Sightseeing - Erste Erkundungen in der Stadt

  • Callista war jetzt drei Tage in der Stadt und heute wollte sie sich daran machen etwas für sich einzukaufen. Sie besaß kein großes eigenes Vermögen, doch hatte ihre Mutter ihr einige Dinge vermacht und somit war sie nicht mittellos. Für heute hatte sie sich vorgenommen die Stadt ein wenig zu erkunden und Einkäufe zu erledigen, allen voran modische Kleidung und vielleicht auch etwas Schmuck. Sie wollte sich gerne besser in das Bild einfügen, welches Rom und ihre neue Verwandtschaft ihr präsentierte und somit zeigen, wie dankbar sie war. Und auffallen war für das schüchterne Mädchen oder besser die junge Frau, nicht gerade erfreulich. Daher war sie in Begleitung eines Sklaven auf dem Weg zum Mercatus Urbis, dem Marktviertel. Da sie sich nicht verlaufen wollte, schritt sie neben ihrem Sklaven, der ihr mit sanftem Fingerzeig sagte, wann sie abzubiegen hatte. Callista selbst war zu sehr damit beschäftigt die Eindrücke der Stadt in sich aufzunehmen, die Lautstärke, die vielen verschiedenen Menschen, die Betriebsamkeit. In Mantua war sie nur äußerst selten auf einem Markt gewesen und sie betete still, dass sie sich gut halten würde, wenn sie erst mal etwas einkaufen wollte. Natürlich hätte sie auch einfach jemanden losschicken können, aber es war zu verlockend es selbst zu tun. Und da war ja auch noch der Sklave, der auf sie aufpasste, was sollte also geschehen!?


    So kam es dann auch wie es kommen musste, sie passte nicht auf und während sie nach links sah, in eine Häusergasse hinein, spürte sie plötzlich etwas großes, dass ihren Weg versperrte. Verwirrt blickte sie nach vorne und wurde sich bewusst, dass sie gerade auf den Rücken eines jungen Mannes stierte, in den sie hineingelaufen war. Nein, wie peinlich! Callista biss sich auf die Unterlippe und ihr Herz schlug schneller, vor Nervosität griff sie in ihr Kleid, ganz so als müsste sie sich daran festhalten. Sie warf einen vorwurfsvollen Blick zum Sklaven, der das Missgeschick nicht verhindert hatte und wartete dann, dass sich ihr Gegenüber umdrehte. Sie würde sich entschuldigen und dann bloß weg!

  • Es war ein schönes Gefühl nach einigen Wochen in Mantua wieder in Rom zu sein. Es tat gut nicht immer nur an die Arbeit zu denken und einen freien Tag zu genießen. In Mantua liefen bereits die Vorbereitungen für den großen Wettkampf, den Crassus im Namen der Stadtverwaltung organisieren würde. Der erste Schritt, die traditionsreiche Stadt wieder etwas lebendiger zu machen. Damit verbunden war natürlich ein großer Zeitaufwand, der dem Decimus viel Kraft und Geduld abverlangte. Doch hatte er sich ein Ziel gesetzt, dass er auch erreichen würde.


    Tiberius war gerade in die nächste Straße eingebogen, woanscheinend ein großer Andrang herrschte - warum auch immer. Jedenfalls war es dem Magistraten aufgrund der Menschenmassen nicht möglich einen Schritt weiter nach vorne, links oder rechts zu machen. Das war wohl einer der wenigen Nachteile, die Rom hatte, Leute überall, wo man hinschaute. Andererseits war diese Straße vielleicht genau der richtige Ort, um für den Wettkampf in Mantua Werbung zu machen...


    Der junge Decimus wendete sich zu Mithridates, seinem Sklaven, der direkt neben ihm stand.


    "Anscheinend haben wir den richtigen Tag erwischt...", warf er mit einer gewissen Ironie ein.


    Mitridates nickte leicht. "Wahrlich, dieser Andrang ist erdrückend, Herr."


