• Der Weg von Macers Casa zum Forum war weder allzu lang noch kompliziert, aber er reichte für ein kleines Gespräch, wenn man nicht alleine war. Diesmal begleitete Decimus Flavus den Senator, den er gerade noch vor Verlassen des Hauses angetroffen hatte.


    "Was führte dich denn nun zu mir?", erkundigte sich Macer bei dem jungen Mann. "Ich nehme nicht an, dass es Nachrichten von Livianus sind, oder?" Dann wäre er zweifellos aufgeregter gekommen und hätte sich nicht mit Geschenken aufgehalten, dachte sich Macer.

  • "Nein Senator. Leider gibt es keine Neuigkeiten über den Verbleib meines Vaters. Meine Familie ist jedoch guter Hoffnung, dass Onkel Mattiacus und sein Vetter Senator Meridius etwas herausfinden und vielleicht sogar eine Freilassung aushandeln können, sofern sich mein Vater in der Gewalt der Parther befindet."


    Der junge Decimer machte eine kurze Pause und wirkte etwas Traurig. Der Senator konnte nicht wissen, dass es sich dabei um eine gelungene Vorstellung eines jungen Mannes handelte, dem es in Wirklichkeit vollkommen Egal war, was mit seinem Vater passierte. Ging es nach Marcus, so konnte der Alte längst bei den Ahnen verweilen. Nach diesem kurzen Innehalten nahm er den Gesprächsfaden wieder langsam auf.


    "Ich bin zu dir gekommen, um dich um deine Unterstützung zu bitten. Auch wenn das Schicksal meines Vaters ungewiss ist, so bin ich mir sicher, dass es seinem Wunsch entspräche, dass wir wieder zurück in ein geregeltes Leben finden. Ich habe mir daher vorgenommen in seine Fußstapfen zu treten und bei den nächsten Wahlen im Cursus Honorum für das Vigintivirat zu kandidieren. Wie auch immer das Schicksal meines Vaters aussehen mag, ich bin mir sicher, dass es ihm stolz machen wird."

  • "Ich habe ebenso keinen Zweifel daran, dass Meridius etwas erreichen wird. Er ist ein erfahrene Offizier", stimmte Macer zu. Auch wenn sie nach Meridius' Abtritt als Macers Stellvertreter an der Academia weniger Kontakt miteinander hatten, war Macer Meridius noch immer freundschaftlich verbunden und wünschte ihm daher nur das beste für seine Mission.


    "Und ebenso bin ich überzeugt, dass du deinem Vater Ehre machst, indem du kandidierst", stimmte Macer ein zweites Mal zu. "Auch wenn es natürlich schwierig wird, wenn sowohl er als auch andere einflussreiche Verwandte nicht in Rom sind." Die Frage, warum Flavus sich nicht auch der Expedition nach Parthia anschloss, ersparte sich Macer vorerst.

  • "Da stimme ich dir zu Senator. Aus diesem Grund habe ich mich auch dazu entschlossen mir die Unterstützung anderer einflussreicher Fürsprecher zu sichern. Einen großen Förderer meines Vorhabens habe ich in meinem Patron, Consul Aelius Quarto gefunden. Er unterstützt zum einen meine Wahl und war es auch, der mir den freundschaftlichen Rat gegeben hat, das Gespräch mit dir und einigen anderen einflussreichen Senatoren zu suchen. Ich bin zuversichtlich, dass die Kandidatur trotz fehlendem politischen Rückhalt aus meiner Familie Aussicht auf Erfolg hat."


    Was Marcer nicht wissen konnte war, dass dieser Schachzug des jungen Decimers durchaus durchdacht war. Zum einen wollte er, bis zur eventuellen Rückkehr seines ungeliebten Vaters, bereits selbst in Rom fußgefasst und sich einen Namen in manchen gesellschaftlichen Kreisen gemacht haben und zum anderen würde eine Rückkehr des Alten (so nannte er seinen Vater) vermutlich alles andere und jeden Wahlerfolg überschatten. Und damit konnte sich Marcus keinesfalls abfinden. Das die Unterstützung der Familie fehlte, war bestimmt ein Problem mit dem der Senator Recht hatte, allerdings identifizierte sich Marcus nicht mit seiner Gens und war daher auch nicht so unfroh darüber, bereits andere Gönner und Förderer gefunden zu haben – alle voran Aelius Quarto. Purgitius Macer hatte bisher allerdings keine eindeutige Antwort auf seine Unterstützung durchblicken lassen. Marcus schenkte ihm daher ein gewinnbringendes Lächeln, um ihn auch durch seine Ausstrahlung zu vermitteln, dass es sich bei dem jungen Mann um einen viel versprechenden Kandidaten handelte, dessen Unterstützung sich bestimmt lohnte.

