Im Grunde waren sie gleich, das claudische Tablinum und das flavische. Beide erfüllten dein gleichen Zweck. Aber es war eben doch etwas anders, wenn das Ambiente ungleich war. Epicharis hatte nun bereits zwei weitere Nächte hier verbracht, sah man von der Hochzeitsnacht ab. Wenn man die mitzählte, waren es drei. So herzlich, wie sie nicht nur von den Flaviern selbst, sondern auch von den Sklaven aufgenommen worden war, hatte sie gar nicht anders gekonnt, als sich schnell einzuleben. Neben diversen Briefen hatten sich noch viele Geschenke eingefunden, die nachgereicht worden waren. Heute war ein Brief von Lucilla gekommen, was Epicharis ganz besonders freute, denn sie wusste, dass die ehemalige Auctrix hochschwanger war und genug mit sich und dem Kind zu tun hatte. Nur von Aelia war bisher nichts gekommen, was Epicharis schon ein wenig schade fand. Aber von Ägypten nach Rom war es ja auch weit, sagte sie sich. Vielleicht kam schon morgen ein Brief.
Epicharis lag seitlich auf einer Liege. Es war noch nicht Zeit für die Cena - in der Villa Flavia aß man später als in der Villa Claudia - und Aristides war nicht zu Hause. Mit Freude, die nur schwer zu verbergen gewesen war, hatte sie seinen Entschluss aufgefasst, den Militärdienst aufzugeben. Ein wenig überrascht hatte es sie schon, dass er einerseits selbst darauf gekommen war, andererseits so schnell das Gladius an den Nagel gehängt hatte. So einfach hatte sie es sich nicht vorgestellt. Sie hieß es trotzdem gut. Als sie vom Papyrus aufblickte, der schräg vor ihr auf einer harten Unterlage lag, und mit dem Ende der Feder an der Wange entlang strich, ließ sie gedankenverloren den Blick durch den Raum schweifen. Öllampen tauchten das Zimmer in ein angenehmes Licht und tauchten das erdige Braun ihrer Tunika inein Licht, dessen Falten wie geschmolzene Schokolade um ihren Körper flossen. Die vereinzelten, golden abgesetzen Ornamente wirkten wie Lichtreflexe. Doch Epicharis' Blick war auf einen unbestimmten Punkt an der hübsch bemalten Wand gerichtet. Leise klimperten die Ohrringe, als die Feder sie berührte. Dann schien ihr etwas einzufallen, die Feder senkte sich wieder auf den Papyrus und kratzte beschwingt Wort um Wort auf die Pflanzenfasern - Epicharis verfasste eine Antwort in die Einöde.
Ein sachter Windstoß aus dem Atrium ließ die Flammen der Öllampen kurz flackern. Kurz darauf waren entfernt Stimmen zu hören. Epicharis meinte, Hannibal herauszuhören. Vermutlich war es Aristides, der gerade nach Hause kam. Die ehemalige Claudia wartete geduldig darauf, dass er sie hier fand, wenn er es denn war.