[Porta Praetoria] Haupttor (Vor dem Betreten des Lagers hier melden!)

  • „Alles gut .. kein Grund, nervös zu werden.“ versuchte Antias sowohl sich selbst als auch den Sklaven zu beruhigen. Man durfte Babila nicht überfordern, erinnerte er sich, die Nerven des armen Kerlchens schienen permanent in Fetzen zu hängen. Vorsichtig legte er Babila die Hand auf die Schulter und senkte die Stimme.


    „Ist mit Apolonia alles in Ordnung? Geht es ihr gut?“
    Was tust du hier? Hat sie die Nachricht erhalten? Lacht sie? Ist sie glücklich? Schläft sie tief? Atmet sie schnell oder langsam? Ruhig, verdammt! Eines nach dem anderen!
    „Nur ruhig, Babila .. erzähl einfach.“

  • Babila schaute Antias verzweifelt an. Öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. Er verstand einfach nicht warum er gefragt wurde. Warum Antias nicht gleich seine Fragen an Apolonia stellte. „Ähm* kam wieder von ihm, dieses Mal eher um sich eine kleine Pause zu verschaffen und seine Gedanken zu ordnen. Er verstand auch nicht wo sein eigenes Problem lag, warum er Antias nicht einfach sagte Apolonia wäre in der Kutsche. Hatte sie es ihm verboten? Nein, also. Sie könnte sich ja auch selber melden. Immer musste er die Suppe auslöffeln. Sie hätte ihm doch einfach ein oder zwei kleine Anweisungen geben können. Jeder der Babila anschaute konnte sofort sehen wie gewaltig es in seinem Gehirn arbeitete.


    Indessen überlegte Apolonia wie und ob sie sich melden sollte. Sie wollte ihn aber keinesfalls kompromittierten oder sonst schaden. Bestimmt würde er gerade gegen irgendwelche Vorschriften verstoßen. Dann war da noch ihr eigenes Problem.
    Verzweifelt kaute sie auf ihre Unterlippe. Als sie jedoch hörte, dass Babila nun ganz schwieg, rang sie sich doch dazu durch sich leise zu melden. Sie bewegte ein wenig den Vorhang und flüsterte leise. „Pst, hier Antias.“
    „fast gleichzeitig war auch Babila zu einem Entschluss gekommen. So kam von ihm „Ähm, sie ist“, dabei wies er mit dem Daumen zur Sänfte.

  • Antias erstarrte. Aus allem Geschrei und Gewisper der Stadt, aus allem vielzüngigen Getöse des Imperiums, selbst aus dem höllischen Fauchen des Cerberus hätte er ihre Stimme herausgehört, mochte sie noch so zaghaft und leise sein. Für einen schrecklichen Augenblick befürchtete er, die durchwachten Nächte hätten begonnen, an seinem Verstand zu nagen und ihn mit Trugbildern heimgesucht. Aber er hatte ihre Stimme gehört, deutlicher als zuvor noch seine eigene und die des Sklaven.


    „Sie ist?“ hörte er sich keuchen und bemerkte Babilas Fingerzeig und dessen unsicheren Blick zur Sänfte. Konnte das wahr sein? Ohne die Träger eines Blickes zu würdigen trat er langsam an den sanft wehenden Vorhang.
    „Apolonia?“ fragte er zögernd und kam sich unfassbar närrisch vor, mit einem Vorhang zu reden. „Bist du das?“
    Närrischer ging's nun wirklich nicht mehr, er spürte doch, dass sie es war.
    „Geht es dir gut?“ Oh bei allen Wassern des Lethe, Mädchen, sag irgendwas, egal was, oder ich fall dir hier noch tot vor die Füße. Nicht das schlechteste Ende, dachte Antias sehnsuchtsvoll und begann zu lächeln. Aber vielleicht etwas sinnlos und vorzeitig. So langsam bekam er sich wieder in den Griff.


    „Nun, was führt meine wunderbare Gazelle unter die Ochsen und Esel?“ fragte er lächelnd den Vorhang und hätte ihn am liebsten samt Kordeln und Ösen herausgerissen.

