[Officium III] Magistratus - Marcus Petronius Crispus

  • "Zwei Sesterzen weniger?"


    Einen Augenblick fragte sich Crispus, ob dies verbunden mit der Bemerkung des Ducciers vielleicht eine Beleidigung war. So sehr schätzte er ihn? Aber sicherlich war dies nur ein verbaler Ausrutscher eines jungen Mannes war, den er aus Fairness nicht kommentierte. Stattdessen versuchte er lieber weiterzuhandeln.


    "160 Sesterzen - ich weiß nicht, ob ich das vor der Stadtkasse vertreten kann. Wenn es mein Geld wäre, könnte ich damit ja ganz frei umgehen, aber unser Schatzmeister ist ein geiziger Mann und ich bin für diese Ausgaben verantwortlich.


    Aber gut, 150 Sesterzen könnte ich wahrscheinlich gerade noch pro Block zahlen."

  • Oh, offenbar hatte er Crispus ein wenig verärgert. Sein taktischer Fehler zu Beginn brachte ihn jetzt doch in Bedrängnis und ließ ihn knauserig erscheinen.


    "Du hast Recht, zwei Sesterzen sind ein Witz, entschuldige.", erwiederte er ehrlich. "Nun dann sind wir bei mir bei 160 Sesterzen und du bietest 150 Sesterzen. Bevor wir jetzt noch um einzelne Münzen feilschen, sollten wir uns bei 155 Sesterzen treffen. Das ist ein für beide Seiten sicherlich befriedigender Preis." Lando hatte ihm diesen Preis als Grenze genannt. Sicherlich hätte er gerne mehr erzielt um zu glänzen, aber Crispus war ein harter Verhandlungspartner gewesen und so würde Ragin auch damit zufrieden sein..

  • "In Ordnung, 155 Sesterzen."


    schlug Crispus ein und hielt dem Germanen die Hand hin. Marmor für 155 Sesterzen war zwar für den sparsamen Geschmack des Petroniers noch immer teuer, doch immerhin wurden damit lokale Händler gestärkt und das war allemal besser, als das Geld in fremde Städte oder gar Provinzen zu schütten.


    "Ich schicke euch eine Bestellung, wenn ich weiß, wie viel ich brauch'."


    fügte er dann noch an.

  • Ragin fiel ein Stein, nein ein Marmorblock vom Herzen. "Wunderbar. Wende dich da bitte an Lando mit der Bestellung. Ich würde es ja gerne selbst machen, aber ich werde übermorgen nach Alexandia reisen umd dort meine Cousine Duccia Venusia zu besuchen. So möchte ich mich jetzt auch von dir verabschieden. Aber ich denke mal in einem halben Jahr werde ich wieder nach Mogontiacum zurückkommen."


    Ragin würde den knurrigen Römer irgendwue vermissen, hatte er sich doch als sehr interessanter Gesprächspartner entpuppt.

  • "Oh, dann wünsche ich dir viel Glück und eine gute Reise! Ich werde Neptun opfern, dass er dich sicher ankommen lässt!"


    erwiderte Crispus überrascht. Die Duccier mussten es haben: Eine kleine Reise nach Alexandria war sicherlich sehr teuer - andererseits war Duccia Venusia mit einem erfolgreichen Offizier verheiratet, wie er wusste und sie konnten es sich sicher leisten, noch einen jungen Duccius als ihren Gast zu ernähren. Und man erzählte sich die tollsten Geschichten von dieser gewaltigen Stadt - ein wenig beneidete der alte Petronier den jungen Duccier sogar...

  • "Danke. Wenn ich zurück bin, können wir uns ja wieder einmal zu einem Plausch in der Thermae treffen."


    Ragin nickte dem Petronier freundlich zu und machte sich auf den Weg. Es gab noch viel zu tun.

