Auszeichnung der vorvergangenen Magistrate [CH 02/08]

  • “Verehrte Senatoren von Rom, aus mir nicht ersichtlichen Gründen hat es der Senat im vergangenen Jahr versäumt, eine Debatte über das Wirken der im Jahr zuvor amtierenden Magistrate des Cursus Honorum zu führen und über ihre möglichen Auszeichnungen zu beraten.
    Ich will nicht verschweigen, dass mich der amtierende Quaestor Consulum Aurelius Ursus auf diesen bedauerlichen Umstand aufmerksam gemacht hat.
    Die ehemaligen Magistrate haben meiner Auffassung nach einen Anspruch darauf, dass der Senat sich mit ihrer Amtszeit auseinander setzt und darüber urteilt.


    Obwohl die Umstände aufgrund der bereits verstrichenen Zeit nicht die günstigsten sind, möchte ich deshalb eine Beratung des Senats darüber anregen.


    Die betreffenden Magistrate waren...“


    Wieder einmal hatte sich der Consul mit einer Tabula 'bewaffnet', aus der er jetzt die Namen vorlas.


    Darunter waren auch:
    “Manius Flavius Gracchus, Sohn des Titus Flavius Vespasianus, Aedilis Curules“,
    und:
    “Marcus Aurelius Corvinus, Sohn des Marcus Aurelius Antoninus, Quaestor Urbanus“,
    sowie:
    “Quintus Germanicus Sedulus, Sohn des Traianus Germanicus Sedulus, Quaestor pro Praetore.“


    Aelius Quarto ließ die Tafel sinken.


    “Ich bitte um Wortmeldungen.“

  • Ich war selbst einer jener Magistrate, deren Namen dort vorn vorgelesen worden waren. Gewiss wusste ich nichts davon, dass Annaeus Modestus seinerzeit dem amtierenden consul bereits eine Liste zusammengestellt hatte und dementsprechend hatte nicht geahnt, dass jene wohl verschütt gegangen und deswegen hierüber noch nicht debattiert worden war. So verwunderte es mich durchaus, dass dieser Disput nun angestoßen werden sollte. Ich war automatisch davon ausgegangen, dass meine Arbeit keine Auszeichnung wert gewesen war. Mit mir selbst uneins darüber, ob ich über jenen Zwischenfall hier bereits vor Rücksprache mit dem collegium pontificium oder dem Kaiser selbst Rechenschaft ablegen sollte, der sich während meiner Amtszeit als quaestor urbanus ereignet hatte, saß ich auf der Bank im Senat und grübelte. Unter anderen Umständen hätte ich nicht die Möglichkeit dazu erhalten, doch sollte ich sie nutzen?

  • Ein klein wenig überrascht das sein Name hier gefallen war horchte Sedulus auf. Und was sein Schwager sagte hatte auch einiges an Gewicht aber was konnten den die Magistrate dafür das der letzte Consul gepennt hatte und seiner Aufgabe nicht nachgekommen war. Eben, gar nichts! Und hatten sie ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß verrichtet? Gut, von den Anderen wußte er es nicht aber von sich aus konnte Sedulus dies auf alle Fälle behaupten und würde auch seine linke Hand ins Feuer legen.
    So verfolgte Sedulus mit großer Neugierde den weiteren Verlauf dieser Diskussion.

  • Durus hatte Schwierigkeiten, sich an die damaligen Magistraten zu erinnern oder ihre Taten einzuordnen. Dies lag einerseits daran, dass die wichtigen Posten nicht besonders auffällig gewesen waren, die niedrigeren Posten jedoch an sich wenig Beachtung fanden und daher oft unterschätzt wurden. Doch da der Tiberier selbst keine Klienten unter den Bewerbern um die begehrte Diploma hatte, sah er sich auch nicht genötigt, das Wort zu erheben.

  • Das eisige Schweigen in der Curia Iulia hätte eine empfindsame Seele frösteln lassen.
    Der Consul Aelius Quarto fröstelte nicht. Er sah sich eine Zeit lang um, und als partout niemand sprechen wollte, ergriff er selbst das Wort.


    “Wenn niemand etwas über die Genannten sagen will, dann will ich es tun.“, fing er an.


    “Da ist Quintus Germanicus Sedulus. Schon sein Vater war Senator und ist vielen von uns noch in bester Erinnerung. Er selbst wurde vom Imperator Caesar Augustus mittlerweile ebenfalls in unsere Mitte berufen.
    Nicht ohne Grund! Denn als Quaestor pro Praetore hat er in der als schwierig und nicht sehr einladend bekannten Provinz Germania gute Arbeit geleistet und tatkräftig den dortigen Legatus Augusti pro Praetore Marcus Vinicius Lucianus bei seiner schwierigen Aufgabe unterstützt. Ich habe nur Gutes über seine Zeit als Quaestor vernommen und der Kaiser hat sich entschieden, ihm die Senatorenwürde anzutragen.
    Was, wenn nicht das, frage ich, wäre es wert vom Senat mit einer Auszeichnung bedacht zu werden?“


    Der Consul machte eine kurze Pause.