    Tiberius nickte ebenfalls. Er spürte, dass Mithridates sich noch nicht allzu wohl fühlte. Anscheinend war ihm dies alles nicht so vertraut - oder vielleicht behandelte ihn Crassus einfach zu gut? Er wendete sich ab und wollte sich voerst keine weiteren Gedanken darüber machen, als er auf einmal etwas hartes in seinem Rücken spürte. Er hob eine Braue und wendete sich um...Der Decimus entdeckte eine junge Frau, die ihn anscheinend versehentlich angestoßen hatte.


    "Oh...Hallo." Der Magistratus lächelte ihr freundlich entgegen.

  • Sie blickte an der großen Gestalt vor sich hoch und bemerkte, dass der Mann vor ihr ungefähr in ihrem Alter sein musste. Wahrscheinlich etwas älter und von Haltung und Kleidung nach war er ein Bürger. Er hatte braunes Haar und braune Augen und ein nettes Lächeln, so dass Callista etwas ihrer Angst verlor. Sie wusste, wie naiv das war und dass man Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollte, doch obwohl sie das wusste, handelte sie nicht danach. Die zurückgezogenen Erziehung ihrer Mutter hatte eben auch Nachteile und einer davon war, dass Callista in vielen Dingen noch unwissend war und viel zu gutgläubig. Sie fasst sich ein Herz und reagierte auf seine Begrüßung.


    "Salve. Es tut mir schrecklich leid, ich hab nicht aufgepasst, Entschuldigung für die Umstände." Sie lächelte ihm zu und war ein wenig Stolz, ihre Antwort so klar und ohne Unsicherheit vorgebracht zu haben. Das war für sie schon einmal eine nicht gerade kleine Leistung und vor allem bei einem Fremden.

  • Tiberius sah zu Callista, sie war vielleicht fünf bis sechs Zentimeter kleiner. Sie machte einen recht netten Eindruck, sie war hübsch und anscheinend auch gepflegt. Doch sie schien etwas schüchtern, was den Decimus etwas verwirrte und auch nicht recht in's Bild passen wollte.


    "Ach was...macht doch nichts", antwortete der Decimus mit einem beruhigenden Tonfall. Für einen Moment musste er sich wieder an das Treffen mit Minervina erinnern...das lief ungefähr genauso ab, doch war er derjenige, der nicht Acht gab.


    "Aber ich würde dir raten nicht hier entlang zu gehen...das könnte noch ein wenig dauern." Tiberius deutete mit einem Grinsen gen Menschenmenge. Eigentlich war er jetzt ganz froh darüber, Callista schien recht nett zu sein und so hatte Crassus vielleicht ein wenig Unterhaltung auf seinem Weg.


    "Wenn du eigentlich auch hier entlang müsstest, könnte ich dir einen anderen Weg zeigen...Ich würde mich freuen."

  • "Ja, das wäre wunderbar." Sie sah an ihm vorbei zu der Menschenmenge, die sich angesammelt hatte und es sah wirklich nicht so aus, als käme sie da in den nächsten Minuten durch. Sie wunderte sich, was diesen Auflauf verursacht hatte, aber sie konnte nichts erkennen und zuckte daher nur leicht mit den Schultern. Sie sah von Tiberius zu ihrem Sklaven, dessen undeutbarer Blick auf ihre Füße gerichtet war und zu seinem Sklaven, den er dabei hatte. Drei Männer, sie biss sich auf die Unterlippe. Andererseits, es war heller Tag, sie war mitten auf den Straßen unterwegs. Sie lächelte Tiberius wieder zu und nickte leicht.


    "Ich bin auf dem Weg zum Marktplatz und es wäre mir eine große Hilfe, wenn du mir den Weg zeigen könntest. Ich kenne mich in Rom nicht besonders gut aus."

  • "Gut, dann folge mir..."


    Tiberius ging voraus, dicht gefolgt von Callista. Die beiden Sklaven hielten sich hinter dem Decimus und der Prudentia. Sie gingen einige Meter, ehe Crassus einen flüchtigen Blick zu Callista wagte und sie in ein Gespräch verwickeln wollte.


    "Mein Name ist übrigens Tiberius. Tiberius Decimus Crassus. Und wie heißt du, wenn ich fragen darf?"