  • Crispus verabschiedete sich ebenfalls freundlich von Rufus. Wieder einmal bestätigte sich sein Eindruck, dass der junge Mann ein sympathischer Kerl war. Vielleicht konnte er ihm ja sogar erklären, wie diese Duccier tickten - aber das wohl frühestens in einem halben Jahr. Bis dahin musste er sich wohl damit abfinden, dass er nie so ganz verstehen würde, was im Kopf eines Germanen vorging...

  • Wochen nach der Sitzung des Ordo Decurionum befand sich Crispus wieder einmal in seinem Amtszimmer, wo er seine Korrespondenz abzuwickeln pflegte und außerdem mit Arminianus die wichtigsten Pläne durchging. Und dieser brachte heute etwas auf die Tagesordnung, was den Petronier ein wenig verärgerte, denn es würde ein Symbol seiner Niederlage werden:


    "Ich habe hier auf der Liste noch eine Statue für den Kaiser - was ist damit?"


    Crispus brummte. Eigentlich hatte er nicht die geringste Lust, sich darum zu kümmern, denn immerhin hatte dieser Duccius Lando sich so aufgedrängt! Andererseits würde was wahrscheinlich etwas schäbig aussehen, wenn er seinem Ärger Luft machte, indem er den Auftrag verschleppte! Er wollte doch irgendwie fair wirken!


    "Hm, schreib' Duccius Lando. Der wollte das machen. Aber...eigentlich können wir schon 'ne Inschrift vorgeben, die sie in die Basis meißeln. Was macht man da denn so?"


    Crispus selbst hatte bisher erst eine Inschrift anfertigen lassen - und das war sein Weihestein an Apollo gewesen! Doch dies war mit einer offiziellen Statue zu Ehren des Kaisers kaum vergleichbar! Vielleicht hatte ja der Scriba mehr Ahnung davon!


    "Hm, also seine Titulatur natürlich...naja, und ein Hinweis auf den Stifter, also decreto decurionum. Kommt darauf an - man könnte beispielsweise auch noch auf die Vorgänger hinweisen oder so..."


    "Ja, warum nicht? So viel hört man sowieso nicht von ihm - da kann's eigentlich nicht schaden, wenn wir ihm ein bisschen dynastischen Glanz verleihen, oder?"


    "Gut, dann würde ich folgendes vorschlagen: Imperatori Caesari Augusto Cai Ulpio Aeliano Valeriano, Divi Iuliani Filio, Pontifici Maximo, Tribuniciae Potestatis III, Imperatori I, Patri Patriae Decreto Decurionum. Natürlich alles gekürzt!"


    Crispus neigte nachdenklich den Kopf. Das war tatsächlich eine ziemlich einfallslose Inschrift. Doch andererseits hatte der Kaiser auch noch nichts für Mogontiacum getan, wofür man ihm danken konnte. Also war es im Grunde nicht schlecht!


    "Gut, dann schreib' das ganze auf eine Tafel und schick's an Duccius Lando."


    Arminianus nickte und verschwand. Und es dauerte nicht lange, bis der Laufbursche des Baumagistraten auf den Weg geschickt wurde. Crispus musste nicht einmal mehr unterschreiben - Arminianus war bevollmächtigt, in seinem Namen zu siegeln!

  • Nachdem Crispus nun die Renovierung der Forums-Pflasterung ins Auge gefasst hatte, arbeitete er auf Hochtouren daran, sein Projekt rechtzeitig vor dem Ende seiner Amtszeit umzusetzen. Zuerst hatte er seinen Accensus losgeschickt, das genaue Ausmaß des Bedarfs festzustellen (natürlich unter Heranziehung von Experten!). Crispus selbst hingegen war an seinem Amtssitz geblieben, wo er mit den alltäglichen Aufgaben des Baumagistraten beschäftigt war - vor allem bei privaten Bauten, die gegen städtische Vorschriften verstießen. Außerdem störte ihn sein Amtskollege Gavius Laelianus, genaugenommen sein Accensus, der praktisch allein die Aufgaben der Stadtversorgung wahrnahm mit irgendwelchen Wünschen bezüglich des Aquädukts.


