Cleonymus durchdringend an. Dann gürtete ich mein Schwert ab. [i]"Dieses Schwert ist mehr als nur eine Waffe. Es ist das Symbol meines Status als Gelehrter. Es symbolisiert gleichermaßen die Macht des Beamten wie auch die Klarheit des Verstandes. Der Verstand soll so sein wie das Schwert: Schlicht, und dennoch glänzend. Klar geformt, und gleichzeitig scharf. Doch meiner ist im Moment getrübt." Ich hielt Cleonymus das Schwert hin. "Nimm dieses Schwert und gebe darauf acht, bis mein Verstand wieder ist wie ein perfektes Schwert. Dann gib es mir zurück."

  • Die Drohung bezüglich eines eventuellen Fingerverlustes schien wenigstens angemessen zu greifen. Das sollte sie möglicherweise im Gedächtnis behalten, wenn ihr schmerzender Kopf denn überhaupt imstande wäre, am morgigen Tage irgendeine Erinnerung bezüglich der vergangenen Nacht hervorzubringen. Jener neblige Schleier vor all ihren Sinnesorganen wurde stetig dicker. Allerdings bei Weitem noch nicht dämpfend genug, wie Alsuna spätestens dann bewusst wurde, als Achilleos erneut zu reden begann, vornehmlich natürlich über Dinge, welche in den Augen der Sklavin nicht bloß übertrieben, sondern ganz und gar lächerlich waren. Einen Iatros holen... na, aber sicher doch. Einen Griechen. Genau das, wonach es sie mit ganzer Seele verlangte, Griechen. Ihre Entscheidung, jedweden Ableger dieses Unkrauts von einem Volk mit Inbrunst zu hassen war beinahe so alt wie sie selbst. Und wenn das Schicksal ihr zumindest den unmittelbar befohlenen Umgang mit dieser Drecksbrut ersparte, würde sie in einem kostbaren Augenblick der eigenen Entscheidungsfindung garantiert keinem Griechen erstatten, sie zu untersuchen oder gar zu behandeln. Dann würde Achilleos erst wirklich merken, wie es aussähe, wenn sie hartnäckig Widerstand leistete. Im Vergleich dazu war ihr Gebaren bislang nichts als eine Spielerei gewesen, ein testendes Kräftemessen um zu sehen, wo ihre und vor allem seine Grenzen lagen. Aber im Angesicht eines Griechen, der ohnehin nur eine Behandlung durchführen könnte, wozu sie selbst ebenfalls bestens in der Lage wäre, würde sie ganz andere Soldaten in den Kampf schicken. Dorthin, wo bislang nur einige Späher kleinere Scharmützel ausgefochten hatten.


    So betrachtet war es einen richtigen Glücksfall zu nennen, dass Achilleos kein reinblütiger Grieche war, aber dennoch das ‚benötigte‘ Blut in sich trug. Genau die richtige Dosis für die daraus wuchernde Einstellung ihm gegenüber. Selbst ohne seinen Fanatismus und seine unsäglich provozierende Art hätte es ‚gepasst‘. Davon jedoch, von diesem fragilen Puzzle, besaß er keine Ahnung und dabei sollte es nach Möglichkeit auch bleiben.
    Alsuna beschloss, keine weiteren kostbaren Kräfte mit einer Antwort auf seine Bemerkungen zu verschwenden. Sollte er denken, dass sie ihm das letzte Wort und damit etwas wie einen kleinen, nutzlosen Sieg zusprach. Sollte er denken, was er wollte. Das Kräfteverhältnis zwischen ihnen lag inzwischen ohnehin in einem Abstand vom tiefsten Punkt des Meeres zur höchsten Stelle des Firmaments. Da gab es nichts mehr herumzureißen in dieser Nacht, nicht einmal etwas wie Respekt, und Mitleid wäre erst recht blanke Zeitverschwendung.
    Geh schon... geh, geh, GEH!


