Das Haus des Titus Statilius Taurus auf dem Collis Quirinalis

  • Während Ursus das Behältnis keine Sekunde aus den Augen ließ, kündigte der Sklave ihn an. "Salve. Mein Herr, Quästor Consulum Titus Aurelius Ursus, wünscht Titus Statilius Taurus zu sprechen." Da Ursus sein Kommen schriftlich angekündigt hatte, ging er davon aus, daß der Hausherr zugegen war. Er hatte auch wirklich keine Lust, mit all dem Geld nochmals durch die Stadt zu spazieren. Auch wenn die Bewachung gut war.

  • Weil Aurelius Ursus sein Kommen angekündigt hatte und weil er etwas mit sich führte, was Titus Statilius Taurus, der Herr des Hauses, sehnsüchtig erwartete, wurde dem Sklaven bedeutet, Statilius Taurus würde Aurelius gerne im Atrium empfangen und am besten wäre es doch, er würde das, worum es ging, gleich mitbringen. Die Haussklaven würden helfen, um es herein zu schaffen.

  • Natürlich folgte Ursus dieser Aufforderung nur zu gern. Allerdings ließ er das Geld noch von den eigenen Leuten hereinbringen, die sich dann aber zurückzogen. Er selbst trat mit einem freundlichen Lächeln auf Statilius zu. "Salve, Statilius. Ich hoffe, es geht Dir gut? Und Deiner Familie ebenfalls?" Schließlich gehörte es sich nicht, mit etwas so schnödem wie Geld zu beginnen. Die Summe stimmte, er hatte sich höchstpersönlich davon überzeugt. Also lohnte es sich doch im Grunde nicht, darüber zu sprechen.


  • “Salve Titus Aurelius!“, erwiderte der stattliche Mann mit seiner vollen, sonoren Stimme und genau so jovial, wie ihn Aurelius bereits kennen gelernt hatte. Fast klang ihre Begrüßung schon so vertraut wie zwischen guten Freunden. Aber war ein Mann, der Geld ins Haus brachte, nicht auch fast so viel wert wie ein Freund?


    “Meiner Familie geht es gut, wenn es mir gut geht. Und du bringst mir heute hoffentlich etwas, dass mir Freude machen wird. Es gab doch hoffentlich keine Schwierigkeiten auf dem Weg hierher?“


    Anders als der Patrizier Aurelius Ursus scheute sich der Unternehmer Statilius Taurus ganz offensichtlich nicht, dass Gespräch ziemlich direkt auf das Geld zu lenken, auch wenn er es vermied ganz offen davon zu sprechen.

  • "Das freut mich zu hören, schließlich ist die Gesundheit ein unbezahlbares Gut, das es stets zu hüten gilt", lächelte Ursus und zögerte so das Thema Geld noch ein weng hinaus. Es sträube sich einfach alles in ihm, sogleich damit anzufangen, doch es war nicht zu übersehen, daß Statilius derlei Feinheiten einerlei waren. Bei dieser Summe im gewissen Grad auch nachvollziehbar. Gerade bei einem so praktisch veranlagten Mann. "Ja, der Senat hat mir etwas für Dich anvertraut", er deutete fast beiläufig auf die schwere und gut verschlossene Kiste, die hereingetragen worden war. "Und nein, es gab zum Glück keine Schwierigkeiten. Trotzdem bin ich nicht unglücklich darüber, diese Verantwortung nun abgeben zu können. Wie Du Dir sicher denken kannst, haben wir nun auch noch ein kleines bißchen Bürokratie zu erledigen." Solch eine Summe konnte schließlich nicht ohne doppelte und dreifache Bestätigung übergeben werden.


  • “Natürlich.“, antwortete Taurus und nickte.
    “Es wurde unter deiner Aufsicht abgezählt? Die Summe stimmt?“


    Da war er nun ganz Geschäftsmann und seine Worte hatten jetzt auch einen geschäftsmäßigen Klang.

  • Nunja, wenn er solch eine Summe entgegennehmen würde, dann würde er vielleicht auch so sehr darauf drängen. Ursus nickte also. "Ja, so ist es. Selbstverständlich kannst Du Dich gerne selbst davon überzeugen." Auch wenn das einer Beleidigung gleichkäme, zeigte Ursus eine gleichmäßig freundliche Miene. Die Summe stimmte, er brauchte keine Überprüfung zu scheuen. Doch allein, daß Statilius die Möglichkeit ins Auge faßte, daß Ursus sich nicht selbst davon überzeugt hätte, wurmte ihn bereits. Er war ein Mann von Ehre, dessen Wort - seiner Meinung nach - etwas galt.


  • Titus Statilius Taurus scheute sich nicht, seinem Gegenüber fest und forschend in die Augen zu sehen. Dann nickte er und erkannte vielleicht auch, dass er seinen Gast mit einer Überprüfung der Summe gekränkt hätte.


    “Gut!“, sagte er und lächelte plötzlich wieder.


    “Darauf sollten wir anstoßen!“

  • Ursus erwiderte das Lächeln und übergab Statilius drei Schriftrollen. "Die brauchst Du nur noch zu unterschreiben und damit den Empfang der Summe quittieren. Eine Ausfertigung bleibt dann bei Dir." Wie das eben bei sehr wichtigen Dingen war. Alles wurde doppelt oder gar dreifach benötigt. Und erst mit der Unterschrift, konnte Truhe übergeben werden.


