Akademie des Marcus Achilleos

  • "Nun, hier direkt neben dem Eingang habe ich Unterkünfte für Schüler einrichten lassen. Stratocles hat sich dort ein Zimmer eingerichtet. Er ist mein anderer Schüler. Essen gibt es in der Akademie. Ob ich jetzt für einen mehr oder weniger koche, macht auch nichts mehr aus. Die Kinder bekommen ja von mir Mittagessen. Es ist kein Festmahl, aber sättigend und gesund."


    Langsam ging ich zurück auf den äußeren Hof und zeigte auf ein paar Gebäude.


    "In dem Gebäude sind die Latrinen und das Bad. Beide haben natürlich gesonderte Eingänge. Erwarte aber kein üppig eingerichtetes Bad, im Moment steht da nur ein Holzzuber. Die Latrinen sind auch nicht aus Marmor, sondern aus Holz. Aber zumindest vo Wasser durchspült.


    Das gebäude dort kennst du ja schon, das ist das Vorratsgebäude. Davor befindet sich die Kochecke. Und das gebäude, auf das wir zugehen, ist die große Halle. Sie ist der zentrale Versammlungsort der Akademie."


    Ich ging dabei auf die große Halle zu.

  • Ich lächelte. "Es ist schön dort. Wobei eigentlich jedes Land schön ist. Manchmal dauert es etwas, bis man die Schönheit eines Landes erkennt, aber schön sind eigentlich alle Länder. Auf jeden Fall sind sie dort höflicher als hier. Harmonie ist wichtig. Allerdings muss man auch manchmal fähig sein, die Harmonie stark zu stören, um hinterher eine größere Harmonie zu erreichen. Übrigens hast du meine erste Prüfung bestanden. Du bist also als Schüler aufgenommen. Die Sache mit den Eimern habe ich von meinem Shifu. Nur, dass er mich damals Wasser von einem Bach in den Bergen holen ließ. Das war gar nicht so einfach, mit vollen Eimern einen Berg hinunter zu gehen. Geschafft habe ich es trotzdem. Mit Geduld."

  • Ich zuckte mit den Schultern.


    "Ich habe diese Akademie. Das ist genug Zukunft. Wenn ich euch ausgebildet habe, werde ich vielleicht weiterziehen."


    Langsam ging ich die Stufen zur großen Halle hoch.

  • "Ich möchte erst einmal hier in Alexandria in die Politik einsteigen und später das römische Bürgerrecht erlangen. Insgeheim Träume ich davon eines Tages mal Senator oder Statthalter von Ägypten zu werden, aber die meisten erklären mich für verrückt, wenn ich ihnen meine Träume offenbare.", dann machte Leonidas eine rhetoriche Pause und sprach weiter: "Und zu deiner zweiten Frage, ich denke man kann nie genug wissen, wer Wissen besitzt, besitzt Erkenntnisse, die der Unwissende nicht hat und wer will schon in einer Welt voller Rätsel und Unwissenheit sterben?"

  • "Lass dir zwei Dinge sagen. Erstens, ein Mensch ohne Träume ist wie eine Leiche. Es gibt nichts, was ihn antreibt. Nur wer Träume hat, kann etwas erreichen. Zweitens, wenn du Wissen um des Wissens Willen suchst, dann bist du hier falsch. Wissen hilft niemandem weiter, denken und lernen hingegen schon. Doch eins solltest du wissen: Lerne ohne zu denken ist sinnlos, aber denken ohne zu lernen, das ist gefährlich."


    Ich ging in den inneren Hof.


    "Das hier ist der innere Hof. Das Gebäude links ist die Gästewohnung, aber die ist noch nicht eingerichtet. Das Gebäude rechts ist meine Bibliothek, aber die hat noch keine Bücher. Und direkt vor uns liegt die Meditationshalle. Dort werde ich euch in den Philosophien des fernen Ostens unterrichten. Dort werden wir auch diskutieren und über die Lehren nachdenken."


    Ich ging in die Meditationshalle. Ich deutete auf die chinesische Kalligraphie gegenüber dem Eingang.


    "Die Kalligraphie habe ich selbst gemalt. Der Begriff heißt Tianxia, "Alles unter dem Himmel". Das ist die Verpflichtung des Kaisers von Ch'in und seiner Beamten, zu denen ich auch gehöre. Alles unter dem Himmel soll in Harmonie gebracht werden. Nicht unbedingt unter einem Herrscher. Das ist gar nicht nötig. Doch erst, wenn alles unter dem Himmel wieder in Harmonie ist, können auch Himmel und Erde wieder in Harmonie sein und das Goldene Zeitalter wird zurückkehren. Wir werden das wohl nicht mehr erleben, vermutlich wird das niemand. Aber darauf hin zu arbeiten, das sollte unser Ziel ein, denn so werden wir selbst zu besseren Menschen."

  • Leonidas ging in die Meditationshalle und schaute sich um, ein Gefühl von Ruhe bekam ihn plötzlich. So entspannend hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt im hektischen Alexandria dann trete er sich zu seinem Shifu um und fragte: "Was haltet ihr von diesem Jesus von Nazareth?"

  • Ich zuckte mit den Schultern.


