Ergänzung des § 18 Codex Universalis über die allgemeinen Rechte des Imperators Caesar Augustus

  • “Verehrte Senatoren Roms, im Rahmen der von uns dieser Tage beratenen Neuordnung der Gerichtszuständigkeiten möchte ich eine Ergänzung der Rechte des Imperators Caesar Augustus vorschlagen.
    Seine Amtsrechte werden in der Pars Secunda des Codex Universalis geregelt. Mein Vorschlag lautet, dem dort enthaltenen § 18 einen weiteren Absatz hinzu zu fügen.


    Der könnte so lauten:


    (16) Der Imperator Caesar Augustus hat das Recht, ein anderes als das nach den gesetzlichen Maßgaben sachlich zuständige Gericht im Einzelfall für zuständig zu erklären.

  • Offensichtlich wollte Aelius Quarto wirklich gründlich mit dem Gesetzeswust aufräumen und seine Ankündigungen waren keine leeren Versprechungen gewesen. Als er diesmal jedoch für die Ausweitung der Rechte des Imperator Partei ergriff, musste sich Durus schon fragen, wie krank der Kaiser eigentlich war, wenn er nicht einmal seine eigenen Interessen dem Senat vortragen konnte. Ob solch ein Kaiser umfassende Kompetenzen erhalten sollte, war für Durus mehr als fragwürdig.


    "Mit welcher Begründung, wenn ich fragen darf?"


    Wenn man dies nicht zuließ, würde der Senat zumindest einen Teil seiner Kompetenz über die Rechtspflege zurückerhalten. Und dies war doch nicht allzu offensichtlich als Widerspruch gegen den Kaiser anzusehen...welchen er sich andererseits auch leisten konnte, denn einen Praetorier entfernte man nicht allzu schnell aus seiner Machtposition.

  • “Der Imperator Caesar Augustus ist der oberste Feldherr Roms, die höchste Instanz, wenn es darum geht römisches Recht zu erschaffen, und ebenso Recht zu sprechen.
    Ich erinnere mich, dass du selbst, Senator Tiberius Durus, bei einer Debatte in diesem Haus erst vor kurzem von seiner überragenden auctoritas gesprochen hast. Du hast ihm seinerzeit das uneingeschränkte Recht zugestanden, nach eigenem Ermessen in die Strafverfolgung einzugreifen.
    Ist es aus dieser Sicht nicht aber auch folgerichtig, wenn er als höchster Richter Roms auch ebenso die Rechtsprechung an sich ziehen kann, wenn er das für sinnvoll erachtet?


    Ich gebe zu bedenken, dass wir mit den Änderungen zum § 19 Codex Iuridicalis viele Strafrechtsdelikte an das Iudicium Maior verweisen würden, bei denen zuvor das Iudicium Imperialis zuständig war. Viele der betreffenden Delikte sind mit sehr schweren Strafen bedroht, über die bislang nur das oberste Gericht mit dem Imperator Caesar Augustus als Vorsitzendem Richter entscheiden konnte. Wenn wir das ändern, ist es dann nicht nur Recht und Billig, dem Imperator Caesar Augustus die rechtlich verbriefte Möglichkeit zu geben, im Einzelfall persönlich einzugreifen, abweichend von der gesetzlichen Zuständigkeitsregel?


    Es gibt sind aber auch weniger dramatische Umstände denkbar, wo ein Eingreifen des Imperators Caesar Augustus wünschenswert erscheinen könnte. Vorstellbar – die Götter mögen uns davor behüten – wäre zum Beispiel ein massiver Verstoß gegen den § 1 der lex Mercatus. Jemand könnte verdorbene Lebensmittel verkaufen. Ich denke da an eine große Menge, so dass nicht nur ein paar Menschen davon krank werden, sondern viele, vielleicht Hunderte. Sachlich zuständig wäre dann trotzdem das Iudicium Minor. Aber in einem solchen Fall wäre die Bürde für einen einzelnen Praetor vielleicht zu groß, um ein gerechtes Urteil zu fällen. Es wäre dann besser, dass nächst höhere Gericht könnte sich damit befassen. Mit der von mir vorgeschlagenen Änderung hätte der Imperator Caesar Augustus die Möglichkeit, eben genau dies anzuordnen.


