Decima Serrana

  • Da Tiberius nach vielen Wochen wieder einmal für einige Tage in Rom verweilte und er Serrana, seiner Schwester, etwas von Verus ausrichten mussten, war für ihn die Casa Decima der erste Anlaufpunkt. Gleichsam würde er hier direkt wieder sein Cubiculum für die nächsten Nächte beziehen. Er trat an die Tür von Serranas Zimmer und klopfte.


    "Serrana?"

  • Serrana hatte die Gunst der Stundegenutzt, um einen Brief aufzusetzen. einen Brief an ihren Vater, in dem sie sich entschuldigen wollte, für alles, was in den letzten Wochen schief gelaufen war zwischen ihnen. Endlich hatte sie erkannt, wie sehr sie geirrt hatte. Sie saß an ihrem Schreibtisch und grübelte nach den geeigneten Worten, die sie auf den Papyrus, der vor ihr lag, bannen wollte. Wie sollte sie nur beginnen. Alles, was ihr eingefallen war, hatte sie gleich darauf wieder verworfen. Hätte sie es ihm doch von Angesicht zu Angesicht sagen können. Das wäre viel leichter gewesen. Serranas Vater war aber wieder zurück in Misenum.
    Dann klopfte es auch noch! Herrje, konnte man denn nicht einmal in Ruhe nachdenken? Musste man ständig gestört werden? Es half alles nichts! Serrana stand seufzend auf und öffnete die Tür.
    Sie traute ihren Augen nicht!
    "Bruder! Du bist es! Aber bitte, komm doch herein!", rief sie erfreut und bat ihn, einzutreten. Es war lange her, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten.
    "Setz dich doch, Tiberius!" Sie bot ihm einen Stuhl an und strahlte ihn an vor Wiedersehensfreude. Der Brief an ihren Vater war vorerst vergessen.
    "Sag, was führt dich nach Rom, Tiberius?" Serrana setzte sich neben ihren Bruder und war gespannt darauf, was er zu sagen hatte.

  • Die herzliche Begrüßung seiner Schwester quittierte Tiberius mit einem herzhaften Lächeln. Es war wirklich schön wieder einige Tage in Rom zu sein. Auch wenn er gerne seinen Pflichten in Mantua nachging, konnte der Decimus nicht leugnen, dass es in der Urbs Aeterna doch noch am schönsten war. Die Hauptstadt des Imperium Romanum war ihm nach seiner Reise von Achaia nach Italia so ans Herz gewachsen, wie kein anderer Ort. Allein schon die einzigartigen Bauten, die unverkennbar jede Ecke der Metropole schmückten, wirkten beinahe anziehend.


    "Gerne doch." entgegnete Crassus seiner Schwester, auf die Frage hin, ob er eintreten und sich setzen wolle. Wiedersehensfreude empfand auch Tiberius, der sich schon seit seiner Abreise von Athen nicht mehr intensiv mit Serrana unterhalten konnte. Seither war er immer entweder an einem anderen Ort gewesen, oder mit der Arbeit beschäftigt.


    "Berufliche Pflichten." antwortete er mit vollem Ernst auf ihre nächste Frage. Doch schon nach wenigen Sekunden lockerte sich sein Gesichtsausdruck und ein Lächeln breitete sich aus. "Nein, natürlich nicht. Ich bin hier weil ich dich sehen wollte...und Vater, in ein paar Tagen. Außerdem wollte ich meinen Patron aufsuchen und allgemein ein wenig entspannen."


    Auch wenn Tiberius nicht erwartete, dass seine Schwester nicht genug Fragen hatte beziehungsweise genug zu erzählen hatte, war er etwas neugierig was aktuelles in Rom und in der Familie anbelangte. "Wie gehts dir? Hast du dich gut eingelebt? Gibt es etwas neues?"