    "Ich beschäftige mich nicht besonders mit dem Glauben der Iudäer. Sie haben einen recht eklatanten Mangel an Göttern. Und was diesen Jesus anbetrifft: Wer Gewaltlosigkeit predigt, der ist entweder ein Idiot oder extrem weltfremd. wenn mich jemand angreift, dann wehre ich den Angriff ab und vernichte den Angreifer. Dadurch wird der nächste es sich zweimal überlegen, ob er mich angreift. Sich nicht zu wehren, vor allem als Staat, ist höchst unmenschlich, weil man sich selbst und sein Volk dann Willkür und Sklaverei preisgibt. Kurz gesagt: Ich halte ihn für einen Wahnsinnigen. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass die Hinrichtung eine gute Idee war. Man hätte ihn einfach heimlich ermorden sollen, das hätte ihm weniger Anhänger gegeben."

  • Inzwischen hatte sich auch Stratocles dazu gesellt. Ich nickte ihm kurz zu.


    "Nun, da beide Schüler da sind, werde ich den Anfang machen. Nehmt euch Sitzkissen und macht es euch bequem." Ich selbst nahm mir ebenfalls ein Sitzkissen und setzte mich vor die Kalligraphie. "Beginnen wir mit den Grundlagen: Die Lehren des Meisters Kong und seiner Schüler. Sie befassen sich mit den Menschen und der Harmonie der Menschen. Die Beziehungen der Menschen zueinander lassen sich in fünf grundsätzliche Beziehungen gliedern. Mehr gibt es nicht. Es gibt die Beziehung zwischen dem Vater und seinen Kindern, die zwischen Herrscher und Untertan, die zwischen Ehemann und Ehefrau, die zwischen älteren Geschwistern und jüngeren Geschwistern und die zwischen Freunden. Auf gleicher Ebene befinden sich dabei nur Freunde. Alle anderen Beziehungen ergeben Hierarchien. Doch ganz so klar sind diese Beziehungen im Alltag nicht. Ein Herrscher kann auch mit einem Untertan befreundet sein. Dann hängt es von der Situation ab, ob sie als Freunde oder als Herrscher und Untertan miteinander reden. Zum besseren Verständnis könnt ihr jetzt mal darüber nachdenken, wie ihr die Beziehung vom Shifu zu seinen Schülern charakterisieren würdet."

  • "Ich denke, dass es eher nur eine Beziehung wie die vom Älteren Bruder zu den jüngeren Geschwistern ist," sagte Stratocles nachdenklich.


    Ich nickte, bevor ich schließlich lächelnd sagte "Im Prinzip treffen alle drei Aussagen zu. Zu den Schülern, die am Anfang ihrer Ausbildung stehen, ist der Shifu wie ein Vater. Später, wenn die Schüler fortgeschritten sind, ist der Shifu wie ein großer Bruder und am Ende der Ausbildung ist er eher wie ein Freund, der für Diskussionen zur Verfügung steht. Doch immer ist der Schüler dem Shifu zur Loyalität verpflichtet, wie auch der Shifu dem Schüler gegenüber verpflichtet ist, ihn bei seinem Weg zu unterstützen. Gleichzeitig bleibt dem shifu das Recht vorbehalten, den Schüler zu verstoßen. Das sind ganz klare Aspekte einer Beziehung vom Herrscher zum Untertan."

  • "Nun, da wir die Beziehungen der Menschen einem Muster zuordnen können, müssen wir sie mit Leben füllen. Das geht zunächst durch die fünf Tugenden. Jeder Mensch sollte daran arbeiten, sie zu erhalten, auch wenn es nicht immer möglich ist. Die erste Tugend ist Menschlichkeit. Menschlichkeit bedeutet nicht, dass man milde ist. Auch Strenge ist ein Ausdruck von Menschlichkeit, so lange sie nicht willkürlich oder überzogen ist. Rechtschaffenheit ist die zweite Tugend. Folge den Gesetzen. Die Gesetze sind es, die eine Gesellschaft zusammen halten. Setzt die Gesetze durch, aber bleibt dabei menschlich. Macht keine Unterschiede vor dem Gesetz. Das ist Rechtschaffenheit. Als dritte Tugend kommt die Gewissenhaftigkeit hinzu. Erfüllt eure Aufgaben stets nach bestem Können. Überseht eure eigenen Fehler nicht, sondern nehmt sie zur Kenntnis und verbessert sie. Lernt aus euren Fehlern! Strebt nach Perfektion, auch wenn ihr sie nie erreichen könnt. Das ist gewissenhaftes Handeln. Ehrlichkeit ist eine weitere Tugend. Ehrlich zu sein bedeutet, sein Gegenüber zu respektieren. Ehrlich zu sein ist aber auch ein Zeichen von Stärke und Macht, weil man sich nicht verstellen muss. Wichtiger noch als Ehrlichkeit gegenüber anderen ist Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. Schließlich kommt noch das Prinzip der Gegenseitigkeit als fünfte Tugend hinzu. Behandelt die anderen so, wie ihr behandelt werden wollt. Wenn ihr von denen, die über euch stehen, gerecht behandelt werden wollt, dann müsst ihr auch die, die unter euch stehen, gerecht behandeln. Gibt es bis hierhin Fragen?"

  • Stratocles schüttelte seinen Kopf. "Nein, Shifu."


    "Nun, dann habe ich noch einen Hinweis: Meine Beispiele müssen nicht immer richtig sein. Auch meine Interpretationen der Schriften können falsch sein. Ich bin nicht perfekt und werde es auch nie sein. Aus meiner Sicht sind die Beispiele und meine Interpretationen natürlich richtig, aber ich kann mich auch irren. Ich hoffe, dass ich mich nur selten irre, aber garantieren kann ich es nicht. Lernen und denken müsst ihr deshalb selbst. Ich kann euch nur die Tür öffnen, durchgehen müsst ihr selbst."

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