  • Tiberius, wie ihr Onkel, sie lächelte. "Man nennt mich Prudentia Callista."
    Weitere Teile seines Namens sagten ihr natürlich nichts und seine Gen war ihr unbekannt. Sie blickte ihm für eine Sekunde in die braunen Augen, dann blickte sie sich neugierig um. Es war das erste Mal, dass sie nach ihrer Ankunft das Haus ihrer Verwandten verlassen hatte und die riesige Stadt war wirklich beeindruckend. Das Zentrum des römischen Reiches und jetzt lebte sie hier. Sie straffte ihre Schultern und wich einem Paar aus, das schnurgerade auf sie zukam. Etwas entrüstet blickte sie diesem Hinterher, doch es kam keine Reaktion und so ging sie weiterhin neben Tiberius her. "Ist das immer so?" fragte sie ihn ein wenig entnervt.

  • Eine Prudentia also...Tiberius grübelte ein wenig, aber leider war ihm dieses Geschlecht nicht bekannt. Aber das hieß wohl nichts, der Decimus war zu jung und lebte noch nicht lang genug in Rom um behaupten zu können, sämtliche Verwandtschaftsverhältnisse zu kennen. Dafür war er einfach noch zu unerfahren. Crassus wollte gerade seinen Blick wieder nach vorne richten, als ihn ein entgegenkommendes Paar anrempelte - heute war anscheinend nicht sein Tag. Auch Callista schien das Paar aufgefallen zu sein, die jetzt Rat beim Decimus ersuchte.


    "Ja...meistens. Hochnäsiger Abschaum."


    Tiberius konnte seine Abneigung zu Patriziern nicht verbergen. Es war vieleicht etwas forsch zu behaupten, alle Patrizier wären hochnäsig, doch hatte der junge Decimus noch keine getroffen, die es nicht waren. Auch war es vielleicht etwas unangebracht Hochnäsigkeit auf Patrizier zu beschränken...aber darüber dachte Crassus nicht weiter nach. Er brauchte wohl noch ein paar Jahre um auch das zu verstehen.


    "Woher kommst du eigentlich? Du scheinst hier nicht zuhause zu sein?"


    Der Magistrat hoffte das bisherige Gesrpräch richtig analysiert zu haben, ansonsten würde er sich schonmal auf heftigen Gegenwind bereitmachen.

  • Er schien eine Abneigung zu hegen, wie Callista beobachten konnte, denn er begann sogleich zu schimpfen und Callista fand diesen minimalen Ausbruch irgendwie sympathisch. In ihrer Vergangenheit war es für sie nicht nötig gewesen sich über Politik den Kopf zu zerbrechen oder Dinge wie, seine Meinung gekonnt auszudrücken ohne sie wirklich Preis zu geben. Da war es erfrischend, dass auch Tiberius offen war und seine Abneigung kund tat. Solche Dinge machten einen Menschen interessant und individuell, im Gegensatz von der maskenhaften Glattheit, die vielen Anderen zu eigenen war. Erstaunlicherweise vor allen in den höheren Gesellschaften, so fern Callista denn schon die Möglichkeit gehabt hatte diese kennenzulernen.


    Sie nickte und grinste ihn dann an. "Ist das so offensichtlich?" Selbst wenn sie nicht aus Mantua kam hätte sie ja jemand sein können, der nicht oft vor die Tür kam. Doch sie war sogar beides, wobei ihn letzteres nicht zu interessieren hatte. "Ich komme aus Mantua und bin erst vor kurzem angereist." Sie verschwieg den Grund für ihre Reise, denn sie wollte keinem Fremden von ihrer Mutter erzählen und sie wollte ihre Bekanntschaft auch nicht mit einem schlimmen Ereignis beschatten.

  • Tiberius lächelte freundlich zurück. Auf irgendeine Weise war Callista ihm sympathisch...War es vielleicht ihre Natürlichkeit?


    "Naja, wenn du von hier kommen würdest, würdest du dich wahrscheinlich auskennen und du hättest mein Angebot, dir den Weg zu zeigen, nicht annehmen müssen. Es sei denn, du kommst von hier, nahmst mein Angebot aber aus einem anderen Grund an..."