  • Apolonia hätte ihre Antwort fast geschrien, noch rechtzeitig hielt sich den Mund zu, ehe sich langsam ihre Hände dort wieder lösten und sie Fast unhörbar hauchte:[SIZE=7] „Ja ich bin es.“ [/SIZE]Fieberhaft überlegte sie, wie es nun weitergehen sollte ohne ihn in Gefahr zu bringen. Sollte sie die wahnwitzige Idee, welche gerade in ihr aufkam, ihm mitteilen? Vor Aufregung und um sich zu beruhigen biss sich auf den Fingerknöchel ihres rechten Zeigefingers. Ja sie würde den Vorschlag machen, sie wollte seine Augen sehen ihn spüren, sonst würde sie die Tage nicht durchhalten. Den Vorhang einen winzigen Spalt zur Seite ziehend fragte sie: “Muss du dir die Sänfte nicht genauer ansehen und kontrollieren?"Jetzt hoffte sie, dass er sie verstand und zu ihr in die Sänfte kommen konnte. Abermals ganz leise fügte sie noch hinzu.[SIZE=7] „Du musst doch nachschauen ob es mir gut geht.“ [/SIZE]Nun folgte ein innerliches Stoßgebet zu den Göttern. Sie sollten helfen, damit alles so lief wie sie es sich vorstellte.

  • Antias Lächeln wurde sanft. Oh ja, das musste er. Er musste wissen, ob es ihr gut geht und er musste sie sehen. Aber vorsichtig. Nichts lag ihm ferner als Apolonia auf irgend eine Weise zu kompromittieren, und den Unmut der Wartenden hatte er zusätzlich im Auge zu behalten. Die Lastträger, die er am Tor hatte stehen lassen, begannen bereits unpassende Kommentare abzusondern. Denen würde er es anschließend so richtig geben, mit dem schnodderigen Umgangston den Wachen gegenüber musste ohnehin endlich mal Schluss sein. Antias fixierte die Stänkerer mit einem Blick, der eine Taube im Flug hätte braten können. Das würde zumindest ein paar Minuten lang für Ruhe sorgen. Außerdem befand sich Fimbria sicher bereits im Anmarsch.


    Mit betont umständlichem Räuspern wandte er sich wieder der Sänfte zu, ihrer Sänfte.
    „Das mag schon sein, Bürgerin!“ intonierte er lautstark. „Aber auch Angehörige höherer Dienstgrade müssen kontrolliert werden! Da sind die Vorschriften unmissverständlich!“


    Dann gestattete er sich endlich, den Vorhang zurückzuschieben und sich in die Sänfte zu beugen. Da saß sie. Mitten am Tag brach der Morgen noch einmal an, die Sonne erhob sich gleißend hinter dem gerafften Stoff und überflutete die Welt mit blumigen Strahlen aus Sandelholz und Narde. Seine Hand wanderte langsam zu ihrer Stirn und strich eine Haarsträhne beiseite.
    „Apolonia.“ strahlte er sie an. „Bei allen Speeren des Kaisers, wenn ich dich jetzt nicht küsse, reißt Fortuna mir den Schädel ab. Kannst du das verantworten?“

  • Ja jetzt gleich musste es kommen, sein Gesicht hier vor ihr auftauchen. Seine Augen, die strahlen würden, wie Sternen am nächtlichen Himmel.
    Apolonia schloss ihre Augen mit dem Hoffen, nein mit dem Wissen, dass wenn sie diese öffnete, er sie anschauen würde um sie anschließend zu küssen.
    Wie oft hatte sie es sich in den letzten Tagen und Nächten vorgestellt, seine Lippen auf den ihren zu spüren. Den ersten Kuss von ihm zu empfangen.
    An einer anderen, unbeobachteten Stelle wäre es ein leichtes gewesen, einfach ihre Arme um seine Hals zu schlingen um diesen Kuss einzufordern. Doch hier und jetzt, legte sie sich selber Zügel an, wie einer feurigen Stute die durchzugehen drohte.
    Die Augen noch immer geschlossen flüsterte sie. „Nein, darum küss mich doch endlich“.
    Mehr konnte sie zu dieser Zeit und an diesem Ort wohl kaum erwarten.