    "Und gerne stoße ich mit Dir darauf an. Und auf das Ulpianum, auf daß es bald fertiggestellt werde."


  • Taurus winkte einen seiner Sklaven zu sich. Er solle ihm sofort einen Federkiel bringen, und Tusche, danach Wein, für seinen Gast und sich selbst.


    So geschah es: Zuerst wurde der Kiel gebracht und Statilius Taurus unterzeichnete.


    Dann kam der Wein. Aurelius Ursus erhielt einen Becher und Taurus natürlich auch.


    “Ich bin froh, dass diese Sache endlich erledigt ist. Nun kann es wieder mit aller Kraft vorwärts gehen. Und ich weiß, wem ich es zu verdanken habe, endlich zu meinem Recht zu kommen.“


    Er lächelte seinem Gast anerkennend zu und erhob seinen Becher.

  • Ursus beobachtete, wie Taurus unterschrieb und nickte dann zufrieden. Auch er zeichnete nochmal gegen, damit alles auch wirklich seine Ordnung hatte. Zwei Exemplare übergab er seinem Sklaven, das dritte überließ er dem Bauunternehmer.


    Nun nahm er dankbar einen Becher entgegen. Der Weg hierher war zwar nicht lang gewesen, doch die Last der Verantwortung hatte seine Kehle austrocknen lassen. "Nun, es liegt mir nicht, mich mit fremden Federn zu schmücken, verehrter Statilius. Consul Aelius Quarto hat mindestens soviel Anteil daran, daß das Geld endlich zur Auszahlung gekommen ist, wie ich." Er hob ebenfalls den Becher, um Statilius zuzutrinken. "Aber ich bin sehr froh, daß es nun endlch weitergehen kann. Vor allem auf die Fertigstellung der Kuppel bin ich sehr gespannt. Das wird ein wahres Meisterwerk. Was glaubst Du, wie lange wird es noch bis zur Fertigstellung dauern?"


  • Statilius Taurus zuckte mit den Schultern, so, als sei diese Frage nicht weiter wichtig, weil praktisch nicht zu beantworten. Nicht anders als ein kleiner Handwerker, der in einem Haus die Fensterläden richtete oder die Rohrleitungen des Hypokaustums reparierte, ließ er sich nur ungern auf einen Termin festlegen.


    “Es kommt darauf an. Wenn nichts dazwischen kommt, wenn der Winter nicht zu streng wird, wenn es im Sommer und im Herbst gutes Wetter und wenig Regen gibt und wenn der erste Frost des Winters erst spät kommt, und wenn das Material immer pünktlich geliefert wird, dann, naja, dann könnte es schon recht zügig vorwärts gehen.“

  • Bei dieser Antwort mußte Ursus unwillkürlich lachen. So viele Wenns und dann immer noch nur ein unbestimmtes "zügig vorangehen". "Schwammiger hätte ich es auch nicht ausdrücken können", lachte er immer noch. "An Dir ist wahrhaftig ein Politiker verloren gegangen."


    Er nahm noch einen Schluck aus dem Becher und fragte dann einfach noch einmal. "Natürlich hängt so etwas von vielen Faktoren ab und ich möchte Dich auch nicht auf ein paar Monate mehr oder weniger festlegen. Eher eine ganz grobe Einschätzung, wie lange es mindestens noch dauert."


  • Auf Anordnung des Consuls hatten sich einige Liktoren auf dem Weg zum Südhang des Quirinals gemacht, um dort das Haus eines gewissen Titus Statilius Taurus zu suchen und den Mann ausfindig zu machen. Sie fanden das Gebäude nach einigen Rückfragen bei anderen Bewohnern dieses Viertels schließlich an einer Kreuzung der Via Nomentana, kaum mehr als einen Steinwurf vom Templum Salutis und der Porta Salutaris entfernt.


    Beim Gesuchten handelte es sich um jenen Bauunternehmer, der sich vor dem Bürgerkrieg für den Bau des Ulpianums verantwortlich zeichnete und dafür bereits eine stattliche Summe eingestrichen hatte. Livianus hatte den Liktoren bereits beim Erteilen dieses Auftrags gesagt, dass damit zu rechnen war, das der Bauunternehmer nicht an gesagter Adresse anzutreffen war, dennoch wollte er Sicher gehen. Bereits auf den ersten Blick erkannten die Liktoren, dass dieses Haus verlassen war und zurzeit von niemand mehr bewohnt wurde. Auch die Nachbarn bestätigten bei einer kurzen Ermittlung, dass sie den Hausherrn schon seit kurz nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs nicht mehr gesehen hatten und er bereits damals sein Hab und Gut zusammengepackt und in einer Nacht- und Nebelaktion die Stadt verlassen hatte. Über seinen Verbleib wusste man ansonsten nichts.


    Unvermittelter Dinge machten sich die Liktoren also wieder auf den Weg zurück zum Haus des Consuls, um diesen über ihre gewonnenen Erkenntnisse zu informieren.

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