    Dann sprach er weiter:
    “Marcus Aurelius Corvinus, aus dem ruhmreichen Geschlecht der Aurelier. Auch er trägt inzwischen als einer von uns den breiten Streifen eines Senators an der Toga. Nichts anderes als was ich über Germanicus Sedulus gesagt habe, ließe sich auch über ihn sagen. Quaestor Urbanus war er, und niemand hat sich nach seiner Amtszeit beklagt oder ihn gar verklagt. Es hat ihm seinen Platz im Senat eingetragen. Wollen wir den Imperator Caesar Augustus beleidigen, in dem wir ihm eine Anerkennung versagen?“



    Manius Flavius Gracchus erwähnte der Consul nicht. Vermutlich war das ungerecht gegenüber dem Mann, der im vorvergangenem Jahr Aedil gewesen war. Aber Aelius Quarto hegte einen uralten und nur schwer zu verstehenden Groll gegen alle Flavier. Das galt auch für die jüngeren, die nichts mit dem alten Zwist zu tun hatten und diesen alten Geschichten auch keine große Bedeutung schenkten, was übrigens auch ebenso für die Meisten der jüngeren Aelier galt. Aber Quarto war nicht jung. Er war alt! Er konnte die Vergangenheit nicht auf sich beruhen lassen, und darum war er allem Flavischen gegenüber abweisend. So kam es wohl, dass er Flavius Gracchus nicht erwähnte und schon gar nicht lobte.

  • Durus zog gar nicht in Betracht, dass der alte Consul Flavius Gracchus absichtlich nicht erwähnte - vielmehr ging er davon aus, dass Gracchus' Amtszeit einfach nicht bemerkenswert gewesen war (was er aus seiner Erinnerung auch nicht bestreiten konnte).
    Was der Consul da vortrug, klang für Durus allerdings auch nicht sonderlich bemerkenswert: Er konnte sich nicht erinnern, wann der letzte Quaestor verklagt worden wäre - warum auch? Im Grunde waren dies doch ohnehin Verwaltungsposten, die irgendeinem höher gestellten Magistraten zuarbeiteten. Wenn jemand verklagt wurde, dann waren es diese höheren Magistrate! Auch seine Praetur hatte kein juristisches Echo gefunden - war das allein schon eine Leistung?


    "Meiner Meinung nach sollte ein Diploma vom Senat nur dann ausgestellt werden, wenn ein Magistrat Außergewöhnliches geleistet hat. Aus deinen Ausführungen geht für mich daher nicht so recht hervor, was bei den beiden Herren außergewöhnlich wäre.


    Haben sie etwas über das hinaus getan, was man von einem pflichtbewussten Quaestor erwarten kann?"

  • Bei den Göttern was ein verfluchter Dummschwätzer! Dachte sich Sedulus. Dieser Patrizier tat ja grade so als ob er Großes getan hatte als er seine Auszeichnung wärend seiner Arbeit im CH eingesackt hatte.
    Abgelehnt hatte er sie scheinbar nicht.
    Sedi möchte gar nicht wissen was er nicht getan hat und trotzdem mit Lametta behangen wurde. Scheinbar auch nur weil er Patrizier war und ein Tiberier noch obendrein.


    Am liebsten wäre er vor ihm hin getreten und hätte aus lauter Verachtung vor ihm ausgespuckt.


    Der Mann hatte keine Ahnung was in Germanien so vor sich ging! Wie auch wenn er seinen Arsch aus Roma und der Provinz Italia nicht hinaus bekam.

  • Ein wenig runzelte Victor die Stirn als Aelius Quarto als Argument für eine Auszeichnung anführte, dass die ehemaligen Quästoren ja zu Senatoren ernannt wurden. Soweit er wusste war das ja eigentlich normal wenn man nicht gerade einen unfähigen Patron und Dreck am Stecken hatte.


    "Unabhängig davon ob die Ernennung zum Senator jetzt eine Auszeichnung des Senates impliziert, möchte ich doch was die Amtszeit von Germanicus Sedulus vorschlagen die Meinung des Legatus Augusti pro Praetore Marcus Vinicius Lucianus einzuholen. Wenn er der Meinung ist, dass eine Auszeichnung gerechtfertigt wäre, dann würde ich mich dieser anschließen."