  • Wie schön, eine Frau mit Verantwortungsgefühl, kein Wunder dass er sie liebte.
    Langsam glitt seine Hand von ihrer Stirn zu ihrem zarten Kinn, zog sie sacht zu sich heran und kostete vorsichtig ihre warmen Lippen als wären sie in feinen Nektar getaucht, dann kamen sie den seinen sanft zuckend entgegen und er trank ihren Nektar in langen tiefen Zügen. Von Süden tobten in brüllende Sandwolken gehüllt die Numidier übers Meer, von Osten preschten in trockenen Staubwirbeln die Parther über die Berge, von Norden fegten die eisigen Stürme der Germanen herab, von Westen zogen die vernichtenden Feuersäulen der Seeräuber über das Land. Das Imperium stürzte bebend in sich zusammen, der Wind verstummte, das Wasser versiegte, die Welt verödete, nur Apolonias Lippen hielten das Leben zurück und fingen es ein und sogen es auf. Aber das durfte nicht sein. Nicht jetzt. Nicht heute. Er musste Rom beschützen. Er musste sie beschützen.
    Behutsam löste er sich von ihr und forschte in ihren Augen.
    „Wenn es dir gut geht .. ist es wegen Iuppiter Liber? Hast du dich anders entschieden?“

  • Unzählige Küsse hatte sie in ihrem bisherigen Leben, gewollt und mehr noch, ungewollt empfangen. Was sie jetzt aber erlebte war neu für sie. Von dem Augenblick an, da seine hand sie berührte, seine Lippen die ihren berührten bis sie sich wieder lösten erkannte sie ihren eigenen Körper nicht wieder. Es fing an mit einem sanften freudigen Herzklopfen, welches sich rasend schnell verstärkte um bei einem wilden hämmern stehen zu bleiben. Ja nach einem beengendem Gefühl, blieb es, schlicht weg, einfach stehen, sein Schlagen setze aus, um dann mit einem zerreißenden Schmerz wieder ein zu setzen. Ihre Vernunft hatte sich eingeschaltet und gab ihr, in dem lärmenden rauschen in ihren Ohren hinein, immer wieder ein, dem Verlangen des restlichen Körpers könne sie hier und jetzt nicht nachgeben, was den Herzrhythmus bestimmt noch mehr durcheinander brachte.
    So sehr sie ich wünschte, der Kuss möge sich wiederholen, so sehr musste sie schmerzlich zugeben, dass es gut war nicht weiter zu küssen.
    Es dauerte etwas bis seine Worte zu ihr vordrangen. Heftig schüttelte sie ihren Kopf. „Bei allen Göttern nein“, kam es fast schon zu laut von ihr. „Entschuldige wenn ich dich jetzt in Sorge versetzte, doch ich hielt es nicht mehr aus. Ich musste dich einfach sehen, um die Wartezeit zu überstehen.“ Ihre Augen bettelten um Entschuldigung, denn ihn kompromittieren wollte sie nicht, doch ihr Lippen bettelten bald um einen Kuss.
    Als sie dies merkte riss sie ihre Augen von ihm, wandte den Kopf kurz ab und sprach ins leere, mit Tränen in den Augen. „Jetzt sah ich dich, jetzt überstehe ich die restliche Zeit.“ Es war genug, jetzt musste sie zu ihrer beiden Schutz weg.

  • Rom stand wieder an seinen Platz. Größtenteils. Die Schlange der Wartenden war zwar etwas länger, die Blicke etwas neugieriger geworden, und am Tor setzte wieder das quengelige Gemaule ein, aber ansonsten war die Welt wieder wie sie war, ein wunderbarer Ort. Antias streichelte noch einmal lächelnd ihre Wange.
    „Bis bald Apolonia. Besser ihr geht jetzt. “ Dann riss er sich los, nahm den Kopf aus der Sänfte und zog hastig den Vorhang zu.


    „Äähm .. bedaure, Bürgerin! Keine Haustiere! Tribun hin oder her!“ So beiläufig wie möglich machte er Babila Zeichen, seine Herrin rasch von hier fort zu bringen.
    „Bringt die .. ääh .. Gazelle wieder zurück! Die Vorschriften sind diesbezüglich .. öhm .. guten Heimweg!“ Die Sänfte drehte sich langsam, der Vorhang wogte leicht im Wind. Antias verbot sich, ihr nachzusehen und bohrte stattdessen seinen Blick in die nölenden Lastträger. Mit daunenweichen Knien und steinharter Mine marschierte er zum Tor zurück.
    „So, ihr vertrockneten Hasenhirne! HABEN WIR EIN PROBLEM?“
    Im gleichen Moment kam Fimbria mit einem verklärtem Lächeln durch's Tor geschwebt.
    „Na, immer sachte Antias. Du solltest mal auf die Latrine, das bringt die Welt zum leuchten.“
    Antias brach in schallendes Gelächter aus.
    „Witzig, oder?“ strahlte Fimbria.
    „Absolut zum totlachen.“

