Die Welt dort draußen - Ein Spaziergang

  • Das Laub der Bäume begann sich in den schönsten Farben des Herbstes zu färben. Ein Mix aus gelb, rot und braun schmückte die Gärten und Parks der Stadt. Der Sommer ging und eine neue Jahreszeit hielt klammheimlich ihren Einzug. Noch schien die Sonne und man konnte meinen, sie wolle am Sommer festhalten. Aber bei genauem Hinsehen konnte man feststellen, dass sie längst nicht mehr die Kraft aufbrachte, die sie noch vor wenigen Wochen hatte. Es bot sich an, das Haus nicht ohne eine palla zu verlassen.


    Ich hatte mich gut von der Geburt meines Kindes erholt und auch mein kleiner Sohn entwickelte sich prächtig. Keine einzige Minute des Tages wollte ich ihn hergeben. Er war stets bei mir, Tag und Nacht. In der Nacht schlief er in meinen Armen. Am Tage trug ich ihn in einem Tragetuch aus Leinen dicht an meinem Körper. So war ich immer für ihn da, wenn er etwas brauchte. Ich ging in meiner Rolle als Mutter auf. Im Nu hatte ich mich in die kleinen braunen Augen und das kleine Näschen und das süße Lächeln verliebt. Er war ein Geschenk der Götter, wenn ich mich auch manchmal fragte, ob es eher die römischen Götter waren oder doch meine eigenen.


    An diesem goldenen Herbsttag verließ ich Villa zum ersten Mal, ohne einen bestimmten Auftrag zu haben. Ich verließ sie, weil ich es wollte. Es war schon ein seltsames Gefühl. Mein Weg führte mich durch die Straßen, die ich kannte. Doch diesmal waren nicht die Märkte mein Ziel. Ein Park hatte meine Aufmerksamkeit gewonnen. Vielleicht waren es die bunten Farben des Herbstlaubes oder der fröhliche Gesang der Vögel, die mich verführt hatten, näher zu treten. Ich ging ein paar Schritte und sah, welche Ausmaße der Park hatte. Hier wollte ich eine Weile bleiben und das schöne Wetter genießen. Auf einer steinernen Bank ließ ich mich nieder und kostete die Sonnenstrahlen aus, während mein Kind friedlich schlief. Wie schön doch diese Welt hier draußen war! Und wie schön das Leben sein konnte!



    Sim-Off:

    Wer mag? :)

  • Gemächlich spazierte Tiberius an diesem wunderschönen Herbsttag durch den Park. Der Wind blies ihm sanft durch das Gesicht und Sol erfreute ihn mit einer angenehmen Wärme. Der junge Decimus nahm sich immer wieder gerne eine Auszeit, um seine Arbeitswoche Revue passieren zu lassen und über das Kommende nachzudenken. Seit er nach Rom gekommen war hatte er bereits viel von der Weltmetropole erkunden können, doch die wahren Ausmaße der Stadt wurden ihm erst nach Tagen klar. Obwohl es recht windig war, trug Crassus heute nur eine Tunika. Die Toga hatte er in seinem Kleiderschrank gelassen, er wollte sich heute einmal von öffentlichen Arbeiten distanzieren und die Vorzüge des Tages in vollem Ausmaße geniesen. Wenn er so durch den schönen Park schlenderte, wurde dem Decimus erst wirklich bewusst, wie gut es ihm eigentlich ging. Er hatte eine Arbeit, eine Familie und lebte im prächtigen Rom, das sogar seine frühere Heimatstadt Athen noch an Schönheit übertraf. Es hatte sich wirklich ausgezahlt nach Rom zu kommen, er wollte sich gar nicht vorstellen was passiert wäre wenn er in Athen geblieben wäre. Er hätte seinen Vater und seine eigentlich Familie, die Gens Decima, noch immer nicht kennen gelernt. Abgesehen von Freunden, einem stattlichen Haus und ausreichend Verpflegung hätte er dort niemanden gehabt. Einzig und allein die Vergangenheit - auch wenn sie sowohl schöne Dinge barg - hätte ihn gequält und verfolgt.