  • “Senator Tiberius Durus, eine vom Senat verliehene Diploma ist gewiss eine große Ehre. Es freut mich, dass du ihr ebenfalls eine solche Bedeutung beimisst. Ohne das relativieren oder einschränken zu wollen, sehe ich mich angesichts deiner Worte dennoch bemüßigt darauf hinzuweisen, dass es eben doch 'nur' eine Diploma bleibt. Wenn wir schon bei ihr so strenge Maßstäbe anlegen, wie du sie forderst, bei welcher Gelegenheit könnten wir dann noch eine Inscriptio verleihen, oder dem Kaiser gar die Aufstellung einer Statua empfehlen?“


    Der Consul wandte sich Octavius Victor zu.


    “Senator Octavius Victor. Wenn sich der Senat deinem Vorschlag anschließt, dann werde ich dem Legatus Augusti pro Praetore Marcus Vinicius Lucianus schreiben und ihn um eine Beurteilung der Amtszeit von Senator Germanicus Sedulus bitten. Gerne täte ich es allerdings nicht, wie ich zugeben muss. Denn ich bin der Ansicht, dass der Senat sich in seinen Entscheidungen nicht vom Urteil eines Statthalters abhängig machen sollte, auch dann nicht, wenn er so ehrbar und über jegliche Zweifel erhaben wie Marcus Vinicius Lucianus ist.“

  • Bei dem Einwand des Consuls machte Victor eine vage zustimmende Geste, blieb aber bei seiner Meinung.


    "Sicherlich ist die Abhängigkeit von einer einzelnen Person und Meinung bei der Entscheidungsfindung nicht wünschenswert, aber noch weniger möchte ich mich auf einige Gerüchte verlassen, die den Weg über die Alpen gefunden haben."

  • “Gerüchte sind immer ein schlechter Ratgeber, da hast du bestimmt recht. Ich werde also an Vinicius Lucianus schreiben und um eine Stellungnahme bitte. Ich schlage vor, wir setzen diese Debatte fort wenn er geantwortet hat.“

  • Wenn Durus gewusst hätte, was der Germanicer dachte, hätte er vermutlich voller Zorn herumgebrüllt, da er selbst ebenfalls keine Diploma für alle seine Amtszeiten erhalten hatte, obwohl er auch niemals verklagt worden war. Doch so dachte er sich nur, dass der junge Senator sich wohl ärgerte, weil Durus ihm einen Strich durch die Rechnung machte. Und damit konnte er sehr gut leben.


    "Diesen Vorschlag kann ich ebenfalls nur unterstützen. Dennoch möchte ich unterstreichen, dass man vor längerer Zeit von der pauschalen Vergabe von Diplomae abgekommen ist, eben weil man sie als etwas Besonderes erhalten wollte. Wenn wir jedem, der seine Magistratur ohne eine Klage absolviert, müssten wir das nicht jedes Mal umständlich diskutieren, sondern könnten einfach eine gesetzliche Regel festlegen und damit mehr oder weniger die alte Ornamenta-Regelung reaktivieren.


    Aber ich denke, dass der Senat es sich vorbehalten sollte, für außergewöhnliche Leistungen Diplomae zu verteilen - oder auch Inscriptiones zu Ehren der Magistrate verfasst, wenn dies Deiner Meinung nach angemessener ist als ein Diplom des Senates."


    Immerhin war es ja immer wichtig, wer ein Diplom ausstellte (dass beispielsweise vor einigen Jahren ein hispanisches Diploma wenig wert war, hatte sich schließlich auch herumgesprochen!).

  • Jetzt wurde es Sedulus doch zu bunt...


    Nun, dann sage mir o Senator Tiberius Durus was erachtest du deiner Meinung nach als außergewöhnliche Leistung wie du es so schön nennst.


    Schließlich wollte ja Sedulus nicht dumm sterben...

  • Durus glaubte, einen leichten Ärger aus der Stimme herauszuhören, doch er ignorierte ihn. Von einem jungen, neuen Senator ließ er sich nicht aus der Fassung bringen. Irgendwie schien ein Fluch zwischen den Germanicern und ihm zu hängen.


    "Das ist sehr unterschiedlich bei den verschiedenen Magistraturen, Germanicus. Für einen Aedilen könnten es beispielsweise besonders opulente Spiele sein, für einen Consul vielleicht eine umfassende Reform, die besonders viel Arbeit bedeutet. Doch pauschal kann ich das nicht sagen: So etwas muss im Konsens des Senates bestimmt werden."


    Ob Sedulus es wagen würde, ein Diploma zu fordern?

  • Schön schön Senator. Du hast mir den Aedil aufgezählt und auch den Consul. Doch sprechen wir hier über den Quaestor. Wie schaut es mit seiner Arbeit aus? Denn um den geht hier ja schließlich!