  • Sim-Off:

    Ausgangspunkt der Handlung: Eine nette Abwechslung


    Weshalb ihre Domina - Tiberia Lucia - an diesem Tage nur wenig gewillt war, ihre behaglichen Gemächer in der Villa Tiberia zu verlassen, leuchtete Myrsini völlig ein. Der Himmel war von grauen, tief liegenden Wolken bedeckt und vereinzelt ergoss sich der Regen über die Stadt, wenngleich er auch nicht genug Kraft besaßen, um als wirklicher Schauer bezeichnet zu werden. Vielmehr trafen nur einsame Tropfen Myrsinis Tunika und das grobe Leinentuch, dass sie sich zum Schutz gegen die Witterung über die Schultern geworfen hatte. Die Wärme der vergangenen Vortage hatte sich zugleich noch in den Steinen und Mauern Romas erhalten, sodass die Straßen von einer klammen Feuchtigkeit ergriffen wurden, während lichter Nebel um die sieben Hügel waberte und durch die Türschwellen bis in die Häuser kroch. 'Diesig ist die richtige Bezeichnung für dieses Wetter', ging es Myrsini durch den Kopf, als sie endlich das Tor zur Castra Praetoria erreichte. Wahrscheinlich war es für jemanden mit Ortskenntnis ein Leichtes, diese Heimat der berüchtigten Prätorianer zu finden, für die Griechin indes hatte es sich als wahre Herausforderung erwiesen. Bisher hatte sie lediglich die Villa Tiberia und die Casa Accia kennen gelernt, sah man von einigen unbedeutenden Nebenstraßen dieser großen Stadt ab. Und gegenüber Sklaven zeigten sich die Bürger Romas wahrlich nicht allzu auskunftsfreudig, erst ein älterer Sklave erwies sich als freundlicher Helfer, indem er ihr für ein warmes Lächeln die richtige Richtung gewiesen hatte. Dennoch konnte sich Myrsini des Eindrucks nicht erwehren, bereits viel zu lange unterwegs zu sein und ohne Zweifel hatte sie sich mehrfach verlaufen.
    Nun aber stand sie vor dem Tor, den Brief und die Kette in der Hand, beides sorgsam unter der Decke verborgen - ein weiterer Grund, sie mitgenommen zu haben - und überlegte, worin ihr nächster Schritt bestehen sollte. Die Antwort auf diese Frage war hingegen ein Leichtes, denn im Grunde blieb ihr nur eine Wahl. Zunächst zögerlich, dann jedoch im Bewusstsein, dass ihr kaum mehr widerfahren könne als eine verbale Abfuhr, trat Myrsini auf die gerüsteten Torwächter zu und verneigte sich ehrerbietig: "Ich trage eine Nachricht für Aulus Iunius Avianus bei mir und bin von meiner Domina, Tiberia Lucia, angewiesen, diese persönlich zu übergeben." Kaum, da sie ihren Satz ausgesprochen hatte, regte sich in Myrsini der Zweifel darüber, ob es tatsächlich so einfach werden würde.

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    Caius Raecius Fimbria


    Eigentlich hatte er dem Zwilling ein paar unflätige Flüche des einsetzenden Nieselregens wegen an den Kopf werfen wollen, aber erstens hätte Marullus ohnehin nichts erwidert und zweitens war ihm beim Anblick der dunklen Frau das Herz mitsamt dem feuchten Mantel wieder leicht geworden. Irgendetwas besonderes war an ihr. Sie war kein Püppchen wie die Gespielinnen der Offiziere, die hier des öfteren auftauchten, sie glich eher eine Blume, die sich in vollen Blütenstand bereits wieder in sich zurück zu ziehen begann. Etwas besonderes eben.