    Darum, so meine ich, sollten wir ihm dieses Recht gesetzlich zugestehen.“

  • Durus seufzte und blickte zu Boden. Da war er vielleicht doch mal wieder etwas weit vorgeprescht. Er sollte sich vielleicht doch endlich eine einheitliche Linie gegenüber dem Kaiser überlegen: Entweder er kämpfte für ihn oder dagegen! Doch so würde es ihm wohl ständig passieren, dass ihm so etwas vorgeworfen wurde. Einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, seine Worte vor einiger Zeit einfach für nichtig zu erklären oder drumherum zu reden, doch dann gab er auf - insbesondere, weil ihm im Augenblick keine überzeugende andere Lösung in den Sinn kam. Es sei denn...


    "Im Grunde kann man dies doch auch unter dem Paragraphen 18, Absatz fünf einbeziehen. Dadurch kann der Kaiser den Praetor doch ohnehin zwingen, den Fall abzugeben. Ich denke, daher ist es nicht notwendig, noch einmal eine explizite Bemerkung darüber abzugeben."

  • “Aber es liegt doch gar nicht in der Freiheit eines Praetors oder eines Gerichts, ein Verfahren an ein anderes Gericht zu verweisen. Zwar gibt es die Verpflichtung, die Zuständigkeit zu prüfen, aber das wird nach Lage der Fakten entschieden.“

  • Macer hatte zwar keine Schwierigkeit damit, dem Kaiser weitere Rechte einzuräumen, war mit der vorgeschlagenen Formulierung und auch dem Beispiel zu dessen Erläuterung aber alles andere als zufrieden.


    "Wenn ich die vorgeschlagene Änderung richtig verstehe, erlaubt sie Wahlfreiheit bei der Zuweisung eines Gerichtes", begann er seinen Einwand. "Das heißt, der Kaiser kann nicht nur wie in den genannten Beispielen einen Fall an sich ziehen, sondern er kann ihn auch an ein rangniedrigeres Gericht verweisen. Ich bin mir nicht sicher, ob eine solche Regelung sinnvoll ist. Bei dem Beispiel zur lex Mercatus sehe ich zudem nicht zu automatische Zuordnung an das Iuridicum Minor gegeben. Sicher wäre dieses nach der Neuordnung der Zuständigkeiten für die Lex Mercatus zuständig, aber wenn großer gesundheitlicher Schaden entsteht, wird die Anklage wohl zweifellos auch auf Delikte gegen Leib und Leben lauten und damit ohnehin schon ein höheres Gericht involviert sein."

  • “Verstehe ich dich richtig, Senator Purgitius Macer, dass es dir lieber wäre, wenn das Gesetz dem Imperator Caesar Augustus lediglich erlauben würde, eine Verhandlung an das Iudicius Imperialis unter seinem Vorsitz zu verweisen?“

  • "Das wäre nun eine der minimal möglichen Varianten", stellte Macer fest und fragte sich, ob diese Option der Kern dessen war, was Aelius Quarto durchsetzen wollte und nur anders verpackt hat. "Die von dir ursprünglich vorgeschlagene Lösung beinhaltet die Hochstufung genauso wie die Zurückstufung und betrifft alle drei Instanzen. Dein letzter Vorschlag beinhaltet lediglich die Hochstufung auf die dritte Instanz. Dein eigenes Beispiel mit den Lebensmitteln würde damit schon nicht mehr erfasst werden." Was nach Macers Ansicht natürlich auch nicht nötig war, wie er mit seinem Gegenbeispiel zu beweisen versucht hatte.