    Zielstrebig ging Tiberius auf eine Bank zu. Unweit der Sitzgelegenheit erkannte er erst, dass dort eine junge Frau entspannt mit ihrem Kind saß und allem Anschein nach ebenfalls das schöne Wetter genoss. Crassus schätzte sie in etwa in seinem Alter, sie war hübsch und schien recht glücklich. Der Anblick erinnerte ihn an die junge, temperamentvolle Patrizierin, die er kürzlich kennen gelernt hatte. Schon einge Zeit hatte er nichts mehr von ihr gehört, was Tiberius auf unbegründliche Weise Leere fühlen ließ. Er wusste nicht was es genau war, doch irgendetwas empfand er für die junge Frau. Der Decimus schüttelte den Kopf, als ob er dadurch seinen Gedanken ein Ende setzen konnte. Er verworf diese schnell wieder und besinnte sich auf die Frau vor ihm. Er stand nun direkt vor Bridhe und musterte sie. Sie hatte die Augen geschlossen und Tiberius anscheinend deshalb noch nicht bemerkt. Sie hielt ein Kind...ein wunderschönes Kind. Crassus lächelte leicht.


    "Darf ich mich zu dir setzen, junge Frau?", sagte Tiberius in einem sanften, leisen Ton, um Bridhe nicht aufzuwecken, falls sie schlief.

  • Einfach die Seele baumeln lassen. Die wärmenden Strahlen der Sonne taten ihr Übriges, um das möglich zu machen. Ich wusste nicht, wie lange ich auf der Bank saß und mich sonnte. Eins wusste ich aber, die Unbefangenheit, mit der ich das tat, wäre in der Villa nicht möglich gewesen. In diesem Park lauerte mir wohl niemand auf, der mich dann auch noch zur Rede stellte, warum ich so untätig herum saß. So fühlte sich Freiheit an! Es war eine andere Freiheit, wie ich sie früher gekannt hatte und doch gab es Parallelen. Meinem Kind zuliebe hatte ich endgültig auf mein altes Leben verzichtet. Manchmal, wenn ich alleine war, wollte es mich zerreißen. Aber nicht jetzt! Die Herbstsonne Italiens war doch noch um einiges stärker als die meiner Heimat. Und doch misste ich manchmal das kühle, nasse Klima Érinns. Der Nebel, der am Morgen vom Meer her über das Land zog und der meist am Mittag wieder verschwunden war.
    Hier saß ich nun friedlich, mit geschlossenen Augen und nichts konnte mich aus der Ruhe bringen. Selbst mein Kind nicht. Es schlief ruhig. Noch früh genug würde es seinen Teil fordern. Bis dahin konnte aber noch einige Zeit vergehen, so Brigid wollte.
    Wirklich nichts konnte mich aus der Ruhe bringen? Die leise, Stimme eines Mannes vermochte es. Natürlich hätte ich es wissen müssen, nicht die Einzige zu sein, die an diesem schönen Herbsttag den Park aufsuchte. Ich schlug die Augen auf und erkannte einen freundlich dreinblickenden jungen Mann. Dem Aussehen nach vermutete ich, er sei in etwa gleichaltrig. Er war nur mit einer Tunika bekleidet, was mich vermuten ließ, es handelte sich bei ihm um keinen Römer. Wahrscheinlich hätte Aquilius das Haus niemals ohne eine Toga verlassen.


    Aber bitte! Es ist genug Platz für uns drei.


    Ich lächelte ihm ebenfalls freundlich zu und rückte ein Stück zur Seite, damit er sich setzen konnte. Wahrscheinlich war ihm mein nicht zu verbergender Akzent aufgefallen, der ihm verraten musste, dass Rom nicht meine eigentliche Heimat war.
    Meine Schüchternheit verhinderte es zudem, mich dem Fremden weiter zu öffnen. Statt mit ihm ein Gespräch anzufangen, wollte ich doch lieber wieder die Sonne genießen. Aber auch das gelang mir nicht, denn das betretene Schweigen, das zwischen uns herrschte, gefiel mir auch nicht.


    Schönes Wetter heute, sagte ich schließlich sinnigerweise.