    „Ich bin untröstlich, meine Schöne, aber auch der Anmut in Person ist der Zutritt nur mit Sondergenehmigung gestattet.“ flötete er beschwingt. Sie lächelte nicht, kein bisschen. Im Gegenteil, sie schien gar nicht recht zu wissen, wie man das macht. Fimbria empfand seine heitere Laune plötzlich als unpassend.
    „Es tut mir wirklich leid. Um passieren zu können brauchst du die Genehmigung der Kommandantur, die du sicher nicht hast. Nachrichten sind bei mir in sicheren Händen.“
    Er schien sie nicht überzeugt zu haben.
    „Wenn du darauf bestehst, die Nachricht persönlich zu übergeben, könnte ich Iunius Avianus auch für dich ans Tor holen. Nur ist er im Moment nicht in den Castra.“
    Nein. Außeneinsatz. Mit Antias und Hispo, ohne ihn. Fimbria seufzte tief. „Willst du nochmal wiederkommen oder die Nachricht doch mir übergeben? Ich persönlich würde mich freuen, dich wieder zu sehen.“ Wurde er jetzt rot? Es fühlte sich zumindest so an. Mist.

  • Ein Ausdruck der Irritation glitt über Myrsinis Gesichtszüge, da der gerüstete Torwächter sie als "Anmut in Person" bezeichnete. Wenngleich Myrsini jede Eitelkeit weit von sich zu weisen vermochte, konnte sie ihre körperlichen Attribute recht realistisch einschätzen und hielt das Kompliment daher für ein wenig übertrieben. Maßgeblich jedoch - so erkannte sie erst nach einer Weile - war sie eine solche Hofierung nicht gewohnt, schon gar nicht von einem Römer. Misstrauen erfasste die Griechin, denn wer allzu freundlich auftrat, tat dies selten ohne die Erwartung einer Gegenleistung. Sie unterdrückte jede Anwandlung von Anrührung und hielt ihre Lippen frei von einem Lächeln. Offenbar schien der Soldat ihre Reaktion richtig zu deuten, denn sein Tonfall wurde förmlicher und seine Worte bezogen sich nurmehr auf ihr eigentliches Begehren.
    "Mhm, nein, eine solche Genehmigung habe ich nicht", gab Myrsini zunächst zur Antwort und schüttelte sogleich darauf den Kopf. "Ich bitte um Vergebung, Dein großzügiges Angebot ausschlagen zu müssen, doch es ist mir strengstens untersagt, die Nachricht in anderer Hände zu legen als in jene des Empfängers persönlich." Verlockend war diese Möglichkeit natürlich schon, andererseits wagte Myrsini sich nicht einmal auszumalen, welche Bestrafung ihr drohte, sollte Tiberia Lucia auch nur den Verdacht hegen, sie habe ihrer expliziten Anweisung zuwider gehandelt. Sie zog die braunen Augen ein wenig zusammen - nur soweit, dass es nicht merklich auffiel -, als der römische Soldat um die richtigen Worte zu ringen schien. 'Was soll ich tun? Kann ich umkehren und melden, dass Aulus Iunius Avianus nicht erreichbar ist? Ausgeschlossen! Ich brauche einen Erfolg und sei er noch so banal.' Auf die Gedanken folgte ein Entschluss: "Darf ich erfahren, wann mit einer Rückkehr zu rechnen ist?", erkundigte sich Myrsini und ihr Tonfall verriet, dass sie zu warten bereit war.

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    Caius Raecius Fimbria


    Fimbria kratzte sich verlegen am Bart. Da war er wohl mit seiner Galanterie etwas zu weit gegangen. Ihre Augen schienen sich noch mehr zu verfinstern, wenn das seine Schuld war, tat es ihm aufrichtig leid. Marullus wäre das nicht passiert, der hätte nur wortlos den Kopf geschüttelt und die seltsam schöne Frau stehen lassen. Vielleicht wäre dem Zwilling ihre versteckte Schönheit auch völlig entgangen, Fimbria hatte schon länger den Eindruck, dass die Zwillinge an Frauen kein gesteigertes Interesse hegten. Aber egal. Wegschicken wollte er sie nicht, einlassen durfte er sie nicht, ihr den genauen Zeitpunkt der Rückkehr nennen konnte er nicht. Das zusammengewürfelte Contubernium hatte die Castra vor Stunden verlassen. Der Nachmittag war schon fortgeschritten und er glaubte kaum, dass die Soldaten nicht spätestens bei Anbruch der Dämmerung zurückkehren würden. Er trat einen Schritt von der Frau zurück und bemühte sich, etwas Distanz in Lächeln und Tonfall zu bringen. „Entschuldige, du hast natürlich deine Anweisungen. Wann genau Iunius Avianus wieder zurück sein wird, kann ich auch nicht sagen, aber all zu lange dürfte es nicht mehr dauern. Du kannst gerne warten, am besten stellst du dich unter das Vordach am Seitenflügel, damit du nicht nass wirst. Ähm .. wenn du vielleicht Durst hast .. wir haben einen Krug Posca im Durchgang .. du .. also, ich mein nur .. mein Name ist übrigens Fimbria .. Raecius Fimbria“ Ach ja? Das würde sie sicher brennend interessieren.