    Endlich schien er begriffen zu haben, dass die Zeit der Konversationen in dieser Nacht für sie vorbei wäre und entfernte sich – wohin auch immer. Hauptsache, er verschwand und ließ sie in Ruhe. Alsuna hielt noch einige Herzschläge lang durch, dann gab sie nach und sank mit einem erleichterten Seufzer auf den Boden, wo sie sich zumindest noch in die Rückenlage kämpfte und dort beschloss, erst einmal ein kurzes Weilchen zu verharren und Kräfte zu sammeln. Dieser Bastard hatte sie weiter getrieben, als sie es sich jemals vorzustellen vermochte. Und sie machte sich nichts vor, ebenso lange würde sie für die Erholung und Heilung benötigen. Tze, Achilleos war viel zu unbeschadet aus diesem ganzen Elend hervorgegangen. Wahrscheinlich wäre sein Armknochen sogar nur unglücklich geprellt und weder angeknackst noch gerissen. Die Germanin biss die Zähne zusammen und spürte, dass sie sich trotz der übermächtigen Erschöpfung nicht entspannen konnte. Immerhin standen die Chancen unter diesen Voraussetzungen prächtig, dass sie es bis zum Sonnenaufgang tatsächlich noch irgendwie zu ihrem Lager schaffen könnte, wenn sie ihren Hass nur sinnvoll bündelte und einsetzte. Und sie besäße alle Zeit, die sie eben benötigte, ohne lästige Ablenkung durch jemanden, der mit Vorliebe ihre gesamte Energie auffraß.
    Unter einem leisen Stöhnen rollte Alsuna sich wieder auf Knie und Hände und begann sich langsam ihrem Ziel anzunähern. Irgendwann würde sie schon ankommen. Zunächst am Kissen und dann im Bett.

  • Cleonymus nickte, wenn Marcus sich auf eine Reise der Selbstfindung begeben wollte so verwarrte er gern den Anker ...


    "Gut, ich werde das Schwert für dich verwaren, allerdings hoffe ich auch das der Tag an dem ich es dir zurückzugeben vermag nicht in allzuweiter Ferne liegt denn deine Hilfe könnte schon bald wieder von Nöten sein!"


    Cleonymus verlor nur ungern einen Günstling, auch wenn Marcus schon vielmehr ein Freund war, und erst recht schmerzte ihn sein Verdacht das dieser hier wohl länger ausbleiben könnte ...

  • "Wer weiß schon, was die Zukunft bringt..." Ich zog die Schultern kurz hoch, während mein Blick in die Ferne zu schweifen schien. Dann fokussierte ich meinen Blick aber schnell wieder auf Cleonymus. "Wieso sollte meine Hilfe nötig sein? Ich denke, dass Alexandria besser ohne meine Hilfe auskommt. Ich wüsste auch nicht, wo ich helfen könnte. Außer dort, wo ich Tod und Zerstörung bringen könnte. Denn da bin ich am besten. Nur will ich das nicht mehr."

  • Cleonymus lächelte etwas müde und blickte auf das Schrwert in seinen Händen ...


    "Nun Marcus Achilleos, oder wie auch immer du dich in Zukunft nennen willst, so Mancher hat deinen seltenen aber stets guten Rat zu schätzen gelernt und auch wenn du mir reichlich oft die Haare zu Berge stehen lässt, wirst du bei mir immer willkommen sein! ... Wenn du nun fort gehst, wer wird sich dann eigentlich um deine Akademie kümmern ... dein Schüler, Stratocles?"


    Wo war überhaupt Stratocles, seit seinem letzten Besuch hier hatte er den jungen Mann nicht nochmal wiedergesehen ... vielleicht war auch er auf Wanderschaft gegangen, so wie es nun sein Meister zu tun gedachte ...

  • "Stratocles? Den habe ich fortgeschickt. Ich wollte ihn nicht mit mir runterziehen." Ich dachte kurz nach. "Ich denke darüber nach, hier, in diesem Gebäude, meinen Rückzugsort zu finden. Die Akademie bleibt geschlossen, das Tor ist zu. Aber ich bin erreichbar, wenn jemand einen Rat will. Ob ich ihn zu geben vermag, ist eine andere Sache."

  • "Fortgeschickt? hmmm "


    Doch mehr als ein Grummeln brachte Cleonymus auch nicht hervor, er wusste einfach nicht mehr was er dazu noch sagen sollte. Marcus hatte sich selbst in Exil geschickt nur da er es noch nicht wusste ...


    "Was ist eigentlich aus deiner Reise nach Rom geworden? Wenn du willst besorge ich dir ein Schiff!"