  • Wie schön es war, ihn einmal wieder lachen zu sehen. Bei ihrem letzten Treffen hatte ihr Bruder so wenig Zeit für sie gehabt. Aber alleine die Tatsache, dass er nun hier war und sie besuchte, ließ sie doch hoffen, dass es dieses Mal anders war.
    Bevor sie sich auch zu ihm setzte, nahm sie eine Kanne mit verdünntem Wein, die ein Sklave vor noch gar nicht zu langer Zeit gebracht hatte und bot ihm einen Becher an. "Du möchtest bestimmt etwas trinken, nicht wahr?" Noch bevor er ihr antworten konnte, goss sie zwei Becher voll. Dann nahm sie Platz und strahlte ihn an. Ihre Freude verblasste ein wenig, als er berufliche Pflichten nannte, die ihn her geführt hätten. Doch dies war nur ein Scherz ihres Bruders, wie sich sogleich herausstellte.
    "Vater?" hörte sie sich fragen. "Du wirst Vater sehen? Hier in Rom? Wird er denn herkommen?" Serrana war ganz erstaunt, vermutete sie ihren Vater doch in Misenum. Umso besser dachte sie sich, dann musste sie auch diesen Brief nicht scheiben und konnte ihm alles persönlich sagen, was sie ihm mitteilen wollte.
    Natürlich gab es viele Neuigkeiten, von denen ihr Bruder noch gar nichts wusste. Aber das konnte sich ganz schnell ändern, wenn es nach Serrana ging. Sie brannte richtig darauf ihm alles zu berichten.
    "Du wist nicht glauben, was alles geschehen ist, Tiberius!" Sie überschlug sich fast vor Eifer. "Vater hat mich auf eine Patrizierhochzeit mitgenommen. Sehr vornehme Leute! Dort habe ich jemanden kennengelernt oder soll ich besser sagen, Vater hat jemanden für mich kennengelernt. Er ist sehr nett und er ist ein Patrizier! Ach ja, und Vater hat auch jemanden kennengelernt. Vor einigen Wochen. Eine Frau. Ich glaube er ist verliebt!" Das freudige Lächeln war aus ihrem Gesicht gewichen. Diese Nachricht würde ihren Bruder wahrscheinlich genauso treffen, wie es sie getroffen hatte.

  • Natürlich teilte Tiberius die Widersehensfreude von Serrana. Entweder ihre Treffen fanden seit der Reise des Decimus von Athen nach Rom nie statt, oder waren nur so kurz, dass man ihnen keine Beachtung schenken konnte.


    "Gerne."


    Tiberius lächelte zufrieden und nahm den Becher entgegen. Dann ging er auch schon auf die nächste Frage ein.


    "Ich hoffe doch. Er schrieb mir jedenfalls und sagte, dass er alsbald nach Rom zurückkehren will. Soviel ich weiß will er die Flotte verlassen. Er berichtete auch, dass er zum Eques erhoben wurde."


    Ob Serrana darauf stolz war, wollte Tiberius noch herausfinden, weswegen er auch versuchte zunächst möglichst neutral zu wirken. Auch fragte er sich, wie nun das Verhältnis Serranas zu Verus war. Auch wenn Crassus noch immer glücklich war, seinen Vater endlich gefunden zu haben, verspürte er noch immer eine unterschwellige Skepsis.


    "Ein Patrizier...Freut mich für dich."


    Man konnte deutlich hören, dass Tiberius davon nicht allzu begeistert war. Dennoch versuchte Crassus die Freude mit seiner Schwester zu teilen, wollte er doch ihr Glück nicht vermiesen. Sicherlich wusste der Decimus, dass seine Vorurteile bei manchen Patriziern vielleicht unangebracht sein mochten, dennoch hatte er eine Haltung, die er unerbittlich und stets vertreten konnte.


    "Vater? Verliebt...


    Zunächst zierte ein spöttisches Lächeln seinen Gesichtsausdruck. Wie er befürchtet hatte, seine Skepis war begründet. Dennoch wich dieses wieder recht schnell von seinem Gesicht, schließlich schien Serrana dabei nicht unbedingt wohl zu sein. Natürlich traf es Tiberius genauso, wie es auch Serrana getroffen hatte, doch wusste er es in diesem Moment recht schnell und unauffällig zu verarbeiten.