  • "Myrsini", gab die Griechin dem Torwächter nach kurzer Überlegung zur Antwort. Nicht, dass der Soldat danach verlangt hätte, doch sein Verhalten ließ sie annehmen, er wünsche sich eine Antwort. "Ich danke Dir für Deine Güte, Raecius Fimbria", fügte sie hinzu und verneigte sich dezent, um sodann unter dem angepriesenen Vordach des Seitenflügels Schutz vor dem wieder einsetzenden Regen zu suchen. Darauf bedacht, weder den Brief noch die Kette allzu offensichtlich zu präsentieren, schüttelte sie das Leinentuch aus und legte es sich erneut um die Schultern. Sorgsam achtete sie zugleich darauf, dem Torwächter nicht zu nahe zu kommen, denn der Mann - obschon er sehr freundlich war - erschien ihr merkwürdig. 'Welcher Römer entschuldigt sich bei einer Sklavin?' Einzig die Erklärung, dass er ihren Stand nicht erkannte, vermochte sich Myrsini vorzustellen, indes erachtete sie dies als nicht sonderlich wahrscheinlich. Die Situation war seltsam und so entschied sie, Vorsicht walten zu lassen. 'Ob meine Domina dahinter steckt?'
    "Ich danke Dir für das Angebot und nehme gerne einen Krug Posca." Myrsini könnte das Gesöff nicht ausstehen, andererseits war es gut, den Soldaten beschäftigt und bei Laune zu halten. Wer wusste schon, wie er eine (erneute) Ablehnung aufnehmen würde?

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    Caius Raecius Fimbria


    „Myrsini.“ nickte er lächelnd und ging den Krug und einen unbenutzten Becher holen. Marullus warf ihm ein paar undefinierbare Blicke zu, interessierte sich aber sonst nicht weiter für Fimbrias Aktivitäten. Myrsini, grübelte er vor sich hin, während er wieder auf die stille Frau zuging, was der Name wohl bedeuten mochte? Sicher irgendeine seltene Pflanze, die nur in der Dämmerung blühte, wenn niemand es sehen konnte. Thrakisch? Macedonisch? Er hätte sie gerne gefragt, woher sie stammte, aber sie machte einen eher misstrauischen Eindruck und schien ihn nicht sonderlich zu mögen. Aber darauf kam es nicht an, er mochte sie. So lange sie hier in seiner Nähe wartete, würde es ihr an nichts fehlen. „Hier Myrsini.“ strahlte er und reichte ihr Krug und Becher. „Sie werden sicher bald kommen.“ Dann ließ er sie unter dem Vordach alleine und ging seufzend zu Marullus zurück.

  • Eudicus


    Eine leicht gebückte Gestalt, fest in ihren Umhang gehüllt, war Myrsini auf ihren Irrwegen in wohlbedachten Abstand gefolgt. Ein paar Mal hatte sich der alte Mann beinahe zu erkennen gegeben, nur um nicht schon wieder falsch abzubiegen. In diesen Momenten zupfte er sich unruhig am grauen Bart und hielt sich mit Müh und Not zurück. Irgendwie würde sie schon ankommen! Aber wenn es noch lange dauerte, würde er irgendwas unternehmen müssen. Den Göttern sei Dank bekam jeder irgendeine Gabe ab. Wenn das Mädel schon keinen Orientierungssinn abgekriegt hatte, so hatte sie zumindest ein nettes Gesicht, dem sich zu guter Letzt jemand erbarmte.


    Auf der langen, graden Via Tiburtina Vetus, an der die Castra Prätoria lag, hatte sich der Alte besonders weit zurückfallen lassen, um nicht aufzufallen. Myrsini war grade dabei mit der Wache zu reden, als der Alte schräg gegenüber des Haupttors in eine Seitengasse einbog. Er hatte sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, es schaute nur die Spitze seines langen grauen Bartes heraus. Nun stand er da dem zufälligen Blick verborgen an der Ecke, im wieder einsetzenden Regen und schmulte immer mal wieder zum Haupttor.