  • Mir war durchaus klar, dass ich mich selbst ins Exil befördert hatte. Doch schien mir das die einzig richtige Vorgehensweise zu sein.


    "Ich danke dir für das Angebot, aber ich werde nicht nach Rom fahren. Jedenfalls nicht mehr aus den Gründen, die ich hatte. Die Vergangenheit muss aus meinem Leben verschwinden und nicht noch ausgebaut werden. Nur so kann ich eine Zukunft haben."

  • Es war nun schon eine ganze Weile her, dass ich mit Alsuna gekämpft hatte und sie mich davor bewahrt hatte, einfach alles abzufackeln. Viel war seitdem passiert, unter anderem hatte ich ein kleines Massaker am Hafen angerichtet und war inzwischen auch kein Priester der Musen mehr. Meinen Schüler Stratocles hatte ich fortgeschickt und den Unterricht für die Kinder hatte ich aus Sicherheitsgründen ebenfalls eingestellt.
    Meiner Sklavin war ich in dieser Zeit so gut wie möglich aus dem Weg gegangen und sie mir. Das war sicher auch besser so. Andererseits wollte ich ihr noch dafür danken, dass sie mich davon abgehalten hatte, alles niederzubrennen. Ich musste sie dazu nur erst einmal finden. da sie ziemlich frei darin war, zu kommen und zu gehen, wie es ihr beliebte, konnte sie im Prinzip überall sein.
    Im Garten war sie nicht - zumal es noch kein Garten war. da ich diesen Platz zuerst betrat, konnte ich das mit Sicherheit sagen. Also ging ich in die Bibliothek, die aber ebenfalls verlassen war. In der Gästewohnung war sie auch nicht, ebenso wenig in der großen Halle. Ich ging die Stufen herunter in den äußeren Hof, sah in die Küche und Vorratskammer, wo Alsuna aber auch nicht war. Blieben nur noch drei Möglichkeiten: Im Bad, in ihrem Zimmer oder außerhalb der Akademie. Da ich nicht vorhatte, im Bad nachzusehen - auch wenn es im Sinne von Anthis ärztlichem Rat wäre - ging ich zu ihrem Zimmer.


    Dort angekommen, klopfte ich an die Tür. "Alsuna? Bist du da?"

  • Die Luft hatte süß und frisch gerochen in den vergangenen Wochen, obgleich es sich nach wie vor um die Luft Alexandrias gehandelt hatte und Alsuna dem Geruch so großer Städte, ganz gleich wie berühmt und malerisch sie auch waren, wenig abgewinnen konnte. Doch wahrscheinlich wären ihr selbst die Ausdünstungen der Cloaca Maxima als recht annehmbar erschienen, sofern sie damit ein Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit verbunden hätte, wie in den letzten Tagen in ihrem neuen 'Zuhause'. Mochte ihr Einstand auch noch so schmerzhaft und nervtötend gewesen sein, jede ihrer Schrammen und Blessuren schien sich am Ende doppelt und dreifach als lohnend erwiesen zu haben. Ihr Herr zeigte sich als quasi nicht existent und schien sie ebenso wenig sehen zu wollen wie sie ihn umgekehrt ebenfalls. Sei es aufgrund eines schlechten Gewissens oder aus seiner Unsicherheit heraus, weil er schlicht nicht wusste, wie er nun mit ihr umgehen und wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte, Alsuna waren die genaueren Umstände höchst einerlei. Sie war dabei, zu verwildern wie ein ausgerissenes Pferd und sie genoss jeden Augenblick dieser Wandlung. Achilleos sollte bloß nicht annehmen, dass er nach einer derartigen Vernachlässigung der Zügel jemals wieder irgendeine Form von Kontrolle über sie erlangen könnte. Ha, ausgerechnet dieser wahnsinnige Bastard. Er besaß noch nicht einmal vollkommene Macht über sich selbst, geschweige denn über irgendwen sonst in seiner Umgebung. Alsuna hatte nur einmal ordentlich aufbegehren müssen und alle Stärke war von ihm gefallen. Beinahe konnte man Mitleid mit ihm bekommen, doch die Germanin zählte nicht zu der Sorte Mensch, welche Mitleid empfand. Wenn sie ehrlich war, rechnete sie jeden Tag damit, in irgendeiner Weise von seinem Tod zu hören. Allerdings stand die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie eine solche rapide Veränderung der Umstände nicht einmal direkt mitbekommen hätte, sondern ihn erst später irgendwo fände, als leckeren Spielplatz von Fliegen und Maden.