    Mit einem schelmischen Grinsen blickte der Decimus seitlich zu ihr, vielleicht der richtige Zeitpunkt dem Gespräch ein wenig Leben zu verleihen.


    Als die Prudentia von Mantua erzählte, war Tiberius etwas verwundert. Wieder einmal solch ein Moment, in dem der junge Decimus unschlüssig war, ob es Zufall war, oder einfach nur Schicksal?


    "Ha...ich wohne derzeit auch in Mantua. Ich wurde bei den letzten Wahlen zum Magistratus gewählt."

  • Er zog Schlüsse aus dem was sie gesagt hatte und das Lächeln auf ihrem Gesicht erstarb für einen Moment. Was wollte er damit sagen? Aus anderen gründen? Welchen Gründen denn? Sie blickte ihn an und dann verwirrt zur Seite, er hatte schelmisch gegrinst. Machte er nur einen Witz? Über sie? Callista blickte wieder zu ihm und zwang sich zu einem Lächeln. Er war nett und daran änderte auch ein Witz nicht, den sie nicht verstand.


    Es war das erste Mal, dass sie mit einem jungen Mann redete ohne das ihre Mutter oder jemand, der von ihrer Mutter instruiert worden war. Sie war sich nicht sicher ob sie diese neue Freiheit genoss, denn sie spürte sie zum ersten Mal und es machte sie unsicher. Wenn einem immer gesagt wurde, was man sagen sollte und dann plötzlich für sich selber sprechen sollte, woher wusste man dann, was man sagen konnte? Oder wollte? Callista hätte sich am liebsten aus dem Staub gemacht, aber das ging nicht und verdient hatte er es auch nicht. Woher sollte er auch wissen, dass ihre Mutter strenger mit ihr gewesen war als man gemeinhin mit Vestalinnen? Sie dachte stattdessen einfach an Mantua, ihre Heimat, was ein Zufall!


    "Das ist wirklich erstaunlich, welch eine Fügung." Sie wagte nicht zu fragen wann die Wahl gewesen war, denn sie konnte sich nicht erinnern. Wahrscheinlich hatte ihre Sorge um ihre Mutter es verhindert, dass sie sich um so etwas gekümmert hatte. Aber es war einfach peinlich sowas nicht zu wissen, zumal er gewählt worden war. "Gratulation zu dem Amt." Ihre Antwort war daher einfach nur höflich. Sie wusste nicht genau wie sie das Gespräch am Laufen erhalten sollten und ihre kurzen Antworten waren zwar nicht abweisend gemeint, aber machten es ihm auch nicht unbedingt leichter. Sie sollte ein Gesprächsthema finden, von dem sie beide Ahnung hatten. Mantua war ein guter Vorschlag, sie könnte ihn auch etwas zum Markt fragen oder zu Rom!? "Seit wann bist du in Rom?" fragte sie neugierig.

  • Schon nach wenigen Sekunden merkte Tiberius, dass Callista seinen vermeintlichen 'Witz' mit Skeptik vernommen hatte. Im Nachhinein war Crassus froh, dass die Prudentia so höflich war seine Aussage nicht weiter zu kommentieren. Völliger Blödsinn. Eigentlich wusste er selbst nicht, was er damit bezwecken oder ausdrücken wollte. So kam es ihm entgegen, dass Callista zum Thema Mantua übersprang. Allerdings fühlte er sich fast etwas eingebildet, dass er bei solch einem Gespräch ausgerechnet auf seinem Wahlsieg aufmerksam gemacht hatte. So versuchte er die Wahl wieder etwas aus dem Vordergrund zu rücken und zu entschlacken.


    "Danke. Aber ehrlich gesagt war es kein wirklicher Sieg. Mantua ist angeschlagen und nur noch wenige melden sich noch für die Stadtverwaltung. Schade eigentlich, wo es doch eine wirklich schöne Stadt ist."