  • Tiberius lächelte leicht und setzte sich daraufhin. Zwar war der Decimus fast immer recht freundlich und gesittet, doch strahlte er heute nahezu. Kurz nachdem er nun Platz genommen hatte, musste er über den etwas befremdlichen Akzent der jungen Frau grübeln. Aus Griechenland kam sie nicht, wusste der junge Decimus. Er selbst musste es wissen, schließlich war Griechenland seine früherere Heimat. Leider war Achaia schon lange nicht mehr das, was es noch vor Jahrzenten war, erzählten zumindest immer seine bereits verstorbenen Großeltern. Früher unterschied sich Rom und Athen noch unverkennbar, doch mittlerweile hatte die römische Kultur die griechische zum größten Teil übernommen. Allerdings war Crassus selbst noch zu jung, um dies beurteilen zu können.


    Insgesamt machte die junge Frau neben ihm nicht den Eindruck aus südlichen Ländern zu stammen. Ihre etwas blassere Haut und ihr dunkles Haar deutete auf nordische Länder hin, vielleicht eine Germanin? Oder eine Britin? Tiberius hatte keine Lust mehr Rätsel zu raten und wollte das Dunkel erleuchten. Er wendete sich Bridhe zu und formulierte seine Frage.


    "Du bist keine Römerin oder?", versuchte Crassus möglichst vorsichtig zu formulieren. Der junge Decimus wollte gar nicht erst erahnen, wie Bridhe reagieren würde, wenn sie eine Römerin wäre. Oder sogar noch eine Patrizierin! Bei denen hatte Tiberius der Vergangenheit nach zu urteilen sowieso ein etwas schlechteres Händchen.


    Als Bridhe das Wetter ansprach, nickte Tiberius zustimmend. Selbst der dümmste Mensch des gesamten Erdkreises hätte wahrscheinlich bemerkt, dass es sich bei dieser Aussage nicht nur um eine bloße Feststellung, sondern um einen Anreiz für ein Gespräch handelte. Die Bemerkung überspielte Tiberius einfach, er wollte direkt in die Vollen gehen und die Situation nicht mit Schwätzereien verderben.


    "Ich heiße übrigens Tiberius Decimus Crassus. Aber nenn mich einfach Tiberius", warf der Decimer mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht ein.


    "Wie ist dein Name, wenn ich fragen darf?"

  • Ich hatte wieder die Augen geschlossen und streckte mein Gesicht, der Sonne entgegen. Es war so schön, hier zu sitzen und ihre letzten kraftvollen Strahlen einzufangen. Auch mein Kleines hatte ein Einsehen mit mir, denn es schenkte mir ein Stück Unbekümmertheit, indem es brav schlief und einmal nicht seine Mutter auf Trab hielt. Die letzte Nacht war anstrengend gewesen. Der Kleine hatte die halbe Nacht geschrien. In den frühen Morgenstunden hatte ich ihn dann doch noch besänftigen können. Dann hatte auch ich wenigstens einige Stunden Schlaf gefunden.
    Das alles war aber nun vergessen. Das Bild des friedlich schlafenden Kindes entschädigte für so manche Strapaze.


    Der junge Mann hatte neben mir Platz genommen. Hätte ich die Augen geöffnet, dann hätte ich wahrscheinlich bemerkt, wie seine Blicke mich streiften. So hatte ich es nicht bemerkt und sah erst zu ihm hin, als er mich ansprach. Seine vorsichtig formulierte Frage ließ mich schmunzeln. Wahrscheinlich war er seiner Sache nicht sicher, obwohl doch mein Akkzent mich bereits mit dem ersten Wort verraten haben musste. Eine echte Römerin hätte jetzt wahrscheinlich lauthals protestiert. Vor mit hatte er aber nichts zu befürchten. Ich schüttelte den Kopf.


    Nein, das bin ich nicht. Ich komme von weit her. Von der Insel, westlich von Britannia. Ihr nennt meine Heimat Hibernia.


    Jetzt wollte ich ihn schon nach seiner Herkunft fragen, doch die Frage erübrigte sich. Er verriet mir seinen Namen, der jeden Zweifel ausschloss. Im ersten Augenblick war ich etwas verdutzt und wusste nicht, wie ich mich geben sollte. Auch sein Angebot, ihn mit seinem Praenomen anzusprechen, minderte das nicht. Ich kannte ihn doch gar nicht. Aber warum nicht!


