• Wie so oft gelangweilt spielte der Nauarch mit seinem Cadmus und stocherte auf seinem Tisch, wenn doch bloß mal wieder etwas passieren würde. Vor ein paar Wochen hatte es nach ein paar Ereignissen ausgesehn. Das Rennen, die Gerücht um Piraten. Aber jetzt war wieder die Langeweile in die officien des Stabes eingekehrt.


    An diesem Tag hatte der Nauarch die Aufsicht über den Stützpunkt, da der Präfekt zu einem - wie er sagte - wichtigen Gespräch - in Rom weilte. Das war der Vorteil, wenn man Präfekt war. Doch der Nauarchus wollte nicht Präfekt werden anstelle des Präfekten. Er war ja auch schon viel zu alt dafür. Und auch wenn er die Aufregung eines Präfekten nicht hätte erleben wollen, war es doch so, dass er sich nach etwas ein wenig aufregendem sehnte. Dies sollte ihm nun zuteil werden.


    "Nauarche", rief gehetzt der Nauta, der ohne zu klopfen in sein Büro gestürmt war. "Die Acheron..". Das konnte der Nauarch eigentlich nicht durchgehen lassen, denoch machte er ihn nicht sofort runter, sondern sagte: "Salve, zuerst einmal. So wie Du hier rein kommst, musst Du ja etwas wichtiges haben, ansonsten ist Dein Verhalten nicht entschuldbar..


    "Salve Nauarche! Hier ist ein Brief vom Trierarchen der Acheron. Es geht um die Piraten!". Der Nauarch nahm ihn grimmig schauend entgegen. Er hätte dem Nauta gerne eine Standpauke gehalten, aber wenn er recht hatte, wäre sein Auftreten wenigstens entschuldbar, wenn auch nicht gutzuheißen. "Du, kannst gehen, Nauta.", sagte er noch bevor das Billet gelesen hatte, in einem sehr deutlichen Ton, so dass der Nauta wusste, dass er besser würde gehen sollen. Als der Nauta das Officum das verlassen hatte, öffnete er das Billet, las es, faltete es wieder zusammen und verließ sein Officum in Richtung des Carcers. Nur wer ihn genau kannte hätte beim Lesen des Billetes ein leichtes Zucken eines Mundwinkels erkennen können, das zu deuten aber auch seinem besten Freund schwergefallen wäre.

  • Wieder zurück in seinem officium ließ er sich eine Übersicht der auslauffähigen Schiffe bringen. Am Abend würde der Präfekt wiederkommen, so dass der Auslaufbefehl - wenn er denn wirklich schon am Abend käme, noch von ihm ausgefertigt werden könnte. Also wollte er seinem Präfekten alles gut vorbereiten, damit dieser dann den Befehl geben könnte. Und nur, wenn der Annaer aufgehalten würde, würde er ihn unterschreiben.


    Der Befehl den er vorbereitete enthielt die Namen von drei Schiffen die Sila, Ismene und die Cagnane. Die dazugehörigen Mannschaften (die es z.T. aufzufüllen galt) würden schon heute abend Bescheid bekommen. Damit machte er sich auf zum Präfekten. Seinem Adjutanten beauftragte er den Männern Bescheid zu geben.

  • Der größte Stress war vorüber. Natürlich war auch der allgemeine Dienst nicht mit weniger Zeit verbunden, aber wenigstens kannte der Tribun nun soweit die Offiziere und Unteroffiziere. Hatte deren Aufgaben spezifiziert oder nur bestätigt. Einige neue Tabulae wurden verfasst und die Truppe zurück in den aktiven Dienst geführt. Es war bezeichnend zu sehen, was geschah, forderte ein Hauptquartier seine Soldaten nicht täglich auf dem Exerzierplatz. Dieses lasche Leben sollte nun ein Ende finden. Aufgaben gab es genug. Egal wie das Wetter auf dem Meer war, auch an Land wurde die Classis zunehmend gefordert.


    Herius Hadrianus Subdolus betrat zum Dienstbeginn das Officium des ehemaligen, einstweiligen Flottenstützpunktkommandeurs. Er stellte sich vor dessen übergroßen Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Augenblick nahm die Umgebung wahr, dann setzte er sich dem Dienstalten Mann gegenüber.