  • "Wenn du Aelius Quarto auf deiner Seite hast, dann ist der größte Schritt ja schon getan", lächelte Macer überzeugt. Immerhin war der Mann nicht nur Consul, sondern auch Bruder des Kaisers. Seinen eigenen Einfluss schätzte Macer trotz der Worte des Decimers weit geringer ein. "Es freut mich natürlich, dass du auch noch zu mir kommst und mich zu den einflussreichen Senatoren zählst. Verglichen mit Aelius Quarto ist mein Einfluss wohl eher gering, aber ich denke schon, dass du auch auf diesen zählen kannst. Was sagt Meridius zu einer Kandidatur?"

  • "Du verkaufst dich unter deinem Wert Senator. Ich selbst bin gewiss zu jung und zu unerfahren um dies zu beurteilen, aber wenn dich ein Mann wie Aelius Quarto zu den einflussreichen Senatoren zählt, dann wird da gewiss auch etwas dran sein. Eine Unterstützung meiner Kandidatur von deiner Seite wäre daher eine ebenso große Freude und würde meinen Aussicht auf Erfolg bestimmt wesentlich verbessern."


    Senator Macer lag mit seiner Einschätzung gewiss nicht falsch, aber dennoch wollte der junge Decimer alle Möglichkeiten ausnutzen um sich seiner Wahl sicher zu sein. Vielleicht war sich der Senator bisher auch gar nicht bewusst gewesen, dass sich so manch anderer, vor allem vielleicht jüngerer Senator, ein Beispiel an dem früheren Feldherren und Klienten des verstorbenen Kaisers nahm. Und die Gespräche mit den diversen Senatoren hatten ja auch einen weiteren, nicht unwesentlichen Vorteil für Marcus- er hatte einen guten Vorwand die Senatoren kennen zu lernen und so bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad unter ihnen zu erreichen.


    "Mit Meridius konnte ich leider nicht mehr vor seiner Abreise über meine Ambitionen sprechen. Aber ich bin mir sicher, dass die gesamte Gens hinter meinem Vorhaben steht und es unterstützen würde, wäre es möglich. Unter uns gesagt ist die Gens Decima derzeit nicht unbedingt am Zenit ihrer Macht und ihres Einflusses. Ich hoffe mit der Zeit meinen Beitrag leisten zu können, diese Tatsache wieder zu ändern."

  • "Da magst du wohl Recht haben", murmelte Macer nachdenklich, was den Einfluss der Gens Decima angeht. "Meridius hatte sich etwas zurückgezogen und ist nun in den Osten aufgebrochen. Dein Vater ist seit dem Krieg ebenfalls dort. Viele bleiben in der Tat nicht übrig." Zumindest keine, die Macer gerade einfallen wollten.


    "Das heißt also, du möchtest ganz in die Fußstapfen deines Vaters und die von Meridius treten? Reizt dich mehr der politische oder der militärische Teil ihrer Karriere?"

  • "So ist es. Wenn du so willst, dann kann man durchaus sagen, dass ich in die Fußstapfen der beiden Decimer treten möchte. Allerdings hast du den Unterschied zu beiden gerade angesprochen Senator. Ich sehe mich nicht als Mann des Militärs und möchte mich daher eher auf die politische Seite des Cursus Honorum konzentrieren. Was jedoch nicht heißen soll, dass ich dem obligatorischen Tribunat negativ gegenüber stehen werde. Was ich vermeiden möchte ist, dass so wie bei meinem Vater, als auch bei Meridius, der Cursus Honorum hinter eine militärische Karriere tritt. Beide haben dem Kaiser und dem Reich als Feldherren gut gedient, aber es bisher verabsäumt die Praetur anzustreben. Für Männer mit ihrer Bekanntheit und ihrem Ruf eine nicht besonders durchdachte Strategie, wenn man mich fragt. Jedoch ist mir auch klar, dass es mir unmöglich ist jetzt schon zu sagen, was die Zukunft für mich bereithält."