    Mein Name ist Bridhe, äh ich meine...


    Ich hatte immer noch Schwierigkeiten mit diesem neuen Namen. Er kam noch nicht selbstverständlich über meine Lippen.

  • Er hatte also recht gehabt mit seiner Vermutung. Seine Gegenüber war keine Römerin, was bei ihrem Akkzent auch ein Widerspruch in sich gewesen wäre. Tiberius nickte leicht, als Bridhe Hibernia erwähnte. Er kannte Hibernia nur vom Hörensagen, selbst dort war er noch nie. Eigentlich wusste er auch nicht wirklich, was er dort wollen würde. Der Decimus liebte den Süden, Griechenland, Rom. Der hohe Norden, wo Wind und Eiseskälte an der Tagesordnung standen, lockte ihn nicht.


    "Hibernia, ja, ich habe davon gehört. Selbst dort war ich noch nie. Es muss doch ziemlich kalt dort sein oder?"


    Eigentlich kannte Crassus die Antwort, doch es war auch keine wirkliche Frage. Innerlich wusste er, das die Keltin seine Frage bejahen würde, doch hoffte er gleichzeitig, dass sie seine Aussage vielleicht widerlegen könnte. Die Leute erzählten oft viel und das meiste bestand sowieso aus Gerüchten, auf solche sich der Decimus stets ungern verließ. Er hasste Vorurteile.


    Dass die Keltin keinen römischen Namen trug, war offensichtlich. Was den Decimus eigentlich schmunzeln ließ, war, dass Bridhe anscheinend noch etwas hinzufügen wollte. Sie hieß doch Bridhe oder nicht? Warum dann ein Zögern ihrerseits? Tiberius musterte die Keltin einen Moment lang fragend.


    "...du meinst?"


    Neugierig blickte er in Bridhe's tiefblaue Augen...

  • Es erstaunte mich schon ein wenig, als er meinte, er hätte von Hibernia bereits gehört. Offenbar war die Insel im äußeren Nordwesten doch mehr Menschen geläufig, als ich es mir vorgestellt hatte, obwohl sie nicht zum Imperium gehörte. In wie weit das beunruhigend war, darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Ich freute mich immer, wenn ich jemanden traf, der etwas über meine Heimat wusste oder noch mehr wissen wollte. Ein Hibernia unter römischer Herrschaft, konnte ich mir genauso wenig vorstellen. Wahrscheinlich hätte es einige tiefgreifende Veränderungen mit sich gebracht. Also war nur zu hoffen, Érinn würde noch lange den Dornröschenschlaf im Bewußtseins der Römer schlafen.
    Eigenartigerweise glaubten alle, die nie in Hibernia gewesen waren, dort sei es furchtbar kalt und alles erstarre dort in Eis und Schnee. Aber so war es nicht! Ganz und gar nicht! Für einen Menschen, der die Sonne des Südens gewohnt war, musste unser Sommer vielleicht wie ein Hohn wirken. Doch unsere Winter waren recht mild und selten bedeckte Schnee die Erde für eine längere Zeit.


    Nein, eigentlich nicht, widersprach ich und lächelte unterschwellig.


    Im Sommer ist es nicht zu heiß und im Winter nicht zu kalt. Wir haben viel Regen und am Meer weht ständig eine frische Brise. Das Wetter ist wechselhaft, aber richtig kalt ist es wirklich nur ganz selten.


    Besonders in der Hitze des Sommers, hatte ich mich oft zurück nach Hause gesehnt. Zu viel Sonne vertrug ich nicht. Meine Haut rötete sich dann immer und bei jeder Berührung schmerzte sie dann. Doch den römischen Herbst, mit seinen milderen Temperaturen mochte ich.


    Natürlich hatte mein Interesse geweckt. Jetzt sah er mich fragend an und forderte eine Erklärung.