    Ob Sedulus eine Diploma fordern würde, so weit würde er wohl nicht gehen, wobei wenn man bedachte das man ihn schon ein mal übergangen hatte. Und auch hier war er sich sicher das er als tresvir capitalis gute Arbeit geleistet hatte.

  • Durus lächelte schmal. Ganz offensichtlich wollte Germanicus Sedulus wissen, was er hätte tun sollen, um eine Diploma zu erhalten. Oder genauer gesagt: Er war sich wohl sicher, dass er eine verdient hatte und wollte ihn jetzt festnageln. Doch darauf wollte Durus wiederum nicht eingehen.


    "Du meinst, was du hättest tun sollen? Nun, da gibt es viele, verschiedene Möglichkeiten - es ist einfacher, die Sache negativ zu definieren: Die tatkräftige Unterstützung des Statthalters erwarte ich von einem Provinzialquaestor - das ist für mich keine außergewöhnliche Leistung. Was man als außergewöhnlich betrachten kann, ist überaus vielseitig und sollte daher wohl nicht von mir auf irgendwelche Einzelfälle beschränkt werden.


    So etwas kann man nur anhand guter Informationen und Beurteilungen entscheiden, insbesondere bei Magistraten, die unter dem Imperium eines anderen Magistraten arbeiten."


    Das war zwar noch immer ziemlich wage, doch Durus hatte wirklich keine Lust, mit dem jungen Senator über Einzelfälle zu diskutieren.

  • "Die Problematik scheint mir eher die unterschiedliche Auffassung von besonders herausragender Arbeit zu sein", bemerkte ich. Dass Durus und der Germanicus durchaus unterschiedliche Vorstellungen hegten, was diese Umschreibung betraf, war nur zu deutlich. Sympathie schien zwischen den beiden nicht existent zu sein.

  • Ach? Wie mir scheint tust du dies aber Senator Durus. Sonst hätten wir ja jetzt nicht diese Diskusion was denn nun außergewöhnlich sein mag und was nicht. Man könnte ja auch hergehen und sagen außergewöhnlich schlecht!


    Mehr wollte Sedulus hierzu auch nicht mehr sagen. Das Meiste war eh nur leeres Stroh gedroschen was er von dem Tiberier zu hören bekam.


    Tja, Ansichtsache eben.


    Bemerkte ich zu dem Beitrag des Aureliers.

  • "Ist 'gewöhnlich' nicht das, was die Mehrheit dafür hält?" fragte Macer ganz unschuldig in die Runde. "Und 'außergewöhnlich' folglich das, was die Mehrheit nicht für gewöhnlich hält? Es ist doch schon seit Jahren Usus, dass die Kandidaten verlesen werden, Vorschläge für Auszeichnungen gemacht werden, sofern es mindestens einen gibt, der ihre Leistung für außergewöhnlich hält und am Ende eine Abstimmung zeigt, ob sich die Mehrheit dieser Meinung anschließt. Ebenso hält man es bei Inscriptiones und Statuae." Er konnte wirklich nicht erkennen, wo bei einer solch einfachen Sache Erklärungsbedarf gesehen werden konnte, weder bei neuen Senatoren noch beim amtierenden Consul.

  • “Verehrte Senatoren, gemeinsam mit euch möchte ich hiermit die Debatte zur Auszeichnung der Magistrate des Cursus Honorum des vorvergangenen Jahres wieder aufnehmen.
    Wir hatten sie vertagt, um den Vorschlag von Senator Octavius Victor umzusetzen. Es ging dabei konkret um die Auszeichnung für den damaligen Quaestor Germanicus Sedulus, der Rom in der Provinz Germania gedient hat. Wie ihr euch erinnern werdet, hat der Senator angeregt, den dortigen Statthalter um eine Stellungnahme zu bitten.
    Diese habe ich nunmehr erhalten.“


    Aelius Quarto entrollten einen Brief, der eine wirklich lange Reise hinter sich hatte.
    Dann las er ihn laut vor:


    An den
    Consul
    Lucius Aelius Quarto
    Curia Iulia, Roma


    Salve Consul Aelius Quarto!


    Gerne erteile ich dir Auskunft über die Arbeit des Quintus Germanicus Sedulus als Quaestor pro Praetore in der Provinz Germania.
    Er war äusserst kooperativ, höchst motoviert und im Übermasse bestrebt, seine Aufgaben zu erfüllen und darüber hinaus sich auch um zusätzliche Aufgaben zu bemühen.
    Er war mir eine große Hilfe und ich würde es begrüssen, wenn sich der Senat für eine Auszeichung aussprechen würde.




    Quarto rollte den Brief wieder zusammen.


    “Soweit die Worte des Legatus Augusti. Jetzt soll noch Gelegenheit für letzte, aber nur noch kurze Stellungnahmen sein. Denn wir sollten in dieser Angelegenheit bald zur Abstimmung kommen.“

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