    "Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, was mir inhaltlich lieber ist. Von der Form her wäre es mir jedoch lieber, wenn das Gesetz nur solche Eingriffe zulässt, die wir für prinzipiell sinnvoll und praktisch relevant halten. Ich würde es zum Beispiel für inakzeptabel halten, wenn ein Fall von der höchsten Instanz an die niedrigste verwiesen wird."

  • "Ich stimme Purgitius zu: Bei besonders schweren Verstößen treten ja in der Regel auch Straftatsbestände hinzu. Ich wüsste also nicht, welchen Grund der Kaiser haben sollte, von Vornherein einen Fall zu übernehmen, ohne überhaupt dem zuständigen Praetor die Möglichkeit zu überlassen, vorher ein Urteil zu fällen - gegen dieses kann er bei Bedarf doch noch immer Einspruch einlegen kraft des von mir genannten Paragraphen!"


    Vor allem hatte Durus Angst, dass der Kaiser unliebsame Bürger (insbesondere Senatoren) einfach selbst aburteilte und für geringfügige Vergehen hart bestrafte. Wenn vorher ein Praetor ein milderes Urteil gefällt hatte, würde es vielleicht mehr auffallen, wenn der Kaiser unverhältnismäßig handelte.


    Auf das Übrige ging Durus nicht ein, denn er hielt diese Debatte für überflüssig.

  • Der Consul sah sich einer für ihn überraschend breiten Front der Ablehnung gegenüber. Hatte der Senat zu Zeiten des Kaisers Iulianus praktisch jede Ausweitung der kaiserlichen Befugnisse klaglos abgesegnet – zumindest glaubte Aelius Quarto sich so zu erinnern – formierte sich jetzt schon bei dieser, wie er fand, eigentlich eher kleinen Sache der Widerstand. War das nun als Zeichen der Gegnerschaft gegen den Kaiser zu werten? Oder Offenbarte sich hier lediglich ein neues Selbstbewusstsein des Senats? Konnte es sein, dass es zwar das Letzte war, was aber automatisch zum Ersten führte? Vielleicht galt das alles aber auch nicht dem Kaiser sondern ihm selbst, oder vielleicht doch einfach nur der Sache?
    Wie dem auch immer war, musste Aelius Quarto in diesem Moment erkennen, dass er auch als Consul und mit seinem brüderlichen Kaiser im Rücken nicht alles im Senat durchsetzen konnte und das es für ihn schwerer als Gedacht war, seine Vorstellungen zu realisieren.
    Ohne Zweifel hatte er die Stimmung im Senat falsch eingeschätzt und seine Bereitschaft, der von ihm vorgebrachte Gesetzesänderung ohne weiteres zuzustimmen. Darunter litt seine, mit dem Aufstieg des Bruders zum Kaiser gestärkte Selbstgewissheit.
    Was war da nun zu tun? Sollte er es auf eine Abstimmung ankommen lassen und eine Niederlage riskieren, die dann auch gleichzeitig wie ein Votum des Senats gegen den Kaiser aussah?
    Oder sollte er sich, zumindest für heute, geschlagen geben um etwas zu verhüten, dass als kleiner Riss begann und sich zu einem großen Bruch ausweiten konnte? Zumal er ohne das Wissen seines Bruders vorgeprescht war.


    Er entschied sich, man ahnt es schon, für den Rückzug.


    “Ich erkenne die mehrfach vorgetragenen Bedenken des Senats gegen die von mir vorgeschlagene Änderung an.“, sagte Aelius Quarto deshalb.
    “Darum beuge ich mich eurem Urteil und ziehe meinen Antrag zurück.“

  • Von der Reaktion des Consuls war Macer mehr als überrascht. Nach seinen bisherigen Erfahrungen hatte er mit einer wortreichen Erklärung gerechnet, die die vorgeschlagene Änderung verteidigte oder soweit umbog, dass sie zu den Einwänden passte. Macer hatte die Kritik nicht für so hart gehalten, dass sie einen sofortigen Rückzug erzwingen würde. Noch mehr bisher fragte er sich daher, was den Consul nun genau mit diesem Vorschlag erreichen wollte.

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