    "Salve, weih mich in die Classis ein. Erzähl mir etwas vom seemännischen Dienst und davon, welche Aufgaben die Flotte zur See erfüllt. Sag mir etwas über unsere Routen und die Gefahren, die auf dem Mare Internum lauern und auch was der Classis Misenensis zur Zeit am Meisten fehlt."


    Der Tribun schien reichlich Zeit mitgebracht zu haben...


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

  • Erst verengten sich die Augen, dann öffneten sie sich wieder. Der Gedankengang mochte ähnlich dem: 'Haha du Landratte, kommst her und denkst ich plaudere aus dem Nähkästchen... wobei hm ansich ist der Tribun vielleicht doch garnicht so deppert. Immerhin kommt er gerade zu mir, um sich zu informieren. Das hat schon was...' gewesen sein. Dann lehnte sich der Nauarchus zurück und begann mit den Grundlagen. Erstmal die Hafentypen, dann die Schiffstypen und ihre Einsatzbarkeit. Hinzu gesellten sich die nautischen und militärischen Dienstgrade sowie das Personal ringsherum. Außerdem wurden es mächtig viel Zahlen, sehr viel Zahlen. Ausgaben, Truppenstärke, Verpflegung, Patrolienfahrten. Schiffsnamen folgten genauso wie Stützpunkte ihre Lage und der Grund warum sie dort errichtet wurden. Außerdem das Großkampfschiffdepot Forum Iulii und sein Zweck. Weiter ging es mit den Offizieren und ihren Eigenheiten bevor sich der Nauarchus über die Dienstpläne ausließ. Zwischen all dem gab es was zum Mittag und ein deftiges Abendmahl. Als beide Soldaten schließlich zum Ende kamen, war die Sonne längst hinter dem Horizont verschunden und im Lager regierte die Oellampe. Der gute vesuvianische Wein hatte ihre Köpfe zusätzlich erschwert. Doch so ein Gespräch war nötig gewesen. Wie der alte Nauarchus fand, war der Tribun doch nicht so ein Typus Offizier, wie er von Anfang an gedacht hatte. Im lockeren Plausch verblieben sie noch bis sehr spät in die Nacht vor einem Kohlefeuer hocken. Jetzt war's jedoch das Seemannsgarn, das die Stube erhellte. Genauso wie gedacht: mal düster und mystisch, mal lachend laut und lustig...

  • An einem anderen Tag schritt Subdolus gehüllt in Rüstung und Mantel erneut ins Officium des Nauarchius. Diesmal war seinem Eindringen ein Bote voran geeilt, sodas er erwarten konnte, das der nautische Befehlshaber ebenso in voller Montur bereit war.


    Sein Blick streifte das Büro nur kurz, denn der Offizier stand bereits in der Tür, als er von dem glitschigen Weg zwischen den Gebäuden des Lagers in die Gasse abbog, die die Principia beherbergte. Er kam vom Trainingsplatz und hatte wie so oft dieser Tage die kalte Morgenluft geschnuppert, welche ihn immer so wehmütig an die Legio II bei Mogontiacum erinnerte.


    "Salve, wie ich sehe kannst du es kaum erwarten runter zu den Docks zu kommen." Herius grinste den älteren Mann an und machte eine Handbewegung, die zeigte wohin sie gehen würden. Etwas grimmig stieg der Naucharius die paar Stufen bis zum Schneematsch hinunter und begleitete den Tribun zum Schiffsdepot. Auf ihrem Weg sammelten sie noch eine Mannschaft ein, die ihr Ansinnen später würde durchsetzen konnte. Es schneite zur Stunde nicht mehr, aber die Wolken hingen so tief, das sie den Vesuv völlig verschlangen. Das Meer war kaum zu erkennen und es dauerte wohl nicht lang bis neuer Niederschlag einsetzte. Doch dieser Aufgabe mußten sie sich endlich stellen. Zu lange hatten sie bereits auf besseres Wetter gewartet.


    "Ah da sind wir ja schon..." sie bogen aus einer Gasse ins Freie. Ließen die Häuser hinter sich und erreichten schließlich den Anfang vom Militärhafen Misenum.


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

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