    Dies alles räumte er jedoch beiseite, als sein Accensus bei ihm auftauchte, um ihm Bericht zu erstatten.


    "Das Forum hat sich seit Deiner Kontrollbesichtigung wenig verändert, Magistratus. An einigen Stellen fehlt jedoch das Pflaster, entsprechend den aktuellen Marktpreisen sollte eine Pflasterung jedoch nicht mehr als eintausend Sesterzen kosten."


    Bedächtig hörte Crispus sich die Angelegenheit an: Eintausend Sesterzen waren eine ganze Menge Geld, auch für einen pensionierten Primus Pilus - war es doch fast so viel, wie man aufbringen musste, um in den Ordo Decurionum der Stadt zu gelangen! Doch im Augenblick konnte er diese Summe aufbringen und je höher sein Einsatz für die Stadt war, desto mehr Respekt würde er sich von der Stadtgemeinschaft einholen - zumindest hoffte er dies, nachdem er noch immer ständig Probleme mit verschiedenen Familien des Ordos hatte.


    "Und wann können wir anfangen?"


    "Im Grunde jederzeit! Wobei es sicherer wäre, abzuwarten, bis sicher kein Frost mehr entsteht - sonst könnte es Probleme bei der Fundamentlegung geben!"


    erklärte der Accensus und Crispus rieb sich das Kinn. Es war gerade erst Februar, häufig geschahen noch Rückfälle in Richtung Winter. Doch andererseits...er blickte aus dem Fenster: Die Sonne schien, es war ungewöhnlich war für diese Jahreszeit! Vielleicht gab es ja gar keinen Frost mehr! Doch wie konnte er sichergehen?


    "Hm, glaubst du, dass es noch'mal Frost gibt?"


    "Im Augenblick sieht es nicht so aus, Magistratus. Aber ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen - das können wohl nur die Götter wirklich wissen!"


    Crispus seufzte - das dachte er sich auch: Wer konnte schon jetzt mit Bestimmtheit sagen, wie das Wetter wurde? Zwar hatten die Bauern ihre gewissen Regeln, nach denen sie abergläubisch die Entwicklung einschätzten, doch letztendlich machten sie das Wetter ja nicht - das taten doch wirklich die Götter...die Götter! Begeistert setzte Crispus sich auf und sah seinen Accensus zufrieden an.


    "Warum fragen wir nicht die Götter? Das ist eine wunderbare Idee!"


    Wofür hatten Magistrate denn einen Haruspex, wenn nicht, um den göttlichen Willen zu erfahren? Er würde sich gleich auf die Suche nach einem dieser Wahrsager machen!

  • "So, hier haben wir noch eine Beschwerde aus Castellum. Scheinbar hat der Frost die Straße nach Aquae Mattiacorum kaputt gemacht und vom Regen der letzten Tage ist sie jetzt total verschlammt."


    erklärte Arminianus. Wie jeden Tag brachte er auch heute, an Crispus' letztem Arbeitstag, die aktuellen Fälle des Magistratus mit Aufgabenbereich Bauwesen vor. Heute war es besonders viel gewesen, doch langsam war es Zeit, dass sie fertig wurden. Crispus seufzte tief. Diese kleinen Probleme waren es, die ihn hier ständig festhielten. Warum konnten diese Bürger nicht einfach vernünftig handeln? Warum musste er stets alles persönlich entscheiden?


    "Hm, da kann ich jetzt nichts machen - lass' die Anwohner ein bisschen Stroh in den Matsch stampfen, dann geht's vorerst. Die Reparaturen darf dann mein Nachfolger machen. Nächster Fall!"


    Doch Arminianus setzte nicht zum Sprechen an, sondern klappte seine Tabula zu und blickte Crispus einen Augenblick an, ehe er sagte


    "Fertig. Das war's."


    "Hm, dann war's was wohl wirklich. Packen wir."