    Marcus lächelte seinen Gesprächspartner freundlich an und hoffte, dass diese ehrliche Antwort erklärend war. Er wusste, dass auch Macer bis vor kurzem eher ein Militär als ein Politiker war und das auch er es bisher verabsäumt hatte, als Praetor zu kandidieren, doch warum sollte er es nicht sagen, wie es war – er wollte Politiker werden und seine Schlachten im Senat schlagen.

  • Macer musste angesichts der Beurteilung der Karrieren der beiden bekannten Decimer schmunzeln, schließlich gehörte er selber wohl auch zu jenen Senatoren, die dem Kaiser als Feldherr gedient hatten und darüber die politische Karriere vernachlässigt haben. Aber das wusste der junge Decimer sicher selber und hatte sich trotzdem bewusst zu dieser Einschätzung entschieden. "Du kannst dir natürlich denken, dass ich Männer mit einer Neigung zum Militär mindestens ebenso schätze wie jene, die sich auf die Politik konzentieren", kommentierte er augenzwinkernd und ging eine Weile lang schweigend weiter. "Aber natürlich werde ich deine Karriere mit Interesse verfolgen. Wer weiß, vielleicht bekommst du während des Tribunat doch Interesse an der Armee."

  • "Man sollte natürlich nichts ausschließen Senator. Andernfalls blockiert man sich und seine Zukunft nur selbst. Und vielleicht erreiche auch ich einmal den Zeitpunkt wie du, Meridius oder auch mein Vater, wo der Kaiser über meine zukünftigen Wege entscheiden wird. Doch bis dahin habe ich vermutlich noch genug Zeit um mich meinen eigenen Wegen zu widmen."


    Marcus lachte herzhaft und versprühte damit richtige Euphorie für die Dinge, die da kommen würden. Das Purgitius Macer sein Interesse an seiner weiteren Karriere bekundet hatte, gab ihm weiteren Auftrieb, in die richtige Richtung zu gehen.


    "Ich kann also mit deiner Unterstützung rechnen Senator?"

  • Macer nickte, sowohl zu den Ausführungen des jungen Mannes als auch zu dessen Frage. "So ist es. Da du mir bisher keine Gründe geliefert hast, sie dir zu verweigern, darfst du mit meiner Unterstützung rechnen. Was dich aber nicht zwangsläufig vor kritischen Fragen meinerseits nach deiner Kandidatur im Sensat schützt" fügte er noch hinzu. "Nur damit wir uns da nicht missverstehen."

  • "Ich verstehe. Ich werde mich darauf vorbereiten Senator."


    Marcus lachte kurz auf und nickte dann dankend. Sie waren nur noch wenige Schritte vom Forum entfernt und vermutlich würden sich dort auch ihre Wege wieder trennen. Das Gespräch neigte sich aus Sicht den jungen Decimers ohnehin bereits dem Ende zu und so war es ihm nicht sonderlich unrecht.


    "Dann danke ich dir Senator. Sowohl mein Patron als auch ich werden sich bei passender Gelegenheit bestimmt dankbar für deine Unterstützung zeigen."

  • "Gut, dann sehen wir uns wohl in wenigen Tagen im Senat wieder", antwortete Macer, dem es tatsächlich ganz Recht kam, dass sich die Wegstrecke und damit auch das Gespräch nun dem Ende entgegen neigten. "Und den Dank spare dir bis zu dem Tag auf, an dem meine Unterstützung auch wirklich zum gewünschten Ergebnis geführt hat." Voreiliges Danken war zwar sicher meistens höflich gemeint, aber man sollte den Tag bekanntlich nicht vor dem Abend loben.

  • "Natürlich Senator! Auf Wiedersehen."


    Mit einem freundlichen Lächeln und einem Kopfnicken verabschiedete sich der junge Decimer von Senator Macer, der mit seiner letzten Aussage mehr als Recht hatte. Die Unterstützung eines Senators brachte noch keinen garantierten Erfolg für die ganze Wahl. Daher war er auch darauf vorbereitet weitere Senatoren im Laufe der nächsten Tage aufzusuchen und sie ebenso wie Macer auf ihn aufmerksam zu machen. Sollte es ihm ebenso gut gelingen wie heute, dann wäre er einen wesentlichen Schritt weiter. Nachdem der Senator weitergegangen war, machte Marcus kehrt und ging zurück zur Casa Decima.

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