    Bridhe, das ist mein alter Name, den mir meine Mutter gab. Jetzt trage ich einen anderen und…


    Ich zögerte einen Moment. Dieser neue Name war, als hätte man mir ein Stück von mir selbst genommen. Allerdings hatte man mir dafür auch etwas gegeben. Im Grunde war es ja nur die latinisierte Form meines Namens. Also hieß ich immer noch Bridhe. Man sprach es nur anders aus.


    …und ich habe mich noch nicht so richtig daran gewöhnt.

  • Wieder einmal hatte Tiberius - beziehungsweise Bridhe - ein Gerücht des gemeinen Volkes wiederlegen können. Nur selten vertraute Crassus auf Schwätzer, von denen man auf der Straße hier in Rom genug, um nicht zu sagen viel zu viele antreffen konnte. Vielleicht unterschied sich Crassus' Meinung hierbei von der Meinung des Großteils der Bevölkerung, doch sagte sich der junge Decimus immer, wer eine eigene Meinung hat, kann auch eine eigene Meinung vertreten. Somit kann man sich ein Bild von der Lage machen und eine objektive Entscheidung treffen. Seinen Erfahrungen nach waren es meist die Frauen, die von Gerüchten und Schwätzereien lebten. Allerdings wollte sich Tiberius nicht dazu anmaßen sich eine Meinung über andere Menschen zu bilden, die er nicht einmal kannte und sich von der Menge absetzen, schließlich war er auch nur ein einfacher Bürger Roms, der genauso beeinflusst wurde wie jeder andere auch. Nun konzentrierte er sich wieder auf die hübsche Keltin.


    "Na dann...vielleicht lohnt es sich doch einmal zu verreisen. Hispania, Gallia, Germania...Hibernia... Tiberius lächelte leicht. ...Es gibt viele Orte, die sicherlich sehenswert wären.


    Dass Bridhe bei der Frage wegen ihrem Namen etwas zögerte, war unverkennbar. Es machte den Decimus doch etwas stutzig. Sicherlich war sie keine römische Bürgerin, allein aufgrund ihres Namens. War sie eine Sklavin? Schämte sie sich dafür? Jedenfalls gab es keinen Grund sie auf irgendeine Weise anders zu behandeln, sollte Bridhe eine Sklavin sein, versicherte sich Tiberius vorab. Sklaven waren genauso Menschen und hatten demzufolge auch eine gewisse Würde. Zwar hatte er nichts dagegen Diener zu haben, doch hasste er viele Patrizier dafür, dass sie glaubten sich dazu anmaßen zu können Sklaven wie Dreck zu behandeln.


    "Du scheinst nicht besonders glücklich mit dem Namen zu sein...?"

  • Ich weiß nicht, ob dir meine Heimat gefallen würde. Dort ist es nicht so wie hier oder wie in einer eurer Provinzen. Wir haben keine Hauser aus Stein und auch nicht solche Strassen, wie ihr sie habt, gab ich zu bedenken. Dafür gab es viele Hügel in allen Grüntönen, noch mehr Steine, dafür weniger Bäume, viel Moor, das das Wasser der Flüsse braun färbte und das Meer, dass ich so liebte! Solange die Römer die Insel nicht in ihren Besitz nahmen, würde auch alles so bleiben.
    Ob ich meine Heimat jemals wieder sehen würde? Im Augenblick sah es nicht danach aus, denn ich hatte ein Versprechen abgegeben. Daran wollte ich mich halten.


    Ich kenne nur Rom. Einmal war ich auch in Ostia, aber das ist schon eine Weile her. Ich habe euer Meer gesehen. Aber es ist nicht mit unserem zu vergleichen.


    Die hibernische See war besonders in den Wintermonaten unberechenbar und forderte jedes Jahr seinen Tribut unter den Fischern. Doch die Erinnerungen an meine Heimat schützten mich nicht vor seinen fragenden Blicken. Wieder war es mein neuer Name und mein Unvermögen, endlich zu akzeptieren, das es nun mein richtiger Name war, was ihn stutzig werden ließ und ihn zum Nachfragen brachte.


    Doch, eigentlich bin ich schon glücklich, diesen Namen tragen zu dürfen. Denn wenn ich ihn nicht tragen würde, dann hätte das vielleicht schlimme Folgen für mein Kind! Er ist nur noch so ungewohnt für mich, so römisch!
    Ich hoffte, ich hatte ihn damit nicht beleidigt. In letzter Zeit hatte ich nämlich die besondere Gabe, jemanden unwissend zu beleidigen, nur weil ich sagte, was ich dachte und fühlte.