    Er erhob sich ächzend aus seinem Stuhl - er war nicht mehr der Jüngste! Einen Augenblick blickte er sich um - er hatte sein Amtszimmer nie wirklich gemocht und nur wenige Gegenstände mitgebracht, um diesen Umstand ein wenig zu ändern. Im Grunde war es nur ein Klapptisch und eine Weinkanne mit vier Bechern. Langsam trat er darauf zu.


    "Gallicus holt mich heute ab und nimmt die Sachen mit. Räumen wir's schonmal zusammen."


    Er nahm die Kanne und stellte sie auf den Boden, wobei er erneut ächzte - in den letzten Monaten hatte er wirklich stark abgebaut! Inzwischen fiel ihm das Bücken schwer, das Aufstehen - jede größere Bewegung! Vielleicht sollte er wirklich seine Zeit dazu nutzen, einmal das Heiligtum des Apollo Grannus zu besuchen - die Quellen dort sollten heilende Wirkung haben! Rasch trat Arminianus herbei und bückte sich, um Crispus zu helfen.


    "Ich mach' das schon!"


    Crispus richtete sich auf und sah seinem Scriba schweigend dabei zu, wie er zuerst die Becher auf den Boden stellte und dann den Tisch zusammenklappte. Wenn Gallicus nun noch einen Korb mitbrachte, konnte man alles bequem mitnehmen.


    "Du hast gut gearbeitet, Arminianus. Weiß gar nicht, wie ich diesen ganzen Verwaltungskram ohne dich hingekriegt hätte."


    meinte er dann, als Arminianus sich wieder zu ihm umwandte. Zuerst wirkte er verwirrt, dann jedoch lächelte er.


    "Das ist meine Arbeit! Hat auch Spaß gemacht, mit Dir zu arbeiten, auch wenn's manchmal viel war!"


    Crispus lächelte nun ebenfalls. Er wusste, dass er nicht nur einmal ziemlich ungeduldig gewesen war, dass er außerdem geradezu arbeitswütig gewesen war, sodass auch seine Untergebenen mehr Arbeit gehabt hatten. Und nun war das vorbei.


    "Ich hoffe, wir sehen uns noch und wenn ich 'mal wieder hier 'was mache, dann hol' ich mir dich ganz bestimmt!"


    versprach der Petronier schließlich und dachte dabei daran, dass er vielleicht eines Tages das Duumvirat erreichen würde. Er hatte viel geleistet und bereits bewiesen, dass er ein fähiger Mann war. Vielleicht würde diese Duccier-Clique das irgendwann einsehen. Und dann würde er Arminianus mehr denn je brauchen!


    "Ich stehe bereit!"


    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Morag kam herein. Er hatte einen kleinen Jutesack mitgebracht und blickte sich kurz um, ehe er auf Crispus und Arminianus zuging.


    "Da bin ich, Dominus!"


    "Gut, der Tisch und das Zeug da unten, das ist alles."


    meinte Crispus knapp und ergriff Arminianus' Arm, um ihn ein wenig beiseite zu nehmen. Umständlich löste er seinen alten Soldatengeldbeutel, den er noch immer am Handgelenk trug. Als er ihn öffnete, hob Arminianus beschwichtigend die Hände.


    "Das ist doch nicht nötig - ich bekomme doch von der Stadtkasse genug!"


    Doch unbeirrt suchte Crispus ein paar Denare heraus. Er ergriff Arminianus' noch immer erhobene Hand und brachte sie in eine waagrechte Position, ehe er die Denare hineinlegte und die Hand zudrückte.


    "Du hast wirklich gut gearbeitet. Nimm das als Zeichen meines Dankes!"


    Zuerst schien der Scriba unsicher zu sein, ob er dieses Geschenk annehmen konnte. Dann jedoch nickte er endlich knapp und murmelte


    "Danke."


    Inzwischen hatte Morag alles eingepackt und stand bereit. Crispus verabschiedete sich von Arminianus und verließ endlich die Curia. Morgen würde Decimus Duccius Verus diesen Raum beziehen. Crispus hingegen würde den ganzen Tag zu Hause bleiben - seit einem Jahr zum ersten Mal an einem gewöhnlichen Arbeitstag!

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