    Was dauerte das so lange? Wieso hatte das Mädel jetzt einen Krug in der Hand? Was trödelte die nur so? Eudicus wünschte sich sehnlichst wieder in die Villa, da könnte er sich jetzt auch in den Säulengang zurückziehen und müsste nicht wie ein begossener Pudel im Regen stehen und warten.

  • Myrsini nahm den tönernen Becher mit ihrer freien Hand von dem Torwächter entgegen und warf einen prüfenden Blick hinein. Der Duft von Posca stieg ihr augenblicklich in die Nase und trotzdem er vergleichsweise dezent war - gegenüber so manch anderem der wenig betörenden Düfte Romas -, glaubte sie den vehementen Protest ihres Gaumens gegen den bevorstehenden "Genuss" spüren zu können. Doch sie hatte das Angebot angenommen und es wäre äußerst vermessen, jetzt einen Rückzug zu machen. Sie formte ihre Lippen zu einem sanften Lächeln, dem gar eine Spur Ehrlichkeit anhaftete, und nahm einen kleinen Schluck. Die Posca breitete sich über ihre Zunge aus und nötigte Myrsini einen Anflug von Überwindung ab, um das Getränk hinunter zu schlucken. Unauffällig atmete sie aus, tarnte die Bewegung als Ausdruck des Wohlbefindens und wandte sich schließlich wieder Fimbria zu, doch der Soldat hatte sich bereits von ihr entfernt. "Danke sehr", sagte die Griechin dennoch und wohl laut genug, dass es gehört werden würde. Es galt nun, sich auf eine längere Wartezeit einzurichten und in Ermangelung einer Beschäftigung begann Myrsini ein leises Lied aus ihrem bescheidenen Repertoir zur Unterhaltung ihrer Besitzer zu summen, um sich von dem allgegenwärtigen Lärm der Stadt abzulenken.

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    Caius Raecius Fimbria


    Der Nieselregen ließ den Vorplatz noch trister erscheinen als er ohnedies schon war. Am Tor gab es kaum etwas zu tun. Ein paar Boten kamen zurück, zwei Fuhren Holzkohle wurde angeliefert, das war's auch schon. Leider. Etwas Ablenkung hätte Fimbria dringend gebrauchen können, denn Myrsinis leiser Gesang drang in Gefilde seines Herzens vor, die er seinen Mitmenschen gegenüber – Fremden zumal – meist sorgsam verschlossen hielt. Er versuchte es zu ignorieren. Eine Weile gelang ihm das auch, so etwa für die Dauer von zehn bis fünfzehn Herzschlägen, und die wurden immer schneller. Schließlich aber ließ er sich auf ihrer leicht brüchigen Stimme treiben, über die Mauern und Hügel bis an die sonnigen Ufer des Fucinus Lacus, wo Myrsinis Stimme schwerelos über das stille Wasser tanzte wie eine der zahllosen Libellen. Er verstand nicht, was sie da sang und die Worte mochten nicht so ganz in das Land um Alba Fucens passen, die Meldodie hingegen passte als wäre sie dort entstanden, auch Myrsinis verschatteter Blick und die Ahnung von Erlebtem, den sie ausstrahlte, passte in das ärmliche Leben, das er als Kind dort geführt hatte. Wohin sie wohl selbst von ihrem Gesang getragen wurde? War das griechisch? Er wusste es nicht, er war leider primitiv und ungebildet. Nun, dann würde er sie eben fragen. Höflich und vorsichtig selbstverständlich, um sie nicht noch mehr gegen sich einzunehmen. Mit einem unnötig entschuldigenden Blick auf den völlig desinteressierten Marullus holte er dessen Becher aus dem Durchgang und ging langsam durch den Regen auf das Vordach zu. Myrsini sah ihn nicht, sie hatte den Blick ziellos nach Westen gerichtet und sang vor sich hin. Auch gut, er mochte ihre Stimme ob sie redete, sang oder schwieg. In einigen Metern Entfernung blieb er stehen und lauschte lächelnd ihrem Gesang. Einen Moment lang stellte er sich vor, sie sänge für ihn. Aber das tat sie natürlich nicht. Sie sang nur für sich und sie erwartete auch nicht ihn sondern Optio Avianus. Obwohl es noch nicht spät war und er die Anwesenheit Myrsinis gegen nichts hätte tauschen wollen, begann sich Fimbria um das ausstehende Contubernium langsam Sorgen zu machen.