    "Was hast du denn?"

  • Serranas Freude war ihr anzusehen. Besonders dann, als Tiberius nicht gleich wieder vom Gehen sprach. Diesmal hatte er wirklich Zeit für sie. So wie früher. Oft hatte sie diese Zeit wieder herbei gesehnt. Aber immer wieder musste sie erkennen, dass sie unwiederbringlich verstrichen war.
    Die guten Neuigkeiten, die er von ihrem Vater zu berichten hatten, erstaunten sie über alle Maßen, auch wenn sie noch ihrem Vater gegenüber das schlechte Gewissen plagte, wegen Calvena.
    "Das ist ja wundervoll! Er ist zum Eques erhoben worden!" Sie wusste, was das bedeutete und welche Auswirkungen dies auch auf sie und ihren Bruder hatte. In Bezug auf den Flavier konnte das ein Vorteil für sie sein. Doch so weit dachte Serrana in diesem Moment erst einmal nicht. Vielmehr überwog ihre Freude. Dann musste sie auch keinen Brief schreiben, was ihr schon ein wenig Unbehagen beschert hatte. Lieber sprach sie mit ihrem Vater von Angesicht zu Angesicht.


    Ihre Freude wurde ein wenig getrübt, durch seine Reaktion, als sie auf den Flavier zu sprechen kam. Sie konnte ein wenig spüren, wie wenig ihn diese Neuigkeit begeisterte, sagte aber nichts darauf, da sie sich selbst noch nicht sicher war, ob eine Beziehung wie diese, jemals eine Zukunft haben könnte. Dahingehend war sie selbst noch skeptisch.
    Wie sie bereits erwartet hatte, fiel auch hier seine Resonanz nicht besonders gut aus. Er reagierte genauso, wie sie es getan hatte, denn auch er hatte dabei wahrscheinlich an ihre Mutter gedacht und an all die Jahre, in denen sie beide ohne Vater aufgewachsen waren. Mit Sicherheit hatte er auch noch nicht richtig verstehen können, weshalb er sie damals verlassen hatte.
    "Ich? Nichts!" entgegnete sie überrascht. "Mir ging es ähnlich wie dir, als er es mir sagte. Das klang wie der blanke Hohn für mich und ich fragte mich, wie er nur Mutter und damit auch uns verlassen konnte. Zumal die Frau, die er liebt fast so alt ist, wie du und ich! Aber ich habe sie inzwischen kennengelernt. Sie ist eigentlich sehr nett und war über Vaters Ambitionen auch etwas erstaunt."

  • Verus platze plötzlich überschwenglich hinein, da er erfahren hatte, dass sie, seine Tochter, sich hier aufhalten sollte.


    "Tochter!"


    Er stürmte auf sie zu und umarmte sie freudig.
    "Livinaus ist wieder da! Wir werden bald ein Familienfest abhalten. Kannst du deinen Bruder informieren? Ich finde ihn momentan nicht."


    Die Freude stand Verus im Gesicht und er machte fast Anstalten mit seiner Tochter zu tanzen. :D

  • Serrana saß an ihrem Schreibtisch und erledigte einige Schreibarbeiten. Einige Briefe waren zu schreiben, an ihre Freundinnen, die sie in Griechenland zurück gelassen hatte. Es gab ja einiges zu berichten.
    Als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ihr Vater auf sie los stürmte, erschrak sie erst.
    "Vater?" Er umarmte sie heftig. Serrana verstand erst nicht. In den letzten Tagen hatte ihr Verhältnis einige Spannungen hinnehmen müssen. Aber darum ging es jetzt nicht. Vielmehr ging es um die Rückkehr eines Livianus. Wer war das? Serrana konnte sich nicht erinnern, den Namen schon einmal gehört zu haben.
    "Livianus?" Wegen seiner Rückkehr feierte man ein Familienfest?
    Dann fiel es ihr wieder ein. Das musste der Senator sein, der während des Krieges von den Parthern gefangengenommen worden war.
    "Oh, das ist ja großartig! Ja, Vater, das kann ich machen!" Sie lächelte ihm fröhlich zu.