  • "Nicht immer muss Besitz und Reichtum glücklich machen...", warf der junge Decimus ein. Einen kurzen Moment gab ihm das Gesagte zu denken. Stand es ihm wirklich zu, so etwas zu sagen? Er war weder reich, noch besaß er viel. War er nun selbst schon von Vorurteilen manipuliert worden? Nein, sicherlich nicht. In Griechenland lebte er auch nicht schlecht, um nicht zu sagen sehr gut. Um Geld hatte er sich dort keine Sorgen machen müssen, seine 'Familie', wenn man es überhaupt so nennen konnte, hatte ein großes Anwesen und einige Diener. Seine Mutter hatte eine Menge Geld geerbt, doch glücklich machte es Tiberius leider nie. Erst als er Helena kennen lernte, war er glücklich. Sie war so wunderschön...Crassus schüttelte leicht den Kopf um sich wieder dem Gespräch mit Brigantica zu widmen. Es war beinahe unheimlich, wie er immer fast in Trance fiel, wenn er an sie dachte...


    "Viele Städte kenne ich auch nicht...Wobei ich eigentlich bei keiner Stadt von 'kennen' reden kann. In Athen, meiner früheren Heimat, verließ ich unser Anwesen selten, nur dann, wenn ich meinen Aufgaben nachgehen musste. Ich wohne erst seit einigen Wochen hier in Rom, so kann ich auch von dieser wunderschönen Metropole nicht sagen, dass ich sie kenne. Bald werde ich mich nach Mantua aufmachen, um dort für die Stadtverwaltung zu kandidieren. Vielleicht treffen wir uns dort einmal...?"


    Tiberius lächelte leicht, um Flaviana nicht schon wieder das Gefühl zu geben, dass er dauernd Fragen stellen würde. Er wollte das allzu sachliche Gespräch etwas auflockern, schließlich war er selbst kein Mensch, der eine allzu starre Haltung einer humorvollen Art vorzog.


    "Na dann...habe ich das wohl falsch verstanden..."


    Diesmal fragte er nicht weiter nach, allein schon aus den vorhergenannten Gründen. Außerdem waren weitere Informationen sicherlich privat und Tiberius wollte keinesfalls wie ein unhöflicher, neugieriger Mann wirken, der seine Nase in jede Angelegenheit steckte, obwohl er genug eigene Probleme zu bewältigen hatte. Nein, das wollte er sicherlich nicht. Er wartete ab und genoss die Ruhe, die ihm dieser Ort heute schenkte. Wenn Brigantica noch etwas von selbst hinzufügen oder etwas loswerden wollte, dann würde sie das schon tun...

  • Ich dachte über das nach, was er gesagt hatte. Besitz und Reichtum, das hatte ich in meiner alten Heimat auch nicht gehabt. Wir hatten so viel, wie man zum Leben eben brauchte, nicht mehr aber auch nicht weniger. Und ich war glücklich damit gewesen, selbst dann, als nach dem Tod meiner Mutter sich alles änderte.
    Wenn ich mich an die Zeit erinnerte, als man mich nach Rom gebracht hatte und ich alles verloren geglaubt hatte, gab es noch etwas, woran ich mich festhalten konnte. Dieser Strohhalm war die Hoffnung gewesen, die Hoffnung, eines Tages wieder die Freiheit zu erlangen. Das hatte mich über Wasser gehalten und auch das Wissen, dass ich geliebt wurde.
    Jetzt hatte ich das eine wiedergewonnen und das andere schon lange verloren. Das Glück war dabei auf der Strecke geblieben. Aber ein klitzekleines Stück vom Glück war mir geblieben – mein Kind!


    Ja, das stimmt, pflichtete ich ihm bei. Man kann alles verloren haben und doch glücklich sein, wenn man die Liebe gefunden hat.


    Auch ich konnte von mir nicht behaupten, Rom in und auswendig zu kennen. Dafür war ich einfach noch nicht zu lange hier. Außerdem hatte ich bisher nur die Märkte Roms kennengelernt, wenn ich zum einkaufen geschickt worden war.