    Zwar hatte er nun den Wahlsieg wieder etwas entkräftigt, doch fiel ihm im nächsten Moment auf, dass es vielleicht so schien, als ob er sich besonders herausheben wollte, indem er sich als Kandidat mit besonderer Verantwortung darstellte. Tiberius schüttelte leicht den Kopf, um diese wirren Gedankengänge aus seinem Kopf zu bekommen. Was war nur heute mit ihm los? Warum war er so nachdenklich, beinahe sprachlos oder aufgeregt?


    Abermals kam es dem Decimus entgegen, dass Callista zum nächsten Thema überging. Sie war anscheinend - im Gegensatz zu Crassus - noch Herr der Lage, beziehungsweise Herr ihrer selbst.


    "Einige Monate. Ich komme aus Griechenland, aus Athen. Ich war auf der Suche nach meinem Vater, nachdem meine Mutter starb und habe ihn in Misenum gefunden. Seitdem baue ich mir in Rom, beziehungsweise jetzt in Mantua, eine Existenz auf."


    Allmählich hatte der Decimus den Tod seiner Mutter anscheinend verkraftet und so scheute er auch nicht mehr davor seine Gefühle zu offenbaren. Vermutlich hätte er nicht jedem davon erzählt, doch Callista schien ihm auf irgendeine Weise vertraut.

  • "Ja, das ist Mantua wirklich. Ich bin dort geboren und aufgewachsen." Callista lächelte verträumt und erinnerte sich an die schönen Stunden im Garten ihres Hauses, an das kleine weiße Pony, dass ihr Vater ihr geschenkt hatte. An die zwei Hunde, mit denen sie gespielt hatte. Es war keine schlechte Kindheit gewesen, nein, ganz sicher nicht. Aber dann hatte sich alles geändert und der Tod war wie ein großer grauer Wolkentag in ihr Leben getreten. Erst ihr Vater und Jahre später ihre Mutter, doch die Jahre vor ihrem endgültigen Tod war sie bereits nicht mehr lebend gewesen. Ihr Zimmer war immer … Callista unterbrach sich selbst in ihren trüben Gedanken und blinzelte einmal angestrengt, sie wollte nicht an ihre Mutter denken. Nicht jetzt!


    "Griechenland, wie aufregend. Ich habe viel darüber gelesen, es muss eine wunderschöne Landschaft sein. Und Athen, welch herausragende Stadt." Sie konnte sich schnell begeistern und Griechenland war immer ein interessantes Thema für sie gewesen, seit sie sich mit der Medizin auseinandergesetzt hatte. Es waren griechische Sklaven die sie unter den Römern verbreitet hatte, zu ihrer Mutter war sogar mal ein griechischer Arzt gekommen. Wie klug die Menschen dort waren und mit welchen Fortschritten sie glänzen konnten. Aber er berichtete noch mehr und sie stellte erstaunt fest, dass er über seine verstorbene Mutter sprach, mit einer ganz normalen Stimme. War er denn nicht traurig? Sie sah ihn mit großen Augen an. Doch er sprach bereits weiter und sie konnte nicht umhin sich vorzustellen was er durchgemacht haben musste. Wenn sie eine Möglichkeit gehabt hätte, ihren Vater nach so vielen Jahren zu sehen hätte sie ihn sicherlich nicht wieder verlassen. Was ihn wohl dazu verleitet hatte sich wieder von ihm abzuwenden? Oder hatten sie noch guten Kontakt? Sie war neugierig und hätte ihn an liebsten gefragt, aber sie wusste, dass sich das nicht schickte. "Mantua kann ein guter Start sein für eine Karriere. Ich wünsche dir jedenfalls viel Glück damit."

  • Tiberius musste grinsen. Er fragte sich, wie es Callista gelang einerseits immer freundlich zu sein, aber andererseits immer sachlich zu bleiben.


    "Ja...vielen Dank."


    Auch Crassus klang nun neutral, wie es sich bei dem Thema gehörte. Irgendwie wusste er selbst nicht, was er hätte sagen oder fragen können, aber andererseits wusste er auch nicht was er sich vom Gespräch erhoffte. Er war vielleicht einfach nur zu steif. Mit einem Lächeln versuchte er sich lockerer zu machen und sich daran zu erinnern, dass er diesen Spaziergang genießen sollte. Es blieb dem Decimus sowieso noch genug Zeit, Callista ausreichend kennen zu lernen. Der Weg war schließlich noch lang.