  • Die letzten Takte der leisen Melodie verklangen und Myrsini hielt inne. Es war ihr nicht entgangen, dass der Torwächter sich einmal mehr bis auf wenige Meter angenähert hatte. Jedoch schien er den Abstand zu wahren, beschränkte sich einzig darauf, sie zu beobachten ... oder ihrer Stimme zu lauschen. Er musste über ein außergewöhnlich gutes Gehör verfügen, wenn ihr Summen ihn trotz des sie umgebenden Lärms einzufangen vermochte. Lag in dem stillen Abwarten auch Höflichkeit verborgen? Allmählich begann der Soldat in Myrsinis Augen ein geradezu groteskes Verhalten zu zeigen, denn sein ganzes Auftreten geziemte sich nicht für einen Römer nach ihrer Vorstellung. Für einige Herzschläge schwankten ihre Empfindungen zwischen angenehmer Dankbarkeit ob seiner Zurückhaltung und bloßer Angst über seine möglichen Motive, bis sie den Becher Posca anhob und sich selbst mit dem Gebräu abzulenken versuchte. Von Erfolg gekrönt war der Versuch hingegen nicht.
    Myrsini ließ den Blick ihrer braunen Augen über die jenseits gelegene Straßenseite wandern, entlang der Häuserfront und vorbei an den zahlreichen Fußgängern sowie den vereinzelten, mitunter schwer beladenen Wagen, um schließlich Fimbria direkt anzusehen. Den Augenschlag hielt sie weit genug gesenkt, wie man es von einer Sklavin verlangen konnte, und verharrte zunächst in Schweigen. Sie konnte spüren, dass der Soldat auf eine Reaktion von ihr wartete; - oder dies zumindest erhoffte. Wenn es dies war, wonach es ihm verlangte, so sollte er seinen Wunsch erfüllt bekommen: "Deine Aufgabe erscheint mir sehr wichtig zu sein, Raecius Fimbria", begann Myrsini, "als Wächter über diese Porta die Castra zu schützen."

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    Caius Raecius Fimbria



    Nun hatte sie ihn doch bemerkt und ihren Gesang verstummen lassen. Das hatte er nicht gewollt. Was aber hatte er gewollt? Irritiert fiel sein Blick auf Marullus' Becher. Ach ja, seinen nicht vorhandenen Durst hatte er löschen wollen und ihr lauschen, womöglich ein paar Worte mit ihr wechseln. Wie ein Narr kam er sich nun vor, hier stumm wie ein Fisch im Regen zu stehen und nicht zu wissen, was er sagen sollte. Dann sagte endlich sie etwas, fragte ihn nach der Wichtigkeit seiner Aufgabe. Im ersten Moment wogte eine dankbare Freude in ihm auf über ihr Interesse. Schon wollte er sich plaudernd zu ihr unter das Vordach gesellen, aber etwas in ihrer Stimme hielt ihn zurück. Vielleicht war die Frage gar kein Ausdruck ihres Interesses sondern nur ein höflicher Wink, sich um seine Aufgabe zu kümmern und sie in Ruhe zu lassen. Möglich auch, dass sie das Motiv seiner, wie er hoffte dezenten, Annäherung missdeutete. Wie sollte er ihr mit seinen begrenzten rhetorischen Mitteln möglichst beiläufig klar machen, dass es ihn nicht nach ihren braunen Schenkeln dürstete und er nicht zurückgekommen war, um sie zu belästigen? Wie würde sie wohl auf die schlichte Wahrheit reagieren? Dass er gern in ihrer Nähe war und die kurze Zeit nutzen wollte, bis Avianus eintreffen und Myrsini wieder für immer aus seinem Leben verschwinden würde? Allein, was half's, er würde es nie erfahren. Statt sich wie geplant zu Myrsini zu stellen, verharrte er also respektvoll im Regen und lächelte sie etwas unsicher an. „Ja, wichtig .. wie alle Aufgaben auf ihre Art wichtig sind .. auch das Überbringen von Nachrichten, nicht wahr?“

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