    Immerhin, damit hätte er wohl ebenfalls sein Lebensziel erreicht, denn seine selbstmörderischen Absichten wurden bei jedweder Gelegenheit deutlicher. Die Geschichte am Hafen hatte Alsuna sogar aus halbwegs nächster Nähe mitbekommen und bereits zu diesem Zeitpunkt damit abgeschlossen, ihn jemals wieder zu Gesicht zu bekommen. Was sich als Irrtum herausstellte, wie auch immer die Götter dieses mittelschwere Wunder gestemmt hatten. Vielleicht hatten er und die Obrigkeiten der Stadt sich geeinigt. Aber letztendlich spielte das Wie und Warum keine nennenswerte Rolle, das Ergebnis zählte und dies hatte ihn mit himmelwärts gerichtetem Daumen zurück in die Welt hinaus gespien. Irgendwann geisterte er wieder durch seine Akademie, doch im Geschehenen sah die Sklavin bei Weitem keinen Grund, die Phase des Ignorierens in irgendeiner Art einzuschränken. Im Gegenteil. Mittlerweile war sie zum Nachtmenschen mutiert, was die Aussicht, ihm zu begegnen, endgültig gegen Null hatte fallen lassen. Den Tag verschlief sie beinahe komplett und in der Dämmerung machte sie sich auf in die Stadt, deren düsteres Straßengeflecht sie inzwischen bereits weitaus besser kannte und sogar ein irgendwie heimatliches Gefühl damit verband. Überall dort lauerte Gefahr und sie begann zu spüren, dass ihr dies gefiel. Vieles wurde einfacher, wenn man sich nicht fürchtete. Und wenn man nicht länger sämtliche Zeit und Energie auf irgendwelche Herrschaften verschwenden musste, sondern diese einzig für sich selbst nutzte.


    Aufgrund ihrer frischbeschlossenen Nachtaktivität befand sich Suna zum Zeitpunkt von Achilleos' plötzlich wiedererstarktem Interesse nicht bloß in ihrem Zimmer, sondern vielmehr auf ihrem Lager, sich von den angenehmen Strapazen der letzten Dunkelheit erholend und neue Kräfte für die kommende sammelnd. Präziser, schlafend. Allerdings ging ein jahrelang antrainierter, leichter Schlaf nicht binnen weniger Tage verloren, und so durchdrang das Klopfen an der Tür sowie die anschließende Frage jenseits des Holzes problemlos auch die tiefsten Träume der Germanin. Allerdings besaß es keineswegs die Wirkung, sogleich für ein erholtes, munteres Erwachen zu sorgen. Widerwillig blinzelte ein jadegrünes Auge gen Eingang, den sie inzwischen mit vier Riegeln an den Türseiten gegen unerlaubtes Eindringen weitestgehend geschützt hatte. Bis auf das Augenlid sowie in Teilen der Kopf bewegte sich allerdings nichts in dem Lakenwickel aus Stoff und Körper auf der Lagerstatt. Lediglich ein ärgerliches Brummen war zu hören. Was wollte dieser Kerl denn jetzt? Sie waren in den letzten Wochen so grandios zurechtgekommen, er war ihr noch nie so wohltuend und angenehm erschienen wie in der vergangenen Zeit. Warum zerstörte er das nun alles, indem er wieder Kontakt aufnahm? Musste er wieder irgendwelche idiotischen Pläne mit ihr besprechen? Oder einfach nur wissen, wo sie steckte?
    Entgegen besseren Wissens ließ sich Alsuna schläfrigerweise noch ein Stückchen auf dieser zweiten, daunenweichen Hoffnung treiben und gab ein halblautes, wenig begeistertes "Nein!" zurück, um sich anschließend demonstrativ mit dem Rücken zur Tür zu drehen, wenngleich ihr unerwünschter Gast dies natürlich nicht mitbekäme. Gleichsam schloss sie die Augen wieder und versuchte, mittels mentaler Allmacht Achilleos dorthingehend zu beeinflussen, dass er sich schleunigst abwandte und wieder in die Bedeutungslosigkeit verschwand, aus der er gerade dreisterweise den Kopf reckte.

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