    "Warum bist du eigentlich nach..." Dann brach der Decimus seine Frage ab. Schon beim ersten Wort schien Callista ihren Kopf zu senken. Tiberius überkam das Gefühl, dass er bei ihr mit dieser Frage einen schwarzen Punkt treffen würde, der das Gespräch in keinster Weise aufheitern würde - ganz im Gegenteil. So versuchte er innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde eine andere Frage zu finden und zu formulieren.


    "Ähh...Was hast du denn vor, jetzt wo du in Rom bist?"

  • … Rom gekommen? Vollendete sie in Gedanken seine Frage und war froh, dass er es nicht getan hatte. Sie war noch nicht soweit über ihre Mutter zu reden und sie wollte ihn nicht anlügen und irgendetwas an den Haaren herbeiziehen um sich aus dem Gespräch zu winden. Stattdessen lächelte sie ihm zu, um ihn zu zeigen, dass er auf dem richtigen Weg war.


    "Noch gibt es keine genaueren Pläne, ich bin erst drei Tage in der Stadt und lebe bei meinem Onkel. Ich schätze mir wird erst noch mehr Zeit gegönnt mich an alles zu gewöhnen und dann, ich weiß nicht. Es gab noch keine Gelegenheit mit ihm darüber zu reden." Was stimmte, sie hatte wirklich keine großen Pläne was ihr Leben anging. Wahrscheinlich würde man sie verheiraten, wenn sie sich erst einmal gefangen hatte. Sie hatte keine Ausbildung erhalten und sich keinem Gott versprochen, somit blieben nicht viele andere Möglichkeiten offen. Ihre Mutter hatte immer gewollt, dass sie heiratete und Kinder bekam, aber sie hatte nie etwas arrangiert. Und sie wusste auch, wieso. Hätte sie geheiratet als ihre Mutter noch am Leben war hätte das ihren Auszug bedeutet. Und einsam hatte ihre Mutter nicht sterben wollen, was verständlich war.

  • Tiberius konnte nur allzu gut nachvollziehen, dass Callista noch nichts geplant hatte. Auch er kam vor einigen Monaten ohne Pläne nach Rom. Er ließ einfach alles auf sich zukommen und letztendlich hatte es sich doch noch zum Guten gewendet.


    Die Beiden gingen einige Meter weiter, ehe Tiberius sich fragte, wo sie eigentlich hingingen. Callista hatte sich dazu nicht weiter geäußert und auch der Decimus war sich noch uneins, welchen Ort er eigentlich als nächstes aufsuchen wollte.


    "Da fällt mir ein...Wo genau soll ich dich eigentlich hinführen?"


    Mit einem Grinsen versuchte der Decimus diese Peinlichkeit zu überspielen. Obwohl er in den letzten Minuten Callista eigentlich nicht als pingelige Frau kennen gelernt hatte, sondern eher als eine, die auch Fehler verzeihen würde...

  • Verwundert blickte sie ihn und zum ersten Mal grinste sie ihn offen an. "Zum Marktplatz, das hab ich doch gesagt." Sie stand still und holte dann wieder zu ihm auf, unschlüssig was sie jetzt davon halten sollte. Sie hoffte nur, dass er sich nicht völlig falsch geführt hatte, dann würde sie den Weg nach Hause nie mehr finden. "Wie jede gute Frau werde ich mich jetzt auch ein einen tagelangen Einkaufsrausch befinden und alle modischen Dinge kaufen, die ich sehe." Sie lachte einmal kurz auf und grinste, bevor sie wieder zu einem Lächeln überging, dass ihrem Stand und vor allem der Situation angemessener war. Sie war wirklich keine solche Frau, auch wenn Schmuck und Kleider auf sie einen Reiz ausübten, auf wen denn nicht? Keiner konnte abstreiten, dass eine gekonnte Aufmachung Tür und Tor öffnen konnte und die Meinungen anderer beeinflusste. Sie wollte eben dazu gehören.