    Also besonders gut kenne ich mich in Rom auch nicht aus und diese Städte von denen du gesprochen hast, kenne ich überhaupt nicht. Mantua, wo ist das?


    Die ganze Sache um meinen Namen musste ihn sehr verwirrt haben. Zumal ich ihm meinen neuen Namen noch gar nicht verraten hatte. Nur meinen alten Namen kannte er- Brihde, den ich auch insgeheim beibehielt.


    Mein neuer Name ist Flaviana Brigantica. Flaviana deshalb, weil ich seit kurzem eine libertina bin. Brigantica ist mein römischer Name, obwohl ich nicht einmal Römerin bin. Aber dieser Name bedeutet Freiheit für mich und vor allem für mein Kind, das erst nach meiner Freilassung zur Welt gekommen ist.
    Besonders den letzten Satz betonte ich dabei, denn er war der eigentliche Grund meiner Freilassung gewesen. Wenn dieses Kind nicht gewesen wäre, dann wäre alles beim alten geblieben, dann wäre ich jetzt immer noch Sklavin.

  • Tiberius lauschte weiterhin der Freigelassenen, auch wenn er vom schönen Wetter und von der Atmosphäre des Parks ein wenig abgelenkt war. Als Brigantica von Liebe sprach, nickte Tiberius nur zustimmend. Die große Liebe hatte der Decimus noch nicht gefunden und auch so konnte er nicht wirklich von Menschen reden, die ihn 'liebten'. Sein Vater wäre dafür wohl ein Kandidat, wobei Crassus ihn erst kürzlich kennen lernte. Seine gesamte Kindheit hatte er ohne Vater verbracht, deshalb war es auch sehr schwer für ihn - wie auch wahrscheinlich für seinen Vater - ihn zu lieben. Nur seine Schwester, Serrana, hatte er noch, von der er sicher sein konnte, dass sie ihn liebte.


    Dass die junge Frau Mantua nicht kannte, nicht einmal von der traditionsreichen Stadt gehört hatte, machte Tiberius ein wenig stutzig. Allmählich musste sich Crassus die Frage stellen, ob die Stadt überhaupt noch im Bewusstsein der Römer existierte. Ihm kam bereits zu Ohren, dass Mantua in den letzten Jahren sehr gelitten hatte und der alte Glanz der Stadt wie wett gemacht war, doch dass er sich in eine bei vielen Römern unbekannte Stadt aufmachte, machte ihn etwas nachdenklich.


    "Mantua liegt nördlich von Rom. Eine traditionsreiche Stadt. Vielleicht sagt dir die Legio I Traiana etwas, die ist dort stationiert."


    Als die Freigelassene ihre wahre Identität offenbarte, nickte der Decimus erkenntnisreich. Er war also richtig gelegen mit der Annahme, dass sie keine Römerin war.


    "Das freut mich für dich..."


    Er lächelte leicht. An Crassus' Gesprächshaltung änderte die Tatsache, dass Brigantica eine Sklavin war, nichts.

  • Tiberius sah etwas nachdenklich aus, als ich ihm gestand, nichts über Mantua zu wissen. Ich hatte zwar das Glück, mich gelegentlich auch in der Bibliothek aufhalten zu dürfen. Aber da hatte ich nie etwas über Mantua gelesen. Doch er erzählte mir dann ein wenig davon und auch von einr Legion, die dort stationiert war. Ich aber schüttelte nur den Kopf.


    Leider weiß ich nicht sehr viel, über die Welt hier draußen. Ich war meistens immer nur in der flavischen Villa, um dort zu arbeiten. Manchmal bin ich auch zum Markt gekommen. Das war aber auch alles.


    Ich wusste, für meine Unwissenheit musste ich mich nicht schämen. Auch wenn es sich für mich im Augenblick so anfühlen musste. Umso mehr freute es mich, dass es für ihn keinen Unterschied zu machen schien, weil ich vor noch gar nicht allzu langer Zeit, Sklavin gewesen war.


    Danke für deine Freundlichkeit, sagte ich und fügte ein schüchternes Lächeln hinzu.