  • Verus' Gesicht erhellte sich weiter und er tänzelte fast durch den Raum. "Danke, Serrana." Er ging munter auf und ab und blickte ab und an zu seiner Tochter. "Wir haben uns lange nicht gesehen und ja ich bin nun häufiger in Rom", quoll es aus ihm heraus. "Wie geht es dir?"


    Verus wollte eine neue tiefere Beziehung zu seiner Tochter aufbauen, da er diese etwas vernachlässigt hatte. Es war ihm wichtig.

  • Seit ihrem letzten Aufeinandertreffen, das für beide nicht sehr zufriedenstellend verlaufen war, war ein wenig Zeit vergangen. Serrana hatte eigentliche einen Berief an ihren Vater schreiben wollen, in dem sie sich entschuldigen wollte. Jedoch war es soweit nicht gekommen.
    Umso mehr freute es sie natürlich, dass ihr Vater ihr nichts mehr nachtrug. Vielleicht sollten beide wirklich einen Neuanfang in ihrer Beziehung wagen und sich die nötige Zeit geben, einander besser kennen zu lernen.
    "Es geht mir gut, Vater! Ich bin so froh, dass du da bist!"

  • Die junge Frau genoss die Nähe ihres Vaters. Sie wünschte sich, es könnte immer so sein. Seitdem sie in Rom angekommen war, fühlte sie sich zunehmend einsamer. Das Fehlen einer Vertrauten, die sie schon von Kindesbeinen an kannte, so wie dies in Athen gewesen war, machte ihr schwer zu schaffen. Zwar hatte sie in Calvena so etwas wie eine Freundin gefunden. Aber war das alleine schon ausreichend?
    "Tiberius war erst kürzlich hier. Allerdings nur sehr kurz. Wie immer." Die Enttäuschung, die in diesem letzten Satz mitschwang, war nicht zu überhören. Doch Serrana wollte sich nicht beschweren. Sie war dazu erzogen worden, das Leben so hinzunehmen, wie es kam.
    Die Frage ihres Vaters nach materiellen Dingen kam für sie nicht überraschend. Sie hatte es nun schon mehrfach erlebt, seit sie ihn kennengelernt hatte, dass er sie regelrecht mit Geschenken überhäufte. Anfangs glaubte sie, er wolle damit ihre Gunst erkaufen. Vielleicht war es aber auch einfach nur seine Art, wie er seine väterliche Liebe ausdrücken konnte.
    Serrana schaute etwas verlegen. "Eine Dienerin wäre manchmal nicht schlecht. Eine die mir bei der Garderobe hilft und die mich begleitet, wenn ich ausgehe." Von Geld und Kleidung sprach sie erst gar nicht. Sie war einfach zu bescheiden!

  • "Wird erledigt, Schatz." Verus war ein Mann, der Dinge sofort erledigte. An Geld mangelte es ihm momentan ja nicht und warum sollte er es nicht für seine Tochter einsetzen, die er über alles liebte?


    "Hmmm...," murmelte Verus. "Ich würde gerne mit ihm sprechen. Er ist in letzter Zeit zu verschlossen. Ich mache mir Sorgen aber..."


    Verus griff sich seine Tochter. "Ich habe dir etwas mitgebracht, wir wollen uns heute freuen und keine negativen Gedanken haben." Ein Sklave brachte einen wundervollen Stoff herein. Ein strahlendes ägyptisches Kleid aus Seide. Die Seide funkelte im Licht. Der Sklave reichte es Serrana. Verus nickte und schickte den Sklaven davon. "Hier," sagte er freudig. Er wollte seiner Tochter alles mögliche Gute tun. "Das Beste für die Beste." Er lächelte. "Willst du es gleich anprobieren?" Verus entfernte sich von seiner Tochter. "Ich werde solange vor der Tür warten. Rufe mich herein, wenn du fertig bist."


    Er lächelte und ging fast tänzelnd hinaus, um zu warten. Hoffentlich gefiel seiner Tochter das Kleid.


    Sim-Off:

    Wi-Sim ;)

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