  • "Oh...stimmt. Entschuldige."


    Zu Lachen war dem Decimus gerade nicht zumute, schließlich zeugt es nicht gerade von Aufmerksamkeit, wenn man nicht einmal mehr wusste, wo man überhaupt hinwollte beziehungsweise jemanden hinbringen wollte. Er hielt kurz an und sah sich um. Anscheinend hatte er sich wirklich so ins Gespräch vertieft, dass er gar nicht mehr aufpasste wo er hinging. Glücklicherweise war die Straße lang und sie mussten erst in einigen hundert Metern abbiegen, deshalb schlenderte Crassus weiter und gab Entwarnung.


    "Gut...Wir sind noch auf dem richtigen Weg."


    Als Callista das Thema Kleidung ansprach, nickte Tiberius zustimmend, diesmal aber wieder mit einem lockereren Gesichtsausdruck. Er war zwar ein Mann und sicherlich würde er auch keinem Einkaufsrauch verfallen, doch legte auch er Wert auf sein Äußeres. Es gehörte sich einfach, wenn man etwas auf sich hielt, oder auch auf seine Verwandtschaft. Es gehörte einfach zum öffentlichen Leben.


    "Nun gut...Noch zwei Abbiegungen, dann sind wir auch schon auf dem Marktplatz. Ich denke dort trennen sich unsere Wege auch schon wieder, ich glaube nicht, dass ich dich beim Einkaufen aufhalten sollte..."


    Es hörte sich vielleicht wie ein endgültiger Abschied an, doch lag es nicht an Tiberius, diesen zu unterbinden. Auf jeden Fall würde Tiberius sich Zeit für Callista nehmen und sie weiterhin begleiten, wenn sie diesen Wunsch aussprechen würde. Heute zumindest, schließlich hatte der Magistrat fast alles erledigt.

  • "Kein Problem, solange wir noch auf dem richtigen Weg sind. Ich muss ja auch wieder nach Hause finden." Er war erstaunlich ernst und dann erst fiel es Callista ein, es war ihm peinlich! Sie schmunzelte und bemerkte, dass er mit ihrer Meinung anscheinend übereinstimmte. Auch seine Erscheinung war stattlich und seinem Amt angepasst, aber sie hatte dennoch einen Scherz machen wollen. Sie wollte nicht jedes modische Teil kaufen, dass sie sah, nur die, die es auch wert waren getragen zu werden. Sie war schon immer genügsam gewesen, wenn es um sowas ging und die Verschwendungssucht anderer Frauen rief in ihr nur Verwunderung aus. Vielleicht, weil bisher kaum ein Grund bestanden hatte, sich herauszuputzen.


    "Das ist natürlich schade, aber ich will dich nicht behindern, wenn du etwas zu erledigen hast. Ich glaube nicht, dass man eine Frau im Kaufrausch aufhalten kann." Sie versuchten ihren Spaß erneut und zwinkerte ihm diesmal zu. Vielleicht verstand er ja nun, was sie meinte.

  • Diesmal lächelte Tiberius Callista herzlicher und offener entgegen. Callistas Schüchternheit zu Beginn schien nun wie weggespült.


    "Oh ja...Kann ich gut nachvollziehen" Sein Lächeln hielt weiterhin an, auch wenn er schon überlegte, wie er vielleicht doch noch etwas aus der Situation machen konnte.


    "Naja, ich habe für heute eigentlich alles erledigt und bin noch bis morgen in Rom...von dem her. Wenn du noch einen Umweg machen willst, könnten wir noch einen gemütlicheren Ort aufsuchen. Vielleicht das Atrium in der Casa Decima...oder in der Casa deiner Familie, je nachdem welche schneller zu erreichen ist. Natürlich nur wenn du willst..."


    Sicherlich würde er nicht enttäuscht sein, wenn Callista keine Umwege mehr machen wollte, schließlich würdem sie sich höchstwahrscheinlich nicht das letzte Mal sehen...

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