    Es ist alles so unfassbar, was so ein kleines Stück Papier alles ausmacht, auf dem steht, dass man jetzt wieder frei ist. Dabei hat sich eigentlich gar nicht viel geändert. Ich bin die gleiche, die ich vorher war und doch entscheidet dieses Papier über das Leben meines Kindes!


    Ich hatte dies mehr zu mir selbst, als zu ihn gesagt. Er konnte bestimmt wenig damit anfangen, was ich empfunden hatte, als ich mit Aquilius und seinem Klienten zusammen vor dem Praetor Urbanus stand, der mir erklärte, ich sei jetzt frei.

  • Der Decimus konnte nur allzu gut verstehen, dass Brigantica nicht viel von ihrer Außenwelt erfuhr. Auch er selbst lebte damals in Athen wie abgeschottet, nachdem er sich allmählich von seiner Jugendliebe weggelebt hatte. Er widmete sich lieber den Studien, besonders griechische Philosophen, aber auch die römische Kultur faszinierte ihn, die sich nur geringfügig von der griechischen unterschied. Umso mehr erstaunt war Crassus, als er erfuhr, dass er selbst römische Wurzeln hatte.


    "Ich verstehe. Ich verstehe nur allzu gut."


    Flavianas schüchternem Lächeln kam der Tiberius mit einem ebenso freundlichem entgegen. Die Situation, die die Freigelassene daraufhin schilderte, konnte der Decimus nicht so leicht nachvollziehen. Er war seit seiner Geburt frei und wurde stets gut und gerecht behandelt. Seine Mutter wollte für ihn und seine Schwester stets das Beste und auch sein Vater schien ein herzensguter Mensch zu sein, der sich für nichts zu schade war, wenn es um die Familie ging. Um sich die Situation dennoch zu veranschaulichen, interpretierte Tiberius das Gefühl, dass Brigantica vermutlich bei diesem Ereignis durchströmte, als Schicksalsschlag. Vermutlich konnte er dies am ehesten mit dem Tod seiner Mutter oder dem Treffen mit seinem Vater vergleichen.


    "Ja, das ist sicher ein unglaubliches Gefühl. Pflegst du denn noch eine gute Beziehung zu deinem ehemaligen Herren, wenn ich fragen darf?"

  • Sim-Off:

    Tut mir furchtbar leid! :( Bitte sei mir nicht böse! ;)


    Tiberius war so unglaublich nett zu mir, dass es mir fast schon peinlich war. Selten hatte ich jemanden getroffen, seitdem ich hier war, der um meiner Selbstwillen nett zu mir war. Aber genau das machte diese Welt hier draußen für mich so interessant, weil sie ständig Neues für mich bereit hielt. Ich wollte diese Welt kennenlernen und verstehen.


    Bis jetzt hat man mir und meinem Kind gestattet, noch in der Villa zu wohnen. Doch werde ich mich sicher eines Tages nach etwas eigenem umsehen müssen.


    Da Aquilius Rom auf langeSicht den Rücken gekehrt hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis man mich vor die Tür setzen würde. Dem wollte ich vorbeugen. Doch damit hatte ich Tiberius´ Antwort noch nicht beantwortet. Wenn ich mich selbst fragte, wie mein Verhältnis zu Aquilius war, gab es nur eine Antwort. Unser Miteinander war niemals einfach gewesen, auch dann nicht, nachdem er mir versprochen hatte, mich freizulassen. Doch nun, nachdem er fort war, hatte ich mich zuerst sehr verletzt gefühlt, weil er mich und Diarmuid nicht mitgenommen hatte. Doch langsam begann ich, seine Entscheidung zu akzeptieren. Vielleicht lag ja genau darin meine Chance!


    Im Moment weilt er nicht in Rom. Aber ich glaube, diese Frage mit ja beantworten zu können.


    Trotz der wärmenden Sonnenstrahlen, wurde es mir langsam kalt. Etwas Bewegung konnte Abhilfe schaffen.


    Möchtest du mit mir noch einige Schritte gehen? fragte ich ihn, denn ich wollte unsere neu entstandene Bekanntschaft nicht einfach so abwürgen.

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